LG Itzehoe 10 O 94/07 Gemeinschaftliches Testament: Abgrenzung zwischen Vorausvermächtnis und Teilungsanordnung; Anrechnung von Schenkungen

November 4, 2017

 

LG Itzehoe 10 O 94/07

Gemeinschaftliches Testament: Abgrenzung zwischen Vorausvermächtnis und Teilungsanordnung; Anrechnung von Schenkungen

 

  1. § 2287 BGB ist auf Schenkungen anwendbar, die entgegen bindend gewordener Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament gemacht wurden. Bei der Anordnung, dass die Beklagte ein Grundstück unter der Bedingung der Auskehrung des hälftigen Verkehrswerts erhalten soll, handelt es sich um eine Teilungsanordnung, die nur einseitig – und nicht vertragsmäßig und damit wechselbezüglich – getroffen werden kann.

 

  1. Eine Leistung i.S.d. § 2325 Abs. 3 BGB liegt auch dann vor, wenn sich der Erblasser nur an einzelnen Räumen des Hauses ein ausschließliches Wohnrecht, an weiteren Räumlichkeiten des Hauses sowie an den gemeinschaftlichen Einrichtungen des Grundstücks ein Mitbenutzungsrecht einräumen lässt und an den übrigen Räumen des Hauses keinerlei Wohn- und Nutzungsrechte behält (vgl. OLG Bremen, Urteil vom 25. Februar 2005, 4 U 61/04, NJW 2005, 1726).
  2. Schenkungen, die der Pflichtteilsergänzungsberechtigte erhalten hat, sind zeitlich unbegrenzt anzurechnen. Nur solche Geschenke braucht sich der Ergänzungsberechtigte auf den Ergänzungsanspruch nach dem Längstlebenden nicht anrechnen zu lassen, die er von dem Erstverstorbenen erhalten hat.

Tenor

  1. Die Klage wird abgewiesen soweit sie den durch das Teilurteil vom 31.8.2007 zuerkannten Betrag übersteigt.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

1              Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von insgesamt 300.000 EUR aus einem Vertrag zwischen der Beklagten und der gemeinsamen Mutter sowie zum Ausgleich der der Beklagten durch die Mutter überlassene Vermögenswerte.

2              Die Parteien sind Geschwister. Sie sind die einzigen Kinder der Eheleute –​-und –​-. –​verstarb 1987, –​-verstarb am 16.10.2006 in –​-. Die Eheleute –​-hinterließen zwei gemeinschaftliche notarielle Testamente. Am 16.8.1943 errichteten sie ein notarielles Testament vor dem Notar –​-in –​-, in welchem sie sich gegenseitig zu Vollerben einsetzten und ihre gemeinsamen Kinder, die Parteien, zu gleichen Teilen zu Schlusserben. Auf den weiteren Inhalt des Testaments wird Bezug genommen (Anlage K1 im Anlagenband des Klägers). Am 9.5.1977 errichteten die Eheleute –​-ein weiteres Testament vor dem Notar –​-in –​-. In diesem Testament heißt es: “Wir haben am 16.8.1943 ein gemeinschaftliches Testament errichtet…. Dieses Testament ergänzen wir im Wege gemeinschaftlichen Testamentes wie folgt: Zu dem Vermögen der Erschienenen zu 2 gehört das in –​-gelegene, mit einem 2-​Familienhaus bebaute Grundstück. Bezüglich dieses Grundstücks treffen wir folgende Teilungsanordnung: Dieses Grundstück soll nach dem Tode des Längstlebenden unsere Tochter –​-, geb. –​-als alleinige Eigentümerin übernehmen….. Unsere Tochter hat unserem Sohne –​-den halben Verkehrswert, den das Grundstück beim Tode des Längstlebenden hat -vermindert um etwa vorhandene Belastungen -auszuzahlen…..” Auf den weiteren Inhalt des Testaments wird Bezug genommen (Anlage K1a des Anlagenbandes).

3              Mit notariellem Vertrag vom 7.12.1994 übertrug –​-das Grundstück –​-unentgeltlich an die Beklagte. In § 4 des Vertrages behielt sich –​-den Nießbrauch an dem Grundstück vor. Der Verkehrswert des Grundstücks wird in § 7 mit 800.000 DM angegeben. In § 8 des Vertrages verpflichtete sich die Beklagte, binnen 3 Monaten nach dem Tode der Mutter an den Kläger eine “Ausgleichszahlung” in Höhe von 250.000 DM zuleisten. Auf den weiteren Inhalt des Vertrages wird Bezug genommen (Anlage K2 des Anlagenbandes). Sowohl der Eigentumswechsel als auch der Nießbrauch wurden ins Grundbuch eingetragen.

