unwiderrufliches Schenkungsangebot – LG Flensburg 3 O 275/19

September 10, 2021

unwiderrufliches Schenkungsangebot – LG Flensburg 3 O 275/19

1. Wer verspricht, nach dem Tode des Versprechensempfängers einem Dritten eine Leistung zu erbringen und diesem hierzu ein unwiderrufliches Schenkungsangebot des Versprechensempfängers zu übermitteln, kann sich gegenüber dem Dritten nicht auf die Einrede der  Verjährung des Anspruchs berufen, wenn er dem Dritten dieses Angebot nicht bis zum Ablauf der Verjährungshöchstfrist gemäß § 199 Abs. 4 BGB
übermittelt.

Hierin liegt eine Pflichtverletzung gegenüber dem Dritten, aufgrund derer dieser so zu stellen ist, als hätte er den Anspruch frei von der Einrede der Verjährung erworben.

2. Auf Grund der Unabhängigkeit von Deckungs- und Valutaverhältnis kann der Versprechende, die Beklagte, keine Einwendungen erheben, die im Valutaverhältnis begründet sind.

Abweichendes würde nur gelten, wenn Einwendungen ausnahmsweise auf das Deckungsverhältnis bzw. dessen Geschäftsgrundlage einwirken würden.

Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 103.720,17 € nebst Zinsen hierauf in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2019 zu
zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von außergerichtlichen Anwaltskosten ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 2.348,94 € freizuhalten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

unwiderrufliches Schenkungsangebot – LG Flensburg 3 O 275/19 – Tatbestand:

Die Parteien streiten um Ansprüche auf Zahlung und Schadensersatz aus einem Vertrag zugunsten Dritter mit vorgesehener Leistung nach dem Todesfall.

Die Klägerin ist Mitglied der Erbengemeinschaft nach ihrer am 30.03.2005 verstorbenen Mutter, Frau A L (im Folgenden: Erblasserin).

Hinsichtlich dreier Konten war die Klägerin in zwei Verträgen zugunsten Dritter von der Erblasserin als
Begünstigte angegeben worden.

Die Beklagte ist die Bank, bei der die betreffenden Konten der Erblasserin geführt wurden und mit der die vorgenannten Verträge geschlossen wurden.

Im Einzelnen:

Am 06.10.1998 schlossen die Erblasserin und die Beklagte zwei Verträge zugunsten Dritter bezüglich eines Wertpapier-Depots und der Kontoguthaben der Erblasserin.

Nach diesen Verträgen sollten die Rechte aus dem Depot bzw. aus den Konten bei Eintritt des Todes der Erblasserin, in den Verträgen als „Kunde“ bezeichnet, der Klägerin als Begünstigter zustehen.

Die Erblasserin erklärte jeweils, der Begünstigten die Ansprüche aus den Konten unentgeltlich zuzuwenden.

Unter Nr. 8b) der Vereinbarung bezüglich des Wertpapierdepots (Anlage K 1, Blatt 8f. der Akte) heißt es:

„Der Kunde verzichtet hiermit auf sein Recht zum Widerruf des vorerwähnten Schenkungsangebotes (§ 130 BGB) und erteilt hiermit der Bank unwiderruflich den Auftrag, dieses Angebot nach seinem Ableben dem Begünstigten zu übermitteln; an diesen Widerrufsverzicht sind auch der oder die Erben als Rechtsnachfolger des Kunden gebunden.“

Entsprechend heißt es unter Nr. 4b der Vereinbarung bezüglich der Kontoguthaben (Anlage K 2, Blatt 10f. der Akte):

„Der Kunde verzichtet auf sein Recht zum Widerruf dieses Schenkungsangebotes (§ 130 BGB) und erteilt der Bank unwiderruflich den Auftrag, dieses Angebot nach seinem Ableben dem Begünstigten zu übermitteln; an diesen Widerrufsverzicht sind auch seine Erben als seine Rechtsnachfolger gebunden.“

Wegen der weiteren Einzelheiten der Vertragsunterlagen wird auf die Anlagen K 1 und K 2 Bezug genommen.

