| II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). |
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| Das FG hat zu Unrecht das Vorliegen einer Organschaft mit der Begründung verneint, eine organisatorische Eingliederung der Klägerin liege nicht vor. Ob aber die F-GmbH –um Organträgerin sein zu können– unternehmerisch tätig war, hat das FG –von seinem Standpunkt aus zu Recht– nicht festgestellt, sondern (ausdrücklich) offengelassen. Die Sache ist insoweit nicht spruchreif. |
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| 1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG). Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird (§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG). |
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| Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). |
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| 2. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG beruhte im Streitjahr auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) –jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem–, wonach es vorbehaltlich der Konsultation nach Art. 29 der Richtlinie 77/388/EWG jedem Mitgliedstaat freisteht, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln (sog. Mehrwertsteuergruppe). |
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| 3. Nach nationalem Recht ist es für die Annahme einer Organschaft i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG erforderlich, dass der Organträger finanziell über die Mehrheit der Stimmrechte bei der abhängigen juristischen Person verfügt, wirtschaftlich mit der Organgesellschaft verflochten ist und die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung auch rechtlich wahrnehmen kann (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 29. Oktober 2008 XI R 74/07, BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256, unter II.1.b, Rz 16; vom 8. August 2013 V R 18/13, BFHE 242, 433, BFH/NV 2013, 1747, Rz 24 f.; vom 2. Dezember 2015 V R 12/14, BFH/NV 2016, 437, Rz 22 f.; vom 2. Dezember 2015 V R 15/14, BFHE 252, 158, BFH/NV 2016, 506, Rz 20, 21, 42). |
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| Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. |
BFH XI R 30/14 |
| a) Das FG hat –was das FA nicht beanstandet– festgestellt, dass die Klägerin im Streitjahr in die F-GmbH finanziell eingegliedert war. |
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| Diese verfügte über die Mehrheit der Stimmrechte bei der Klägerin, weil M und V sämtliche Anteile an der Klägerin mit Wirkung zum 31. Dezember 2004 wirksam in die F-GmbH eingebracht hatten und diese damit ihren Willen bei Beschlussfassungen hat durchsetzen können. |
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| b) Auch die Voraussetzungen einer organisatorischen Eingliederung liegen vor. |
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| aa) Eine organisatorische Eingliederung i.S. einer engen Verflechtung mit Über- und Unterordnung liegt regelmäßig vor, wenn Personenidentität in den Leitungsgremien von Organträger und Organgesellschaft besteht (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 17. Januar 2002 V R 37/00, BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, unter II.1.c bb, Rz 33; vom 8. August 2013 V R 18/13, BFHE 242, 433, BFH/NV 2013, 1747, Rz 25 f.; jeweils m.w.N.). |
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| bb) In Ausnahmefällen kann eine organisatorische Eingliederung aber auch ohne personelle Verflechtung in den Leitungsgremien des Organträgers und der Organgesellschaft vorliegen. |
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| Voraussetzung dafür ist, dass institutionell abgesicherte unmittelbare Eingriffsmöglichkeiten in den Kernbereich der laufenden Geschäftsführung der Organgesellschaft gegeben sind (vgl. BFH-Urteile vom 3. April 2008 V R 76/05, BFHE 221, 443, BStBl II 2008, 905, unter II.4., Rz 41; in BFHE 252, 158, BFH/NV 2016, 506, Rz 43). Eine bloß faktische Geschäftsführung reicht dagegen nicht aus. Der Organträger muss durch schriftlich fixierte Vereinbarungen (z.B. Geschäftsführerordnung, Konzernrichtlinie) in der Lage sein, gegenüber Dritten seine Entscheidungsbefugnis nachzuweisen und den Geschäftsführer der Organgesellschaft bei Verstößen gegen seine Anweisungen haftbar zu machen (vgl. BFH-Urteil vom 5. Dezember 2007 V R 26/06, BFHE 219, 463, BStBl II 2008, 451, unter II.3., Rz 25; Abschn. 2.8 Abs. 10 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses). |
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| cc) Nach dem vom FG festgestellten Gesamtbild der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse nahm die F-GmbH aufgrund institutionell abgesicherter unmittelbarer Eingriffsmöglichkeiten –mittels V– die mit der finanziellen Eingliederung der Klägerin verbundene Möglichkeit der Beherrschung in der laufenden Geschäftsführung wahr, indem sie die Klägerin durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrschte. |
BFH XI R 30/14 |
| Zwar war S zum einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Klägerin bestellt, doch hatte er nach § 1 Abs. 2 des Anstellungsvertrags Weisungen der Gesellschafterversammlung sowie des Geschäftsführers der A-GmbH, nämlich V, zu befolgen. In der Gesellschafterversammlung hätte S sich nicht durchsetzen können, da die Geschäftsanteile an der Klägerin im Streitjahr von der F-GmbH, an deren Stammkapital V zu 90 % beteiligt war, gehalten wurden. |