4              Bereits im 1971 übertrug –​-mit notariellem Vertrag an die Beklagte das Grundstück –​-in –​-, das unmittelbar an den –​-angrenzt, unentgeltlich an die Beklagte. In § 4 des Vertrages behielten sich die Eheleute –​-den Nießbrauch an dem Grundstück vor. In § 6 des Vertrages wurde der Wert der Verhandlung “im Kosteninteresse” mit 100.000 DM angegeben. Auf den weiteren Inhalt des Vertrages wird Bezug genommen (Anlage K4 des Anlagenbandes). Auch hier wurden Eigentumswechsel und Nießbrauch im Grundbuch eingetragen. Die Beklagte nutzte die Wohnung im Erdgeschoss des Hauses später für sich und ihre Familie. 1979 verzichteten die Eheleute –​-auf das Nießbrauchsrecht und ließen sich stattdessen ein Wohnrecht gemäß § 1093 BGB für die Wohnung im ersten Obergeschoss des Hauses einräumen. Die Wohnung wurde von den Eheleuten –​-auch genutzt, zu einem streitigen Zeitpunkt -1990 oder 1992 -zog –​-dann in die –​-in –​-. Die Wohnung wurde vermietet. Die Mieten gingen an die Beklagte, die auch die Buchhaltung für das Haus führte. 1994 wurde das Haus dann unentgeltlich an die zwei Töchter der Beklagten übertragen, die das Grundstück später für 650.000 EUR veräußerten.

5              Ebenfalls im Jahre 1971 übertrug –​-mit notariellem Vertrag das Grundstück in –​-, bebaut mit einem Wohn-​und Geschäftshaus, unentgeltlich an den Kläger. In § 4 des Vertrages behielten sich die Eheleute –​-den lebenslänglichen Nießbrauch an dem Grundbesitz vor. In § 6 wurde der Wert der Verhandlung “im Kosteninteresse” mit 100.000 DM angegeben. Auf den weiteren Inhalt des Vertrages wird Bezug genommen (Bl. 74 ff. d.A.). Sowohl Nießbrauch als auch Eigentümerwechsel wurde im Grundbuch eingetragen. Das Haus wurde später abgerissen und ab 1973 wurde ein Neubau errichtet. Die Kosten des Neubaus in Höhe von 1.750.000 DM finanzierte der Kläger. Mit der Errichtung des Neubaus wurde der Nießbrauch mit notariellem Vertrag von 1973 aufgehoben und stattdessen vereinbart, dass der Kläger an die Eheleute –​-eine lebenslängliche Leibrente in Höhe von 2750 DM monatlich zahlt. Unter Nr. 2 des Vertrages vereinbarte der Kläger mit den Eheleuten –​-eine Wertsicherungsklause in Bezug auf diese Rente. Desweiteren wurde vereinbart, dass zur Sicherung der Rente eine Reallast eingetragen wird. Unter Abschnitt V findet des Vertrages findet sich folgende Übereinkunft des Klägers und seiner Eltern.: “Die Erschienen zu 2) und 3) sind darüber einig, dass der Pachtvertrag vom 23.11.1967 über das im Hause –​-unter der Firma –​-betriebene Feinkostgeschäft mit dem 31.12.1972 beendet ist. Herr –​-hat das Geschäft mit dem Recht zur Fortführung der Firma an Herrn –​-verkauft. Die Gegenleistung ist in der nach Ziff. II dieses Vertrages vereinbarten monatlichen Rente von DM 2750,-​enthalten.” Auf den weiteren Inhalt des Vertrages wird Bezug genommen (Bl. 26ff. d.A.). Der Kläger zahlte bis zum Mai 1996 regelmäßig den monatlichen Betrag von 2750,-​DM. Am 14.5.1996 wurde der Kläger aufgefordert auf Grund der Wertsicherungsklausel nunmehr 4000,-​DM zu zahlen. Hierzu verpflichtete er sich mit Schreiben vom 29.5.1996. 2002 gab der Kläger das Feinkostgeschäft auf. Unter dem 20.3.2002 schrieb –​-an den Kläger, dass sie ab sofort nur noch eine monatliche Rente in Höhe von 500,-​EUR fordere. Auf den weiteren Inhalt des Schreibens wird Bezug genommen (Bl. 28f. d.A.).

6              Im Nachlass der –​-befanden sich keine weiteren Immobilien. Der bisher ungeteilte Nachlass beläuft sich auf ein Kontoguthaben bei der –​-in Höhe von 110.474,16 EUR.

