FG Baden-Württemberg 10 K 2700/14

Juli 21, 2017

FG Baden-Württemberg 10 K 2700/14 Aufteilung von Testamentvollstreckergebühren für die Verwaltung eines Nachlasses, bestehend aus Vermietungsobjekten und Kapitalvermögen

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

FG Baden-Württemberg 10 K 2700/14

Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Ehefrau ist Alleinerbin ihrer im Juni 2002 verstorbenen Mutter X.. Im Testament vom 22. September 1996 hatte die Mutter der Klägerin eine Testamentsvollstreckung für die Dauer von 20 Jahren durch Herrn Steuerberater Y. verfügt. Als Vergütung für die Verwaltung des Nachlasses sollte er „für jedes Jahr 1,5% vom Bruttonachlass“ erhalten. Die Klägerin sollte aus den Erträgnissen des Nachlasses monatlich DM 5.000,- zur freien Verfügung erhalten.

Zum Nachlass der Erblasserin gehörten zwei Mehrfamilienhäuser in der A-Straße 1 und der B-Straße 2 in Z sowie umfangreiches Kapitalvermögen.

Im Rahmen eines beim Landgericht Z gegen den Testamentsvollstrecker geführten Prozesses schloss die Klägerin am 13. Juli 2007 einen Prozessvergleich ab. Danach hatte der Testamentsvollstrecker an die Klägerin monatlich einen Betrag von 5.000 Euro zu entrichten.

Die Klägerin verpflichtete sich, die Höhe seines Honorars von 1,5% des Bruttonachlasswertes von 5.152.217,25 Euro für jedes Jahr seiner Tätigkeit auch für die Zukunft anzuerkennen. Die Klägerin sagte darüber hinaus zu, auch die Dauer der Testamentsvollstreckung nicht mehr anzufechten.

FG Baden-Württemberg 10 K 2700/14

Im Rahmen der Vergleichsverhandlungen diskutierten die Klägerin und der Testamentsvollstrecker u.a. auch die unzureichende Wertentwicklung eines Immobilienfonds bei der C-Bank sowie die Höhe des von den Mietern zu entrichtenden Mietzinses. Die Klägerin wollte erreichen, dass der Testamentsvollstrecker bei verschiedenen Mietern Mieterhöhungen auf der Grundlage eines Mietwertgutachtens durchsetzt (vgl. i. E. Protokoll des Landgerichts Z vom 13. Juli 2007, Bl 67 ff der Rechtsbehelfsakte).

In ihren Einkommensteuererklärungen machten die Kläger die an den Testamentsvollstrecker entrichteten Gebühren jeweils anteilig bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Die Aufteilung der Gebühren nahmen sie anhand der Vermögenswerte zum Todestag wie folgt vor:

A-Straße 1

400.000,00 Euro

8,59%
B-Straße 2

500.000,00 Euro

10,74%
Wertpapiere, Anteile

1.280.793,77 Euro

27,51%
Guthaben

2.475.141,82 Euro

53,16%

Auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entfielen nach dieser Aufteilung insgesamt 19,33% der Gebühren. Den Einkünften aus Kapitalvermögen wurde insgesamt ein Anteil von 80,67% der Gebühren zugerechnet.

Das Finanzamt folgte dieser Gebührenaufteilung der Kläger u.a. in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2006 bis 2009. Während in den Einkommensteuerbescheiden für 2006 bis 2008 die Gebühren – verteilt auf die beiden Einkunftsarten Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen – in vollem Umfang (2006: 119.840 Euro; 2007: 65.300 Euro; 2008: 77.350 Euro) zum Werbungskostenabzug zugelassen worden sind, wurden die im Streitjahr 2009 angefallenen Gebühren in Höhe von insgesamt 59.500 Euro (erklärungsgemäß) nur insoweit steuermindernd berücksichtigt, als sie auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entfielen (= 11.501,35 Euro).

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Der auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen entfallende Gebührenanteil von 47.998,65 Euro blieb im Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 2. Februar 2011 nach § 20 Abs. 9 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) unberücksichtigt. Entsprechend verfuhr das beklagte Finanzamt auch bei den Einkommensteuerbescheiden für 2010 vom 26. April 2012 und für 2011 vom 15. April 2013 und ließ nur einen Anteil von gesamt 19,33 % bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zum Abzug zu (in 2010: 10.352,- Euro; in 2011: 16.103,- Euro).

Dagegen legten die Kläger Einspruch ein und beantragten die Aufteilung der an den Testamentsvollstrecker entrichteten Gebühren nicht nach den Wertverhältnissen am Todestag, sondern nach dem angefallenen Zeitaufwand (90 % Vermietung und Verpachtung, 10 % Kapitalvermögen).

Der Einspruch wurde durch Teileinspruchsentscheidung vom 14. Juli 2014 als unbegründet zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen. Von Einspruchsentscheidung nicht erfasst war die grundsätzliche Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots für Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Gegen die Teileinspruchsentscheidung wenden sich die Kläger, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, mit der vorliegenden Klage.

