BGH IV ZR 232/12 – Verjährungsfrist für Pflichtteilsansprüche

September 23, 2022

BGH IV ZR 232/12 – Verjährungsfrist für Pflichtteilsansprüche

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Kernaussage:

Die Verjährungsfrist für Pflichtteilsansprüche beginnt mit Kenntnis des Erbfalls und der beeinträchtigenden Verfügung,

unabhängig davon, ob der Pflichtteilsberechtigte die genaue Zusammensetzung und den Wert des Nachlasses kennt.

Eine nachträgliche Kenntnis von weiteren Nachlassgegenständen führt nicht zu einem Neubeginn der Verjährung.

Hintergrund:

Die Klägerin machte gegen ihre Schwester, die Alleinerbin ihres verstorbenen Vaters, Pflichtteilsansprüche geltend.

Die Beklagte hatte 2004 ein notarielles Nachlassverzeichnis erstellt, auf dessen Grundlage ein Rechtsstreit über die Höhe des Pflichtteils geführt wurde.

2009 erfuhren die Parteien von einem weiteren Grundstück im Nachlass, das die Beklagte später verkaufte.

Die Klägerin forderte ihren Anteil am Verkaufserlös, die Beklagte berief sich auf Verjährung.

BGH IV ZR 232/12 – Verjährungsfrist für Pflichtteilsansprüche

Entscheidungen der Vorinstanzen:

  • Amtsgericht: wies die Klage ab (Verjährung)
  • Landgericht: gab der Klage statt (Ausnahme von der Verjährung, da Anspruch erst nachträglich entstanden)

Entscheidung des BGH:

  • Verjährungsbeginn: Die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs beginnt mit Kenntnis des Erbfalls und der beeinträchtigenden Verfügung (hier: Testament). Die Kenntnis über die genaue Zusammensetzung und den Wert des Nachlasses ist nicht erforderlich.
  • Keine Ausnahme bei nachträglich entdeckten Nachlassgegenständen: Die Verjährungsfrist beginnt nicht erneut zu laufen, wenn der Pflichtteilsberechtigte erst später von weiteren Nachlassgegenständen erfährt.
  • Keine analoge Anwendung von § 2313 BGB: § 2313 BGB betrifft ungewisse oder unsichere Rechte, nicht aber nachträglich entdeckte Nachlassgegenstände.
  • Zweck der Verjährung: Die Verjährung dient der Rechtssicherheit und soll eine zügige Abwicklung des Nachlasses ermöglichen.
  • Stichtagsprinzip: Die Berechnung des Pflichtteils erfolgt zum Zeitpunkt des Erbfalls (§ 2311 BGB). Nachträgliche Wertänderungen sind irrelevant.
  • Kein Verstoß gegen Treu und Glauben: Die Beklagte handelte nicht arglistig, da sie selbst erst später von dem Grundstück erfuhr. Es besteht kein Anspruch auf Anpassung des Pflichtteils an nachträglich bekannt gewordene Umstände.

Fazit:

Der BGH hob das Urteil des Landgerichts auf und wies die Klage ab. Der Pflichtteilsanspruch war verjährt, da die Klägerin bereits 2003 vom Erbfall und der beeinträchtigenden Verfügung Kenntnis hatte. Die spätere Entdeckung eines weiteren Nachlassgegenstandes führt nicht zu einem Neubeginn der Verjährungsfrist.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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