7              Der Kläger behauptet, die Schenkungen, die die Beklagte erhalten hat, hätten den wesentlichen Teil des Eigentums der gemeinsamen Mutter –​-ausgemacht. Der Wert der Immobilien, die die Beklagte zu Lebzeiten der Mutter erhalten hat, übersteige bei weitem den Wert der Immobilie, die er 1971 erhalten habe. Das bebaute Grundstück –​-hätte zum Zeitpunkt der Übertragung einen Verkehrswert von mindestens 660.000 EUR gehabt. Zum Zeitpunkt des Erbfalls habe der Verkehrswert mindestens 800.000 EUR betragen. Die Angabe des Wertes im notariellen Vertrag von 800.000 DM sei allein im Kosteninteresse erfolgt. Der kapitalisierte Wert des Nießbrauchs, der auf dem Grundstück lastete, betrage 58.152,29 EUR. Der Wert der Immobilie –​-habe bereits im Jahre 1971 mindestens 300.000 EUR betragen. Die Wohnung im Erdgeschoss dieser Immobilie habe die Beklagte bereits ab 1971 genutzt und hierfür lediglich eine Miete in Höhe von 750 DM gezahlt, obwohl hierfür eigentlich 1500 EUR üblich gewesen wären. Nach Auszug der –​-aus dem Obergeschoss sei dieses für mindestens 1500 EUR vermietet gewesen. Diese Mieten seien an die Beklagte gegangen, ohne dass diese hierfür eine Gegenleistung erbracht hätte. Zwar habe sie die Buchhaltung geführt, dies habe aber keinen großen Aufwand erfordert. Das Haus –​-dagegen habe sich bei Übertragung 1971 in einem sehr schlechten und sanierungsbedürftigen Zustand befunden. Der Wert sei mit 100.000 DM im notariellen Vertrag auch realistisch angegeben worden. Die Leibrente sei ein Gegenleistung für die Übertragung des Hauses gewesen und auch durchgängig in voller Höhe bezahlt worden. Teilweise seien auch Überzahlungen geleistet worden. Der Kläger meint, er habe Anspruch auf Auszahlung des halben Verkehrswertes der Immobilie –​-aus § 2287 BGB. Die Erblasserin –​-sei durch die zwei wechselbezüglichen Testamente aus den Jahren 1943 und 1977 nach Ableben des –​-daran gehindert gewesen, die Immobilie wie geschehen 1994 an die Beklagte zu verschenken. Durch die Vereinbarung der Zahlung von nur 250.000 DM zugunsten des Klägers, sei dieser benachteiligt worden. Bei dem Testament von 1977 handele es sich um eine Ergänzung des wechselbezüglichen von 1943 und nicht um eine Teilungsanordnung. Dies habe auch im Willen des –​-gelegen, der habe sicherstellen wollen, dass der Beklagte die Hälfte des Verkehrswertes erhält. Ein Anspruch des Klägers ergebe sich auch aus § 826 BGB. –​und die Beklagten hätten bei der Übertragung des –​-an die Beklagte sittenwidrig und kollusiv zusammengewirkt. Dies sei auch in der Absicht geschehen, den Kläger zu schädigen, denn die Erblasserin habe kein Eigeninteresse an der Übertragung gehabt und ihr seien die Testamente schließlich bekannt gewesen. Im übrigen stehe dem Kläger ein Pflichtteilsergänzungsanspruch aus § 2325 BGB sowohl hinsichtlich der Immobilie –​als auch hinsichtlich der angrenzenden Immobilie –​-zu. § 2325 Abs. 3 BGB greife insoweit nicht ein, da die Erblasserin durch den Nießbrauch bzw. das Wohnrecht die Immobilie weiter nutzte. Als Schenkungen an die Beklagte seien auch hinzuzurechnen, dass die Erblasserin 1979 auf den Nießbrauch an der Immobilie –​-verzichtet hat und die Beklagte nur eine sehr geringe Miete gezahlt habe. Auch als Schenkung sei anzusehen, dass die Beklagte die Miete für die Wohnung im ersten Obergeschoss einbehalten hat, nachdem die Erblasserin dort ausgezogen ist. Der Kläger selbst habe nichts erhalten, was dem Pflichtteilsergänzungsanspruch entgegenzurechnen sei. Bei der Übertragung der Immobilie –​-sei im Gegenzug die Zahlung der Leibrente vereinbart worden, so dass es sich nicht um eine Schenkung handele. Auch sei die Übertragung des Hauses –​-unter dem Gesichtspunkt des § 2315 BGB nicht in die Gesamtbetrachtung mit einzubeziehen. Ein Schenkung liege auch nicht in der Verminderung des Leibrentenanspruchs ab April 2002, da er zu diesem Zeitpunkt das Feinkostgeschäft habe aufgeben müssen. Der geltend gemachte Anspruch in Höhe von 300.000 EUR stelle nur einen Teilbetrag des ihm eigentlich zustehenden Anspruchs dar. Der Kläger erhebt den Einrede der beschränkten Erbenhaftung.

8              Der Kläger hat den Anspruch zunächst nur auf die dargestellten Erwägungen gestützt. Mit Schriftsatz vom 28.8.2007 hat der Kläger den Anspruch erstmalig auch auf die im Überlassungsvertrag von 1994 zu seinen Gunsten vereinbarte Zahlung in Höhe von 250.000 DM gestützt.

9              Der Kläger hat zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung in Höhe eines Teilbetrages von Euro 300.000 zzgl. 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2006 in das Grundeigentum –​-zu dulden. Mit Schriftsatz vom 31.7.2007 hat der Kläger beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 300.000 EUR zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2006 zu verurteilen und hat den ursprünglichen Antrag nur noch hilfsweise gestellt. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den Hilfsantrag zurückgenommen. Die Beklagte hat der Rücknahme zugestimmt.

10            Der Kläger beantragt nunmehr:

11            Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 300.000 zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2006 zu zahlen.

12            Nachdem die Beklagte den Anspruch in Höhe von 127.822, 97 EUR anerkannt hat, hat das Gericht ein Anerkenntnisteilurteil in entsprechender Höhe erlassen.

