OLG Köln, Beschluss vom 19. Juli 2018 – 10 WF 172/17

Juni 15, 2019

OLG Köln, Beschluss vom 19. Juli 2018 – 10 WF 172/17
Es führt zu einem erheblichen Interessengegensatz im Sinne von §§ 1629 Abs. 2 Satz 3, 1796 BGB, wenn konkrete Umstände dafür vorliegen, dass die alleinsorgeberechtigte Kindesmutter als Testamentsvollstreckerin die Belange des Kindes nicht in dem gebotenen Maß wahren und fördern wird. In diesem Fall ist der gesetzlichen Vertreterin die sorgerechtliche Vertretung des Kindes zur Wahrnehmung seiner Rechte gegenüber ihr als Testamentsvollstreckerin sowie die Vertretung des Kindes bezüglich der sich aus der Erbenstellung ergebenden Rechte gegenüber dem Nachlassgericht zu entziehen und Ergänzungspflegschaft anzuordnen.
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Kindesmutter und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Aachen vom 13.7.2017 – 222 F 110/17 – teilweise abgeändert:
Der sorgeberechtigten Kindesmutter wird die Vertretung des Kindes N. zur Wahrnehmung seiner Rechte gegenüber der Kindesmutter als Testamentsvollstreckerin bezüglich des Nachlasses nach dem am 4.8.2015 verstorbenen Erblasser Q. N. sowie die Vertretung des Kindes bezüglich der sich aus der Erbenstellung ergebenden Rechte gegenüber dem Nachlassgericht entzogen.
Es wird insoweit Ergänzungspflegschaft angeordnet.
Zum Ergänzungspfleger wird bestellt:
Rechtsanwalt L., in B.
2. Die Gerichtskosten trägt die Beschwerdeführerin zu 1/2; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Das beteiligte Kind N. ist aus der Ehe der Kindesmutter mit dem Erblasser Q.N. hervorgegangen.
Der Erblasser und Kindesvater ist am 4.8.2015 verstorben. Auf Grund testamentarischer Verfügung vom 3.8.2015 sind seine Erben die Kindesmutter sowie das beteiligte Kind zu gleichen Teilen. Des Weiteren ordnete der Erblasser testamentarisch eine Verwaltungstestamentsvollstreckung bis zum 18. Lebensjahr der Tochter an. Der Erblasser verfügte, dass der Testamentsvollstrecker den Nachlass und dessen Erträge und soweit erforderlich dessen Substanz für eine gute Ausbildung der Tochter verwenden solle. Zu dem von den Beschränkungen des Verbots des Selbstkontrahierens (§181 BGB) befreiten Testamentsvollstrecker bestimmte er die Kindesmutter. Wegen des weiteren Inhalts der testamentarischen Verfügung wird auf die Verfahrensakte verwiesen (GA Bl. 9 ff.). Die Kindesmutter hat das Amt des Testamentsvollstreckers mit notariell beglaubigter Erklärung vom 23.10.2017 angenommen.
In der Folgezeit forderte das Familiengericht die Kindesmutter mehrfach erfolglos auf, nach § 1640 BGB ein Verzeichnis des Vermögens, welches das beteiligte Kind geerbt habe, zur Akte zu reichen. Mit Beschluss vom 20.4.2017 wurde der Kindesmutter daraufhin die Vermögenssorge für das Kind insoweit entzogen, als es um die Geltendmachung von Ansprüchen der Minderjährigen aus dem erhaltenen Erbe nach dem Kindesvater gehe. Es wurde Ergänzungspflegschaft angeordnet. Zum Ergänzungspfleger wurde Rechtsanwalt L. bestimmt. Wegen der Feststellungen des Amtsgerichts im Übrigen wird auf die Gründe des Beschlusses vom 20.4.2017 verwiesen (GA Bl. 42 ff.). In Abänderung dieser Entscheidung ist der Kindesmutter mit Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Aachen vom 13.7.2017 – 222 F 110/17 – die gesamte Vermögenssorge für das Kind entzogen worden. Zur Begründung wird ausgeführt, mangels ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache, Defiziten im Verständnis des inländischen Rechtssystems und einer offensichtlichen Überforderung durch die Situation mit der Erhebung als auch der Verwaltung des Nachlasses des Kindes sei der Kindesmutter die gesamte Vermögenssorge zu entziehen. Wegen der Feststellungen des Amtsgerichts im Übrigen wird auf die Gründe des Beschlusses vom 13.7.2017 verwiesen (GA Bl. 256 ff.).
