Beschwerde gegen die Wertfestsetzung – Geschäftswert eines Erbscheinantrags nebst Eidesstattlicher Versicherung – OLG Brandenburg 3 W 79/21
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg (OLG) in der Angelegenheit der Beschwerde gegen die Wertfestsetzung des Geschäftswerts eines Erbscheinantrags nebst Eidesstattlicher Versicherung (Aktenzeichen: 3 W 79/21) erging folgendermaßen:
Der Beschwerdeführer legte Einspruch gegen den Beschluss des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel vom 11.03.2021 ein, woraufhin das OLG den Geschäftswert auf 676.416 € festsetzte, im Gegensatz zur vorherigen Festsetzung des Amtsgerichts von 520.000 €.
Gemäß § 40 Abs. 1 GNotKG richtet sich der Geschäftswert eines Erbscheinantrags nach dem Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls, unter Berücksichtigung von Erblasserverbindlichkeiten und Verkehrswerten von Grundstücken.
Der Verkehrswert eines bebauten Grundstücks setzt sich aus Bodenwert, Gebäudesachwert und Ertragswert zusammen.
Da der genaue Verkehrswert nicht feststand, sollte er gemäß § 46 Abs. 2 GNotKG anhand verschiedener Kriterien ermittelt werden, um eine zuverlässige und praktikable Bewertung zu ermöglichen.
Das Amtsgericht stützte seine Festsetzung auf Angaben des Gutachterausschusses, was grundsätzlich akzeptabel war.
Allerdings hielt das OLG das vom Beschwerdeführer eingereichte Verkehrswertgutachten für präziser und verwendete es als Grundlage für die Festsetzung des Geschäftswerts.
Trotz Einwänden des Beschwerdeführers wurde sein vorgelegtes Gutachten als plausibel und nachvollziehbar erachtet, während seine selbst vorgeschlagene niedrigere Bewertung als unrealistisch angesehen wurde.
Somit entschied das OLG, den Geschäftswert auf 676.416 € festzusetzen, und wies darauf hin, dass die Entscheidung gerichtsgebührenfrei sei und keine außergerichtlichen Kosten erstattet würden.
I. Einleitung
II. Hintergrund
III. Rechtliche Grundlagen
IV. Entscheidung des OLG Brandenburg
V. Schlussfolgerung
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel vom 11.03.2021, Az. 49 VI 167/20, wird der Beschluss abgeändert und der Geschäftswert auf 676.416 € festgesetzt.
Die nach §§ 83 Abs. 1, Abs. 2 Satz 7 GNotKG zulässige Beschwerde gegen die Wertfestsetzung, über die nach § 81 Abs. 6 GNotKG die Einzelrichterin entscheidet, hat in der Sache teilweise Erfolg.
Der Geschäftswert war in Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses auf 676.416 € festzusetzen, da der Senat den Grundbesitz in Abweichung zur Entscheidung des Amtsgerichts mit lediglich 520.000 € bewertet.
Der Geschäftswert eines Erbscheinantrags nebst Eidesstattlicher Versicherung richtet sich nach § 40 Abs. 1 GNotKG.
Es kommt darauf an, welchen Wert der Nachlass im Zeitpunkt des Erbfalls hatte (§ 40 Abs. 1 S. 1 GNotKG), wobei vom Erblasser herrührende Verbindlichkeiten abzuziehen sind (§ 40 Abs. 1 S. 2 GNotKG).
Gehören Grundstücke zum Nachlassvermögen, so sind diese nach § 46 Abs. 1 GNotKG mit ihrem Verkehrswert anzusetzen.
Der Wert der Sache, auch von Grundbesitz, wird gemäß § 46 Abs. 1 GNotKG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der Sache unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Umstände bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (Verkehrswert).
Beschwerde gegen die Wertfestsetzung – Geschäftswert eines Erbscheinantrags nebst Eidesstattlicher Versicherung – OLG Brandenburg 3 W 79/21
Der Verkehrswert eines bebauten Grundstücks ergibt sich aus der Verbindung dreier Werte, nämlich aus dem auf der Grundlage des Bodenrichtwerts ermittelten Bodenwert, dem Gebäudesachwert und dem Ertragswert von Gebäude und Grundstück.