13            Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

14            Die Beklagte behauptet, der im Überlassungsvertrag von 1994 angegebene Verkehrswert von 800.000 DM sei realistisch. Der abzuziehende Wert des Nießbrauchs betrage dagegen 249.840 DM. In das Haus –​-sei die Beklagte erst 1985 eingezogen. Zu diesem Zeitpunkt sei das Haus ihr unbelastetes Eigentum gewesen, so dass sich Mietzahlungen an –​-erübrigt hätten. Nach Umzug der Beklagten habe die Wohnung im Obergeschoss der –​-ca. 2,5 Jahre leergestanden. Die Beklagte habe umfassende Pflegeleistungen für die Erblasserin getätigt. So habe sie deren Finanzgeschäft verwaltet und sich insgesamt um das Wohl und Wehe der gemeinsamen Mutter gekümmert . Die Leibrente sei nicht vollständig bezahlt worden. So habe der Kläger bis Dez. 2001 nur 3500 DM gezahlt. Ab Januar 2002 habe er die Zahlung komplett eingestellt. Die Beklagte meint, dem Kläger stünde ein (Teil-​)zahlungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Der Ausgleichsanspruch des § 2287 BGB scheitere bereits daran, dass es sich bei der Verfügung im Testament von 1977 um eine Teilungsanordnung handele. Mangels Wechselbezüglichkeit sei –​-nach dem Ableben des –​-gerade nicht an der Übertragung des –​-gehindert gewesen. Ein etwaiger Anspruch aus § 2325 BGB scheitere bereits an den Fristen des § 2325 Abs. 3 BGB. Im übrigen seien die Schenkungen die der Beklagte erhalten habe gemäß § 2327 BGB gegenzurechnen. Diese würden die Werte die die Beklagte erhalten hat, noch übersteigen.

 

Entscheidungsgründe

15            Die Klage ist zulässig. Da der Kläger nur einen Teilbetrag geltend macht bestanden zunächst Bedenken an der Zulässigkeit, da zuerst nicht genau zuzuordnen war, aufgrund welchen Lebenssachverhaltes er nun welchen Betrag geltend macht. Diese Bedenken hat der Kläger dadurch ausgeräumt, dass er sich im Schriftsatz vom 28.8.2007 zum einen auf die Zahlungsvereinbarung im Vertrag von 1994 und zum anderen auf die Überlassung des –​-stützt. Die Geltendmachung des Anspruchs aus der Zahlungsvereinbarung im Vertrag von 1994 ist zwar als Klageänderung gemäß § 263 ZPO zu bewerten. Der Kläger hat insoweit einen neuen Lebenssachverhalt zur Grundlage seiner Klage gemacht. Diese Klageänderung ist jedoch sowohl aus prozessökonomischen Gründen, als auch gemäß § 267 ZPO zulässig. Die Beklagte hat sich in der mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen.

16            Die Klage führt in der Sache jedoch -über den anerkannten Betrag hinaus -nicht zum Erfolg.

17            Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Zahlungsanspruch aus § 2287 BGB. Gemäß § 2287 kann der Vertragserbe, nach dem die Erbschaft angefallen ist, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern, wenn der Erblasser in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht hat. Diese Vorschrift ist auf Schenkungen anwendbar, die entgegen bindend gewordener Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament gemacht wurden. Das bedeutet, dass der Erbe auch dann einen Anspruch gegen den Beschenkten hat, wenn der Erblasser ihn entgegen einer bindend gewordenen wechselbezüglichen Verfügung durch Schenkung beeinträchtigt hat. Die Übertragung des –​-an die Beklagte erfüllt diese Voraussetzungen jedoch nicht. Zwar handelt es sich auch bei dem Testament von 1977 um ein gemeinschaftliches Testament, dass die wechselbezüglichen Verfügungen des Testaments von 1943 im Grundsatz nicht ändern sondern nur ergänzen soll. Bei der Anordnung, dass die Beklagte das Grundstück –​-unter der Bedingung der Auskehrung des hälftigen Verkehrswert erhalten soll handelt es sich aber nicht um eine wechselbezügliche Verfügung. Vielmehr handelt es sich um eine Teilungsanordnung gemäß § 2048 BGB und nicht um ein Vorausvermächtnis. Teilungsanordnungen können aber gerade nicht vertragsmäßig und damit wechselbezüglich, sondern nur einseitig getroffen werden (vgl. 2278 Abs. 2 BGB). Hier ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus dem vorgetragenen Willen der Erblasser, dass es sich bei der Verfügung um eine Teilungsanordnung handelt. In dem Text der letztwillentlichen Verfügung heißt es: “Bezüglich diese Grundstücks treffen wir folgende Teilungsanordnung.” Auch inhaltlich handelt es sich um eine Teilungsanordnung. Bei der Zuweisung bestimmter Gegenstände an einzelne Miterben mit einem Wert, der objektiv höher ist als dem Miterben bei er Auseinandersetzung zukäme ist entscheidend, ob durch die Anordnung gegenüber den Erbquoten eine Wertverschiebung eintritt oder nicht. Danach liegt ein Vorausvermächtnis vor, wenn der Erblasser dem durch die Anordnung begünstigten Miterben den Mehrwert zusätzlich zu seinem Erbteil zuwenden wollte. Dagegen handelt es sich um eine Teilungsanordnung, wenn nach dem Willen des Erblassers eine Wertverschiebung dadurch ausgeschlossen sein sollte, dass der Bedachte hinsichtlich des Mehrwertes den übrigen Miterben Ausgleich aus dem eigenen Vermögen zahlen muss. Letzteres ist hier geschehen. Der Beklagten sollte -aus welchen Gründen auch immer -ein bestimmter Vermögensgegenstand zugeordnet werden. Sie ist aber gleichzeitig mit der Verpflichtung belegt worden, dem Miterben den hälftigen Verkehrswert auszukehren. Dass es sich gerade nicht um ein Vorausvermächtnis handelt wird auch durch den Vortrag des Klägers selbst gestützt. Der Kläger hat vorgetragen, dass es dem Erblasser –​-darum gegangen sei, dem Kläger den hälftigen Verkehrswert zu sichern. Dies macht gerade das Wesen der Teilungsanordnung aus. –​-war mangels Bindung dementsprechend auch nach dem Ableben des –​-nicht daran gehindert, über die Immobilie –​-eine anderweitige Verfügung zu treffen.