Gegen diesen Beschluss, welcher der Kindesmutter trotz anwaltlicher Vertretung im Verfahren am 15.7.2017 persönlich zugestellt worden ist, hat ihr vormaliger Verfahrensbevollmächtigter Rechtsanwalt M. mit Schriftsatz vom 15.9.2017 Beschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und sowohl das Rechtsmittel als auch den Antrag begründet. Mit Beschluss vom 26.9.2017 hat das Amtsgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Hiergegen hat die Kindesmutter mit Anwaltsschriftsatz vom 28.9.2017 Beschwerde eingelegt und zur Begründung auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 15.9.2017 verwiesen. Sie wendet sich mit ihrer Beschwerde in der Sache gegen die Entziehung der Vermögenssorge bezüglich des Kindes N..
Im Beschwerdeverfahren hatten die Beteiligten umfänglich Gelegenheit zur Stellungnahme.
II.
Die Beschwerde der Kindesmutter vom 28.9.2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 26.9.2017, mit welchem der Antrag der Kindesmutter auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen worden ist, ist nicht verfahrensgegenständlich. Da die Beschwerde vom 15.9.2017 nicht verfristet ist (hierzu nachfolgend Ziffer III), war der zugleich gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Beschwerdefrist gegenstandslos. Im Übrigen war das Amtsgericht nicht befugt, hierüber zu entscheiden. Die Entscheidung, ob ein Wiedereinsetzungsgesuch in die Versäumung der Beschwerdefrist zurückzuweisen ist, obliegt ausschließlich dem Beschwerdegericht (§ 19 Abs. 1 FamFG).
III.
Die Beschwerde der Kindesmutter vom 15.9.2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Aachen vom 13.7.2017 – 222 F 110/17 – ist nach §§ 58 ff. FamFG statthaft und zulässig, insbesondere ist sie fristgemäß eingelegt worden.
Nach § 63 Abs. 1, Abs. 3 FamFG beträgt die Beschwerdefrist 1 Monat und beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten zu laufen. Nach § 15 Abs. 2 FamFG, § 172 Abs. 1 S. 1 ZPO hat die Zustellung an den für die Instanz bevollmächtigten Rechtsanwalt zu erfolgen. Eine ohne Beachtung dieser Form erfolgte Zustellung an den Beteiligten persönlich setzt den Lauf der Rechtsmittelfrist nicht in Gang.
Ausgehend hiervon ist die Beschwerde vom 15.9.2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 13.7.2017, welcher der zu diesem Zeitpunkt anwaltlich vertretenen Kindesmutter am 15.7.2017 persönlich zugestellt worden ist, unter Verletzung der gesetzlichen Vorschriften bekannt gegeben worden. Der vormalig bevollmächtigte Rechtsanwalt M. hatte mit Schreiben vom 9.6.2017 unter Vorlage einer Prozessvollmacht die Vertretung der Kindesmutter im Verfahren angezeigt. Eine Entziehung der Vertretungsmacht durch die Kindesmutter persönlich ist nicht aktenkundig. Die Angabe des Ergänzungspflegers im Schriftsatz vom 7.7.2017, die Kindesmutter habe Rechtsanwalt M. das Mandat entzogen, ist mangels Erklärungsvollmacht nicht ausreichend.
Durch die formunwirksame Zustellung des Beschlusses vom 13.7.2017 an die Kindesmutter ist daher der Lauf der Rechtsmittelfrist nicht in Gang gesetzt worden, so dass die Beschwerde vom 15.9.2017 nicht verfristet ist.
IV.
Die Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg. Der vollständige Entzug der Vermögenssorge nach § 1666 Abs. 2, § 1667 BGB ist nicht gerechtfertigt; jedoch ist der Kindesmutter als Alleinsorgeberechtigter nach § 1629 Abs. 2, § 1796 BGB die elterliche Sorge wegen eines Interessensgegensatzes zu den berechtigten Belangen des Kindes insoweit zu entziehen, soweit es die Wahrnehmung der Rechte des Kindes als Miterbin gegenüber ihr als Testamentsvollstreckerin und gegenüber dem Nachlassgericht betrifft. Insoweit war Ergänzungspflegschaft anzuordnen, § 1909 BGB.
