BGH V ZR 232/16 – Wirksamkeit des Erwerbs von Eigentum an einer Garage durch die Erben als Gesamthandseigentümer für den Nachlass

April 12, 2019

BGH V ZR 232/16 – Wirksamkeit des Erwerbs von Eigentum an einer Garage durch die Erben als Gesamthandseigentümer für den Nachlass

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 30. Juni 2017 – V ZR 232/16 befasst sich mit der Frage der Wirksamkeit des Erwerbs von Eigentum an einer Garage durch Erben als Gesamthandseigentümer für den Nachlass.

Hierbei geht es insbesondere um die Anwendung von § 2041 BGB, der drei Formen des Erwerbs von Gegenständen für den Nachlass regelt: Rechtssurrogation, Ersatzsurrogation und Beziehungssurrogation.

Zentrale Aussagen des Urteils:

Gesamthandseigentum der Erben:

Miterben können in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit nur im Rahmen von § 2041 BGB Eigentum für den Nachlass erwerben.

Dies gilt auch für Grundeigentum.

§ 2041 BGB – Surrogation:

Rechtssurrogation:

Zum Nachlass gehört, was aufgrund eines zum Nachlass gehörenden Rechts erworben wird.

BGH V ZR 232/16 – Wirksamkeit des Erwerbs von Eigentum an einer Garage durch die Erben als Gesamthandseigentümer für den Nachlass

Ersatzsurrogation:

Zum Nachlass gehört, was für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung von Nachlassgegenständen kraft Gesetzes erworben wird.

Beziehungssurrogation:

Zum Nachlass gehört, was durch ein Rechtsgeschäft erworben wird, das sich auf den Nachlass bezieht.

Beziehungssurrogation im Detail:
Eine Beziehung zwischen Rechtsgeschäft und Nachlass ist gegeben, wenn der Erwerb dem Nachlass zugutekommen soll (subjektive Komponente) und ein innerer Zusammenhang mit dem Nachlass besteht (objektive Komponente).

Dieser Zusammenhang kann auch in einer wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit liegen.

Erwerb des Eigentums an der Garage:

Die Voraussetzungen für den Erwerb des Eigentums an der Garage für den Nachlass sind erfüllt, wenn der Wille der Erben, die Garage in Erbengemeinschaft für den Nachlass zu erwerben, aus dem Inhalt der notariellen Vereinbarung folgt und ein objektiver Zusammenhang besteht.

BGH V ZR 232/16 – Wirksamkeit des Erwerbs von Eigentum an einer Garage durch die Erben als Gesamthandseigentümer für den Nachlass

Der Zuerwerb der Garage erhöht den Wert der auf demselben Grundstück befindlichen Wohnung und verbessert deren Veräußerbarkeit.

Rechte der Erben als Eigentümer zur gesamten Hand:

Als Eigentümer zur gesamten Hand können die Erben von dem Besitzer die Herausgabe und Räumung der Garage gemäß § 546 Abs. 1 BGB (nach wirksamer Kündigung des Mietvertrages) oder gemäß § 985 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB (bei Nichtigkeit des Mietvertrages) verlangen.

Tenor und Sachverhalt:

Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 9. September 2016 wurde auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Klägerinnen, Eigentümerinnen einer Wohnung und in ungeteilter Erbengemeinschaft Erbinnen, hatten ein dingliches Vorkaufsrecht für eine auf dem Grundstück befindliche Garage ausgeübt.

Die Garage wurde im Zuge dessen an die Erbengemeinschaft aufgelassen und ins Grundbuch eingetragen.

Nach fristloser Kündigung des Mietvertrages mit der Beklagten forderten die Klägerinnen die Räumung und Herausgabe der Garage.

Das Berufungsgericht stellte fest, dass die Klägerinnen Eigentümerinnen der Garage in Erbengemeinschaft geworden sind und den Mietvertrag wirksam gekündigt haben.

Der vertragliche Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts sei sittenwidrig und nach § 138 BGB nichtig, da der Mietvertrag darauf abzielte, die Ausübung des Vorkaufsrechts wirtschaftlich unattraktiv zu machen.

BGH V ZR 232/16 – Wirksamkeit des Erwerbs von Eigentum an einer Garage durch die Erben als Gesamthandseigentümer für den Nachlass

Der Kaufpreis der Garage betrug 20.000 Euro, die monatliche Miete jedoch nur 35 Euro, was in keinem angemessenen Verhältnis stand.

Entscheidungsgründe im Detail:

Aktivlegitimation der Klägerinnen:

Die Klägerinnen sind nach dem Grundbuch gemeinschaftlich zur gesamten Hand, als Miterbinnen in ungeteilter Erbengemeinschaft Eigentümerinnen der Garage.

Dies begründet die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB, die die Beklagte nicht widerlegt hat.

Unwirksamkeit der Auflassung:

Die Erbengemeinschaft ist nicht rechtsfähig und kann daher kein Eigentum an Grundstücken erwerben.

Die Auflassung ist jedoch so auszulegen, dass die Klägerinnen als Miterbinnen in Erbengemeinschaft zur gesamten Hand Eigentümerinnen werden sollten.

Erwerb für den Nachlass:

Miterben können nur im Rahmen von § 2041 BGB Eigentum für den Nachlass erwerben.

BGH V ZR 232/16 – Wirksamkeit des Erwerbs von Eigentum an einer Garage durch die Erben als Gesamthandseigentümer für den Nachlass

Der Erwerb der Garage erfüllt die Voraussetzungen der Beziehungssurrogation, da der Erwerb dem Nachlass zugutekommen soll und ein objektiver Zusammenhang besteht.

Rechtswirksamkeit des Erwerbs:

Die dingliche Einigung zwischen den Verkäufern und den Klägerinnen ist unabhängig davon wirksam, ob das Vorkaufsrecht auf die Klägerin zu 2 übertragen wurde.

Herausgabe- und Räumungsanspruch:

Die Klägerinnen können als Eigentümerinnen zur gesamten Hand die Herausgabe und Räumung der Garage verlangen.

Dies gilt unabhängig davon, ob der Mietvertrag wirksam oder sittenwidrig und daher nichtig ist.

Schlussfolgerung:
Das Urteil verdeutlicht, dass Erben als Gesamthandseigentümer im Rahmen von § 2041 BGB Eigentum für den Nachlass erwerben können.

Die Anwendung dieser Regelung erfordert eine sorgfältige Prüfung der subjektiven und objektiven Komponenten der Beziehungssurrogation.

Darüber hinaus zeigt das Urteil die Bedeutung der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit im Zusammenhang mit dem Erwerb für den Nachlass und die Möglichkeit der Erben, Rechtsansprüche als Gesamthandseigentümer durchzusetzen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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