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| dd) Der Berücksichtigung des Anstellungsvertrags steht nicht entgegen –wie das FA meint–, dass nach der Vorentscheidung in EFG 2014, 1829 (Rz 43) der Anstellungsvertrag “so nicht durchgeführt” worden sei. Denn nach den Feststellungen des FG führte V allein anstelle des nominell bestellten Geschäftsführers S die Geschäfte der Klägerin; überdies hatte S in die von V vorgenommenen Geschäfte, sofern diese auch ihn selbst betrafen, allgemein eingewilligt. Gerade dies entsprach aber der dem S durch § 1 Abs. 2 des Anstellungsvertrags zugedachten Rolle in der Geschäftsführung der Klägerin. |
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| ee) Aufgrund des Anstellungsvertrags und der Bestellung von V zum einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer der F-GmbH ist daher im Streitfall von einer organisatorischen Eingliederung auszugehen (zutreffend Büchter-Hole in EFG 2014, 1832). |
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| ff) Entgegen der Auffassung des FG können weder die Tatsache, dass V nicht personenidentisch mit der F-GmbH ist, noch die Feststellung, dass V von der Klägerin ein Gehalt bezog, zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen. Denn V war Geschäftsführer der F-GmbH. Besteht danach Personenidentität in der Geschäftsführung, muss –wie dargelegt– von der organisatorischen Eingliederung ausgegangen werden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 252, 158, BFH/NV 2016, 506, Rz 43). |
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| c) Ferner ist eine wirtschaftliche Eingliederung der Klägerin zu bejahen. |
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| Nach den vom FG in der Vorentscheidung in Bezug genommenen Feststellungen der Außenprüfung erbrachte die F-GmbH im Streitjahr gegenüber der Klägerin und der A-GmbH Beratungsleistungen. Das Erbringen solcher Leistungen wird vom FA nicht in Abrede gestellt, wenn auch die F-GmbH ihren Untergesellschaften erst nach dem Streitjahr hierüber Rechnungen erteilt habe und das FA deshalb die Entgeltlichkeit in Frage stellt. |
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| Da hinsichtlich der Eingliederungsvoraussetzungen das Gesamtbild der Verhältnisse maßgebend ist, erfordert die Annahme einer Organschaft nicht, dass alle drei Eingliederungsmerkmale gleichermaßen feststellbar sind; tritt auf einem der drei Gebiete die Eingliederung weniger stark in Erscheinung, so hindert dies nicht, trotzdem eine Organschaft anzunehmen (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256, unter II.1.b, Rz 16); zudem hat das FA gegen die Annahme einer wirtschaftlichen Eingliederung der Klägerin nichts vorgetragen. |
BFH XI R 30/14 |
| 4. Allerdings hat das FG nicht festgestellt, sondern offengelassen, ob die F-GmbH im Streitjahr unternehmerisch tätig war. |
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| a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH setzt eine Organschaft voraus, dass der Organträger eine eigenständige Unternehmenstätigkeit ausübt; die Eigenschaft als Organträger kann jeder Unternehmer ausfüllen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 9. Oktober 2002 V R 64/99, BFHE 200, 119, BStBl II 2003, 375, unter II.2.b, Rz 25; in BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256, unter II.1.a, Rz 15; jeweils m.w.N.); aus dem BFH-Urteil vom 2. Dezember 2015 V R 67/14 (BFHE 251, 547, BFH/NV 2016, 511, Rz 19) ergibt sich nichts anderes. |
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| b) Diese Auffassung wird von der Literatur geteilt (vgl. Bunjes/Korn, UStG, 15. Aufl., § 2 Rz 110; Lippross, Umsatzsteuer, 23. Aufl., 2.8.3.2.3.2 a, S. 395; Meyer in Offerhaus/ Söhn/Lange, § 2 UStG Rz 67; Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 2 Rz 831; Treiber in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 2 Rz 151 f.; Müller in Weymüller, UStG, § 2 Rz 241; Sterzinger, Umsatzsteuer-Rundschau 2014, 132). |
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| c) Soweit sich aus dem Unionsrecht etwas anderes ergeben sollte, entfaltet Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG keine unmittelbare Wirkung und ist nicht berufbar (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union –EuGH– Larentia + Minerva vom 16. Juli 2015 C-108/14 und C-109/14, EU:C:2015:496, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung –HFR– 2015, 901, Rz 51). |
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| Angesichts des insoweit klaren und unmissverständlichen Wortlauts des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG, dass eine Eingliederung “in das Unternehmen” des Organträgers erforderlich ist, kommt eine vom Wortlaut abweichende richtlinienkonforme Auslegung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG an dieser Stelle nicht in Betracht. Der Senat muss deshalb auch nicht entscheiden, ob er vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils Kommission/Irland vom 9. April 2013 C-85/11 (EU:C:2013:217, HFR 2013, 542, Rz 47, 48) der Auffassung folgen könnte, das sich aus dem nationalen Recht ergebende Erfordernis einer (eigenen) Unternehmereigenschaft des Organträgers sei unionsrechtlich nur statthaft, wenn dies –was der Fall sei– im nationalen Kontext zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen erforderlich und geeignet sei (so BFH-Urteil in BFHE 251, 547, BFH/NV 2016, 511, Rz 30 ff.). |
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| d) Das FG wird danach im zweiten Rechtsgang Feststellungen zu treffen haben, ob die F-GmbH die –über das Ergebnis der Außenprüfung in Bezug genommenen– Beratungsleistungen gegenüber der Klägerin und/oder der A-GmbH gegen Entgelt erbracht hat, d.h. selbständig und nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig war (§ 2 Abs. 1 Sätze 1 und 3 UStG). |
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| 5. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO. |
BFH XI R 30/14 |