Erbschein nach Eintritt des Vorerbfalls – Nacherben falsch ausgewiesen – OLG Köln 2 Wx 3/19 – 2 Wx 6/19 – 2 Wx 7/19

Oktober 10, 2021

Erbschein nach Eintritt des Vorerbfalls – Nacherben falsch ausgewiesen – OLG Köln 2 Wx 3/19 – 2 Wx 6/19 – 2 Wx 7/19

Zusammenfassung von RA und Notar Krau:

Das Oberlandesgericht Köln wies Beschwerden von Beteiligten gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Siegburg zurück.

Obwohl die Beschwerden formell korrekt waren, waren die Beschwerdeführer nicht berechtigt, da sie keine direkte Beeinträchtigung ihrer Rechte durch den Beschluss nachweisen konnten.

Sie behaupteten weder Erben noch Nacherben zu sein, daher konnten sie keine materielle Beschwerde geltend machen.

Das Gericht erläuterte, dass Nacherben normalerweise kein Antragsrecht für den Erbschein des Vorerben haben, es ihnen jedoch gestattet ist, gegen einen falschen Erbschein vorzugehen.

Im vorliegenden Fall geht es aber nur um einen Erbschein nach Eintritt des Vorerbfalls.

Der Vorerbe hatte in seinem Erbscheinsantrag die Beschwerdeführer als Nacherben angegeben, obwohl diese meinen, keine Nacherben zu sein.

Der Umstand, dass der Erbschein der Vorerbin gegebenenfalls die Nacherben falsch ausweist, würde im vorliegenden Fall nur dazu führen, dass der Erbschein eine Verfügungsbeschränkung der Vorerbin gegenüber den Beschwerdeführern ausweist, die – nach dem Vortrag der Beschwerdeführer – gar nicht besteht.

Beschwert wäre daher nur die Vorerbin, nicht aber die Beschwerdeführer als Nacherben.

Oder anders gesagt: Wem fälschlich durch Erbschein ein Recht zugesprochen wird, das er gar nicht hat, kann dadurch nicht beschwert sein.

Der Erbschein über die Vorerbschaft gibt den Beschwerdeführern Kontrollrechte über den Vorerben.

Er ist aber nicht geeignet, die Beschwerdeführer in eine Erbenhaftung zu bringen.

Das kann erst mit dem Eintritt des Nacherbfalls eintreten.

Das Gericht wies darauf hin, dass es nicht die materielle Richtigkeit des Beschlusses geprüft hat.

Die Kosten wurden den Beschwerdeführern auferlegt, und die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.

Erbschein nach Eintritt des Vorerbfalls – Nacherben falsch ausgewiesen – OLG Köln 2 Wx 3/19 – 2 Wx 6/19 – 2 Wx 7/19 – Inhaltsverzeichnis:

I. Zusammenfassung von RA und Notar Krau

A. Zusammenfassung der Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln

B. Fehlende Berechtigung der Beschwerdeführer

C. Erklärung zum Antragsrecht von Nacherben für den Erbschein des Vorerben

D. Bedeutung des Erbscheins nach Eintritt des Vorerbfalls

E. Feststellung der Kosten und Rechtsbeschwerdeentscheidung

II. Tenor der Entscheidung

A. Zurückweisung der Beschwerden der Beteiligten zu 2), 3) und 4)

B. Kostenverteilung der Beschwerdeverfahren

C. Unzulässigkeit der Beschwerden der Beteiligten zu 2) bis 4)

D. Erklärung zum Beschwerderecht und materiellen Eingriff

E. Hinweis auf das Antragsrecht und Beschwerdemöglichkeit von Nacherben

F. Feststellung zur Verfügungsbeschränkung und materiellen Richtigkeit des Beschlusses

G. Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde und Geschäftswert der Verfahren

 
 
 
 

Zum Entscheidungstext:

 

Tenor


Die Beschwerden der Beteiligten zu 2), 3) und 4) vom 14.09.2018 gegen den am 14.08.2018 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgerichts – Siegburg, 51 VI 210/16, werden als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens 2 Wx 3/19 hat die Beteiligte zu 2), die Kosten des Beschwerdeverfahrens 2 Wx 6/19 hat der Beteiligte zu 3) und die Kosten des Beschwerdeverfahrens 2 Wx 7/19 hat der Beteiligte zu 4) zu tragen.

Erbschein nach Eintritt des Vorerbfalls – Nacherben falsch ausgewiesen – OLG Köln 2 Wx 3/19 – 2 Wx 6/19 – 2 Wx 7/19 – Gründe


Die Beschwerden der Beteiligten zu 2) bis 4) sind unzulässig.

Die Beschwerden sind zwar nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt worden.

Die Beteiligten zu 2) bis 4) sind indes nicht beschwerdeberechtigt im Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG.

Nach § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten verletzt ist.

