Finanzgericht Münster, 7 K 3210/17 E,F

September 23, 2020

Finanzgericht Münster, 7 K 3210/17 E,F

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, mit welchem gemeinen Wert ein GmbH-Geschäftsanteil mit disquotal ausgestalteten Beteiligungsrechten im Rahmen des Sonderausgabenabzugs nach § 10b Abs. 3 EStG anzusetzen ist.

Herr P Q war seit dem Jahr 2003 als Alleingesellschafter mit einem Geschäftsanteil im Nominalwert von xxx EUR an der R GmbH beteiligt. Im Innenverhältnis hielt er den Anteil in Höhe von jeweils 20 % treuhänderisch für den Kläger sowie die Herren I, M und W (Treugeber). Die R GmbH war Muttergesellschaft eines mehrstufigen Konzerns. Sie beschäftigte keine eigenen Arbeitnehmer und ihre Tätigkeit erschöpfte sich in dem Halten von Beteiligungen.

Im August 2007 gründete Herr P Q gemeinsam mit den Treugebern die T Stiftung, bei der es sich um eine steuerbefreite Körperschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG handelt.

Mit notarieller Urkunde vom 04.12.2007 (UR-Nr. xxx/2007) vereinbarte Herr P Q mit den Treugebern, dass er einen Geschäftsanteil an der R Holding GmbH zu nominal xxx EUR erwerben und in Höhe von jeweils 20 % treuhänderisch für die Treugeber halten werde (Abschnitt I. 2. UR-Nr. xxx/2007). Mit weiterer notarieller Urkunde vom 04.12.2007 (UR-Nr. xxx/2007) wurde der Geschäftsanteil an der R GmbH in Teilgeschäftsanteile mit Nennwerten von xxx EUR (89 %), xxx EUR (10 %) und xxx EUR (1 %) geteilt (Abschnitt III. UR-Nr. xxx/2007). Herr P Q übertrug den Geschäftsanteil von xxx EUR schenkweise auf die T-Stiftung (Abschnitt IV. 1. UR-Nr. xxx/2007). Das Treuhandverhältnis wurde insoweit beendet (vgl. Abschnitt III 1. UR-Nr. xxx/2007). Zudem brachte Herr P Q den Geschäftsanteil von nominal xxx EUR in die R Holding GmbH ein (Abschnitt IV. 2. UR-Nr. xxx/2007). Das Treuhandverhältnis sollte sich an den Anteilen an der R Holding GmbH fortsetzen (Abschnitt III. 2. UR-Nr. xxx/2007).

Der Gesellschaftsvertrag der R GmbH wurde dahingehend geändert, dass der Geschäftsanteil der T-Stiftung (nominal xxx EUR = 89 %) 1 %, der Geschäftsanteil der R Holding GmbH (nominal xxx EUR = 1 %) 75,1 % und der bei Herrn P Q verbleibende Geschäftsanteil (nominal xxx EUR = 10 %) 23,9 % der Stimmrechte vermitteln sollte (§ 7 des Gesellschaftsvertrags). Vom Jahresergebnis der R GmbH sollte 1 % auf den Geschäftsanteil der T-Stiftung (nominal xxx EUR), 1 % auf den Geschäftsanteil der R Holding GmbH (nominal xxx EUR) und 98 % auf den bei Herrn P Q verbleibenden Geschäftsanteil (nominal xxx EUR) entfallen (§ 9 des Gesellschaftsvertrages). Damit ergaben sich folgende Beteiligungsrechte:

T-Stiftung

R Holding GmbH

Herr P Q

Beteiligung am Stammkapital

89 %

1 %

10 %

Stimmrechte

1 %

75,1 %

23,9 %

Beteiligung am Jahresergebnis

1 %

1 %

98 %

Die Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters sollte zum jeweiligen Buchwert der Anteile erfolgen, wobei bei einer Differenz zwischen Buch- und Verkehrswert von über 40 % die Abfindung jedenfalls 60 % des jeweiligen Verkehrswertes entsprechen sollte (§ 13 des Gesellschaftsvertrages). Die Abtretung oder Belastung eines Geschäftsanteils oder eines Teils desselben bedurfte zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Zustimmung der Gesellschaft (§ 10 des Gesellschaftsvertrages). Die Übertagung der Anteile auf die T-Stiftung und die R Holding GmbH war aufschiebend bedingt auf die Eintragung der vorstehenden Satzungsänderungen (Abschnitt VI.). Wegen der Einzelheiten wird auf die notariellen Urkunden UR-Nr. xxx/2007 und xxx/2007 des Notars N aus S Bezug genommen.

Die Änderung des Gesellschaftsvertrages der R GmbH wurde am 28.12.2007 in das Handelsregister eingetragen.

Die R GmbH schüttete am 27.12.2007 einen Betrag von insgesamt xxx EUR an Herrn P Q aus. Im Dezember 2008 kam es zu einer weiteren Ausschüttung von insgesamt xxx EUR.

In der Bilanz der T-Stiftung auf den 31.12.2007 wurden die Anteile an der R GmbH mit einem Wert von xxx EUR aktiviert. Nach den Erläuterungen zum Jahresabschluss ergab sich dieser Wert aus einem Wertgutachten der Q GmbH auf den 20.12.2007. Danach hatte die R GmbH nach dem Stuttgarter Verfahren einen Gesamtwert von xxx EUR. Der Wert des auf die T-Stiftung übertragenen Anteils (89 %) betrug demnach xxx EUR. Ausführungen zur Bedeutung der unterquotal ausgestalteten Gewinnbezugs- und Stimmrechte enthielt das Gutachten nicht. Vielmehr wird im Gutachten ausgeführt, dass Anteile ohne Einfluss auf die Geschäftsführung nicht existent und weitere Besonderheiten bei der Bewertung der Anteile nicht zu berücksichtigen seien. Wegen der Einzelheiten wird auf das Wertgutachten Bezug genommen. Herr P Q ist Gesellschafter-Geschäftsführer der Q GmbH.