18            Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Ausgleich gemäß § 826 BGB zu. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Beklagte im Zusammenwirkung mit der gemeinsamen Mutter den Kläger durch Übertragung der Immobilie –​-sittenwidrig schädigen wollte. Dass die Erblasserin die -eigenen -Testamente kannte begründet kein kollusives Zusammenwirken. Dem Kläger ist auch eine Ausgleichszahlung zugedacht worden. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass diese entgegen dem damaligen Wert des Hauses ausnehmend gering gewesen sei und die Beklagte und die Mutter dies auch zwingend hätten wissen müssen.

19            Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ausgleichzahlung unter dem Gesichtspunkt der Pflichtteilsergänzung gemäß § 2325 Abs. 1 BGB. Gemäß § 2325 Abs. 1 kann der Pflichtteilsberechtigte, wenn der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht hat, als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird. Dies gilt auch für den Erben. Ein solcher Anspruch ergibt sich für den Kläger nicht aus der Übertragung des Grundstückes –​-an die Beklagte. Dem steht bereits die Frist des § 2325 Abs. 3 BGB entgegen. Gemäß § 2325 Abs. 3 BGB bleibt die Schenkung unberücksichtigt, wenn zur Zeit des Erbfalls zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen sind. Diese zehnjährige Frist war zum Zeitpunkt des Erbfalles im Jahre 2006 bereits verstrichen. Das Objekt –​-ist der Beklagten bereits 1971 geschenkt worden. Die Schenkung ist im selben Jahr sachenrechtlich vollzogen worden. Die Frist ist auch dann verstrichen, wenn man berücksichtigt, dass sich die Eltern der Parteien bis 1979 den Nießbrauch an dem Grundstück vorbehalten haben und danach ein lebenslanges Wohnrecht an der Wohnung im ersten Obergeschoss inne hatten. Nach h.M. wir der Beginn der Zehnjahresfrist hinausgeschoben, wenn der Erblasser den verschenkten Gegenstand aufgrund vorbehaltenem dinglichen Rechts oder schuldrechtlicher Vereinbarung bis zu seinem Tod selbst weiter nutzte. In einem solchem Fall ist die Schenkung unabhängig von ihrem dinglichen Vollzug gemäß §2325 BGB ergänzungspflichtig, weil der Erblasser den Genuss an dem verschenkten Gegenstand noch nicht aufgegeben hat (Edenhofer in Palandt §2325 Rdnr. 22 m.w.N.). Unter diesem Geschichtspunkt begann die Frist des §2325 Abs. 3 BGB noch nicht 1971 zu laufen, da die Eltern der Parteien sich den Nießbrauch an dem Grundstück vorbehalten hatten und so noch keinen endgültigen Vermögensverlust erlitten haben. Das Nießbrauchsrecht gaben die Erblasser jedoch 1979 auf. Das danach vereinbarte Wohnrecht an der Wohnung im ersten Obergeschoss des Hauses hat die Frist des § 2325 Abs. 3 BGB jedoch nicht weiter hinausgeschoben. So hat das OLG Bremen 2005 entschieden, dass eine Leistung im Sinne des §2325 Abs. 3 BGB auch dann vorliegt, wenn sich der Erblasser nur an einzelnen Räumen des Hauses ein ausschließliches Wohnrecht, an weiteren Räumlichkeiten des Hauses sowie an den gemeinschaftlichen Einrichtungen des Grundstücks ein Mitbenutzungsrecht einräumen lässt un an den übrigen Räumen des Hauses keinerlei Wohn-​und Nutzungsrechte behält (OLG Bremen, NJW 2005, 1726). Dieser Auffassung ist zu folgen. Das OLG Bremen hat diese Ansicht überzeugend damit begründet, dass sich in einm solchen Fall die Rechtsstellung des Erblassers mit dem Vollzug der Schenkung (hier mit der Aufgabe des Nießbrauchs) deutlich verschlechtert. Auch in dem hier zu entscheidenden Fall hat die Beklagte im Jahre 1979 ausschließliche Nutzungsrechte an dem Grundstück und dem dazugehörigen Gebäude erhalten, die sie vorher nicht hatte. Sie war in der Lage, die gesamte Immobilie zu veräußern und konnte die Erblasser von der Nutzung eines Teils der Immobilie vollständig ausschließen. Das OLG Bremen weist in seiner Entscheidung zutreffend darauf hin, dass in einer solchen Konstellation dem Sinn und Zweck des §2325 BGB Rechnung getragen wird. Sinn und Zweck des §2325 Abs. 1 BGB ist es zu verhindern, dass gleichzeitig die Pflichtteilsergänzungsansprüche eines mißliebigen Angehörigen vereitelt werden und der Genuss des Gegenstandes dennoch beim ursprünglichen Eigentümer verbleibt. In der hier vorliegenden Konstellation kommt noch hinzu, dass das Wohnrecht spätestens ab 1992, d.h. 14 Jahre vor dem Erbfall tatsächlich gar nicht mehr ausgeübt wurde.