1.
Der Entzug der Vermögenssorge insgesamt nach § 1640, § 1666, § 1667 BGB kann nicht mehr darauf gestützt werden, dass die Kindesmutter bei der Erhebung des von dem Kind nach dem Tod des Kindesvaters ererbten Vermögens nicht ihre Pflichten erfüllt habe, insbesondere das angeforderte Vermögensverzeichnis (§ 1640 BGB) nicht vorgelegt habe.
Die Kindesmutter ist nunmehr dieser Verpflichtung in einem ausreichenden Maße nachgekommen. Es wird auf den Entwurf des notariellen Nachlassverzeichnisses des Notars L. verwiesen, welcher auch am 4.11.2016 den Nachlass vor Ort in Augenschein genommen und aufgelistet hat (GA Bl. 88 ff.). Die Angaben werden ergänzt durch die Ausführungen im Schreiben der vormaligen Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter vom 9.1.2018 an den Ergänzungspfleger (GA Bl. 353 ff.). Hierauf hat ihr der Ergänzungspfleger mit Schreiben vom 11.1.2018 geantwortet und bestätigt, dass mit dem Schreiben vom 9.1.2018 eine übersichtliche, geordnete und mit den erforderlichen Belegen versehene Zusammenstellung über den Bestand und die Entwicklung des Nachlasses des verstorbenen Q.N. vorgelegt worden sei (GA Bl. 410 ff.).
2.
Aber auch im Übrigen ist eine Entziehung der Vermögenssorge insgesamt, soweit es um die Verwaltung des Erbes des Kindes geht, nicht angezeigt. Jedoch ist die Kindesmutter von der elterlichen Sorge ausgeschlossen, soweit es um die Wahrnehmung der Rechte des Kindes gegenüber der Kindesmutter als Testamentsvollstreckerin und gegenüber dem Nachlassgericht geht.
a)
Die Kindesmutter ist nicht bereits nach § 1629 Abs. 2 Satz 1, § 1795 Abs. 2 i. V. m. § 181 BGB an der Ausübung der Vermögenssorge im Hinblick auf das von der Minderjährigen ererbte Vermögen rechtlich gehindert.
aa)
Im vorliegenden Fall ist die Anwendung des § 181 BGB im Verhältnis der Kindesmutter als gesetzliche Vertreterin des Kindes N. nicht bereits durch testamentarische Verfügung des Erblassers abbedungen, wonach die Kindesmutter als Testamentsvollstreckerin von der Beschränkung des § 181 BGB befreit ist. Rechtlich ist es möglich, den Testamentsvollstrecker vom Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 BGB zu befreien. Eine solche Gestattung kommt für den gesetzlichen Vertreter wegen der zwingenden Regelung nach §1629 Abs. 2, § 1795 Abs. 2 i.V.m. § 181 BGB jedoch nicht in Betracht (vgl. BGHZ 21, 229; OLG Hamm, Beschluss vom 13.1.1993 – 15 W 216/92 -, juris).
bb)
Der Umstand, dass die Kindesmutter gesetzliche Vertreterin der minderjährigen Miterbin und zugleich Testamentsvollstreckerin über das von dieser ererbte Vermögen ist, begründet eine solche rechtliche Verhinderung nicht. § 181 BGB setzt voraus, dass ein gesetzlicher Vertreter im Namen des Vertretenen Geschäfte mit sich selbst vornimmt, die nicht allein der Erfüllung einer Verbindlichkeit dienen.