Der Zeuge D, der seinerzeit in der Filiale der Beklagten in W tätig war, bestätigte der Erblasserin für die Beklagte mit Schreiben vom 18.02.2000, das Depot sei gesperrt, damit es nicht in die Erbmasse falle.

Die Vertragsunterlagen übersandte er der Erblasserin in Kopie.

Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben (Anlage K 3, Blatt 12 der Akte) Bezug genommen.

Die Erblasserin verstarb am 30.03.2005.

In einer internen „Checkliste Nachlassbearbeitung“ der Beklagten vom 11.04.2005 ist die in diesem Vordruck unter Nummer 6c) enthaltene Abfrage von Verträgen zugunsten Dritter gestrichen.

Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage B 2 (Blatt 47f. der Akte) Bezug genommen.

unwiderrufliches Schenkungsangebot – LG Flensburg 3 O 275/19

Der Erbschaftssteuerstelle des Finanzamts Kiel-Süd meldete die Beklagte den Stand bzw. Wert der für die Erblasserin geführten Konten und Depots wie folgt:

Zum Todeszeitpunkt befanden sich auf dem Kontokorrentkonto mit der Endziffer -70 1.844,00 €; auf dem Depotkonto mit der Endziffer -00 befanden sich 1.916 Anteile an dem Geldmarktfonds CB Geldmarkt Deutschland I (WKN 973723) zu einem Kurswert per 29.03.2005 von 51,76 €, mithin zu einem Gesamtwert von 99.172,16 €.

Das Depotkonto mit der Endziffer -74 war zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin bereits seit mehreren Jahren ohne Wert.

In dem an die Erbschaftssteuerstelle des Finanzamts gerichteten Schreiben teilte die Beklagte zusätzlich mit, Verträge zugunsten Dritter seien nicht vorhanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf Anlage B 3 (Blatt 49 der Akte) Bezug
genommen.

Die Beklagte informierte die Klägerin zunächst nicht über die streitgegenständlichen
Verträge.

Beginnend im Mai 2005 machten diverse Mitglieder der Erbengemeinschaft nach der Erblasserin Ansprüche auf (Teil-)Auszahlung der hier streitgegenständlichen Konto- und Depotguthaben gegenüber der Beklagten geltend.

Die Beklagte wies darauf hin, vor einer Auseinandersetzung des Nachlasses könne über jenen nur gemeinschaftlich verfügt werden.

Die individuellen Auszahlungsbegehren wies sie zurück.

Den anspruchsstellenden Mitgliedern der Erbengemeinschaft wurden in diesem Zusammenhang Auskünfte über Konto- und Depotbestände erteilt.

Der Klägerin erteilte die Beklagte durch Übersendung von Konto- und Depotauszügen Auskunft
mit Schreiben vom 26.05.2008, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Anlage B 6, Blatt 56 der Akte).

Im Juli 2009 veräußerte die depotführende Filiale W die verwahrten Anteile des Geldmarktfonds, da Kursverluste befürchtet wurden und der Nachlass noch ungeklärt war.

Die Erlöse schrieb die Beklagte einem unter der Endziffer -72 neu eingerichteten Tagesgeldkonto gut, das seither kostenfrei geführt wurde.

Die Depotkonten mit den Endziffern -00 und -74 wurden geschlossen.

Nachdem die Klägerin Kenntnis davon erlangt hatte, dass die Erblasserin mit der Beklagten die streitgegenständlichen Verträge geschlossen hatte, forderte sie die Beklagte unter Bezugnahme auf einen Vertrag zugunsten Dritter mit Schreiben vom 02.05.2019 zur „Auszahlung“ des Wertpapierdepots auf und erinnerte hieran mit Schreiben vom 16.05.2019, wobei sie eine Frist zur Zahlung bis zum 31.05.2019 setzte.