20            Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß §2325 Abs. 1 BGB ergibt sich auch nicht in Bezug auf die Aufgabe des Nießbrauchs im Jahre 1979. Selbst wenn man dies als Schenkung gemäß § 516 BGB ansieht, so scheitert ein Ausgleichsanspruch doch an der Frist des § 2325 Abs. 3 BGB.

21            Ein ausgleichspflichtiger Sachverhalt zugunsten des Klägers liegt auch nicht in der Tatsache, dass die Beklagte seit Nutzung der Wohnung im Untergeschoss des Hauses –​-eine Miete von 750 DM gezahlt hat. Selbst wenn man unterstellt, dass die Beklagte – was sie selbst bestreitet – die Wohnung seit 1971 mit ihrer Familie genutzt hat, ist eine Schenkung der Erblasserin nicht ersichtlich. Der Kläger hat in keiner Weise vorgetragen, dass die ortsübliche Miete derart viel höher gelegen habe, so dass hierin eine Schenkung zu sehen wäre. Da die Beklagte an der Wohnung ab 1979 unbelastetes Eigentum hatte, würde ein etwaiger Anspruch des Klägers ohnehin an § 2325 Abs. 3 BGB scheitern.

22            Ein Anspruch des Klägers aus § 2325 Abs. 1 BGB ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass die Beklagte die Mieten für die Wohnung im Obergeschoss nicht an die Erblasserin abgeführt hat. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Erblasserin einen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung hatte. Dem Wohnberechtigten gemäß § 1093 BGB stehen die Mieten, die mit der belasteten Wohnung erzielt werden nicht automatisch zu. Wenn der Wohnungsberechtigte – auch aufgrund von Pflegebedürftigkeit – nicht mehr in der Lage ist, sein Wohnrecht auszuüben ist im Zweifel durch Vertragsauslegung zu ermitteln, wem die Miete bzw. Nutzungsentschädigung zustehen soll. Ein Anspruch des Wohnungsberechtigten ist dabei nicht von selbst anzunehmen. (OLG Oldenburg, Urteil vom 11.10.2007, Az. 14 U 86/07 juris). Anhaltspunkte dafür, dass die Bezugsberechtigte die Erblasserin sein sollte bestehen hier nicht. Zu bedenken ist dabei auch, dass die Beklagte unstreitig die Buchhaltung für das Objekt geführt hat. Dies spricht eher dafür, dass die Beklagte auch die Miete erhalten sollte. Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 Abs. 1 BGB ergibt sich für den Kläger auch nicht in Bezug auf das Grundstück –​-. Zwar könnte hier ein Anspruch des Klägers dem Grunde gegeben sein, da das Eigentum der Beklagten bis zum Erbfall noch mit einem Nießbrauch belastet war. Wie bereits ausgeführt ist die Frist des §2325 Abs. 3 BGB in einem solchen Fall hinausgezögert, da dem Erblasser der Genuss an dem Eigentum noch nicht endgültig entzogen ist. Ein solcher Anspruch besteht aber nicht der Höhe nach. Dies selbst dann nicht, wenn man die vom Kläger gelieferten streitigen Zahlen zugrunde legt. Gemäß § 2325 Abs. 1 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöhet, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet. Dies bedeutet für den Kläger, dass er grundsätzlich gegen die Beklagte einen Anspruch auf Auskehrung von ¼ des Wertes der Immobilie –​-hat, da der Pflichtteil die Hälfte des gesetzlichen Erbes beträgt. Das würde für den Kläger bedeuten, dass er einen Anspruch gegen die Beklagte in Höhe von ¼ des Wertes der Immobilie –​-abzüglich der Belastungen und abzüglich der im Überlassungsvertrag von 1994 vereinbarten Ausgleichzahlung hätte. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BGH bei dem Abzug einer Belastung in Form des Nießbrauchs zunächst der maßgebliche Bewertungsstichtag nach dem Niederstwertprinzip durch Vergleichsrechnung zu ermitteln. Das bedeutet, dass bei nicht verbrauchbaren Gegenständen, wie z.B. Grundstücken, von den in Betracht kommenden Stichtagen (Erbfall oder Schenkungsvollzug) derjenige maßgeblich ist, an dem das Geschenkt weniger Wert war. Das ist in diesem Falle der Zeitpunkt des Schenkungsvollzuges. Es ist gerichtsbekannt, dass Grundstücke in –​-in –​-in der Zeit von 1994 bis 2006 erheblich an Wert gewonnen haben. Der Kläger selbst hat den Wert des Objektes zum Zeitpunkt der Übertragung mit “mindestens” 660.000 EUR angegeben. Von diesem Wert ist dann der Wert der vorbehaltenen Nutzung, d.h. hier der Wert der Nießbrauchs abzuziehen (vgl. BGH Z 118,49). Die Errechnung