BFH IX R 47/13

September 14, 2020

BFH IX R 47/13 Urteil vom 01.07.2014 – Auflösungsgewinn bei Nachtragsliquidation, § 17 Abs. 4 EStG, Auflösungsverlust, Realisierungszeitpunkt

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Urteil befasst sich mit dem richtigen Zeitpunkt für die steuerliche Berücksichtigung eines Auflösungsverlustes bei einer GmbH,

die nach ihrer Löschung im Handelsregister aufgrund von Gewährleistungsansprüchen in eine Nachtragsliquidation übergegangen ist.

Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied, dass der Auflösungsverlust grundsätzlich im Jahr des Abschlusses der (Nachtrags-)Liquidation zu berücksichtigen ist,

es sei denn, es steht bereits vorher fest, dass kein Vermögen mehr an die Gesellschafter verteilt wird und keine wesentlichen Änderungen der Verluste mehr zu erwarten sind.

Aufwendungen im Rahmen der Nachtragsliquidation, die als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung gelten, sind auf den Zeitpunkt der Auflösung zurückzubeziehen.

Sachverhalt:

BFH IX R 47/13

  • Der Kläger war alleiniger Gesellschafter der X-GmbH.
  • Die GmbH wurde 1998 aufgelöst und 2001 im Handelsregister gelöscht.
  • 2003 wurden Gewährleistungsansprüche wegen Baumängeln gegen die GmbH geltend gemacht, was zur Anordnung einer Nachtragsliquidation führte.
  • Der Kläger wurde zum Nachtragsliquidator bestellt.
  • 2005 wurde die Nachtragsliquidation beendet.
  • Der Kläger beantragte die Berücksichtigung des Auflösungsverlustes aus der GmbH-Liquidation in seiner Einkommensteuererklärung für 2005.
  • Das Finanzamt lehnte dies ab.
  • Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass der Auflösungsverlust im Jahr 2005 zu berücksichtigen sei.
  • Das Finanzamt legte Revision ein.

Entscheidungsgründe:

  • Grundsätze zur Berücksichtigung von Auflösungsverlusten:

    • Auflösungsgewinne und -verluste gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre mindestens 1% beteiligt war und die Beteiligung im Privatvermögen hielt (§ 17 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 EStG).
    • Die Gewinnermittlung erfolgt nach einer Stichtagsbewertung auf den Zeitpunkt der Gewinn- oder Verlustrealisierung, nicht nach dem Zuflussprinzip.
    • Maßgeblicher Zeitpunkt ist der, zu dem bei einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich der Gewinn oder Verlust realisiert wäre.
    • Bei Auflösung einer Kapitalgesellschaft ist dies regelmäßig der Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation.
    • Zu berücksichtigen sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste bis zum Abschluss der Liquidation, auch solche, die eine Rückstellungsbildung erfordern würden.
    • Der letztmögliche Zeitpunkt der Erfassung ist das Jahr der Löschung der Kapitalgesellschaft im Handelsregister.

BFH IX R 47/13

  • Anwendbarkeit auf Nachtragsliquidation:

    • Die Grundsätze zur Berücksichtigung von Auflösungsverlusten gelten auch bei Nachtragsliquidation.
    • Maßgeblicher Zeitpunkt ist auch hier der Abschluss der Nachtragsliquidation, es sei denn, es steht bereits vorher fest, dass kein Vermögen mehr an die Gesellschafter verteilt wird und keine wesentlichen Änderungen der Verluste mehr zu erwarten sind.
    • Nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung, die im Rahmen der Nachtragsliquidation anfallen, sind auf den Zeitpunkt der Auflösung zurückzubeziehen (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO).
  • Entscheidung im Streitfall:

    • Im Streitjahr 2005 kann kein Auflösungsverlust berücksichtigt werden, da die Liquidation der GmbH bereits 2001 beendet war.
    • Mit einer wesentlichen Änderung der den Auflösungsverlust bestimmenden Faktoren war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu rechnen.   
    • Selbst wenn die Aufwendungen im Rahmen der Nachtragsliquidation als nachträgliche Anschaffungskosten gelten, sind sie auf den Zeitpunkt der Auflösung im Jahr 2001 zurückzubeziehen.
    • Das FG-Urteil wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Fazit:

  • Der BFH bestätigt die Grundsätze zur Berücksichtigung von Auflösungsverlusten bei Kapitalgesellschaften auch im Fall einer Nachtragsliquidation.
  • Maßgeblicher Zeitpunkt ist grundsätzlich der Abschluss der (Nachtrags-)Liquidation, es sei denn, es steht bereits vorher fest, dass kein Vermögen mehr an die Gesellschafter verteilt wird und keine wesentlichen Änderungen der Verluste mehr zu erwarten sind.
  • Nachträgliche Anschaffungskosten, die im Rahmen der Nachtragsliquidation anfallen, sind auf den Zeitpunkt der Auflösung zurückzubeziehen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Krau Rechtsanwälte und Notar

Einstweiliger Rechtsschutz bei Einziehung GmbH-Anteil

Januar 13, 2025
OLG Frankfurt 5 W 18/22 Einstweiliger Rechtsschutz bei Einziehung GmbH-AnteilRA und Notar KrauDas Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatt…
Krau Rechtsanwälte und Notar

Rückübertragung von Geschäftsanteilen

Januar 13, 2025
Rückübertragung von GeschäftsanteilenOLG Brandenburg 4 U 122/20Urteil vom 11.5.2022RA und Notar KrauSachverhalt:Der Kläger w…
Krau Rechtsanwälte und Notar

Geschäftsführerhaftung für an sich selbst gezahlte überhöhte Vergütung

Januar 12, 2025
OLG Brandenburg 7 U 2/23 Geschäftsführerhaftung für an sich selbst gezahlte überhöhte VergütungUrteil vom 24.01.2024RA und Notar Krau…