Das der Kindesmutter übertragene Amt als Testamentsvollstrecker über den von der Minderjährigen ererbten Nachlass verlangt für sich genommen solche Geschäfte weder notwendig noch regelmäßig. Als Testamentsvollstreckerin hat die Kindesmutter den Nachlass abzuwickeln, also insbesondere Nachlass- und Erblasserschulden zu erfüllen; außerdem hat sie den Nachlass – hier bis zum 18. Lebensjahr der Erbin – zu verwalten. Weder die Regulierung der Nachlassverbindlichkeiten noch die Verwaltung des Nachlasses erfordern notwendig und vorhersehbar Rechtsgeschäfte des Testamentsvollstreckers mit der Erbin, die für die Erbin abzuschließen der Kindesmutter als deren gesetzlichen Vertreterin nach § 181 BGB verwehrt wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 5.3.2008 – XII ZB 2/07 -, juris).
cc)
Auch die Stellung der Kindesmutter als Miterbin begründet keine rechtliche Verhinderung des beteiligten minderjährigen Kindes mit der Folge der Bestellung eines Ergänzungspflegers (§ 1909 Abs. 1, § 1629 Abs. 2 S. 1, § 1795 Abs. 1 i.V.m. § 181 BGB). Denn die Rechte des beteiligten Kindes an dem Nachlass werden von der Kindesmutter und Miterbin nicht als der gesetzlichen Vertreterin der Minderjährigen, sondern als Testamentsvollstreckerin wahrgenommen. Die Entziehung der Vermögenssorge und Bestellung eines Ergänzungspflegers würde nichts an der fortbestehenden Einschränkung der minderjährigen Erbin durch die Testamentsvollstreckung ändern. Die Kindesmutter bliebe als Testamentsvollstreckerin nach wie vor in vollem Umfang verfügungs- und verwaltungsbefugt auch betreffend den von dem beteiligten Kind ererbten Nachlass (vgl. BGH, Beschluss vom 5.3.2008 – XII ZB 2/07 -, juris).
b)
Jedoch liegen die Voraussetzungen für einen Sorgerechtsentzug nach § 1629 Abs. 2 S. 3, § 1796 Abs. 1 BGB für die Wahrnehmung der Rechte des Kindes als Miterbin gegenüber der sorgeberechtigten Kindesmutter als Testamentsvollstreckerin und für die Wahrnehmung der Rechte als Miterbin gegenüber dem Nachlassgericht vor.
Die gesetzliche Vertreterin ist rechtlich verhindert, das Kind N. bei der Wahrnehmung der Rechte als Erbin gegen sich als Testamentsvollstreckerin und gegenüber dem Nachlassgericht zu vertreten
aa)
Der Testamentsvollstrecker hat gegenüber dem Erben die sich aus den § 2215 bis § 2217 BGB ergebenden Pflichten und kann unter den Voraussetzungen des § 2219 BGB auch schadenersatzpflichtig werden.
Insbesondere hat der Testamentsvolltrecker nach § 2218 Abs. 1 i. V. m. § 666 BGB auch die Pflicht, den Erben unaufgefordert die erforderlichen Nachrichten zu geben sowie auf Verlangen Auskunft zu erteilen. Dauert die Testamentsvollstreckung länger als ein Jahr (§ 2209 BGB), kann der Erbe gemäß § 2218 Abs. 2 BGB jährliche Rechnungslegung verlangen, die gemäß § 666 BGB i. V. m. § 259 Abs. 1 BGB zu erfolgen hat (BayObLG, Rpfleger 1998, 246, 247).
Wenn ein wichtiger Grund vorliegt, ist der Erbe nach § 2227 BGB auch berechtigt, beim Nachlassgericht die Entlassung des Testamentsvollstreckers zu beantragen.
bb)
Über diese Rechte des Kindes als Erbin gegenüber der Testamentsvollstreckerin, ihrer Mutter, hat die Mutter als alleinige gesetzliche Vertreterin zu wachen und folglich sich selbst zu überwachen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob sich bereits aus dieser Doppelstellung der Kindesmutter als Testamentsvollstreckerin einerseits und als gesetzliche Vertreterin der Erbin andererseits ein Interessengegensatz i.S.v. § 1629 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 1796 BGB ergibt, der so erheblich ist, dass er die Wahrnehmung der Aufgaben der beiden Ämter durch ein und dieselbe Person ausschließt (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 29.6.2001 – 11 UF 1441/01 -, juris).
