BFH II R 6/07 Urteil vom 30.11.2009 Steuerberechnung bei Auflösung einer Familienstiftung, Steuer für den gesamten Erwerb des Anfallberechtigten
I.
BFH II R 6/07
Die Eheleute D und B hatten im Jahre 1973 die B-Stiftung errichtet; das der B-Stiftung bei ihrer Errichtung übertragene Vermögen stammte zu 69,1 v.H. von D und zu 30,9 v.H. von B. Der Vorstand der B-Stiftung beschloss am 8. Dezember 1995 deren Auflösung, die am 11. Dezember 1995 von der Bezirksregierung Düsseldorf genehmigt wurde. Erwerber des Stiftungsvermögens waren (als Töchter und Enkelkinder der Stifter) die Klägerin, Revisionsbeklagte und Revisionsklägerin (Klägerin) zu 1. sowie die Kläger und Revisionsbeklagten zu 2. bis 10. (Kläger).
Die von der B-Stiftung gehaltenen Beteiligungen wurden mit notariell beurkundetem Vertrag vom 21. Dezember 1995 in eine GbR eingebracht, an der die Kläger entsprechend dem ihnen zustehenden Anteil an dem Vermögen der B-Stiftung beteiligt waren. Für die Klägerin zu 1. war ein Nießbrauchsrecht an der Begünstigung der Kläger zu 3. bis 6. aus der B-Stiftung bestellt, das sich an den Anteilen der Kläger zu 3. bis 6. an der GbR fortsetzte.
Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt – FA -) setzte gegen die Kläger mit Bescheiden vom 12. September 1996, die im Verlauf des Klageverfahrens durch Bescheide vom 2. Januar 2007 geändert wurden, Schenkungsteuer fest, wobei er bei der Steuerberechnung jeweils einen Erwerb der Kläger von der B-Stiftung zugrunde legte und einen einzigen Freibetrag von 50.000 DM bzw. 90.000 DM gewährte.
Dem Begehren der Kläger, das aus der Aufhebung der B-Stiftung erworbene Vermögen für jeden von ihnen jeweils getrennt in Höhe von 69,1 v.H. als von D und in Höhe von 30,9 v.H. als von B stammenden Erwerb zu behandeln und entsprechend der Anzahl der Stifter für jeden Erwerb jeweils zwei persönliche Freibeträge anzusetzen, folgte das FA nicht. Insoweit blieben die Einsprüche erfolglos.
BFH II R 6/07
Das Finanzgericht (FG) hat mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 533 veröffentlichten Urteil die gegen die Kläger ergangenen Schenkungsteuerbescheide insoweit aufgehoben, als das FA bei der Steuerberechnung (im Fall der Klägerin zu 1., die die Jahresbesteuerung gemäß § 23 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes – ErbStG – beantragt hatte, bei der festgesetzten Jahressteuer)
jeweils einen einheitlichen Erwerb von der B-Stiftung zugrunde gelegt und den jeweiligen Anteil am Gesamtvermögen (im Fall der Klägerin zu 1. den Kapitalwert des Erwerbs sowie den Jahreswert der wiederkehrenden Leistungen) aus der Auflösung der B-Stiftung nicht entsprechend der Herkunft des Stiftungsvermögens zu 69,1 v.H. als von D und zu 30,9 v.H. als von B stammend aufgeteilt hat. Zur Begründung führte das FG aus, gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG sei ein Erwerb bei Aufhebung einer Stiftung mit einer Mehrzahl von Stiftern für die Steuerberechnung entsprechend den Anteilen der Stifter an dem der Stiftung übertragenen Vermögen aufzuteilen.
Hingegen komme eine Gewährung mehrerer persönlicher Freibeträge nach § 16 ErbStG entsprechend der Anzahl der Stifter nicht in Betracht, weil Zuwendender die Stiftung und die Gewährung des persönlichen Freibetrags nach dem Regelungsgehalt des § 15 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 ErbStG auf den jeweiligen Erwerb begrenzt sei. Der den Klägern jeweils zustehende persönliche Freibetrag sei entsprechend den Anteilen der Stifter an dem der Stiftung übertragenen Vermögen aufzuteilen und sodann von den entsprechenden Erwerbsanteilen abzuziehen.
