Ist Abfindung für Verzicht auf Pflichtteilsanspruch freigebige Zuwendung – BFH vom 16/05/2013 – II R 21/11
I. Einleitung
Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16.05.2013 behandelt die Frage, ob eine Abfindung, die ein künftiger gesetzlicher Erbe an einen anderen Erben für den Verzicht auf einen zukünftigen Pflichtteilsanspruch zahlt, als freigebige Zuwendung des künftigen gesetzlichen Erben oder als fiktive freigebige Zuwendung des künftigen Erblassers zu besteuern ist.
Der BFH entschied, dass die Abfindung als freigebige Zuwendung des künftigen gesetzlichen Erben zu behandeln ist und nicht als fiktive Zuwendung des künftigen Erblassers.
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte verzichtete in einem notariellen Erbschaftsvertrag vom 14. Februar 2006 gegenüber seinen drei Brüdern für den Fall, dass er durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge seiner Mutter (M) ausgeschlossen sein sollte, auf seinen Pflichtteilsanspruch sowie auf eventuelle Pflichtteilsergänzungsansprüche.
Dafür sollte er von seinen Brüdern eine Abfindung von je 150.000 EUR erhalten.
Der Vertrag sah vor, dass die Abfindungen nicht zurückgewährt werden, selbst wenn der Kläger nach dem Tod der Mutter keinen Erb- oder Pflichtteilsanspruch erwerben würde.
Das Finanzamt (FA) sah die Zahlung der Abfindungen als Schenkung der Mutter an den Kläger an und setzte dementsprechend Schenkungsteuer gegen den Kläger fest.
Der Einspruch des Klägers gegen diesen Bescheid blieb erfolglos.
Ist Abfindung für Verzicht auf Pflichtteilsanspruch freigebige Zuwendung – BFH vom 16/05/2013 – II R 21/11
Das Finanzgericht (FG) hob den Schenkungsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung mit der Begründung auf, dass die Abfindungen nicht als Schenkung der Mutter an den Kläger besteuert werden könnten.
Das Finanzamt legte Revision ein und vertrat die Ansicht, dass die Abfindungszahlungen als fiktive Schenkung der Mutter an den Kläger zu behandeln seien.
Es argumentierte, dass es sich um eine wertmäßige Teilhabe des Klägers am Vermögen der Mutter handele und die Abfindungen beim Eintritt des Erbfalls als Kosten zur Erlangung des Erwerbs der Brüder des Klägers abzuziehen seien.
Der BFH bestätigte das Urteil des FG und wies die Revision des FA zurück.
Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
• Eine freigebige Zuwendung setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung (objektiv) unentgeltlich ist.
• In subjektiver Hinsicht ist der Wille des Zuwendenden zur Freigebigkeit erforderlich.
Wenn künftige gesetzliche Erben einen Vertrag schließen, wonach der eine auf seine künftigen Pflichtteilsansprüche gegen Zahlung eines Geldbetrages verzichtet, stellt die Zahlung eine freigebige Zuwendung des Zahlenden im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar.
Die Steuerklasse richtet sich nach dem Verhältnis des Zuwendungsempfängers zum künftigen Erblasser.
Der BFH stellte klar, dass die Abfindung in einem solchen Fall aus dem Vermögen des künftigen gesetzlichen Erben geleistet wird und daher eine freigebige Zuwendung von diesem an den Empfänger der Abfindung vorliegt.
Es ist nicht möglich, stattdessen eine fiktive freigebige Zuwendung des künftigen Erblassers zu besteuern.
Für diese fiktive Zuwendung gibt es keine gesetzliche Grundlage.
Der Sondertatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG ist nicht anwendbar, wenn ein künftiger gesetzlicher Erbe gegen Zahlung eines Geldbetrages auf seine künftigen Pflichtteilsansprüche verzichtet.
Auch § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG, der bestimmte Abfindungen nach Eintritt des Erbfalls betrifft, ist nicht einschlägig.
Der BFH führte weiter aus, dass ein künftiger gesetzlicher Erbe die Abfindung, die er an einen anderen für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch zahlt, beim Eintritt des Erbfalls gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG als Nachlassverbindlichkeit vom Erwerb abziehen kann.
Diese Möglichkeit des Abzugs als Nachlassverbindlichkeit beruht darauf, dass die Abfindung aus dem Vermögen des künftigen gesetzlichen Erben geleistet wurde, lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass die Abfindung als fiktive freigebige Zuwendung des Erblassers zu besteuern ist.
Das FA hatte demnach zu Unrecht die Abfindungszahlungen der Brüder als Schenkung der Mutter an den Kläger besteuert.
Die von den Brüdern gezahlten Abfindungen stellen vielmehr drei getrennt zu besteuernde freigebige Zuwendungen der Brüder an den Kläger dar.
Ist Abfindung für Verzicht auf Pflichtteilsanspruch freigebige Zuwendung – BFH vom 16/05/2013 – II R 21/11
Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG, dass die Abfindungszahlungen nicht als Schenkung der Mutter an den Kläger besteuert werden können.
Die Zahlungen sind freigebige Zuwendungen der Brüder an den Kläger und somit getrennt zu besteuern.
Diese Entscheidung stellt klar, dass Abfindungen für den Verzicht auf zukünftige Pflichtteilsansprüche nicht als fiktive Zuwendungen des künftigen Erblassers betrachtet werden dürfen und definiert die steuerlichen Behandlung dieser Zahlungen eindeutig als freigebige Zuwendungen zwischen den Erben.
Ist Abfindung für Verzicht auf Pflichtteilsanspruch freigebige Zuwendung – BFH vom 16/05/2013 – II R 21/11
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.