BGH IV ZR 82/77

September 10, 2017

BGH IV ZR 82/77

– Pflichtteilsberechnung

– Steuerschulden

– Absetzung des Voraus nach § 2311 Abs 1 Satz 2 BGB,

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Die Kläger, zwei Söhne aus erster Ehe der Erblasserin, verlangten von dem Beklagten, dem zweiten Ehemann der Erblasserin und Alleinerben nach dem Testament, ihren Pflichtteil.

Streitig war, ob der Hausrat bei der Berechnung des Nachlasswertes zu berücksichtigen und ob die Steuerschulden der Eheleute als Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen sind.

Zentrale Streitpunkte:

  • Berücksichtigung des Hausrats: Ist der Hausrat bei der Berechnung des Pflichtteils nach § 2311 Abs. 1 Satz 2 BGB als Voraus abzusetzen, obwohl der Ehemann Alleinerbe ist?
  • Berücksichtigung der Steuerschulden: Sind die Steuerschulden der Eheleute als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen, obwohl die Ehefrau keine eigenen Einkünfte hatte?

Entscheidung des Gerichts:

BGH IV ZR 82/77

Der BGH wies die Revision des Beklagten zurück.

Begründung:

  1. Berücksichtigung des Hausrats:

Der BGH entschied, dass der Hausrat nicht nach § 2311 Abs. 1 Satz 2 BGB als Voraus abzusetzen ist.

Die Vorschrift setzt voraus, dass der Voraus dem überlebenden Ehegatten „gebührt“.

Dies ist aber nur der Fall, wenn der Ehegatte gesetzlicher Erbe ist.

Da der Beklagte aufgrund des Testaments Alleinerbe war, steht ihm kein Anspruch auf den Voraus zu.

  1. Berücksichtigung der Steuerschulden:

Der BGH entschied, dass die Steuerschulden nicht als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen sind.

Zwar hafteten die Ehegatten gesamtschuldnerisch für die Steuerschulden, jedoch hatte der Beklagte im Innenverhältnis die Steuerschuld allein zu tragen, da die Steuerschuld auf seinen Einkünften beruhte.

BGH IV ZR 82/77

Besonderheiten:

  • Auslegung des § 2311 Abs. 1 Satz 2 BGB: Der BGH legte die Vorschrift des § 2311 Abs. 1 Satz 2 BGB eng aus und stellte klar, dass der Voraus nur dann abzusetzen ist, wenn er dem überlebenden Ehegatten „gebührt“.
  • Verhältnis von § 2311 BGB zu § 2303 BGB: Der BGH stellte klar, dass die Berücksichtigung des Voraus bei der Pflichtteilsberechnung die Vorschrift des § 2303 BGB (Pflichtteil als Hälfte des gesetzlichen Erbteils) nicht durchbricht.
  • Familienunterhalt: Der BGH entschied, dass die Steuerschulden nicht zum Familienunterhalt gehören und daher nicht von der Ehefrau mitgetragen werden müssen.
  • Güterrechtliche Ausgleichsansprüche: Der BGH berücksichtigte die güterrechtlichen Ausgleichsansprüche zwischen den Ehegatten bei der Beurteilung der Steuerschuld.

Fazit:

Der BGH hat entschieden, dass der Hausrat bei der Berechnung des Pflichtteils nicht als Voraus abzusetzen ist, wenn der Ehegatte testamentarischer Erbe ist.

Die Steuerschulden sind nicht als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen, wenn sie allein auf den Einkünften des Ehemannes beruhen.

Der Fall verdeutlicht die Bedeutung der genauen Berechnung des Nachlasswertes bei der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen.

BGH IV ZR 82/77

Zusätzliche Anmerkungen:

  • Die Entscheidung des BGH zeigt, dass die Gerichte die Vorschriften zur Pflichtteilsberechnung eng auslegen.
  • Der Fall verdeutlicht die Bedeutung des Güterrechts und des Steuerrechts für die Berechnung des Nachlasswertes.
  • Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen, wenn der Ehegatte testamentarischer Erbe ist.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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