des kapitalisierten Nießbrauchs erfolgt dergestalt, dass der jährliche Reinwert der Nutzungen multipliziert wird mit der statistischen Lebenserwartung des Nießbrauchsberechtigten bei Schenkungsvollzug entsprechend den amtlichen Sterbetabellen (Edenhofer in Palandt § 2325 Rdnr. 20 m.w.N.). Der jährliche Reinwert des Nießbrauchs ist durch den Kläger nur unter Bezugnahme auf den Übertragungsvertrag von 1994 angegeben. Danach soll der Wert des Nießbrauchs 36.000 DM betragen haben (18.406,51 EUR). Später beruft sich der Kläger jedoch auf einen jährlichen Nießbrauchsreinwert in Höhe von nur 24.000 DM. Diese Behauptung ist allerdings unsubstantiiert und unverständlich. Der Kläger begründet den niedrigen Reinwert nicht. Die Behauptung, der jährliche Reinwert habe nur 24.000 DM betragen, ist auch unverständlich, da der Kläger selbst von einem recht hohen Wert der Immobilie ausgeht. Es ist unwahrscheinlich, dass der Wert der Immobilie selbst sehr hoch ist, der Reinwert des Nießbrauchs aber relativ gering. Außerdem ist der Reinwert in dem Vertrag ausdrücklich im Kosteninteresse mit 36.000 DM angegeben. Es ist also eigentlich davon auszugehen, dass der Wert höher gelegen hat. Geht man daher von 36.000 DM aus, so ist dieser Wert mit der durchschnittlichen Lebenserwartung der Erblasserin zu multiplizieren. Die Erblasserin war zum Zeitpunkt des Schenkungsvollzuges 83 Jahre alt. Die durchschnittliche Lebenserwartung betrug laut Sterbetabelle für die Jahre 1994/1996 6,49 Jahre. Das ergibt einen Wert von 119.458,24 EUR. Wird dieser Wert von dem durch den Kläger angegebenen Wert der Immobilie abgezogen ergibt sich ein Wert des Geschenks in Höhe von 540.541,76 EUR. Von diesem Betrag ist wiederum die im Vertrag von 1994 erhaltene Ausgleichszahlung zugunsten des Klägers abzuziehen. Diese beträgt 250000 DM d.h. 127.822,97 EUR. Dies ergibt einen Betrag in Höhe von 412.718,79 EUR. Für den Kläger hieße dies, dass er einen Anspruch auf Auskehrung von 103.179,69 EUR (1/4) gegen die Beklagte aus § 2325 Abs. 1 hätte. Ein solcher Anspruch des Klägers besteht jedoch nicht, da von diesem Betrag die sich aus § 2326 BGB und § 2327 BGB ergebenen Beträge zu Lasten des Klägers abzuziehen sind. Nach Abzug dieser Beträge ergibt sich kein Überschuss zu Gunsten des Klägers mehr. Zunächst ist ein Abzug zu Lasten des Klägers vorzunehmen in Höhe des Erbteils, der seinen gesetzlichen Pflichtteil übersteigt. Gemäß § 2326 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte zwar die Ergänzung des Pflichtteils auch dann verlangen, wenn ihm die Hälfte des gesetzlichen Erbteils hinterlassen ist. Es ist jedoch dann, wenn dem Pflichtteilsberechtigten mehr als die Hälfte hinterlassen worden ist, der Anspruch ausgeschlossen, soweit der Wert des mehr Hinterlassenen reicht. Das bedeutet für den Kläger, dass der Betrag von dem Pflichtteilsergänzungsanspruch abzuziehen ist, der die Hälfte des gesetzlichen Erbteils übersteigt. Dem Kläger ist nach den Testamenten der volle gesetzliche Erbteil (1/2) hinterlassen worden. Der Nachlass der Erblasserin –​-beläuft sich auf ein Bankguthaben in Höhe von 110.474,16 EUR. Hiervon steht dem Kläger die Hälfte, d.h. 55.237,08 EUR zu. Daher sind von dem Ergänzungsanspruch 27.618,54 EUR abzuziehen, da die Hälfte des gesetzlichen Erbteils um diesen Betrag überstiegen wird (110.474,16 EUR : 4 = 27.618,54 EUR). 103.179,69 EUR, als ¼ des Immobilienwerts abzüglich der Ausgleichszahlung, minus 27.618,54 EUR ergibt 75.561,45 EUR. Aber auch diesen Betrag kann der Kläger nicht von der Beklagten fordern, da gemäß § 2327 BGB diejenigen Schenkungen abzuziehen sind, die der Beklagte erhalten hat. Dabei gilt die Frist des § 2325 Abs. 3 BGB nicht. Vielmehr sind die Schenkungen, die der Ergänzungsberechtigte erhalten hat zeitlich unbegrenzt anzurechnen (Edenhofer in Palandt § 2327 Rdnr. 1). Der Ergänzungsberechtigte braucht sich nur solche Geschenke nicht auf den Ergänzungsanspruch nach dem Längstlebenden anrechnen zu lassen, die er von dem Erstverstorbenen erhalten hat. Hier muss sich der Kläger zunächst einmal die Schenkung der Immobilie –​-entgegenhalten lassen. Diese hat er 1971 von der Erblasserin –​-erhalten. Dabei handelt es sich