OLG Stuttgart 19 U 85/15

Mai 28, 2021

Erbengemeinschaft – Wirksamkeit eines Mehrheitsbeschlusses – OLG Stuttgart 19 U 85/15

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat in seinem Urteil vom 14. Juli 2015 über die Wirksamkeit von Mehrheitsbeschlüssen einer Erbengemeinschaft entschieden.

Der Fall:

Der Erblasser hatte seine Ehefrau, seine Tochter (Klägerin) und seinen Adoptivsohn (Beklagter) zu Erben eingesetzt.

Die Ehefrau und der Beklagte hielten jeweils 40%, die Klägerin 20% der Erbanteile.

Die Erbengemeinschaft fasste mehrere Mehrheitsbeschlüsse, gegen die die Klägerin Klage erhob.

Die Entscheidung:

Erbengemeinschaft – Wirksamkeit eines Mehrheitsbeschlusses – OLG Stuttgart 19 U 85/15

Das OLG Stuttgart wies die Berufung der Klägerin zurück.

Die Mehrheitsbeschlüsse der Erbengemeinschaft seien wirksam.

Begründung:

  • Mehrheitsbeschlüsse in Erbengemeinschaften: Grundsätzlich verwalten die Miterben den Nachlass gemeinschaftlich. Sie können aber durch Mehrheitsbeschluss eine ordnungsgemäße Verwaltung und Benutzung des Nachlasses beschließen. Die Mehrheit berechnet sich nach der Größe der Erbteile.
  • Stimmrecht bei Interessenkollision: Ein Miterbe hat kein Stimmrecht, wenn er in eigener Sache einen Interessenkonflikt hat. In diesem Fall entscheidet die Mehrheit der übrigen Miterben.
  • Bestimmung der Erbteile: Um die Mehrheit zu berechnen, musste das OLG Stuttgart zunächst die Größe der Erbteile bestimmen. Die Ehefrau des Erblassers und der Beklagte waren jeweils mit 40% am Nachlass beteiligt, die Klägerin mit 20%. Der Beklagte war nach der Ausschlagung der Erbschaft durch seine leibliche Mutter Ersatzerbe geworden.
  • Wirksamkeit der Mehrheitsbeschlüsse: Die Mehrheitsbeschlüsse waren wirksam. Bei den Beschlüssen, bei denen die Ehefrau des Erblassers wegen Interessenkollision vom Stimmrecht ausgeschlossen war, reichten die Stimmen des Beklagten für eine Mehrheit aus. Bei den übrigen Beschlüssen war die Zustimmung der Ehefrau und des Beklagten ausreichend für eine Mehrheit.
  • Geschäftsfähigkeit der Ehefrau: Die Frage, ob die Ehefrau des Erblassers zum Zeitpunkt der Beschlussfassungen geschäftsfähig war, war unerheblich. Selbst wenn sie geschäftsunfähig gewesen wäre, hätten die Stimmen des Beklagten für eine Mehrheit ausgereicht.
  • Keine ergänzende Testamentsauslegung: Eine ergänzende Auslegung des Testaments, wonach die Stämme der beiden Töchter des Erblassers gleich zu behandeln seien, kam nicht in Betracht. Der Erblasser hatte die Ungleichbehandlung der Stämme bewusst angeordnet.

Revision:

Das OLG Stuttgart ließ die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zu, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hatte.

RA und Notar Krau

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