Wegen der Einzelheiten der Schreiben wird auf Anlagen K 4 und K 5 (Blatt 13f. der Akte) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 02.07.2019 antwortete die Beklagte, für eine Auszahlung werde eine einheitliche Weisung aller Erben und Begünstigten benötigt.

Den von der Klägerin vorgelegten Vertrag zugunsten Dritter habe sie in ihren Unterlagen nicht
gefunden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf Anlage K 6 (Blatt 15 der Akte) Bezug genommen.

Mit Anwaltsschreiben vom 04.07.2019 forderte die Klägerin die Beklagte zur Unterbreitung der vertraglich vorgesehenen Schenkungsangebote auf und forderte Auskunft über etwaige weitere Verträge mit der Erblasserin.

Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Anlage K 7 (Blatt 16f. der Akte) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 10.07.2019 teilte die Beklagte mit, das Original des Sparvertrags zugunsten Dritter liege ihr nicht vor und zur Auszahlung des Guthabens sei eine einheitliche Weisung aller Erben erforderlich.

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Am 21.10.2019 wies das Kontokorrentkonto mit der Endziffer -70 einen Guthabenstand von 238,04 € und das Tagesgeldkonto mit der Endziffer -74 einen Guthabenstand von 101.876,17 € auf.

Die Klägerin meint, die streitgegenständlichen Verträge seien bis heute wirksam.

Soweit sich die Beklagte darauf berufe, die Verträge müssten aufgehoben worden sein, da sie sich nicht mehr bei ihren Unterlagen befänden, sei das spekulativ.

Die von der Beklagten vorgetragenen Indizien reichten zum Nachweis einer Vertragsbeendigung nicht aus.

Es sei an ihr gewesen, ihren kaufmännischen Dokumentationspflichten nachzukommen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten trage diese die Beweislast für die ihr günstige Behauptung, die Verträge müssten aufgehoben worden sein.

Die Erblasserin habe die Verträge auch nicht durch anderweitige Verfügungen von Todes wegen widerrufen.

Der als Anlage B 4 (Blatt 51 der Akte) vorgelegte Erbschein sei aufgrund gesetzlicher Erbfolge erteilt worden.

Auf die Verjährungseinrede könne sich die Beklagte nicht berufen.

Die Verträge seien so auszulegen, dass mit dem Tod der Erblasserin ein Treuhandverhältnis begründet
worden sei.

Jenes bestehe als Dauerschuldverhältnis bis heute fort.

Soweit sich die Beklagte darauf berufe, mit dem Tod der Erblasserin sei ein der Verjährung unterliegender Anspruch auf Auskehr der Guthaben entstanden, stehe das im Widerspruch zu ihren eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Jene seien jedenfalls in erheblichem Maße unklar.

Die Klägerin hat zunächst im Wege der Stufenklage folgende Anträge angekündigt:

Die Beklagte wird verurteilt,

der Klägerin Auskunft über die jeweiligen Salden seit dem 30. März 2005 der bei ihr geführten Konten der Frau A L, Kto.-Nr. …00, …70 und …74, zu erteilen,

der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, welche weiteren etwaigen Verträge Frau A L mit der Beklagten hinsichtlich weiterer Konten zugunsten der Klägerin geschlossen hatte,

erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides statt zu versichern,

nach Erteilung der Auskunft die Klägerin als Kontoinhaberin der Konten …00, …70 und …74 und etwaig weiterer Konten zu führen, soweit sie Habenposten aufweisen

und

an die Klägerin Schadensersatz in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2019 zu zahlen.

Darüber hinaus hat die Klägerin den später gestellten Antrag auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten und Handelsregisterkosten angekündigt.

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Mit Schriftsatz vom 24.03.2021 hat die Klägerin die angekündigten Anträge geändert.

Sie beantragt nunmehr,

die Beklagte zu verurteilen,

an sie 103.720,17 € nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2019 zu zahlen,

hinsichtlich der Kosten ihrer außergerichtlichen Rechtsvertretung durch ihre Prozessbevollmächtigten 2.384,94 € sowie 4,50 € Handelsregisterauskunftskosten zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die streitgegenständlichen Verträge seien nicht bis heute wirksam.