Gegen die Vorentscheidung haben sowohl das FA als auch die Klägerin zu 1. Revision eingelegt. Während des Revisionsverfahrens erließ das FA gegen die Klägerin zu 1. nach Rücknahme ihres Antrags auf Jahreswertbesteuerung den geänderten Schenkungsteuerbescheid vom 18. April 2007, mit dem es die Schenkungsteuer auf 1.956.458 € festsetzte.
BFH II R 6/07
Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung des § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG. Diese Vorschrift betreffe nach ihrem Regelungsgehalt ausschließlich die Festlegung der maßgeblichen Steuerklasse und enthalte keine Rechtsgrundlage dafür, den Erwerb der Anfallsberechtigten in Fällen der Auflösung einer von mehreren Stiftern errichteten Stiftung in mehrere Einzelschenkungen der Stifter aufzuteilen und damit die Progressionswirkung des § 19 ErbStG teilweise außer Kraft zu setzen.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Die Klägerin zu 1. rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG insoweit, als das FG für ihren Erwerb die Gewährung von zwei persönlichen Freibeträgen abgelehnt hat. Dem § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG lasse sich nach der Gesetzesbegründung und seiner systematischen Stellung entnehmen, dass der Vermögenserwerb beim Anfallberechtigten als vom Stifter stammend fingiert werde. Seien zwei Stifter vorhanden, seien demgemäß auch zwei Freibeträge zu berücksichtigen.
Die Klägerin zu 1. beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Schenkungsteuerbescheid vom 18. April 2007 dahingehend abzuändern, dass die Steuer unter Berücksichtigung von zwei Erwerben und zwei Freibeträgen herabgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision der Klägerin zu 1. zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe BFH II R 6/07
II.
BFH II R 6/07
Dieser Übertragungsakt wird, wie § 88 Satz 1 BGB zeigt, auch nicht durch die Aufhebung der Stiftung rückgängig gemacht. Bis zur Beendigung der Liquidation gilt die Stiftung für die Zwecke der Liquidation als fortbestehend (§ 88 Satz 3 i.V.m. § 49 Abs. 2 BGB).
BFH II R 6/07
BFH II R 6/07
Die gegen alle Kläger ergangenen Steuerfestsetzungen sind, indem das FA der Berechnung der Schenkungsteuer jeweils nur einen Erwerb der Kläger von der B-Stiftung zugrunde gelegt hat, rechtmäßig. Die Steuerfestsetzungen erweisen sich nicht etwa deshalb als zu hoch, weil zugunsten der Kläger der persönliche Freibetrag nach § 16 ErbStG entsprechend der Zahl der Stifter zweifach anzusetzen gewesen wäre.
Der Freibetrag wird nach dem Eingangssatz des § 16 Abs. 1 ErbStG jeweils für den “Erwerb” gewährt, wobei die maßgebende Steuerklasse nach § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG zu bestimmen ist. Da im Fall des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG nur ein einheitlicher Erwerb des Anfallberechtigten von der Stiftung vorliegt, fehlt es an einer Rechtsgrundlage für den mehrfachen Ansatz des persönlichen Freibetrags. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung über den Ansatz nur eines Freibetrags, wie etwa durch § 6 Abs. 2 Sätze 3 bis 5 ErbStG angeordnet, bedurfte es nicht (a.A. Jülicher, in Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 15 Rz 120).
Die Revision der Klägerin zu 1. ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Dem Begehren, bei der Besteuerung des Erwerbs zwei Freibeträge anzusetzen, kann nicht gefolgt werden. Zur Begründung wird auf die vorstehenden Ausführungen unter A.II.3. verwiesen.
BFH II R 6/07
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.