Denn im vorliegenden Fall treten konkrete Umstände hinzu, auf Grund derer die Annahme gerechtfertigt ist, dass die Kindesmutter als Testamentsvollstreckerin die Belange des Kindes nicht in dem gebotenen Maße wahren und fördern wird (vgl. BGH, Beschluss vom 5.3.2008 – XII ZB 2/07 -, juris). Das Amtsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Kindesmutter auch wegen ihres Misstrauens gegenüber der Justiz im Verfahren bislang nur auf Druck bereit war, nach § 1640 BGB ein Verzeichnis über das von dem Kind ererbte Vermögen zu erstellen. Sie wollte offensichtlich alles vermeiden, was Kosten verursacht und auch außenstehenden Dritten keinen Einblick in die Angelegenheit gewähren. Hinzu kommt, dass die Kindesmutter der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist und in der Regel bei komplexen Sachverhalten einen Dolmetscher benötigt, was bei der Verwaltung des umfangreichen Nachlasses bestehend aus Immobilien- und Bankvermögen nachträglich ist.
Auch hat die Kindesmutter bislang im Verfahren nicht gezeigt, dass es ihr ohne Hilfe Dritter möglich ist, die Nachlassangelegenheiten abzuwickeln. Zum Nachlass gehören Mietobjekte, so dass immer wieder mit der Klärung von Rechtsfragen zu rechnen ist, wobei nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie sich sodann sachkundige Hilfe sucht. Bereits im laufenden Verfahren war die Kindesmutter nur bereit, zur Verfahrensförderung einen Rechtsanwalt einzuschalten, wenn seitens des Gerichts Druck gemacht wurde. Offenkundig kam es im Verhältnis zum anwaltlichen Vertreter immer wieder zu Schwierigkeiten, die in Mandatsbeendigungen mündeten. Es ist davon auszugehen, dass nach Beendigung des Verfahrens und damit ggf. des Wegfalls der von der Kindesmutter empfundenen Drucksituation sie nicht mehr bereit sein wird, solchermaßen Kosten verursachende Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Das Bestreben nach Fernhalten außenstehender Personen von der Nachlassangelegenheit wurde im laufenden Verfahren bestätigt durch die von der Kindesmutter in Betracht gezogene Möglichkeit, zur Vermeidung des oben benannten Interessenkonflikts aus der Doppelstellung als Testamentsvollstreckerin und gesetzliche Vertreterin des Kindes das Amt des Testamentsvollstreckers niederzulegen. Sie möchte uneingeschränkte Inhaberin der elterlichen Sorge für das Kind N. auch im Hinblick auf die Nachlassangelegenheiten sein. Ob im Falle der Niederlegung des Amtes als Testamentsvollstreckerin ein Ersuchen des Erblassers gegeben ist, einen Testamentsvollstrecker zu ernennen, unterfällt der Prüfungskompetenz des Nachlassgerichts (§ 2200 BGB).
Gerade aufgrund der zuvor dargestellten Persönlichkeit der Kindesmutter hieraus besteht die Gefahr, dass sie die Interessen der Tochter als Miterbin im Hinblick auf die Verwaltung des Nachlasses nicht in dem gebotenen Umfang wahren wird, insbesondere nicht in dem erforderlichen Maße Rechenschaft über die Verwaltung des Nachlasses legen wird. Hierauf muss das minderjährige Kind, falls die Kindesmutter bei Ausübung der Testamentsvollstreckung nicht ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllt, auch reagieren und das Nachlassgericht anrufen können, wobei für minderjährige Kinder nur der gesetzliche Vertreter handeln kann (vgl. Weidlich, in Palandt, 77. Aufl. 2018, § 2227 Rn. 7).
V.
Wegen der rechtlichen Verhinderung der Kindesmutter, sowohl die bereits jetzt bestehenden Rechte des Kindes N. als Miterbin gegenüber sich selbst als von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Testamentsvollstreckerin als auch die Rechte des Kindes gegenüber dem Nachlassgericht wahrzunehmen, war daher nach § 1909 BGB Ergänzungspflegschaft anzuordnen. Wegen der rechtlichen und tatsächlichen Komplexität des Sachverhalts war ein Rechtsanwalt zum Ergänzungspfleger zu bestellen. Da Rechtsanwalt L. bereits in den Sachverhalt eingearbeitet ist, war es auch sachgerecht, diesen mit dieser Aufgabe zu betrauen.
VI.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 FamFG. Da das Rechtsmittel nur teilweise Erfolg hat, entspricht es billigem Ermessen, dass die Kindesmutter die Hälfte der Gerichtskosten trägt und eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht stattfindet.
Die Wertfestsetzung beruht auf § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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