BFH Beschluss vom 08. Dezember 2021, IX B 81/20

Februar 1, 2022

BFH Beschluss vom 08. Dezember 2021, IX B 81/20
Keine Erforderlichkeit der Fortbildung des Rechts zur Abgrenzung von Herstellungskosten und Erhaltungsaufwand; Darlegungsanforderungen bei Divergenz

vorgehend FG Münster, 26. August 2020, Az: 13 K 2056/16 E

1. NV: Die Frage, ob und in welchen Fällen sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand und damit keine Herstellungskosten vorliegen, ist in der Rechtsprechung hinreichend geklärt und bedarf keiner weiteren höchstrichterlichen Entscheidung.

2. NV: Die schlüssige Rüge einer Divergenz erfordert die Darlegung, dass das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH, ein anderes FG oder ein anderes oberstes Bundesgericht.

Tenor
Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 26.08.2020 – 13 K 2056/16 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die Zulassung der Revision ist weder zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative der Finanzgerichtsordnung –FGO–, dazu unter 1.) noch wegen einer Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs –BFH– (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO, dazu unter 2.) geboten.

1. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts liegen nicht vor.

a) Die Revision ist zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, wenn davon auszugehen ist, dass im Einzelfall Veranlassung besteht, Grundsätze und Leitlinien für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 24.06.2014 – XI B 45/13, BFH/NV 2014, 1584, Rz 35, und vom 24.07.2017 – XI B 25/17, BFH/NV 2017, 1591, Rz 25). Dieser Zulassungsgrund setzt eine klärungsbedürftige und klärbare Rechtsfrage voraus (BFH-Beschluss vom 13.11.2012 – II B 123/11, BFH/NV 2013, 255, Rz 2, m.w.N.).

b) Dies ist hier nicht der Fall. Die im finanzgerichtlichen Verfahren entscheidungserhebliche Frage, ob und in welchen Fällen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 des Einkommensteuergesetzes –EStG–) sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand und damit keine Herstellungskosten vorliegen, ist in der Rechtsprechung hinreichend geklärt und bedarf keiner weiteren höchstrichterlichen Entscheidung (vgl. zu der Frage der Abgrenzung u.a. Senatsentscheidungen vom 14.07.2004 – IX R 52/02, BFHE 206, 441, BStBl II 2004, 949, unter II.1.; vom 15.05.2013 – IX R 36/12, BFHE 241, 381, BStBl II 2013, 732, Rz 12; vom 14.06.2016 – IX R 15/15, BFHE 254, 246, BStBl II 2016, 996, Rz 9, sowie IX R 25/14, BFHE 254, 236, BStBl II 2016, 992, Rz 13; vom 03.08.2016 – IX R 14/15, BFHE 255, 103, BStBl II 2017, 437, Rz 13, und vom 13.03.2018 – IX R 41/17, BFHE 261, 268, BStBl II 2018, 533, Rz 12). Zudem wirft die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) aufgeworfene Frage, ob die Errichtung einer Lärmschutzwand zu Erhaltungsaufwand und nicht zu nachträglichen Herstellungskosten des Gebäudes führt, keine neuen Gesichtspunkte auf, die eine Fortentwicklung der bisherigen Rechtsprechung als notwendig erscheinen lassen. Denn deren Beantwortung beruht im Wesentlichen auf der tatsächlichen Würdigung des konkreten Sachverhalts und bedarf keiner höchstrichterlichen Entscheidung.

Die Kläger wenden sich zudem mit ihrem Vorbringen “auf der Sachverhaltsebene” im Wesentlichen gegen die tatsächliche Würdigung des Finanzgerichts (FG) und das von ihm im Einzelfall gefundene Ergebnis. Damit kann eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts nicht erreicht werden.

2. Die Kläger haben weiter nicht hinreichend dargelegt, dass die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO).

a) Die schlüssige Rüge einer Divergenz erfordert die Darlegung, dass das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH oder ein anderes FG. Gleiches gilt für Entscheidungen eines anderen obersten Bundesgerichts. Dabei muss das FG seinem Urteil einen entscheidungserheblichen (tragenden) abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (vgl. Senatsbeschluss vom 11.11.2020 – IX B 40/20, BFH/NV 2021, 349, Rz 7).

Im Einzelnen sind für die schlüssige Rüge einer Divergenz gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO die angeblichen Divergenzentscheidungen genau –mit Datum und Aktenzeichen oder Fundstelle– zu bezeichnen sowie tragende, abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits gegenüberzustellen, um die Abweichung deutlich zu machen. Dies erfordert auch die Darlegung, dass es sich im Streitfall um einen gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt handelt, so dass sich in der angefochtenen Entscheidung und in der Divergenzentscheidung dieselbe Rechtsfrage stellt (Senatsbeschluss in BFH/NV 2021, 349, Rz 8).

b) Diesen Anforderungen genügt die Nichtzulassungsbeschwerde nicht. Die Kläger haben zwar zahlreiche Entscheidungen in ihrer Beschwerdebegründung angeführt und den diesen Entscheidungen jeweils zugrundeliegenden Sachverhalt angesprochen. Wie der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) zu Recht geltend macht, haben die Kläger aber keine –einander widersprechenden– abstrakten Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den von ihnen angeführten Divergenzentscheidungen andererseits herausgearbeitet, um die (behauptete) Abweichung deutlich zu machen. Ihre Darlegung bezieht sich in erster Linie auf die –aus ihrer Sicht fehlerhafte– Würdigung des FG, nicht auf eine Divergenz “im Grundsätzlichen”. Dies erfüllt die Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 30.09.2020 – IX B 23/20, BFH/NV 2021, 335, Rz 6; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 116 Rz 42).

3. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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