Mit seiner – von der Q GmbH erstellten – Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 legte der Kläger eine – von Herrn P Q unterzeichnete – Zuwendungsbestätigung der T-Stiftung vom 16.04.2008 über eine Sachzuwendung im Wert von xxx EUR (Übertragung von 17,8 % der Anteile an der R GmbH) vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Bestätigung Bezug genommen. Von dem Gesamtbetrag von xxx EUR machte der Kläger einen Betrag von xxx EUR als Spende in den Vermögenstock einer Stiftung geltend.

Das zunächst zuständige Finanzamt A erkannte die Sachzuwendung zunächst in der bescheinigten Höhe an. Der Sonderausgabenabzug wurde nach § 10b Abs. 1a EStG in Höhe von xxx EUR und im Übrigen im Rahmen des nach § 10b Abs. 1 ermittelten Höchstbetrages von xxx EUR (20 % des Gesamtbetrages der Einkünfte von xxx EUR) gewährt (Einkommensteuerbescheid 2007 vom 09.02.2009). Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Eine gesonderte Feststellung des verbleibenden Spendenvortrags zum 31.12.2007 erging nicht.

Das Finanzamt für Großbetriebsprüfung H begann im Oktober 2011 mit einer Betriebsprüfung bei dem Kläger. Gegenstand der Prüfung war unter anderem der Spendenabzug.

Im Rahmen der Betriebsprüfung legte der Kläger ein Bewertungsgutachten vom 23.04.2013 vor. Der Gutachter kam unter Darlegung verschiedener Kontrollberechnungen zu dem Ergebnis, dass der in der Zuwendungsbestätigung ausgewiesene Wert nicht zu hoch ausgefallen sei. Das Stuttgarter Verfahren sei methodisch zutreffend angewandt worden. Insbesondere sei nicht zu beanstanden, dass der übertragene Anteil mit 89 % des Gesamtwertes der R GmbH angesetzt worden sei. Der gemeine Wert der R GmbH richte sich ausschließlich nach ihrem Vermögens- und nicht nach ihrem Ertragswert, da sie eine reine Holdinggesellschaft sei. Für Holdinggesellschaften sei nach R 103 ErbStR 2003 lediglich der Vermögenswert anzusetzen, da die Ertragsaussichten der Beteiligungsgesellschaften bereits bei der Bewertung dieser Gesellschaften berücksichtigt worden seien. Da sich der Wert einer Holdinggesellschaft ausschließlich nach ihrem Vermögen richte, könne für die Bewertung der Anteile an einer Holdinggesellschaft nur die Beteiligung am Stammkapital und nicht die Beteiligung am Gewinn maßgeblich sein. Die nach anderen Bewertungsverfahren ermittelten Werte lägen über den angesetzten Werten. Bei einer Bewertung nach dem Leitfaden der Oberfinanzdirektionen Düsseldorf und Münster (OFD-Leitfaden) habe die R GmbH einen Substanzwert von xxx EUR und einen Ertragswert von xxx EUR (vgl. Anlage 3). Demnach sei der übertragene Anteil jedenfalls mit 89 % des Substanzwertes, welcher als Bewertungsuntergrenze anzusehen sei, und damit mit xxx EUR anzusetzen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vermerk samt Anlagen Bezug genommen.

Das Finanzamt für Großbetriebsprüfung H kam in seinem Prüfungsbericht vom 24.04.2014, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, zu dem Ergebnis, dass der Wert der Sachzuwendung zu hoch angesetzt worden sei. Für das Jahr 2007 könne lediglich eine Zuwendung in Höhe von xxx EUR anerkannt werden. Das Bewertungsgutachten der Q GmbH beziehe sich auf den 20.12.2007 und damit auf einen Zeitpunkt vor Wirksamwerden der Satzungsänderung am 28.12.2007. Die Auswirkungen der Satzungsänderung auf den gemeinen Wert seien nicht berücksichtigt worden. Auch habe die Q GmbH eine Bewertung nach dem Stuttgarter Verfahren vorgenommen, welches für ertragsteuerliche Zwecke nicht anwendbar sei (§ 11 Abs. 2 Satz 3 des Bewertungsgesetzes – BewG – in der Fassung des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 07.12.2006 – SEStEG –).

Da in dem Gutachten vom 23.04.2013 der OFD-Leitfaden zugrunde gelegt worden sei, könne der Schätzwert für das Gesamtunternehmen in Höhe von xxx EUR übernommen werden. Ausgehend von diesem Wert ergebe sich ein Spendenwert in Höhe von xxx EUR. Dies entspreche 1/5 des Gesamtwerts des auf die T Stiftung übergegangenen Anteils in Höhe xxx EUR. Der Wert von xxx EUR ergebe sich wie folgt:

xxx EUR (Gesamtwert)

./. xxx EUR (Stammkapital)

xxx EUR davon 1 % xxx EUR

xxx EUR (Stammkapital) davon 89 % xxx EUR

rd. xxx EUR

Die unterquotalen Beteiligungsrechte stellten einen Umstand dar, der den Preis für die Anteile bedeutend beeinflusse. Da auf den Anteil nur 1 % der Ausschüttungen entfalle, wäre ein Erwerber auch nur zur Zahlung von 1 % des Gesamtwerts der R GmbH bereit. Nur das nicht ausschüttbare Nennkapital könne mit 89 % angesetzt werden. Die T-Stiftung hätte nicht verhindern können, dass das übrige Vermögen veräußert und der Veräußerungserlös anschließend im Wege der Ausschüttung an die Gesellschafter verteilt wird. Hierbei handele es sich nicht lediglich um einen theoretischen Fall, da die R GmbH tatsächlich Beträge von xxx EUR (Dezember 2007) und xxx EUR (Dezember 2008) ausgeschüttet habe.

