BFH IV B 1/11

Juli 14, 2020

BFH IV B 1/11 Beschluss vom 11.07.2012 -Bestellung eines Nachtragsliquidators, Bekanntgabe Steuerbescheid, Annahmeerklärung

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Der Beschluss befasst sich mit der Beiladung in einem zweistufigen Feststellungsverfahren, bei dem an einer Kommanditgesellschaft (KG) Treugeber über einen Treuhandkommanditisten beteiligt sind.

Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte die Beiladung der gelöschten A-GmbH, vertreten durch ihren Nachtragsliquidator L, zum Klageverfahren des Klägers gegen einen Feststellungsbescheid.

Sachverhalt:

  • Der Kläger und ein weiterer Kläger waren als Treugeber über die A-GmbH mittelbar an der B-KG beteiligt.
  • Die B-KG und die B-GmbH wurden aufgelöst, die Beigeladene wurde zur Liquidatorin beider Gesellschaften bestellt.
  • Das Finanzamt erließ Feststellungsbescheide für die B-KG, in denen Kapitalerträge den Klägern als Gesellschaftern zugerechnet wurden.
  • Der Kläger erhob Untätigkeitsklage gegen den Feststellungsbescheid.
  • Das Finanzgericht (FG) lud zunächst L als Nachtragsliquidator der A-GmbH zum Verfahren bei.
  • Der BFH hob diese Beiladung auf und wies das FG an, die A-GmbH selbst beizuladen.
  • Das FG lud daraufhin die A-GmbH, vertreten durch L als Nachtragsliquidator, zum Verfahren bei.
  • Kläger und A-GmbH legten gegen die Beiladung Beschwerde ein.

BFH IV B 1/11

Entscheidungsgründe:

  • Beteiligtenfähigkeit der gelöschten GmbH:

    • Die Beiladung der A-GmbH ist zulässig, obwohl sie bereits gelöscht wurde.
    • Steuerrechtlich wird eine GmbH solange als fortbestehend angesehen, wie steuerrechtliche Abwicklungsmaßnahmen notwendig sind, einschließlich der Entgegennahme von Steuerbescheiden und der Beteiligung an Verfahren.
    • Die Beteiligtenfähigkeit der GmbH wird durch die Löschung nicht berührt, nur die Vertretungsbefugnis des bisherigen gesetzlichen Vertreters endet.
    • Daher muss ein Nachtragsliquidator bestellt werden.
  • Wirksame Vertretung der A-GmbH durch den Nachtragsliquidator:

    • L hat das Amt des Nachtragsliquidators angenommen, indem er seine Bestellung ausdrücklich beantragt und seine Eignung dargelegt hat.
    • Selbst wenn dies nicht als Annahmeerklärung gelten würde, wäre L nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, einen abweichenden Willen zu äußern.
    • Die Bestellung erfolgte antragsgemäß und mit dem von L beantragten Wirkungskreis.
    • Daher ist von einer Annahme des Amtes auszugehen.
  • Beiladung der A-GmbH im Klageverfahren:

    • Die Beiladung der A-GmbH ist vom Wirkungskreis der Bestellung des Nachtragsliquidators erfasst.
    • Der Kläger begehrt die Aufhebung des Feststellungsbescheids für die T-KG.
    • Das FA beantragte die Bestellung eines Nachtragsliquidators für die A-GmbH, um ihr diesen Bescheid zustellen zu können.
    • L beantragte einen erweiterten Wirkungskreis, der auch die Führung von Rechtsmitteln gegen Steuerbescheide umfasst.
    • Daher ist die Beteiligung der A-GmbH am Klageverfahren des Klägers vom Wirkungskreis des Nachtragsliquidators erfasst.

BFH IV B 1/11

  • Notwendige Beiladung der A-GmbH:

    • Die A-GmbH ist als Treuhänderin notwendig beizuladen.
    • Bei Beteiligung mehrerer Treugeber über einen Treuhänder an einer Personengesellschaft erfolgt die Einkünftefeststellung in zwei Stufen.
    • Der Kläger kann als Treugeber nur gegen die Verteilung auf der zweiten Stufe vorgehen, nicht gegen die Feststellung der Einkünfte auf der ersten Stufe.
    • Gegen die Feststellungen auf der ersten Stufe können nur die Gesellschaft und der Treuhänder vorgehen.
    • Der Kläger kann jedoch einwenden, dass der Feststellungsbescheid erster Stufe dem Treuhänder nicht wirksam bekannt gegeben wurde.
    • Über diese Frage kann nur für alle Beteiligten auf der zweiten Stufe einheitlich entschieden werden, daher ist die Beiladung der A-GmbH notwendig.
  • Weitere Ausführungen:

    • Der BFH weist darauf hin, dass die Frage der wirksamen Bekanntgabe des Bescheids und der Feststellungsverjährung im Klageverfahren zu klären sind.
    • Ein in feststellungsverjährter Zeit erlassener Bescheid ist nicht nichtig, sondern lediglich rechtswidrig.
    • Über den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung über den Einspruch der A-GmbH hat das FG zu entscheiden.
    • Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
    • Die Kostenentscheidung erfolgt im Rahmen der Entscheidung über die Hauptsache.

BFH IV B 1/11

Fazit:

  • Der BFH bestätigt die Beiladung der gelöschten A-GmbH, vertreten durch ihren Nachtragsliquidator, zum Klageverfahren des Klägers.
  • Die Beiladung ist notwendig, da über die Frage der wirksamen Bekanntgabe des Feststellungsbescheids erster Stufe nur für alle Beteiligten auf der zweiten Stufe einheitlich entschieden werden kann.
  • Der Beschluss verdeutlicht die Bedeutung der richtigen Beiladung in zweistufigen Feststellungsverfahren bei Treugebern und die Voraussetzungen für die Annahme des Amts eines Nachtragsliquidators.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Krau Rechtsanwälte und Notar

Einstweiliger Rechtsschutz bei Einziehung GmbH-Anteil

Januar 13, 2025
OLG Frankfurt 5 W 18/22 Einstweiliger Rechtsschutz bei Einziehung GmbH-AnteilRA und Notar KrauDas Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatt…
Krau Rechtsanwälte und Notar

Rückübertragung von Geschäftsanteilen

Januar 13, 2025
Rückübertragung von GeschäftsanteilenOLG Brandenburg 4 U 122/20Urteil vom 11.5.2022RA und Notar KrauSachverhalt:Der Kläger w…
Krau Rechtsanwälte und Notar

Geschäftsführerhaftung für an sich selbst gezahlte überhöhte Vergütung

Januar 12, 2025
OLG Brandenburg 7 U 2/23 Geschäftsführerhaftung für an sich selbst gezahlte überhöhte VergütungUrteil vom 24.01.2024RA und Notar Krau…