Außerordentliche Kündigung – Sonderkündigungsschutz von Schwerbehinderten – Kündigungserklärungsfrist – BAG Urteil vom 27.2.2020 – 2 AZR 390/19
RA und Notar Krau
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. Februar 2019 aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. Mai 2018 zurückgewiesen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten aus April 2016.
Die Klägerin war seit 1998 als Lehrerin bei der Beklagten beschäftigt.
Im Dezember 2015 erhielt sie zwei Abmahnungen.
Im Februar 2016 beschwerte sich die Elternvertreterin über den Unterricht der Klägerin. Im März 2016 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos.
Die Klägerin informierte die Beklagte über ihren Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung.
Mit Bescheid vom Dezember 2017 wurde bei der Klägerin ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt.
Im April 2016 beantragte die Beklagte die Zustimmung des Integrationsamtes zu einer weiteren fristlosen Kündigung, die am 20. April 2016 erteilt wurde.
Mit Schreiben vom 26. April 2016 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut fristlos.
Die Klägerin erhob Klage gegen beide Kündigungen.
Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, das Landesarbeitsgericht wies die Berufung der Beklagten zurück. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte den Abweisungsantrag weiter.
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
Das Landesarbeitsgericht durfte die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts nicht zurückweisen.
Der Senat kann aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht abschließend über den Kündigungsschutzantrag entscheiden.
Daher wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung vom 26. April 2016 sei wegen Nichteinhaltung der Kündigungserklärungsfrist unwirksam, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die fristlose Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen.
Die Frist beginnt, wenn der Kündigungsberechtigte von den maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.
Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, welche die maßgebenden Tatsachen waren und wann die Beklagte davon Kenntnis erlangte.
Nach § 91 Abs. 5 SGB IX aF kann eine außerordentliche Kündigung auch nach Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB erfolgen, wenn sie unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung des Integrationsamtes erklärt wird. „Unverzüglich“ bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern“.
Das Kündigungsschreiben ging der Klägerin am 28. April 2016 zu, noch innerhalb einer Woche nach dem Datum des Eingangsstempels der Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf einem der Zustimmungsbescheide.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Kündigung auch bei Versäumung der Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB nach § 91 Abs. 5 SGB IX aF wirksam sein könnte, wenn die Versäumung durch die Besonderheiten des Sonderkündigungsschutzes bedingt war.
Eine Kündigung, die unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung des Integrationsamtes erklärt wurde, könnte wirksam sein, auch wenn die Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht eingehalten wurde, sofern die Versäumung durch die Besonderheiten des Sonderkündigungsschutzes bedingt war.
Das Landesarbeitsgericht wird zu prüfen haben, ob ein wichtiger Grund für die Kündigung vom 26. April 2016 vorlag und ob die Beklagte die Kündigung unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung durch das Integrationsamt erklärte.
Die Frage der Rechtzeitigkeit der Antragstellung beim Integrationsamt bestimmt sich nach § 91 Abs. 2 SGB IX aF. Die vom Integrationsamt erteilte Zustimmung entfaltet Bindungswirkung, solange sie nicht rechtskräftig aufgehoben ist.
Das Bundesarbeitsgericht hob das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung zurück.
Es stellte fest, dass die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei wegen Nichteinhaltung der Kündigungserklärungsfrist unwirksam, revisionsrechtlich nicht haltbar ist.
Es wies darauf hin, dass nach § 91 Abs. 5 SGB IX aF eine außerordentliche Kündigung auch nach Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB wirksam sein kann, wenn sie unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung des Integrationsamtes erklärt wird.
Das Landesarbeitsgericht muss nun prüfen, ob ein wichtiger Grund für die Kündigung vorlag und ob die Kündigung unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung erklärt wurde.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.