Der – inzwischen zuständig gewordene – Beklagte folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und berücksichtigte im Änderungsbescheid vom 22.12.2014 die Spende nur noch in Höhe von xxx EUR als Sonderausgaben.

Mit dem dagegen gerichteten Einspruch führte der Kläger an, dass der von Betriebsprüfung angesetzte Gesamtwert der Anteile an der R GmbH in Höhe von xxx EUR akzeptiert werde. Nicht zutreffend sei allerdings die von der Betriebsprüfung vorgenommene Bewertung des auf die Stiftung übertragenen Anteils. Vielmehr habe die Q GmbH die Anteile zutreffend nach dem Stuttgarter Verfahren bewertet, da in der Anteilsübertragung eine (steuerfreie) Schenkung zu sehen sei. Die Bewertung werde demnach für Zwecke der Schenkungsteuer und nicht – wie vom Beklagen angenommen – für Zwecke der Ertragsteuer vorgenommen. Nach dem Stuttgarter Verfahren seien die Anteile mit ihrem Vermögenswert anzusetzen, welcher sich durch die Änderung des Gesellschaftsvertrages nicht geändert habe. Abweichende Stimm- und Gewinnbezugsrechte könnten nicht berücksichtigt werden. Insbesondere könnten sie keinen Wertansatz unterhalb des Substanzwertes rechtfertigen. Gerade die Finanzverwaltung vertrete stets die Auffassung, dass in der vorhandenen Substanz ein Mindestwert zu sehen sei. Er, der Kläger, habe diesen Wert mit der Anteilsübertragung auf die Stiftung auch endgültig verloren, da die Stiftung „auf ewig“ angelegt sei und dem Zugriff der Stifter entzogen sei. Die Berücksichtigung des Vermögenswertes entspreche auch den wirtschaftlichen Gegebenheiten. So würde der Stiftung im Falle der Veräußerung bzw. Liquidation der R GmbH der Erlös zu 89 % zustehen. Auch zeigten andere Fälle (z. B. Veräußerung von Unternehmen wie „Facebook“, „Twitter“ oder „Zalando“), dass hohe Veräußerungspreise auch bei sehr geringen Ergebnissen gezahlt würden. Bei der hier streitbefangenen Anteilsübertragung handele es sich nicht um ein Steuersparmodell, sondern eine Gestaltung zur Sicherung der Unternehmensnachfolge. Zudem sei anzumerken, dass die Finanzverwaltung in einem vergleichbaren Verfahren keine Minderung des Unternehmenswertes bei reduzierten Gewinnbezugs- und Stimmrechten angenommen habe.

Der Beklagte führte in der abschlägigen Einspruchsentscheidung vom 14.09.2017 an, das Stuttgarter Verfahren sei nicht anzuwenden, da die Bewertung der Sachspende für ertragsteuerliche Zwecke durchgeführt werde. Der Gesamtwert der R GmbH sei mit dem nach dem OFD-Leitfaden ermittelten Wert von xxx EUR anzusetzen. Hierüber sei inzwischen Einvernehmen mit Klägerseite erzielt worden. Bei der Ermittlung des Anteilswertes nach § 9 Abs. 2 BewG seien die disquotalen Beteiligungsrechte zutreffend wertmindernd berücksichtigt worden. Neben den Stimm- und Gewinnbezugsrechten in Höhe von lediglich 1 % sei zu berücksichtigen, dass die Abtretung eines Geschäftsanteils nach § 10 des Gesellschaftsvertrages an die Zustimmung der Gesellschaft geknüpft sei. Die Stifter seien in der Lage gewesen, einen Verkauf der Anteile und damit eine Verwertung der Vermögenssubstanz zu verhindern. Auch hätten die Stifter durch einen Verkauf des Substanzvermögens der R GmbH und anschließende Gewinnausschüttung bewirken können, dass der Stiftung lediglich 1 % des Vermögens zufließe. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass Stiftung bei der Veräußerung ihrer Anteile 89 % des Verkaufserlöses zufließe. Soweit die Klägerseite auf Unternehmen „Facebook“, „Twitter“ oder „Zalando“ verweise, seien diese Fälle schon wegen des Bekanntheitsgrades dieser Unternehmen nicht mit dem Streitfall vergleichbar. Ferner liege hier die Erwerbsmotivation nicht darin, dass eine Marktbeherrschung erlangt und ein lästiger Gesellschafter abgegolten werden solle.

Mit der dagegen gerichteten Klage macht der Kläger ergänzend geltend, dass die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte lediglich überprüfen könnten, ob der vom Zuwendungsempfänger angesetzte Wert in der Bandbreite der vertretbaren Werte liege. Dieser Grundsatz sei sowohl in der Literatur (Viskorf, ZEV 2009, 591, 694; Krumm, Steuerliche Bewertung als Rechtsproblem, S. 527) als auch in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – (BFH-Urteile vom 17.10.2001 I R 103/00/00, BStBl. II 2004, 171 zu verdeckten Gewinnausschüttungen; BFH-Urteil vom 27.02.2003 I R 46/01, BStBl. II 2004, 132 zur Angemessenheit der Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern) anerkannt. Aus den Regelungen zum Spendenabzug, wonach der Zuwendungsempfänger eine Zuwendungsbestätigung über den Wert der Sachspende auszustellen habe (§ 50d Abs. 1 EStDV i.V.m. dem amtlichen Vordruck) und insoweit einer Haftung nach § 10b Abs. 4 Satz 2 EStG ausgesetzt sei, ergebe sich, dass der T-Stiftung eine Bewertungsprärogative zustehe. Für eine nur eingeschränkte Überprüfbarkeit spreche auch, dass das im Streitjahr gültige Gesetz für die Bewertung kaum Vorgaben mache. Aus § 11 Abs. 2 BewG ergebe sich allein, dass der gemeine Wert maßgeblich sei.