Die Klägerin habe ihre Berechtigung aus den Verträgen nicht hinreichend nachgewiesen.

Hierzu bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen, dass die Verträge nicht durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung oder Verfügung von Todes wegen aufgehoben worden seien.

Bei der Beklagten seien weder die Vertragsunterlagen noch ein Vermerk über deren Verbleib vorhanden, was zwischen den Parteien unstreitig ist.

Ihr Mitarbeiter, der Zeuge D, könne sich an das Schicksal der Verträge wegen des langen Zeitablaufs nicht mehr erinnern.

Es sei wahrscheinlich, dass die Erblasserin die Verträge noch zu Lebzeiten aufgehoben und im Original herausverlangt habe.

Nachweisen lasse sich das nach Ablauf der handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen aber nicht mehr.

Schadensersatzansprüche stünden der Klägerin auch bei Wirksamkeit der Verträge nicht zu.

Primäre Erfüllungsansprüche würden den Rückgriff auf sekundäre Schadensersatzansprüche ausschließen.

Ein Schaden sei der Klägerin zudem nicht entstanden.

Die Beklagte habe, was zwischen den Parteien unstreitig ist, die verwahrten Depotwerte im Juli 2009 veräußert.

Die Veräußerung sei zur Schadensminimierung und im Kundeninteresse erfolgt.

Die Beklagte beruft sich auf die Einrede der Verjährung.

Sofern Ansprüche auf Auskehr der Guthaben bestanden hätten, seien jene mit dem Tod der Erblasserin am 30.03.2005 entstanden.

Solche Ansprüche verjährten kenntnisunabhängig gemäß § 199 Abs. 4 BGB in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

Die im Jahr 2019 erhobene Klage habe die Verjährung daher nicht mehr hemmen können.

Schadensersatz für außergerichtliche Anwaltskosten stehe der Klägerin ebenfalls nicht zu.

Es sei zu bestreiten, dass die Klägerin die Gebühren bereits bezahlt habe.

Die Kammer hat die Akten des Nachlassverfahrens des Amtsgerichts Niebüll – 15 VI 116/05 beigezogen.

Wegen der darin enthaltenen Beschlüsse des Amtsgerichts Niebüll vom 05.12.2014 und des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 02.11.2015, die in Kopie zur hiesigen Akte genommen worden sind, wird auf Blatt 128 – 134R der hiesigen Akte Bezug genommen.

Wegen der übrigen Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

unwiderrufliches Schenkungsangebot – LG Flensburg 3 O 275/19 – Entscheidungsgründe:

A

I.

Die Klage ist überwiegend begründet.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung in einer Gesamthöhe von 103.720,17 € aus §§ 328, 331 BGB bzw. aus § 280 Abs. 1 BGB.

a) Ein vertraglicher Leistungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte folgt aus Nummer 6 (Anlage K 1, betr. Wertpapierdepot) und Nummer 3 (Anlage K 2, betr. Kontoguthaben) der vertraglichen Vereinbarungen der Erblasserin mit der Beklagten in Verbindung mit §§ 328, 331 BGB.

Soweit die Kontostände im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung diejenigen im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin unterschreiten, folgen Ansprüche auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB.

aa) Die Verträge zwischen der Erblasserin und der Beklagten sind unstreitig abgeschlossen worden.

bb) Die Verträge sind nicht wegen Formmangels nichtig, § 125 BGB.

(1) Formerfordernisse ergeben sich hier nicht aus § 2301 BGB.

Verträge zugunsten Dritter fallen nicht unter § 2301.

Echte Verträge zugunsten Dritter sind ein zulässiges Mittel neben Verfügungen von Todes wegen.

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Sie unterliegen hinsichtlich des Deckungs- wie des Valutaverhältnisses den allgemeinen Regeln für Rechtsgeschäfte unter Lebenden, nicht aber dem Erbrecht

(Weidlich, in: Palandt, BGB, 80. Auflage, 2021, § 2301 Rn. 17f.).

