Zahlung des Pflichtteils – BGH IV ZR 264/08

Mai 30, 2021

Zahlung des Pflichtteils – BGH IV ZR 264/08

Inhaltsverzeichnis von RA und Notar Krau:

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in seinem Urteil vom 10. März 2010 über die Frage zu entscheiden, ob eine Erbin, die dem Pflichtteilsberechtigten

zunächst ein unrichtiges Nachlassverzeichnis vorgelegt hatte, die Beweislast für das Bestehen von Nachlassverbindlichkeiten trägt.

Der Fall:

Die Kläger waren die Kinder des Erblassers aus erster Ehe.

Die Beklagte war die zweite Ehefrau des Erblassers und Alleinerbin.

Auf Aufforderung der Kläger legte die Beklagte ein Nachlassverzeichnis vor, das nur einen geringen Nachlasswert auswies.

Die Kläger verlangten daraufhin ihren Pflichtteil.

Zahlung des Pflichtteils – BGH IV ZR 264/08

Während des Prozesses legte die Beklagte weitere Unterlagen vor, aus denen sich Nachlassverbindlichkeiten ergaben, die den Nachlass überschuldeten.

Die Entscheidung:

Der BGH wies die Revision der Kläger zurück. Die Beklagte habe ihre sekundäre Darlegungslast hinsichtlich des Vorliegens von Nachlassverbindlichkeiten, die den Aktivnachlass übersteigen, genügt.

Begründung:

  • Beweislast des Pflichtteilsberechtigten: Grundsätzlich trägt der Pflichtteilsberechtigte die Beweislast für alle Tatsachen, von denen der Grund und die Höhe seines Anspruchs abhängen. Dazu gehört auch der Beweis für das Nichtbestehen von Nachlassverbindlichkeiten.
  • Keine Beweislastumkehr bei schuldhafter Verletzung der Auskunftspflicht: Verletzt der Erbe schuldhaft seine Auskunftspflicht, führt dies nicht zu einer Umkehr der Beweislast. Der Erbe muss zwar das Bestehen einer verschwiegenen Nachlassverbindlichkeit darlegen, den Beweis für ihr Nichtbestehen muss aber weiterhin der Pflichtteilsberechtigte führen.
  • Keine generelle Verschlechterung der Beweissituation: Durch die zunächst fehlerhafte Auskunft des Erben kommt es nicht zu einem Beweismittelverlust zu Lasten des Pflichtteilsberechtigten. Die Beweissituation des Pflichtteilsberechtigten verschlechtert sich also nicht generell.
  • Keine Besserstellung des zunächst falsch informierten Pflichtteilsberechtigten: Eine Umkehr der Beweislast würde dazu führen, dass derjenige Pflichtteilsberechtigte besser gestellt würde, der zunächst falsch informiert wurde, als derjenige, dem gegenüber der Auskunftsanspruch von Anfang an ordnungsgemäß erfüllt wurde.
  • Ausnahmefälle: In besonderen Sachlagen, z.B. bei Arglist des Erben, kann ausnahmsweise eine Beweislastumkehr eintreten.
  • Sekundäre Darlegungslast des Erben: Der Erbe trifft eine sekundäre Darlegungslast für das Bestehen einer verschwiegenen Nachlassverbindlichkeit. Bei den Anforderungen an die Substantiierung ist das frühere Verschweigen der Verbindlichkeit zu berücksichtigen.
  • Genügende Darlegung im konkreten Fall: Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast genügt. Sie hatte das Vorliegen der Darlehensverbindlichkeiten im Zeitpunkt des Erbfalls substantiiert dargelegt.

Zahlung des Pflichtteils – BGH IV ZR 264/08

Fazit:

Das Urteil des BGH verdeutlicht, dass der Erbe trotz einer schuldhaften Verletzung der Auskunftspflicht grundsätzlich nicht die Beweislast für das Bestehen von Nachlassverbindlichkeiten trägt.

Der Pflichtteilsberechtigte muss weiterhin das Nichtbestehen der Verbindlichkeiten beweisen.

Der Erbe trifft jedoch eine sekundäre Darlegungslast für das Bestehen der Verbindlichkeiten.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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