Der von der Q GmbH ermittelte Wert liege in der Bandbreite der vertretbaren Werte. Insbesondere sei es vertretbar, dass die disquotale Beteiligung an den Stimm- und Gewinnbezugsrechten unberücksichtigt geblieben sei. Dies entspreche insbesondere dem OFD-Leitfaden, nach dessen Tz. 3.3 der Anteilswert quotal aus dem Unternehmenswert abzuleiten sei. Der OFD-Leitfaden sei konzeptionelle Grundlage des vereinfachten Ertragswertverfahrens, welches ab dem 01.01.2009 für die Unternehmensbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer maßgeblich sei. Insoweit habe § 97 Abs. 1b BewG a.F. ebenfalls eine Aufteilung des Gesamtwertes auf die einzelnen Anteile anhand von deren Anteil am Nennwert vorgesehen. Erst durch die Einführung des Satzes 4 in § 97 Abs. 1b BewG habe der Gesetzgeber die Berücksichtigung von ungleichen Anteilsrechten sicherstellen wollen (BT-Drucks. 18/4902, S. 54).

Der angesetzte Wert sei auch bei voller gerichtlicher Überprüfbarkeit nicht zu beanstanden. Zu berücksichtigen sei, dass die Stiftung zwar nur zu 1 % am laufenden Gewinn, jedoch zu 89 % an einem etwaigen Liquidationserlös beteiligt gewesen sei. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass die Stiftung diese Vermögensbeteiligung nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung habe realisiert können, da insoweit von einer Verfügungsbeschränkung im Sinne des § 9 Abs. 3 Satz 1 BewG auszugehen sei. Auch die Finanzverwaltung sehe in einer schweren Verkäuflichkeit keinen Grund für einen Bewertungsabschlag (Rz. 3.4.2. des OFD-Leitfadens). Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Vermögens-/Substanzwert seit jeher bei der Bewertung von Anteilen berücksichtigt worden sie. So seien nach dem Stuttgarter Verfahren neben den Ertragsaussichten auch die Vermögenswerte zu berücksichtigen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG bilde der Substanzwert den Mindestwert. In den – zu § 97 Abs. 1b Satz 4 BewG ergangenen – Ländererlassen vom 02.03.2016 (BStBl. I 2016, 246) sowie in H 97.6 ErbStH 2019 gehe die Finanzverwaltung davon aus, dass der Substanzwert auch bei einem abweichenden Gewinnverteilungsschlüssel nach dem Anteil am Nennkapital aufzuteilen sei. Erst wenn der im vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelte Wert den Substanzwert übersteige, sei die Differenz nach dem (abweichenden) Gewinnverteilungsschlüssel aufzuteilen. Nach einer Entscheidung des FG Düsseldorf sei der Rechtsgedanke des § 97 Abs. 1b Satz 4 BewG auch auf Bewertungen vor dem Inkrafttreten dieser Vorschrift anzuwenden (FG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2018 4 K 108/18 F, EFG 2019, 406). Unter Zugrundelegung der nach dem OFD-Leitfaden ermittelten Werte (Ertragswert = xxx EUR; Substanzwert = xxx EUR; Differenz = xxx EUR) ergebe sich nach diesen Grundsätzen ein Anteilswert von xxx EUR und ein Spendenwert von xxx EUR:

xxx EUR davon 89 % xxx EUR

(Substanzwert)

xxx EUR davon 1 % xxx EUR

(Differenz zwischen Ertrags-

und Substanzwert)

Summe xxx EUR

davon 1/5 xxx EUR

Bei der Bewertung sei die disquotale Stimmrechtsverteilung nicht zu berücksichtigen, da es sich insofern um einen persönlichen Umstand nach § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG handele. Beispielsweise dürfe nicht berücksichtigt werden, ob ein Gesellschafter in gutem Einvernehmen mit anderen Gesellschaftern stehe und deshalb durch Absprachen über die Stimmrechtausübung seinen Einfluss erhöhen könne (BFH-Urteil vom 06.10.1978 III R 95/76, BStBl. II 1979, 6). Auch nach Auffassung der Finanzverwaltung sei die abweichende Verteilung von Stimmrechten bei der Aufteilung des Unternehmenswertes auf die unterschiedlich ausgestalteten Anteile nicht zu berücksichtigen (Beispiel 2a in H 97.6 ErbStH 2019). Jedenfalls dürften abweichende Stimmrechte nur im Wege eines pauschalen Ab- oder Zuschlags berücksichtigt werden (Tz. 3.4.3. des OFD-Leitfadens; BFH-Urteil vom 02.11.1988 II R 52/85, BStBl. II 1989, 80; R 103 Abs. 1 Satz 4 ErbStR 2003; R B 11.9 Abs. 9 Satz 1 ErbStR 2019).

Jedenfalls hätten sie auf die Zuwendungsbestätigung vertrauen dürfen (§ 10 b Abs. 4 Satz 1 EStG). Sollte der angesetzte Wert unzutreffend sein, so sei ihm, dem Kläger, das nicht bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben. Vielmehr sei mit dem Stuttgarter Verfahren ein vorsichtiges Verfahren zur Unternehmensbewertung gewählt worden, das typischerweise zu niedrigeren Werten führe. Auch die Aufteilung des Gesamtwertes nach der Beteiligung am Nennkapital führe zu keinem offenkundigen Fehler, da eine derartige Aufteilung auch im OFD-Leitfaden sowie in § 97 Abs. 1b BewG a.F. vorgesehen war.

Der Kläger beantragt,

den ESt-Bescheid 2007 dahingehend zu ändern, dass ein Spendenabzug nach § 10b EStG aus der Spende an die T-Stiftung in Höhe von xxx EUR berücksichtigt wird und ferner eine gesonderte Feststellung des verbleibenden Zuwendungsvortrages auf den 31.12.2007 erfolgt;

hilfsweise, für den Fall des Unterliegens oder Teilunterliegens die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise, für den Fall des Unterliegens oder Teilunterliegens die Revision zuzulassen.

