BUNDESARBEITSGERICHT Beschluss vom 27.2.2020, 2 AZN 1389/19
Nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts
Leitsätze
Liegt zwischen zwei Amtszeiten eines ehrenamtlichen Richters eine zeitliche Lücke, muss er nach § 45 Abs. 2 DRiG vor seiner ersten Dienstleistung in der sich anschließenden Amtszeit erneut vereidigt werden.
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 2. Oktober 2019 – 2 Sa 9/19 – aufgehoben.
2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
3. Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 16.376,37 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Beklagte hat die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes aus § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG iVm. § 547 Nr. 1 ZPO dargelegt. Das Landesarbeitsgericht war bei seiner Entscheidung nicht vorschriftsmäßig besetzt.
2
I. Es liegt der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO vor.
3
1. Wirkt ein ehrenamtlicher Richter an der mündlichen Verhandlung oder einer Beratung des Gerichts mit, ohne dass er zuvor vereidigt worden ist, so folgt daraus eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung in diesem Termin nach § 547 Nr. 1 ZPO (vgl. BAG 11. März 1965 – 5 AZR 129/64 – zu 2 der Gründe, BAGE 17, 114; BVerwG 11. Juli 2014 – 2 B 70.13 – Rn. 5; 5. November 2004 – 10 B 6.04 -; BGH 22. Mai 2003 – 4 StR 21/03 – zu 2 der Gründe, BGHSt 48, 290). Zwar wird der Status als ehrenamtlicher Richter bereits mit der das Berufungsverfahren abschließenden Zustellung des Berufungsschreibens erlangt. Ohne Vereidigung fehlt es aber an einer für die Mitwirkung des ehrenamtlichen Richters wesentlichen Voraussetzung, sodass in der mündlichen Verhandlung keine „vorschriftsmäßige“ Besetzung gegeben ist (BSG 6. September 2017 – B 13 R 177/17 B – Rn. 6 f.).
4
2. Die Vereidigung gilt für die Dauer des Amtes, bei erneuter Bestellung auch für die sich unmittelbar anschließende Amtszeit (§ 45 Abs. 2 Satz 2 DRiG). Eine erneute Vereidigung an demselben Gericht ist erforderlich, sobald zwischen zwei Amtszeiten eine zeitliche Lücke liegt, selbst wenn deren Dauer nicht erheblich ist (Düwell/Lipke/Wolmerath 5. Aufl. § 20 Rn. 15; Natter in Natter/Gross ArbGG 2. Aufl. § 20 Rn. 12; Gäntgen RdA 2015, 201, 202). Das folgt aus dem klaren Wortlaut des § 45 Abs. 2 Satz 2 DRiG.
5
3. Die Beklagte hat dargelegt, dass an der Sitzung des Berufungsgerichts vom 2. Oktober 2019 der ehrenamtliche Richter O teilgenommen hat, dessen Amtszeit am Landesarbeitsgericht zuvor unterbrochen war, ohne dass er erneut vereidigt wurde. Dieser Umstand ist vom Präsidenten des Landesarbeitsgerichts in einer dienstlichen Stellungnahme bestätigt worden.
6
II. Zur Beschleunigung des Verfahrens hat der Senat den Rechtsstreit analog § 72a Abs. 7 ArbGG (vgl. BAG 5. Juni 2014 – 6 AZN 267/14 – Rn. 35 ff., BAGE 148, 206) an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Koch
Rachor
Schlünder
C. Peter
Brossardt
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.