auch um eine Schenkung gemäß § 516 BGB. Die Überlassung des Grundstücks erfolgte unentgeltlich. Entgegen der Behauptung des Klägers ist die 1973 vereinbarte Leibrente gerade nicht Gegenleistung für die Übertragung der Immobilie. In dem notariellen Vertrag von 1973 ist ausdrücklich festgehalten, dass die Leibrente Entgelt für die Überlassung des sich dort befindlichen Feinkostgeschäftes sein soll. Die Argumentation des Klägers, das Objekt –​-sei kaum etwas Wert gewesen und er selbst habe den Neubau finanziert, nimmt der unentgeltlichen Übertragung nicht den Charakter einer Schenkung. Auch bleibt es bei einer anrechenbaren Schenk
ung, obwohl der Kläger das Feinkostgeschäft 2002 aufgegeben hat. Der Anrechnungspflicht steht entgegen der Auffassung des Klägers nicht § 2315 BGB entgegen. Geschenke sind im Rahmen des § 2327 BGB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie ohne die Bestimmung zugewendet worden sind, dass es auf den Pflichtteil anzurechnen ist. Die Bestimmung des § 2315 BGB bewirkt im Rahmen des § 2327 BGB nur, dass das Geschenk auch auf den Pflichtteil anzurechnen ist (§ 2327 Abs. 1 S. 2 BGB). Für den Kläger bedeutet dies, dass bei Zugrundelegung der von ihm angegebenen Werte, von dem Ergänzungsanspruch weitere 19.290,45 EUR abzuziehen sind. Dies ist der Betrag, den die Immobilie –​nach Abzug des kapitalisierten Nießbrauchs der Erblasser nach dem Vortrag des Klägers wert gewesen sein soll (51.129,19 Wert der Immobilie abzüglich 31.838,74 EUR Wert des kapitalisierten Nießbrauchs). Der Kläger kann jedoch auch nicht den Betrag in Höhe von 56.271,00 EUR von der Beklagten verlangen (75.561,45 EUR abzüglich 19.290,45 EUR), da er sich eine weitere erhebliche Schenkung durch die Erblasserin gemäß § 2327 BGB anrechnen lassen muss. Der Kläger hat von der Erblasserin durch den Verzicht auf einen erheblichen Anteil ihres Leibrentenanspruchs eine weitere unentgeltliche Zuwendung in Höhe von 83.439,18 EUR erhalten. Der Kläger war gegenüber den Erblassern aus dem notariellen Vertrag von 1973 nach Überlassung des Feinkostgeschäfts und Löschung des Nießbrauches in Bezug auf die Immobilie –​-zur Zahlung einer Leibrente verpflichtet. Unstreitig betrug diese spätestens ab dem 14.5.1996 4000 DM (2045,17 EUR). Ebenfalls unstreitig verzichtete die Erblasserin durch ihr Schreiben vom 20.3.2002 auf einen Betrag von 1545,17 EUR monatlich und gestand dem Kläger eine Zahlung in Höhe von 500 EUR monatlich zu. Der Kläger war zur lebenslangen Zahlung der 2045,17 EUR verpflichtet. In dem Verzicht auf den Anspruch in Höhe von 1545,17 EUR monatlich liegt eine Schenkung im Sinne des § 516 BGB. Der Kläger hätte ohne den Verzicht der Erblasserin für das Jahr 2002 noch 13.906,53 EUR (9 * 1545,17 EUR) und für die Jahre 2003, 2004, 2005 jeweils 18.542,04 EUR (12*1545,17 EUR) sowie für das Jahr 2006 wieder um 13.906,53 EUR (9*13.906,53 EUR). Bei Berücksichtigung dieses Betrages verbleibt kein Überschuss zugunsten des Klägers. Vielmehr übersteigen die Schenkungen die der Kläger erhalten hat, den zu berücksichtigen den Wert der Immobilie –​-.

23            Die Einrede der beschränkten Erbenhaftung befreit den Kläger nicht von der Anrechnung der Geschenke im Rahmen des § 2327 BGB.

24            Die Kostenentscheidung folgt aus §§91,93 ZPO. Dem Kläger sind auch die Kosten für den von der Beklagten anerkannten Teilbetrag aufzuerlegen. Die Beklagte hat den Anspruch des Klägers auf Auszahlung der Ausgleichssumme aus dem Vertrag von 1994 sofort im Sinne des § 93 ZPO anerkannt. Der Kläger hat den Anspruch auf Auszahlung der Ausgleichszahlung erst mit Schriftsatz vom 28.8.2007, d.h. drei Tage vor der mündlichen Verhandlung geltend gemacht. Die Beklagte hat den Schriftsatz erst in der mündlichen Verhandlung erhalten und sofort anerkannt. Anlass zur Klage hat sie nicht gegeben.

25            Der Kläger hat seinen Anspruch zuvor mit anderen Lebenssachverhalten (Schenkung –​und Schenkung –​-) begründet. Es ist auch nicht vorgetragen worden, dass der Kläger sich zuvor um Auszahlung des Betrages bemüht habe.

26            Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

 

 

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