Ergänzend zu seinen Ausführungen in der Einspruchsentscheidung führt er an, die Ausführungen des Klägers zur Gesetzeshistorie des § 97 Abs. 1b BewG hätten keine Bedeutung für den Streitfall, da diese Vorschrift erst am 01.01.2009 in Kraft getreten sei. Nach dem OFD-Leitfaden könnten disquotal ausgestaltete Beteiligungsrechte berücksichtigt werden.

Der Senat hat die Sache am 20.05.2020 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 22.12.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.09.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der im Wege der Sachspende übertragene Geschäftsanteil hat lediglich einen gemeinen Wert von xxx EUR, weshalb auch ein verbleibender Zuwendungsvortrag für den Kläger nicht festzustellen ist.

I. Die Voraussetzungen für einen Sonderausgabenabzug liegen dem Grunde nach unstreitig vor. Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen, dass der Kläger mit der Übertragung des Anteils an der R GmbH eine nach § 10b Abs. 1, Abs. 1a EStG abziehbare Sachspende in den Vermögensstock einer nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreiten Stiftung des privaten Rechts erbracht hat. Der Senat sieht insofern von weiteren Ausführungen ab.

II. Nach § 10b Abs. 3 Satz 1 EStG gilt als Zuwendung auch die Zuwendung von Wirtschaftsgütern mit Ausnahme von Nutzungen und Leistungen. Bei Zuwendungen aus dem Privatvermögen bestimmt sich die Höhe der Zuwendung nach dem gemeinen Wert des zugewendeten Wirtschaftsguts (§ 10b Abs. 3 Satz 3 EStG).

Zur Bestimmung des gemeinen Wertes finden die allgemeinen Bewertungsvorschriften des BewG (§§ 1 bis 16 BewG) Anwendung (vgl. § 1 BewG).

1. Dabei kann das Gericht – entgegen der Auffassung des Klägers – den in der Zuwendungsbestätigung angegebenen Wert uneingeschränkt überprüfen.

Nach der Rechtsprechung des BFH ist der Teilwert eines Kapitalgesellschaftsanteils eine feste Größe, welche nicht nach einer Bandbreite, sondern vielmehr durch Schätzung zu bestimmen ist. Die zu verdeckten Gewinnausschüttungen ergangene Rechtsprechung findet insoweit keine Anwendung (BFH-Urteile vom 19.08.2009 III R 79/07, BFH/NV 2010, 610 und 20.12.2012 IV B 12/12, BFH/NV 2013, 547).

Nach Auffassung des erkennenden Senats ist auch der gemeine Wert voll überprüfbar. Dabei kann offen bleiben, ob eine reduzierte Kontrolldichte ausnahmsweise zu bejahen sein kann, soweit für die Unternehmensbewertung Prognosen oder andere subjektive Wertungen erforderlich sind (so Krumm in: Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 2. Aufl. 2019, Rn. 35.26). Denn im Streitfall ist im Wesentlichen streitig, nach welchem Maßstab der Gesamtwert der R GmbH auf die Anteile aufzuteilen ist. Hierbei handelt es sich um eine gerichtlich voll überprüfbare Rechtsfrage.

Nichts anderes ergibt sich aus den Besonderheiten des § 10b EStG. Auch der in einer Zuwendungsbestätigung angegebene Wert einer Sachzuwendung ist voll überprüfbar. Andernfalls könnte die Finanzbehörde ihrer verfassungsrechtlich (Art. 3 Abs. 1 GG) gebotenen Pflicht zur Verifikation der Angaben nicht nachkommen (Kulosa in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 10b EStG Rn. 82). Hieraus ergibt sich auch kein unangemessenes Haftungsrisiko für den Aussteller, da § 10b Abs. 4 Satz 2 EStG Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit voraussetzt. Die Wertermittlung hat dabei im Wege der Schätzung zu erfolgen, wobei der Steuerpflichtige grundsätzlich die Feststellungslast für die Schätzung erheblichen Tatsachen trägt (BFH-Urteil vom 23.05.1989 X R 17/85, BStBl. II 1989, 879).

2. Der in der Zuwendungsbestätigung angegebene Wert von xxx EUR steht nicht im Einklang mit den im Streitjahr geltenden Bewertungsvorschriften. Dagegen ist der vom Beklagten angesetzte Wert von xxx EUR nicht zu beanstanden.

a) Nach § 9 Abs. 2 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Umstände sind solche, mit denen der Verkehr bei der Abschätzung des Werts eines Wirtschaftsguts nicht zu rechnen pflegt. Persönliche Umstände weisen darüber hinaus die Besonderheit auf, dass sie in der Person des Käufers oder Verkäufers liegen (BFH-Urteil vom 30.01.2013 II R 38/11, BStBl. II 2018, 656).

aa) Bei GmbH-Geschäftsanteilen sind Rechte, die dem Geschäftsanteil anhaften, bei der Bewertung zu berücksichtigen. Unbeachtlich sind dagegen persönliche Umstände wie z.B. Absprachen zwischen Gesellschaftern über die Stimmrechtsausübung (BFH-Urteil vom 06.10.1978 III R 95/76, BStBl. II 1979, 6). Zu den persönlichen Umständen können auch im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Mehrstimmrechte gehören, wenn diese an die Person eines Gesellschafters geknüpft sind (BFH-Urteil vom 30.01.2013 II R 38/11, BStBl. II 2018, 656).

