Antrag auf Erteilung eines Erbscheins durch Gläubiger – OLG Hamm Beschluss vom 10.06.1985 – 15 W 131/85

Juni 4, 2020

Antrag auf Erteilung eines Erbscheins durch Gläubiger – OLG Hamm Beschluss vom 10.06.1985 – 15 W 131/85

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Tenor


Der angefochtene Beschluss wird, mit Ausnahme der Wertfestsetzung, aufgehoben.

Ebenso werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Hagen vom 21. Dezember 1984 und vom 3. Oktober 1984 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Hagen zurückverwiesen, welches angewiesen wird, den von den Beteiligten zu 1) am 27. Juni 1984 beantragten Erbschein zu erteilen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten in den drei Instanzen findet nicht statt. Der Wert des Gegenstandes der weiteren Beschwerde wird auf 1.500 DM festgesetzt.

Sachverhalt


Der Erblasser, der am xxx in xxx verstorben ist, war mit einer Frau verheiratet, die am 11. Dezember 1979 verstorben ist.

Diese Ehe brachte ein Kind, die Beteiligte zu 2), hervor.

Es gibt keine letztwilligen Verfügungen der Eltern.

Antrag auf Erteilung eines Erbscheins durch Gläubiger – OLG Hamm Beschluss vom 10.06.1985 – 15 W 131/85

Die Beteiligten zu 1) erstritten gegen den Erblasser ein Räumungsurteil und forderten die Beteiligte zu 2) als gesetzliche Erbin zur Zahlung der Kosten aus diesem Urteil auf.

Sie wurde von ihrem Anwalt darüber informiert, dass sie die Erbschaft nicht rechtzeitig ausgeschlagen habe und daher für die Verbindlichkeiten hafte.

Eine Möglichkeit zur Anfechtung dieser Versäumnisfrist wurde ihr nicht aufgezeigt.

Am 27. Juni 1984 beantragten die Beteiligten zu 1) beim Nachlassgericht Hagen die Erteilung eines Erbscheins, der bestätigen sollte, dass die Beteiligte zu 2) alleinige Erbin sei.

Die Beteiligte zu 2) erklärte am 23. August 1984, dass sie die Versäumung der Ausschlagungsfrist anfechte und die Erbschaft ausschlage, da ihr die Fristen nicht bekannt gewesen seien.

Diese Anfechtung und Ausschlagung wurde öffentlich beglaubigt.

Die Beteiligten zu 1) argumentierten, dass die Frist zur Anfechtung bereits abgelaufen sei, da der Anwalt der Beteiligten zu 2) bereits im April 1984 über die Versäumnis informiert habe.

Das Amtsgericht Hagen wies den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) am 3. Oktober 1984 zurück.

Das Landgericht bestätigte diese Entscheidung am 7. März 1985.

Gegen diesen Beschluss legten die Beteiligten zu 1) weitere Beschwerde ein.

Antrag auf Erteilung eines Erbscheins durch Gläubiger – OLG Hamm Beschluss vom 10.06.1985 – 15 W 131/85

Entscheidungsgründe


Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist zulässig und begründet, da die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung der §§ 1956, 1954 Abs. 2 BGB beruht.

Gemäß § 1956 BGB kann die Versäumung der Ausschlagungsfrist wie die Erbschaftsannahme angefochten werden, was eine kurze Anfechtungsfrist nach § 1954 Abs. 1 BGB beinhaltet.

Das Landgericht hat zwar korrekt erkannt, dass die Beteiligte zu 2) keine Kenntnis von der Anfechtungsmöglichkeit hatte, jedoch wird für den Beginn der Anfechtungsfrist lediglich die Kenntnis der Anfechtungstatsachen vorausgesetzt, nicht das Bewusstsein über das Anfechtungsrecht selbst.

Die Beteiligte zu 2) erhielt durch das Telefongespräch ihres Ehemannes mit dem Anwalt der Beteiligten zu 1) Mitte bis Ende April 1984 Kenntnis von ihrer Erbenstellung und der Versäumung der Ausschlagungsfrist.

Diese Information war ausreichend, um die Anfechtungsfrist in Gang zu setzen. Somit war die Anfechtung am 23. August 1984 verspätet.

Ergebnis


Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben, und die Sache wird an das Amtsgericht zurückverwiesen mit der Anweisung, den beantragten Erbschein zu erteilen.

Es findet keine Erstattung außergerichtlicher Kosten statt.

Der Gegenstandswert der weiteren Beschwerde wird auf 1.500 DM festgesetzt.

Der Beschluss betont die Notwendigkeit der rechtzeitigen Anfechtung der Ausschlagungsfrist und die Pflicht der Erben, sich über ihre Rechte und Pflichten zu informieren, sobald sie Kenntnis von ihrer Erbenstellung erhalten.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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