Eine materielle Beschwerde in diesem Sinne liegt vor, wenn der angefochtene Beschluss den Beschwerdeführer in einem subjektiven Recht unmittelbar beeinträchtigt, also negative Auswirkungen auf seine materielle Rechtsstellung hat.

Erbschein nach Eintritt des Vorerbfalls – Nacherben falsch ausgewiesen – OLG Köln 2 Wx 3/19 – 2 Wx 6/19 – 2 Wx 7/19

Erforderlich ist daher eine unmittelbarer nachteiliger Eingriff

(Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 59 Rn. 9).

An einem unmittelbaren nachteiligen Eingriff in ein Recht der Beschwerdeführer fehlt es hier.

Die Beschwerdeführer machen kein Erbrecht geltend.

Sie tragen ausdrücklich vor, weder Erben noch Nacherben des Erblassers zu sein.

Ein Eingriff in ein vermeintliches Erbrecht der Beschwerdeführer scheidet daher von vorneherein aus.

Ein nachteiliger Eingriff in ein Recht der Beschwerdeführer ist auch nicht darin zu sehen, dass sie in dem beantragten Erbschein der Beteiligten zu 1) als Nacherben aufgeführt werden sollen.

Denn dies hat keine negativen Auswirkungen auf ihre materielle Rechtsstellung.

Daher hat ein Nacherbe grundsätzlich auch kein Antragsrecht in Bezug auf den Erbschein des Vorerben.

Dem Nacherben ist aber gestattet, gegen einen unrichtigen Erbschein des Vorerben mit Einziehungsantrag und Beschwerde vorzugehen, da jeder unrichtige Erbschein für den Vorerben seine Anwartschaft als Nacherbe beeinträchtigen kann

(MüKo-BGB/Grziwotz, 7. Aufl. 2017, § 2353 Rn. 83).

Dementsprechend soll ein Nacherbe auch schon vor Eintritt des Nacherbfalls Beschwerde einlegen können, wenn er im Erbschein aufgenommen werden will, dort aber nicht genannt ist

(vgl. BayObLG NJW-RR 1997, 389; Palandt/Weidlich, BGB, 78. Aufl. 2019, § 2353 Rn. 55).

In diesem vom BayObLG entschiedenen Fall hatte der dortige Beschwerdeführer indes behauptet, Nacherbe zu sein.

Würde er im Erbschein des Vorerben – zu Unrecht – nicht aufgeführt, könnte dies zur Folge haben, dass der Vorerbe ohne seine Einwilligung wirksam verfügen könnte, auch wenn eine Verfügungsbeschränkung gem. §§ 2113 ff. BGB vorläge.

Dieser Fall ist indes mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, weil die Beschwerdeführer hier gerade nicht behaupten, Nacherben der Beteiligten zu 1) zu sein.

Erbschein nach Eintritt des Vorerbfalls – Nacherben falsch ausgewiesen – OLG Köln 2 Wx 3/19 – 2 Wx 6/19 – 2 Wx 7/19

Daher kann – ausgehend von ihrem Vortrag – eine etwaige Verfügungsbeschränkung jedenfalls nicht ihnen gegenüber bestehen.

Zwar kann auch die unrichtige Ausweisung eines Erbrechts im Erbschein ein Beschwerderecht begründen, selbst wenn der Beschwerdeführer gar kein Erbrecht in Anspruch nimmt und bei einem Erfolg seiner Beschwerde eine ungünstigere Rechtsstellung erlangt

(BayObLG FGPrax 2005, 217-219).

Im vorliegenden Fall geht es aber nur um einen Erbschein nach Eintritt des Vorerbfalls.

Der Umstand, dass der Erbschein der Vorerbin gegebenenfalls die Nacherben falsch ausweist, würde im vorliegenden Fall nur dazu führen, dass der Erbschein eine Verfügungsbeschränkung der Vorerbin gegenüber den Beschwerdeführern ausweist, die – nach dem Vortrag der Beschwerdeführer – gar nicht besteht.

Hierdurch werden aber – nach dem Vortrag der Beschwerdeführer – allenfalls die Beteiligte zu 1) und die Enkel des Erblassers unmittelbar in ihren Rechten betroffen, nicht aber die Beschwerdeführer.

Dass die Beschwerdeführer infolge ihrer Benennung im Erbschein als Nacherben unter Umständen mit Angelegenheiten behelligt werden, die sie gar nicht betreffen, hat eine unmittelbare Verletzung eines subjektiven Rechts nicht zur Folge.

Der Senat weist darauf hin, dass er nicht abschließend geprüft hat, ob der angefochtene Beschluss des Nachlassgerichts materiellrechtlich zutreffend ist und ob die Enkel des Erblassers vom Verfahren nicht hätten in Kenntnis gesetzt werden müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gem. § 70 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen.

Geschäftswert der Beschwerdeverfahren: insgesamt 1.100.000,00 €

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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