Der Verkehrswert schlüsselt sich auf in Bodenwert, Ertragswert und Sachwert
(BGH, Beschluss vom 18. Januar 1995, IV ZR 182/94, Rn. 5)
und ist aus dem Ergebnis dieser Werte zu bilden
(§ 199 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit § 8 Abs. 1 S. 3 ImmoWertV; OLG Jena, OLG Jena Beschl. v. 28.12.2020 – 4 W 127/20, BeckRS 2020, 46420).
Steht der Verkehrswert – wie hier – nicht fest, so ist er für die Zwecke der Gebührenerhebung im Wege des Freibeweises nach den Kriterien des § 46 Abs. 2 (und ggf. Abs. 3) GNotKG zu bestimmen
(Fackelmann in Schneider/Volpert/Fölsch KostenR, 2. Aufl., § 46 Rn. 25;
Korintenberg/Tiedtke GNotKG, 20. Aufl., § 46 Rn. 12).
Angestrebt wird mit dieser Vorgabe einerseits eine möglichst zuverlässige, andererseits aber auch eine praktikable und zeitnahe Bewertung
(Bayer. Notarkasse Streifzug GNotKG, 12. Aufl., Rn. 2148).
Das Gesetz verlangt für die Zwecke der Gebührenfestsetzung keine mit letzter Präzision vorzunehmende Wertfeststellung
(vgl. BayObLGZ 1972, 297 (301)).
Das zeigt schon das gesetzliche Verbot gemäß § 46 Abs. 4 GNotKG, zur Feststellung des Verkehrswerts förmlich Beweis zu erheben
(OLG München Beschluss vom 12.09.2018, 34 Wx 283/18).
Dies zugrunde gelegt war die Festsetzung des Amtsgerichts grundsätzlich nicht zu beanstanden.
Die Einholung eines Gutachtens war nicht erforderlich.
Beschwerde gegen die Wertfestsetzung – Geschäftswert eines Erbscheinantrags nebst Eidesstattlicher Versicherung – OLG Brandenburg 3 W 79/21
Das Amtsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen seine Festsetzung auf die Angaben des Gutachterausschusses gestützt.
Nachdem der Antragsteller im Beschwerdeverfahren ein Verkehrswertgutachten eingeholt und vorgelegt hat, hält der Senat es aber für angemessen, das Ergebnis dieses Gutachtens als Basis für die Festsetzung des Geschäftswertes zu verwerten.
Es enthält im Vergleich zu den pauschaleren Angaben des Gutachterausschusses eine präzise Auskunft zum Verkehrswert des konkreten zum Nachlass gehörenden Grundstücks und kommt zu einem Wert von 520.000 €.
Das Gutachten ist plausibel und nachvollziehbar.
Soweit der Beschwerdeführer nunmehr das Ergebnis des von ihm selbst eingereichten Gutachtens unter Berufung auf ein Gespräch mit dem Vorsitzenden des Gutachterausschusses in Zweifel zieht und meint, der Verkehrswert betrage lediglich 231.375,50 €, folgt der Senat dem nicht.
Die Angaben hierzu im Schriftsatz vom 12.11.2021 sind pauschal und setzten sich nicht konkret mit dem Gutachten auseinander.
Es ist nicht nachvollziehbar, wie der Beschwerdeführer zu einem Verkehrswert kommt, der unterhalb der Hälfte des von der Gutachterin ausgewiesenen Betrages kommt.
Dieses stimmt im Übrigen mit der vom Beschwerdeführer selbst abgegebenen Einschätzung aus der Beschwerdeschrift überein, wonach der Verkehrswert voraussichtlich bei 500.000 € bis 550.000 € liege.
Der vom Beschwerdeführer nunmehr in den Raum gestellte Wert von lediglich 231.375,50 € ist darüber hinaus auch schon angesichts der unmittelbaren Wasserlage sowie der Größe des Grundstücks und des Gebäudes erkennbar unrealistisch niedrig angesetzt.
Schon für einen Laien ist offensichtlich, dass der Marktwert wesentlich höher liegen muss.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Beschwerde gegen die Wertfestsetzung – Geschäftswert eines Erbscheinantrags nebst Eidesstattlicher Versicherung – OLG Brandenburg 3 W 79/21
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.