BFH VIII B 88/22

Dezember 20, 2022

BFH VIII B 88/22 Beschluss vom 29. November 2022, Formunwirksamkeit einer Beschwerdebegründung per E-Mail – Nichtzulassungsbeschwerde

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 19. Mai 2022, Az: 1 K 11/19

NV: Die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde, die ein Steuerbevollmächtigter durch eine einfache E-Mail mit PDF-Anlage im Jahr 2022 an den BFH übermittelt, ist gemäß § 52a FGO formunwirksam und deshalb unbeachtlich.

Tenor BFH VIII B 88/22

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 19.05.2022 – 1 K 11/19 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe BFH VIII B 88/22

Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sie lediglich durch eine PDF-Anlage zu einer einfachen E-Mail und damit in formunwirksamer Weise begründet hat und ihm auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden kann.

1. Der Kläger ist Steuerbevollmächtigter und vertritt sich gemäß § 62 Abs. 4 Sätze 3 und 5 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) selbst.

Nach fristgemäßer Einlegung seiner Nichtzulassungsbeschwerde gegen das am 28.06.2022 zugestellte Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts sendete er die Beschwerdebegründung am Montag, den 29.08.2022, um 20:34 Uhr und um 21:30 Uhr jeweils als Anlage zu einer einfachen E-Mail an den Bundesfinanzhof (BFH). Die der späteren E-Mail angehängte PDF-Anlage enthielt eine handschriftliche Unterschrift des Klägers.

Im Anschluss an das Schreiben der Senatsvorsitzenden vom 30.08.2022, mit dem der Kläger darauf hingewiesen wurde, dass die Begründungsfrist am 29.08.2022 abgelaufen sei, E-Mails im Rechtsverkehr mit dem BFH kein geöffneter Kommunikationsweg i.S. des § 52a Abs. 4 FGO seien und die um 20:34 Uhr und 21:30 Uhr eingegangenen E-Mails daher keine Rechtswirkung entfalten könnten, ging kein weiterer Schriftsatz des Klägers beim BFH ein.

2. Die Beschwerde ist mangels Beschwerdebegründung unheilbar unzulässig. Die nur per E-Mail eingereichte Begründung ist formunwirksam und deshalb unbeachtlich (s. unter 2.a). Innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist hat der Kläger keine Beschwerdebegründung beim BFH eingereicht und auch keinen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dargelegt (s. unter 2.b).

a) Nach § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO ist die Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist beim BFH einzureichen (§ 116 Abs. 3 Satz 2 FGO).

BFH VIII B 88/22

Die am 29.08.2022 beim BFH eingegangene Beschwerdebegründung des Klägers entspricht nicht den gesetzlichen Formanforderungen. Zwar ist im finanzgerichtlichen Verfahren gemäß § 52a Abs. 1 FGO die elektronische Einreichung von Dokumenten durch die Beteiligten auch bei bestimmenden Schriftsätzen zulässig, zu beachten sind hierbei allerdings die in § 52a Abs. 2 ff. FGO normierten Voraussetzungen (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, § 52a FGO Rz 1 f.; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 52a Rz 2).

Diese hat der Kläger nicht erfüllt, da er seine Beschwerdebegründung weder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen noch mit einer einfachen Signatur auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht hat (§ 52a Abs. 3 und Abs. 4 FGO).

Die mit einer einfachen E-Mail an den BFH gesandte Beschwerdebegründung entfaltet keine Rechtswirkung (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, § 52a FGO Rz 11; Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 52a Rz 30 ff., m.w.N.).

b) Mangels einer fristgemäß eingegangenen Begründung ist die Beschwerde des Klägers unzulässig (vgl. BFH-Beschlüsse vom 17.10.2017 – IX B 98/17, BFH/NV 2018, 49, und vom 15.11.2021 – VIII B 23/21, BFH/NV 2022, 241).

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO kann ihm schon deshalb nicht gewährt werden, weil er innerhalb der für die Wiedereinsetzung maßgeblichen Monatsfrist (§ 56 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 FGO) keine formwirksame Beschwerdebegründung beim BFH eingereicht und auch keine Wiedereinsetzungsgründe geltend gemacht hat.

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

BFH VIII B 88/22

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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