Als persönliche Verhältnisse sind gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 BewG auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind. Das gilt insbesondere für Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilligen Anordnungen beruhen (§ 9 Abs. 3 Satz 2 BewG). Verfügungsbeschränkungen sind nur dann unberücksichtigt zu lassen, wenn sie in der Person des Steuerpflichtigen oder seines Rechtsvorgängers begründet sind. Ein derartiger Personenbezug ist bei gesellschaftsvertraglich vereinbarten Verfügungsbeschränkungen jedenfalls dann zu bejahen, wenn die Gesellschafter die Bindungen im eigenen und gegenseitigen Interesse eingegangen sind und sie jederzeit wieder beseitigen können (BFH-Urteile vom 12.07.2005 II R 8/04, BStBl. II 2005, 845 und vom 17.06.1998 II R 46/96, BFH/NV 1999, 17). Gründen Verfügungsbeschränkungen indes im Wirtschaftsgut selbst, weil sie für alle Verfügungsberechtigten gelten, ist § 9 Abs. 3 Satz 1 BewG nicht anwendbar und der Minderwert ist bei der Bewertung des belasteten Wirtschaftsguts zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 28.10.2008 IX R 96/07, BStBl. II 2009, 45 zu gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen).

bb) Der gemeine Wert von Anteilen an nichtbörsennotierten Kapitalgesellschaften ist vorrangig aus Verkäufen, die weniger als ein Jahr zurückliegen, abzuleiten (§ 11 Abs. 2 Satz 1 BewG). Fehlt es an derartigen Verkäufen, so ist nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG der gemeine Wert unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG in der Fassung des SEStEG gilt § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG allerdings nicht für ertragsteuerliche Zwecke. Mit Satz 3 sollte klargestellt werden, dass Anteile an Kapitalgesellschaften für ertragsteuerliche Zwecke nicht nach dem Stuttgarter Verfahren, nach welchem sowohl der Vermögenswert als auch die Ertragsaussichten des Unternehmens zu berücksichtigen waren, bewertet werden können (BR-Drucks. 542/06, Seite 90 und BT-Drucks. 16/2710, Seite 56). Die Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften soll daher für Zwecke der Ertragsteuer nach den allgemeinen Regelungen für Unternehmensbewertungen erfolgen (Mannek in: Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 11 BewG, Rn. 529).

Demnach kann eine Bewertung auch auf der Grundlage des – auf dem Ertragswertverfahren basierenden – OFD-Leitfadens durchgeführt werden (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.11.2012 2 K 2452/10, EFG 2013, 352; OFD Koblenz, Verfügung vom 06.02.2007, DStR 2007, 994). Gemäß Rz. 3.3 des OFD-Leitfadens ist der Wert einer Beteiligung grundsätzlich quotal aus dem ermittelten Unternehmenswert abzuleiten (indirekte Anteilsbewertung). Allerdings können nach Rz. 3.4 besondere Umstände, die bei der Bewertung bisher nicht (hinreichend) berücksichtigt wurden, durch pauschale Zu- oder Abschläge oder in sonstiger Weise Rechnung getragen werden. Bei bestimmten Sonderfällen soll die Wertfindung ggf. abweichend von der Regelbewertung erfolgen, wobei – je nach den Umständen des Falles – die Regelungen in R 103, 104 und 106 ErbStR 1999 entsprechend anwendbar sein können. Als derartiger Sonderfall kommen auch Anteile mit ungleichen Rechten in Betracht (Rz. 3.4.8).

Nach einer Entscheidung des FG Düsseldorf ist ein unterquotales Gewinnbezugsrecht bei der Bewertung von GmbH-Anteilen in der Weise wertmindernd zu berücksichtigen, dass der Gesamtwert der GmbH entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel aufzuteilen ist (FG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2018 4 K 108/18 F, EFG 2019, 406, Revision beim BFH anhängig unter dem Az. II R 5/19).

Auch in der Literatur ist anerkannt, dass ein vom Kapitalanteil abweichender Gewinnverteilungsschlüssel als wertbildender Faktor in die Bewertung einzubeziehen ist (Großfeld/Egger/Tönnes, Recht der Unternehmensbewertung, 8. Auflage 2016, Rz. 1379; Fleischer in: Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 2. Aufl. 2019, Rn. 20.50; Piltz, DStR 2009, 1829, 1833; Piltz/Wissmann, NJW 1985, 2673, 2680; S. Viskorf in: Viskorf/Schuck/Wälzholz, ErbStG/BewG, 5. Auflage 2017, § 11 BewG Rn. 137). Dabei soll dem Gewinnverteilungsschlüssel jedenfalls dann eine besondere Bedeutung zukommen, wenn von einer unbegrenzten Lebensdauer des Unternehmens (Gedenke der Unternehmensfortführung) ausgegangen werden kann (Hachmeister/Ruthardt, BB 2014, 427, 430; Hachmeister/Ruthardt, DStR 2014, 760, 762; vgl. auch Wiechers in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 4. Auflage 2009, Seite 633 f.). Von einer Fortführung des Unternehmens ist insbesondere dann auszugehen, wenn der Ertragswert höher ist als der Substanzwert (Eisele in: Rössler/Troll, BewG, § 97 Rn. 38).

Die Finanzverwaltung vertritt zu der Neuregelung in § 97 Abs. 1b Satz 4 BewG die Auffassung, dass zunächst der Substanzwert nach dem Anteil am Nennkapital und nur die Differenz zwischen dem (höheren) Ertragswert und dem Substanzwert nach dem Gewinnverteilungsschlüssel aufzuteilen ist (vgl. H B 97.6 ErbStH 2019 sowie Ländererlass vom 02.03.2016, BStBl. I 2016, 246).

b) Nach diesen Grundsätzen ist der vom Beklagten angesetzte Wert nicht zu beanstanden.