(2) Etwaige Formmängel im Valutaverhältnis, also im Verhältnis zwischen der Erblasserin und der Klägerin, kann die Beklagte nicht geltend machen.

Insbesondere kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, das Valutaverhältnis sei wegen Formmangels unwirksam, § 518 BGB.

Die Beklagte ist der Klägerin auf Grund des Deckungsverhältnisses zwischen der Erblasserin und der Beklagten zur Leistung verpflichtet.

Auf Grund der Unabhängigkeit von Deckungs- und Valutaverhältnis kann der Versprechende, die Beklagte, keine Einwendungen erheben, die im Valutaverhältnis begründet sind.

Abweichendes würde nur gelten, wenn Einwendungen ausnahmsweise auf das Deckungsverhältnis bzw. dessen Geschäftsgrundlage einwirken würden

(Schinkels, in: jurisPK-BGB, 9. Auflage, § 328 Rn. 11f. [Stand: 01.02.2020]).

Daran fehlt es hier.

Die Beklagte war auf Grund der Verträge gerade verpflichtet, der Klägerin die Schenkungsangebote der Erblasserin zu übermitteln.

Sie hat es in der Hand gehabt, das Schenkungsangebot zu übermitteln und den Formmangel des Schenkungsversprechens durch Bewirkung der versprochenen Leistung zu heilen, § 518 Abs. 2 BGB.

cc) Für die zwischen den Parteien streitige Vermutung der Beklagten, die Verträge müssten aufgrund Vereinbarung mit der Erblasserin bzw. aufgrund abweichender Verfügung von Todes wegen aufgehoben worden seien, trägt die Beklagte die Beweislast.

Diese Behauptung hat sie nicht bewiesen.

(1) Dass sich in den Unterlagen der Beklagten weder Vertragsausfertigungen oder – kopien noch ein Vermerk über deren Verbleib befindet, stellt kein Indiz für die Vermutung der Beklagten dar, die Verträge müssten noch zu Lebzeiten der Erblasserin aufgehoben und die Originale von ihr herausverlangt worden sein.

Die Beklagte kann sich daher nicht darauf beschränken, sich zu der Tatsache einer im Nachgang gegebenenfalls erfolgten Vertragsaufhebung mit Nichtwissen zu erklären.

Die Klägerin verfügt insoweit nicht über bessere Erkenntnismöglichkeiten als die Beklagte, insofern trifft sie auch keine sekundäre Darlegungslast.

Im Gegenteil hätte es der Beklagten oblegen, entsprechende Vorgänge zu dokumentieren.

(2) Die Verträge sind auch nicht durch abweichende Verfügung von Todes wegen  aufgehoben worden.

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Die Klägerin ist ihrer insoweit bestehenden sekundären Darlegungslast nachgekommen, die Beklagte hat den Widerruf des Schenkungsangebots durch die Erblasserin nicht bewiesen:

Die Klägerin trägt eine sekundäre Darlegungslast insoweit, als die Beklagte sich ausdrücklich mit Nichtwissen dazu erklärt, ob die Erblasserin im Nachgang zu den streitgegenständlichen Verträgen über ihr Vermögen abweichend testamentarisch verfügt und die dortigen Vertragserklärungen zugunsten der Klägerin mithin widerrufen hat.

Aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 30.01.2018 – X ZR 119/15, juris) folgt, dass ein Widerruf des Schenkungsangebots im Valutaverhältnis bis zum Zugang des Angebots möglich ist und auch konkludent durch Verfügung von Todes wegen erfolgen kann.

Die Beklagte darf, solange ihr etwaige Verfügungen von Todes wegen nicht konkret bekannt sind, im Rahmen ihrer prozessualen Wahrheitspflicht zulässigerweise eine entsprechende Vermutung äußern.

Die Klägerin verfügt insoweit über bessere Erkenntnismöglichkeiten.

Durch die beigezogene Akte des Nachlassverfahrens wird der Vortrag der Klägerin bestätigt.

