BAG Beschluss vom 27.4.2021 – 1 ABR 21/20

Juni 23, 2021

BAG Beschluss vom 27.4.2021 – 1 ABR 21/20

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Die nicht tarifgebundene Arbeitgeberin betreibt Einrichtungen für psychisch erkrankte Menschen und beschäftigt überwiegend Sozialarbeiter.

Am 22. Februar 2018 wurde mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zur Entgeltordnung und zu sonstigen Arbeitsbedingungen (ReBe 2018) geschlossen.

Diese Vereinbarung regelt unter anderem die Eingruppierung in Entgeltgruppen (EG) und die stufenweise Vergütung innerhalb dieser Gruppen.

Die Tabelle legt fest, dass beispielsweise Sozialarbeiter der EG 9 zugeordnet sind und die niedrigste Entgeltgruppe (EG 1) eine Stundenvergütung von 8,90 Euro erhält.

Mit Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Januar 2019, der zunächst auf 9,19 Euro erhöht wurde, zahlte die Arbeitgeberin den Beschäftigten in den unteren Entgeltgruppen EG 1 und EG 2 den Mindestlohn, ohne die Entgelte der höheren Stufen und Entgeltgruppen entsprechend anzupassen.

Streitpunkt

Der Betriebsrat sah in der Zahlung des Mindestlohns an die unteren Entgeltgruppen ohne gleichzeitige Anpassung der höheren Entgeltgruppen eine Verletzung der Betriebsvereinbarung und seines Mitbestimmungsrechts gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

Er argumentierte, dass die Arbeitgeberin durch diese Praxis die in der Referenztabelle 2018 festgelegten prozentualen Abstände zwischen den Entgeltgruppen verändert habe, was einer Änderung der betrieblichen Entlohnungsgrundsätze gleichkomme.

BAG Beschluss vom 27.4.2021 – 1 ABR 21/20

Anträge des Betriebsrats

Der Betriebsrat beantragte:

Die Anhebung der Vergütungstabellen der höheren Entgeltgruppen, um die prozentualen Abstände entsprechend der Referenztabelle 2018 zu wahren.

Feststellung, dass die Arbeitgeberin das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt hat, indem sie den gesetzlichen Mindestlohn zahlt, ohne die Entgelte der höheren Gruppen anzupassen.

Feststellung, dass die Arbeitgeberin das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats durch die Änderung der Prozentsätze in den unteren Entgeltgruppen ohne Zustimmung des Betriebsrats verletzt hat.

Die Arbeitgeberin zu verpflichten, Änderungen der prozentualen Abstände nur mit Zustimmung des Betriebsrats vorzunehmen.

Entscheidungen der Vorinstanzen

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg wiesen die Anträge des Betriebsrats ab. Der Betriebsrat legte daraufhin Rechtsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht ein.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht wies die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats zurück.

BAG Beschluss vom 27.4.2021 – 1 ABR 21/20

Die wesentlichen Gründe für die Entscheidung sind:

Keine Verpflichtung zur Anpassung der Entgeltgruppen:

Die Betriebsparteien haben in der Betriebsvereinbarung keine Regelung getroffen, die eine Anpassung der Entgelte der höheren Gruppen bei Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns vorsieht.

Weder der Wortlaut noch der Sinn und Zweck der Vereinbarung deuten darauf hin, dass eine dynamische Anpassung der Vergütungen vereinbart wurde.

Mindestlohn und Betriebsvereinbarung:

Die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns stellt keine Änderung der mitbestimmten Entlohnungsgrundsätze dar.

Der gesetzliche Mindestlohnanspruch besteht unabhängig von den in der Betriebsvereinbarung festgelegten Entgeltregelungen und berührt die Regelungsbefugnisse der Betriebsparteien nicht.

Kein Mitbestimmungsrecht bei Erfüllung des Mindestlohnanspruchs:

Die Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohnanspruchs führt nicht zu einer mitbestimmungspflichtigen Änderung der betrieblichen Entlohnungsgrundsätze.

Die Arbeitgeberin erfüllt lediglich die gesetzlichen Vorgaben, ohne die in der Betriebsvereinbarung festgelegten Entlohnungsgrundsätze zu ändern.

Fazit

Das Bundesarbeitsgericht bestätigte, dass die alleinige Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns keine Änderung der mitbestimmten Entlohnungsgrundsätze bedingt.

Die Arbeitgeberin war daher nicht verpflichtet, die Entgelte der höheren Entgeltgruppen entsprechend anzupassen, und die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats wurden nicht verletzt.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

person walking holding brown leather bag

tarifliche Übergangs- und Altersversorgungsregelungen – BAG 4/8/2020 – 4 AZR 231/20

Juni 22, 2024
tarifliche Übergangs- und Altersversorgungsregelungen – BAG 4/8/2020 – 4 AZR 231/20Zusammenfassung RA und Notar KrauDas Urteil des Bun…
a long exposure photograph of two tall buildings

Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und Zahlungsansprüche – BAG 05/12/2019 – 2 AZR 147/19

Juni 21, 2024
Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und Zahlungsansprüche – BAG 05/12/2019 – 2 AZR 147/19Zusammenfassung von RA und Notar KrauDas Urt…
hammer, books, law

Bestimmtheit eines Klageantrags auf Überlassung einer Kopie von E-Mails – BAG 27/04/2021 – 2 AZR 342/20

Juni 21, 2024
Bestimmtheit eines Klageantrags auf Überlassung einer Kopie von E-Mails – BAG 27/04/2021 – 2 AZR 342/20Zusammenfassung RA und Notar KrauDa…