Einstandspflicht Arbeitgeber nach § 1 I 3 BetrAVG bei Eintritt Versorgungsfall – Beiträge zu Pensionskasse – BAG 3 AZR 157/19

Mai 11, 2022

Einstandspflicht Arbeitgeber nach § 1 I 3 BetrAVG bei Eintritt Versorgungsfall – Beiträge zu Pensionskasse – BAG 3 AZR 157/19

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Die Einstandspflicht des Arbeitgebers nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG besteht erst beim Eintritt eines Versorgungsfalls (z. B. Renteneintritt) und kann daher keine Pflicht des Arbeitgebers begründen,

seine Beiträge zu einer Pensionskasse – über die die Versorgung mittelbar durchgeführt wird – bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses zu erhöhen, um eine zukünftige Leistungsminderung auszugleichen.   

Sachverhalt:

  • Der Kläger ist seit 1999 bei einer Bank beschäftigt und hat eine betriebliche Altersversorgung über die Pensionskasse des BVV.
  • 2016 beschloss die Pensionskasse, den Rechnungszins zu senken, was zu einer Minderung der künftigen Rentenleistungen führt.
  • Der Kläger verlangte von der Beklagten, die Differenz durch Zahlung eines Zusatzbeitrags auszugleichen.
  • Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, das Landesarbeitsgericht gab ihr statt.

Entscheidungsgründe des Bundesarbeitsgerichts:

Einstandspflicht Arbeitgeber nach § 1 I 3 BetrAVG bei Eintritt Versorgungsfall – Beiträge zu Pensionskasse – BAG 3 AZR 157/19

  • Einstandspflicht des Arbeitgebers: Das Gericht bestätigte die grundsätzliche Einstandspflicht des Arbeitgebers für die zugesagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung.
  • Zeitpunkt der Einstandspflicht: Die Einstandspflicht besteht jedoch erst beim Eintritt des Versorgungsfalls, nicht schon während des laufenden Arbeitsverhältnisses.
  • Beitragszusage vs. Versorgungszusage: Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte dem Kläger eine Versorgungszusage und keine reine Beitragszusage erteilt hat, da sie sich zur Durchführung der Versorgung nach Maßgabe der Satzung und Versicherungsbedingungen des Tarifs DN beim BVV verpflichtet hat.
  • Umfassungszusage: Die Versorgungszusage umfasst auch die auf den Eigenbeiträgen des Klägers beruhenden Leistungen, da die Beklagte eine sog. „Umfassungszusage“ erteilt hat.
  • Dynamische Verweisung: Die dynamische Verweisung auf die Satzung und Tarifbedingungen der Pensionskasse erlaubt dem Arbeitgeber grundsätzlich Änderungen der Versorgungszusage, diese unterliegen jedoch der gerichtlichen Kontrolle und müssen den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit entsprechen.
  • Keine Pflicht zur Erhöhung der Beiträge: Die Einstandspflicht des Arbeitgebers kann nicht dazu führen, dass er bereits vor Eintritt des Versorgungsfalls seine Beiträge erhöhen muss, um eine mögliche Leistungsminderung auszugleichen. Ein Vergleich zwischen zugesagten und tatsächlich erbrachten Leistungen kann erst bei Eintritt des Versorgungsfalls erfolgen. Zu diesem Zeitpunkt kann sich der Arbeitgeber auch auf eine Störung der Geschäftsgrundlage berufen.

Fazit:

Das Urteil stellt klar, dass die Einstandspflicht des Arbeitgebers bei betrieblicher Altersversorgung über eine Pensionskasse erst beim Eintritt des Versorgungsfalls greift. Eine Verpflichtung zur Erhöhung der Beiträge vor diesem Zeitpunkt besteht nicht, auch wenn die Pensionskasse die Rentenfaktoren herabsetzt. Arbeitgeber können sich jedoch nicht auf eine solche Satzungsbestimmung berufen, um ihre Einstandspflicht zu umgehen. Änderungen der Versorgungszusage sind nur unter Beachtung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit möglich.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Einwurf-Einschreiben kein Anscheinsbeweis für den Zugang

Einwurf-Einschreiben kein Anscheinsbeweis für den Zugang

März 22, 2025
Einwurf-Einschreiben kein Anscheinsbeweis für den ZugangRA und Notar KrauIn dem vorliegenden Fall vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) ging …
in Tunesien ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

in Tunesien ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Januar 19, 2025
in Tunesien ausgestellte ArbeitsunfähigkeitsbescheinigungBundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. Januar 2025 – 5 AZR 284/24 –RA und Notar Kra…
Neu­tra­li­täts­gebot im Arbeits­ver­trag ist Dis­kri­mi­nie­rung

Neu­tra­li­täts­gebot im Arbeits­ver­trag ist Dis­kri­mi­nie­rung

Januar 19, 2025
Neu­tra­li­täts­gebot im Arbeits­ver­trag ist Dis­kri­mi­nie­rungRA und Notar KrauLandesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Urteil…