Ausnahmezuständigkeit Hauptversammlung Mitwirkung Umstrukturierung Tochter in Enkelgesellschaft – Gelatine II – BGH II ZR 154/02
Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) im Fall „Gelatine II“ (II ZR 154/02) vom 26. April 2004 befasst sich mit der Frage,
ob die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft ausnahmsweise ein Mitwirkungsrecht bei der Umstrukturierung einer Tochtergesellschaft in eine Enkelgesellschaft hat.
Kernaussagen des Urteils:
Enge Grenzen der Mitwirkungsbefugnisse: Der BGH betont, dass ungeschriebene Mitwirkungsbefugnisse der Hauptversammlung bei Maßnahmen, die gesetzlich dem Vorstand zugewiesen sind, nur ausnahmsweise und in engen Grenzen anzuerkennen sind.
Ausnahmezuständigkeit bei Mediatisierung: Eine solche Ausnahmezuständigkeit kommt in Betracht, wenn die Maßnahme die Kernkompetenz der Hauptversammlung, über die Verfassung der Aktiengesellschaft zu bestimmen, berührt. Dies ist der Fall bei Umstrukturierungen, die Veränderungen mit sich bringen, die einer Satzungsänderung nahekommen, wie z.B. bei Ausgliederungen oder der Umstrukturierung einer Tochter- in eine Enkelgesellschaft.
Wesentlichkeitsgrenze: Eine wesentliche Beeinträchtigung der Mitwirkungsbefugnisse der Aktionäre liegt bei der Umstrukturierung einer Tochter- in eine Enkelgesellschaft erst dann vor, wenn die wirtschaftliche Bedeutung der Maßnahme erheblich ist.
Qualifizierte Mehrheit: Ist die Hauptversammlung ausnahmsweise zur Mitwirkung berufen, bedarf ihre Zustimmung wegen der Bedeutung für die Aktionäre einer Dreiviertel-Mehrheit.
Sachverhalt des Falls „Gelatine II“:
Die Beklagte, eine Aktiengesellschaft, war an einer Kommanditgesellschaft (KG) beteiligt.
Der Vorstand schlug der Hauptversammlung vor, diese Beteiligung in eine 100%ige Tochtergesellschaft einzubringen.
Die Hauptversammlung stimmte dem Vorschlag mit einfacher Mehrheit zu.
Minderheitsaktionäre (Kläger) fochten den Beschluss an.
Sie argumentierten, dass die Einbringung eine Maßnahme von erheblichem Gewicht sei und daher der Zustimmung einer Dreiviertel-Mehrheit bedurft hätte.
Entscheidung des BGH:
Der BGH wies die Revisionen der Kläger zurück.
Er stellte fest, dass der Beschluss der Hauptversammlung wirksam zustande gekommen war und keiner Dreiviertel-Mehrheit bedurfte.
Keine Satzungsänderung: Die Einbringung der Beteiligung war vom Unternehmensgegenstand der Beklagten gedeckt und stellte keine Satzungsänderung dar.
Keine ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeit: Die Voraussetzungen für eine ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeit nach den „Holzmüller“-Grundsätzen lagen nicht vor, da die Umstrukturierung die Unternehmensstruktur nicht von Grund auf änderte und die Aktionäre nicht wesentlich in ihren Rechten beeinträchtigte.
Keine wesentliche Beeinträchtigung: Die wirtschaftliche Bedeutung der Beteiligung war nicht so groß, dass die Umstrukturierung eine wesentliche Beeinträchtigung der Mitwirkungsbefugnisse der Aktionäre darstellte.
Bedeutung des Urteils „Gelatine II“:
Das Urteil „Gelatine II“ präzisiert die Grenzen der ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeit.
Es stellt klar, dass die Hauptversammlung nur in Ausnahmefällen ein Mitwirkungsrecht bei Maßnahmen hat, die gesetzlich dem Vorstand zugewiesen sind.
Das Urteil stärkt die Position des Vorstands und erleichtert Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen.
Konsequenzen für die Praxis:
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.