Der Senat geht – in Übereinstimmung mit den Beteiligten – davon aus, dass nach § 11 Abs. 2 BewG in der Fassung des SEStEG eine Bewertung auf der Grundlage des OFD-Leitfadens zulässig ist. Danach ist der Wert eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft in der Weise zu ermitteln, dass zunächst der Gesamtwert des Unternehmens zu bestimmen und sodann der Wert des einzelnen Anteils quotal aus diesem Gesamtwert abzuleiten ist (Tz. 3.3 des OFD-Leitfadens).

aa) Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen, dass die R GmbH – nach dem OFD-Leitfaden – einen Gesamtwert von xxx EUR hat und dass dieser Wert der Anteilsbewertung zugrunde gelegt werden soll. Der Senat sieht insoweit von weiteren Ausführungen ab.

bb) Der Wert des auf die T-Stiftung übertragenen Anteils richtet sich nach Auffassung des Senats wegen der besonders stark ausgeprägten Disquotalität der Beteiligungsrechte nicht nach der Beteiligung am Stammkapital, sondern nach dem Gewinnverteilungsschlüssel sowie dem Umfang des Stimmrechts. Nur das Stammkapital von xxx EUR kann im Umfang von 89 % berücksichtigt werden.

(1) Die disquotal ausgestalteten Beteiligungsrechte sind Umstände, die den Preis der Anteile beeinflussen und damit nach § 9 Abs. 2 Satz 2 BewG bei der Ermittlung des gemeinen Wertes zu berücksichtigen sind. Da Gesellschafter im Wesentlichen über Gewinnausschüttungen an den Erträgen der Gesellschaft partizipieren, würde ein Käufer die Höhe des Kaufpreises stets auch von mit dem Anteil verbundenen Gewinnbezugsrecht abhängig machen. Von dem Umfang des Stimmrechts hängen die Einflussmöglichkeiten des Gesellschafters auf die Gesellschaft ab. Auch dies wird – wie sich auch aus § 11 Abs. 3 BewG ergibt – bei der Kaufpreisbemessung berücksichtigt.

(2) Die disquotal ausgestalteten Gewinnbezugs- und Stimmrechte stellen keine ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnisse im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG dar. Persönliche Verhältnisse liegen nicht vor, da das unterquotal ausgestaltetet Gewinnbezugs- und Stimmrecht dem übertragenen Anteil selbst anhaftet. Nach den Regelungen im Gesellschaftsvertrag gelten die Rechte unabhängig davon, wer Inhaber des Anteils ist. Anteilsbezogene Rechte sind – anders als personenbezogene Sonderrechte – bei der Ermittlung des gemeinen Wertes zu berücksichtigen (so auch Grever, RNotZ 2019, 1, 14; Kotzenberg/Geißler, Ubg 2018, 448, 455).

(3) Entgegen der Auffassung des Klägers kann aus der Gesetzeshistorie zu § 97 Abs. 1b BewG nicht geschlossen werden, dass sich der Wert des gespendeten Anteils ausschließlich nach der Beteiligung am Stammkapital richtet. Es trifft zwar zu, dass der Gesetzgeber bei der Einfügung des § 97 Abs. 1b Satz 4 BewG davon ausgegangen ist, dass sich der Anteilswert nach geltender Rechtslage nach dem Verhältnis des Anteils am Nennkapital der Gesellschaft richtet (BT-Drucks. 17/4902, S. 54). Diese Ausführungen beziehen sich aber auf die zuvor geltende Fassung des § 97 Abs. 1b BewG und haben damit keine Auswirkungen auf die für das Jahr 2007 durchzuführende Bewertung für ertragsteuerliche Zwecke. § 97 Abs. 1b BewG ist mit Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24.12.2008 (BGBl. I 2008, 3018) eingefügt worden und gilt erst ab dem 01.01.2009. Zudem hat § 97 BewG lediglich Bedeutung für die Erbschaft- und Schenkungsteuer (Dötsch in: Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 97 BewG Rn. 145).

(4) Die vom Beklagten vorgenommene Wertaufteilung findet ihre Rechtfertigung in der besonders stark ausgeprägten Disquotalität der Beteiligungsrechte.

Für den vom Beklagten angesetzte Wert spricht, dass die T-Stiftung nur über Gewinnausschüttungen – und damit in Höhe von 1 % – an den Erträgen sowie dem Vermögen der R GmbH beteiligt wird. Aufgrund des Stimmrechts in Höhe von ebenfalls nur 1 % ist es ihr nicht möglich, an dem Vermögen der R GmbH entsprechend ihrem Anteil am Stammkapital zu partizipieren. Die T-Stiftung kann den Vermögenswert weder durch Austritt aus der Gesellschaft noch durch Auflösung der Gesellschaft noch durch Verkauf des Vermögens der R GmbH realisieren. Ein Austritt aus einer GmbH ist nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich und scheidet damit im Regelfall aus (Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG § 34 Rn. 144). Auch kann die T-Stiftung – mit einem Stimmrecht von 1 % – keinen Beschluss über die Auflösung der R GmbH herbeiführen, da ein Auflösungsbeschluss einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen bedarf (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG). Zudem besitzt sie keine Mehrheit, um den Verkauf des Vermögens der R GmbH durchzusetzen.

Auch eine faktische Einflussnahme scheidet aus, da der T-Stiftung keine bedeutsamen Minderheitsrechte zustehen. Insbesondere kann sie mit ihrem Stimmrecht von 1 % satzungsändernde Beschlüsse nicht verhindern, da diese bereits mit einer Mehrheit von drei Vierteilen der abgegebenen Stimmen gefasst werden können (§ 53 Abs. 2 GmbHG). § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG stellt auf das Stimmrecht und nicht auf die Beteiligung am Stammkapital ab (Priester/Tebben in: Scholz, GmbHG, § 53 Rn. 86). Auch könnte die T-Stiftung mit ihrem Stimmrecht von 1 % nicht verhindern, dass die Gesellschafterversammlung der R GmbH die Veräußerung der von ihr gehaltenen Beteiligungen und die anschließende Ausschüttung des Veräußerungserlöses beschließt.