Der im hiesigen Rechtsstreit als Anlage B4 (Bl. 51 d.A.) vorgelegte Erbschein vom 12.09.2007 besteht
danach weiterhin.

Eine Verfügung von Todes wegen hat der Erbscheinserteilung nicht zu Grunde gelegen.

Der Erbschein ist vielmehr gemäß dem im Nachlassverfahren vorgelegten Familienbuch erteilt worden, in dem die im Erbschein aufgeführten Miterben als Kinder der Erblasserin A L aufgeführt sind.

Der zuletzt erfolgte Antrag der Miterbin L-R, den Erbschein einzuziehen, ist durch das Amtsgericht Niebüll mit Beschluss vom 05.12.2004 zurückgewiesen worden (Bl. 128 der hiesigen Akte).

Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist durch Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 02.11.2015 zurückgewiesen worden (Bl. 130 der hiesigen Akte).

dd) Soweit die Beklagte die Klägerin von den streitgegenständlichen Verträgen entgegen der darin ausdrücklich geregelten Pflichten nicht benachrichtigt hat, hat sie eine Pflichtverletzung begangen und ist der Klägerin insoweit zum Schadensersatz verpflichtet, als der Kontostand der Konten im Zeitpunkt, der der mündlichen Verhandlung entspricht, denjenigen im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin unterschreitet.

Aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgerichts (Urteil vom 13.09.2012 – 8 U 581/10, juris) folgt nichts anderes.

Dort wird lediglich hervorgehoben, dass Schadensersatzansprüche, auf die die dortige Klägerin ihre Klage allein gestützt hatte, nicht in Betracht kommen, wenn auf Grund des Bestehens der Verträge zugunsten Dritter im Zeitpunkt des Todes der Gläubigerin noch primäre Leistungsansprüche bestehen.

Damit wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass vertragliche Leistungsansprüche Vorrang vor
Schadensersatzansprüchen haben.

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Damit wird aber nicht ausgeschlossen, dass – sofern eine Pflichtverletzung zu einem Schaden geführt hat – neben vertraglichen Leistungs- zusätzlich gesetzliche Schadensersatzansprüche bestehen können.

ee) Der Gesamtanspruch der Klägerin ist danach auf Zahlung von 103.720,17 € gerichtet.

Dieser Betrag setzt sich zusammen aus dem Wert des Kontokorrentkontos im Todeszeitpunkt der Erblasserin in Höhe von 1.844,00 € und aus dem aktuellen Bestand des Tagesgeldkontos in Höhe von 101.876,17 €.

b) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, die Ansprüche der Klägerin seien verjährt.

aa) Im Grundsatz greift zwar die zehnjährige kenntnisunabhängige Verjährungshöchstfrist gemäß § 199 Abs. 4 BGB.

Die Vorschrift des § 199 Abs. 4 BGB ist anwendbar, da es vorliegend insbesondere nicht um Ansprüche aus einem Erbfall im Sinne des § 199 Abs. 3a BGB geht.

Die streitgegenständlichen Ansprüche aus § 331 BGB knüpfen an den Todesfall und nicht an den begrifflich engeren Erbfall an (vgl. Herrler, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 199 Rn. 104).

bb) Obwohl der Tod der bereits im Jahr 2005 verstorbenen Erblasserin zum Zeitpunkt der erstmaligen Geltendmachung von Ansprüchen durch die Klägerin im Jahr 2019 bereits mehr als 10 Jahre zurück lag, kann sich die Beklagte auf die Verjährungseinrede nicht berufen.

Die Beklagte hat die in den Verträgen übernommene Pflicht verletzt, die Schenkungsangebote nach dem Ableben der Erblasserin an die Begünstigte, die Klägerin, zu übermitteln.

Es kann dahinstehen, ob die Erhebung der Einrede der Verjährung in einem solchen Fall bereits treuwidrig
und schon deshalb unbeachtlich ist, da die Beklagte durch diese Pflichtverletzung gerade dafür gesorgt hat, dass der Klägerin eine Geltendmachung der Ansprüche nicht früher möglich gewesen ist.

Jedenfalls hat die Klägerin als Begünstigte aus den Verträgen ihrerseits einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen der Verletzung der Pflicht zur Weiterleitung der Schenkungsangebote.

Der hieraus entstandene Schaden der Klägerin besteht darin, dass diese nach Kenntnis von den
tatsächlichen Umständen nur noch eine potentiell einredebehaftete Forderung erwerben konnte.

Ihr Schadensersatzanspruch ist in diesem Fall darauf gerichtet, dass die Klägerin so zu stellen ist, als wäre der erworbene Anspruch nicht einredebehaftet, also nicht verjährt – d.h., die Beklagte darf sich auf eine Verjährung des originären Anspruchs nicht berufen.

Dieser Schadensersatzanspruch selbst ist erst nach Ablauf der zehnjährigen Frist des § 199 Abs. 4, mithin im Jahr 2015, entstanden, seine Geltendmachung im Jahr 2019 in unverjährter Zeit erfolgt.

Für diesen Schadensersatzanspruch gilt die dreijährige Frist der Regelverjährung und ebenfalls eine zehnjährige Verjährungshöchstfrist.

Letztere ist noch nicht abgelaufen, erstere hat erst mit der zufälligen Erlangung der Kenntnis von den Anlagen K 1 und K 2 im Jahr 2019 begonnen.

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2. Die Zinsforderung steht der Klägerin aus dem Gesichtspunkt des Verzugs zu, §§ 280, 286, 288 BGB.

3. Die Anwaltskosten sind im Grundsatz ebenfalls als Verzugsschaden erstattungsfähig, §§ 280, 286 BGB.

Soweit die Beklagte die Kosten als nicht erstattungsfähig beanstandet hat, weil die Klägerin ihre Prozessbevollmächtigten unbedingt im Hinblick auf eine Prozessführung mandatiert hätte, überzeugt das im Ergebnis nicht.

Diesen Vortrag hat die Klägerin bestritten.

Auch ergibt sich aus dem vorgerichtlichen Schreiben der Klägervertreter vom 04.07.2019 nichts
Entsprechendes.

Dort wird lediglich darauf hingewiesen, dass die Klägerin bereits jetzt Klageauftrag erteilt habe, sofern die Beklagte nicht reagieren sollte.

Die Möglichkeit einer weiter bloß außergerichtlichen Vertretung ist damit ausreichend angesprochen.

Die Klägerin kann jedoch nur Freihaltung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten beanspruchen.

Soweit sie darüber hinaus Zahlung begehrt hat, war die Klage teilweise abzuweisen.

Die Beklagte hat bestritten, dass die Klägerin die Kosten bereits ausgeglichen hätte.

Dem ist die Klägerin nicht mehr entgegengetreten, sodass dieser Vortrag der Beklagten der Entscheidung als unstreitig zugrundezulegen war.

4. Soweit die Klägerin Kosten für eine Handelsregisterauskunft in Höhe von 4,50 € beansprucht hat, war die Klage ebenfalls abzuweisen.

Ein Anspruch auf Schadensersatz steht der Klägerin insoweit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt
zu.

Soweit die Klägerin in der Klageschrift hierzu ausgeführt hat, die Auskunft sei notwendig gewesen, weil es die Beklagte in ihren als Anlagen K 6 und K 8 vorgelegten Schreiben unterlassen habe eine ladungsfähige Anschrift anzugeben, genügt das nicht. In den Schreiben sind Telefonnummern angegeben, über die die Anschrift ohne Weiteres hätte erfragt werden können.

II.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Dass die Klägerin im Laufe des Rechtsstreits durch eine teilweise Klagerücknahme von den Anträgen
auf Auskunftserteilung und eidesstattliche Versicherung Abstand genommen hat, ist kostenneutral, weil dieses Interesse im letztlich gestellten Zahlungsantrag enthalten ist und hierfür kein gesonderter Streitwert festgesetzt wird.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

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