Der Umstand, dass die R GmbH Beträge von xxx EUR (Dezember 2007) und xxx EUR (Dezember 2008) ausgeschüttet hat, zeigt, dass die Gesellschafter nicht nur theoretisch, sondern auch tatsächlich ausschließlich über Ausschüttungen an dem Wert der R GmbH partizipiert haben.

Da lediglich das Stammkapital von xxx EUR nicht ausgeschüttet werden kann (§ 30 Abs. 1 GmbHG), erscheint es schließlich auch gerechtfertigt, das Stammkapital entsprechend der nominalen Beteiligung am Nennkapital aufzuteilen (89 % von xxx EUR = xxx EUR).

(5) Der besonders stark ausgeprägten Disquotalität der Beteiligungsrechte kann – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht durch einen (pauschalen) Bewertungsabschlag Rechnung getragen werden. Es ist weder vorgetragen noch ansonsten ersichtlich, dass sich ein Käufer „im gewöhnlichen Geschäftsverkehr“ (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BewG) lediglich auf einen derartigen Bewertungsabschlag einlassen würde. Ferner fehlt es an konkreten Maßstäben dafür, in welcher Höhe der Bewertungsabschlag anzusetzen wäre.

(6) Der Senat kann offenlassen, ob die Verfügungsbeschränkung in § 10 des Gesellschaftsvertrages der R GmbH nach § 9 Abs. 3 BewG unberücksichtigt bleiben muss. Denn der vom Beklagten ermittelte Wert berücksichtigt nicht etwa einen Bewertungsabschlag für die Verfügungsbeschränkung, sondern beruht im Wesentlichen auf den eingeschränkten Gewinnbezugs- und Stimmrechten. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass die T-Stiftung durch Veräußerung ihres Anteils an dem Vermögenswert der R GmbH partizipieren kann. Denn bei einer Veräußerung wäre zu berücksichtigen, dass ein Erwerber der Anteile bei der Bemessung des Kaufpreises wiederum die eingeschränkten Gewinnbezugs- und Stimmrechte berücksichtigen würde.

II. Der Kläger durfte nicht auf die Wertangaben in der Zuwendungsbestätigung vertrauen.

Nach § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG darf der Steuerpflichtige auf die Richtigkeit der Bestätigung über Spenden und Mitgliedsbeiträge vertrauen, es sei denn, dass er die Bestätigung durch unlautere Mittel oder falsche Angaben erwirkt hat oder dass ihm die Unrichtigkeit der Bestätigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.
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1. Ob ein Steuerpflichtiger die Unrichtigkeit der Bestätigung gekannt oder grob fahrlässig nicht gekannt hat, entscheidet sich nach individuellen Maßstäben. Es genügt nicht, dass er die tatsächlichen Umstände kennt, die zur Rechtswidrigkeit geführt haben, er muss das – wenn auch laienhafte – Bewusstsein von der Rechtswidrigkeit der Bestätigung selbst gehabt haben. Grob fahrlässig handelt, wer die nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten gebotene und zuzumutende Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt. Maßgeblicher Zeitpunkt ist in diesem Zusammenhang die Einreichung der Steuererklärung (BFH-Urteil vom 02.08.2006 XI R 6/03, BStBl. II 2007, 8). Bei Sachzuwendungen liegt bei krassen Abweichungen zwischen dem ausgewiesenen und dem tatsächlichen Wert ein grobes Verschulden nahe, wenn der Zuwendende den überhöhten Wert angegeben hat (Kulosa in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 10b EStG Rn. 144). Der Vertrauensschutz entfällt auch dann, wenn der Erfüllungshilfe des Steuerpflichtigen die Unrichtigkeit der Bestätigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war (BFH-Urteil vom 07.11.1990 X R 143/88, BStBl. II 1991, 325).

2. Nach diesen Grundsätzen scheidet ein Vertrauensschutz aus, da dem Kläger die Unrichtigkeit der Bestätigung jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.

Da der Kläger als Treugeber über die im Dezember 2007 beschlossenen Satzungsänderungen bei der R GmbH umfassend informiert war, hätte es sich ihm aufdrängen müssen, dass der in der Zuwendungsbestätigung angegebene Wert viel zu hoch ausfällt. Es trifft zwar zu, dass es bislang keine gefestigten Rechtsprechungsgrundsätze zur Bewertung von Kapitalgesellschaftsanteilen mit disquotal ausgestalteten Rechten gibt. Allein aus dem Umstand, dass das Gericht zu einem anderen Wertansatz kommt als der Kläger, kann demnach noch kein grob fahrlässiges Handeln abgeleitet werden. Vorliegend besteht allerdings die Besonderheit, dass sich das Wertgutachten der Q GmbH überhaupt nicht mit den unterquotal ausgestalteten Gewinnbezugs- und Stimmrechte auseinandersetzt. Dem Kläger hätte sich aufdrängen müssen, dass diese Ausstattungsmerkmale Bedeutung für die Bewertung haben müssen.

Der Vertrauensschutz entfällt auch deshalb, weil Herrn P Q die Unrichtigkeit der Bestätigung jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war. Herr P Q hatte als Gesellschafter der R GmbH, Gesellschafter-Geschäftsführer der Q GmbH und Vorstandsmitglied der T-Stiftung umfassende Kenntnis von den für die Bewertung maßgeblichen Umständen. Diese Kenntnis ist dem Kläger zuzurechnen, da Herr P Q als Erfüllungsgehilfe des Klägers aufgetreten ist. Dies ergibt sich daraus, dass Herr P Q den Kläger im Rahmen der im Dezember 2007 beschlossenen Umstrukturierungen vertreten hat. Zudem hat die Q GmbH, dessen Gesellschafter-Geschäftsführer Herr P Q ist, für den Kläger die Einkommensteuererklärung 2007 erstellt und eingereicht.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich, da bislang nicht hinreichend geklärt ist, nach welchen Grundsätzen Gesellschaftsanteile mit disquotal ausgestalteten Beteiligungsrechten zu bewerten sind.

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