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Zur Begründung wird im Wesentlichen sinngemäß vorgetragen, dass die Aufteilung der Gebühren für die Testamentsvollstreckung entsprechend der Wertverhältnisse zum Todestag nicht zutreffend sei, da sich insoweit wesentliche Änderungen in den Wertverhältnissen und im Arbeitsaufwand für den Testamentsvollstrecker ergeben hätten.

Das Kapitalvermögen bestehe im Wesentlichen aus einem offenen Immobilienfonds, der extrem an Wert verloren habe. Aufgrund dessen Zwangsschließung sei eine Verwaltung ausgeschlossen und bis auf Telefonate mit der Bank über den Sachstand falle insoweit kein Verwaltungsaufwand an.

Demgegenüber sei die Verwaltung der Immobilien sehr zeitintensiv, so dass eine Aufteilung im Verhältnis 90:10 zugunsten der Vermietungseinkünfte gerechtfertigt sei. Die wesentliche Veranlassung der als Werbungskosten anzuerkennenden Gebühren für die Testamentsvollstreckung liege im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Das Festhalten an dem ursprünglichen Aufteilungsmaßstab werde dem nicht gerecht.

Die Kläger beantragen,
1.

die streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2011 in Gestalt der Teileinspruchsentscheidung vom 14. Juli 2014 dahingehend abzuändern, dass die Testamentsvollstreckergebühren zu 90 % bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zum Ansatz kommen, mithin 53.550,- Euro im Jahr 2009, 48.196,- Euro im Jahr 2010 und 74.970,- Euro,- im Jahr 2011,
2.

hilfsweise die Revision zuzulassen,
3.

die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.

FG Baden-Württemberg 10 K 2700/14

Der vorstehende Sach- und Streitstand ist der Gerichtsakte, den vom beklagten Finanzamt nach § 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) vorgelegten Akten (2 Bände Einkommensteuer- und 1 Band Rechtsbehelfsakten) sowie dem Inhalt der mündlichen Verhandlung entnommen.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheide, der Einspruchsentscheidung, der im Verwaltungs-, Einspruchs- und Klageverfahren gewechselten Schriftsätze, des Protokolls der mündlichen Verhandlung sowie den weiteren Inhalt der zitierten Akten.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat im Ergebnis zutreffend die Aufteilung der Werbungskosten aus den Testamentsvollstreckergebühren nach den Wertverhältnissen zum Todesstichtag vorgenommen.

Werbungskosten sind alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1-7 Einkommensteuergesetz (EStG) veranlasst sind und deren Abzug nicht durch Gesetz verboten ist.

Eine entsprechende Veranlassung ist gegeben, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der Einkunftsart besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser Einkunftsart gemacht werden. Erforderlich ist letztlich, dass die Aufwendungen in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang zu der Einkunftsart stehen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 04. Juli 1990, GrS 2-3/88, Bundessteuerblatt – BStBl – II, 817).

FG Baden-Württemberg 10 K 2700/14

Entscheidend für das Vorliegen eines solchen Zusammenhangs ist einerseits die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments, andererseits die Zuweisung dieses maßgebenden Besteuerungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (BFH-Urteil vom 19. Dezember 2000 IX R 13/97, BStBl II 2001, 342).

Können Aufwendungen mit verschiedenen Einkunftsarten in Zusammenhang stehen, sind die Werbungskosten nicht im Verhältnis der jeweiligen Einkünfte, sondern nach der Veranlassung der Aufwendungen zuzuordnen (BFH-Urteil vom 10. Mai 2001, IV R 6/00, BStBl II 2001, 575).

Für die Kapitaleinkünfte hat der Gesetzgeber mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 ab dem Veranlagungszeitraum 2009 eine Abgeltungssteuer mit einem gesonderten, linearen Tarif von 25 % auf Kapitaleinkünfte eingeführt.

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist nach § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG ein SparerPauschbetrag von 801 Euro abzuziehen; der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ist hingegen seit dem Veranlagungszeitraum 2009 ausgeschlossen.

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze entfallen 19,33 % der Aufwendungen auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und 80,67 % der Aufwendungen auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Die Aufwendungen sind nämlich einzig und allein durch die angeordnete Testamentsvollstreckung verursacht, deren Gebühren wiederum durch die testamentarische Verfügung – bestätigt durch den gerichtlichen Vergleich – bestimmt werden und zwar in Höhe von 1,5 % vom Bruttonachlass für jedes Jahr der Tätigkeit.

FG Baden-Württemberg 10 K 2700/14

Da sich der Bruttonachlass zu 19,33 % aus Vermietungsobjekten und zu 80,67 % aus Kapitalvermögen zusammensetzte, sind die Testamentsvollstreckergebühren zu 19,33 % durch die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und zu 80,67 % durch die Einkünfte aus Kapitalvermögen verursacht und entsprechend aufzuteilen;

die Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sind jedoch aufgrund der gesetzlichen Änderung seit dem Jahr 2009 nicht mehr zu berücksichtigen.

Eine Zuordnung nach Zeitanteilen – wie von den Klägern beantragt – entbehrt demgegenüber jeglicher Grundlage.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der hierfür in § 115 Abs. 2 FGO abschließend aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt.

Bei der Entscheidung handelt es sich um die Anwendung der Rechtsprechung des BFH aufgrund von tatsächlichen Würdigungen im Einzelfall.

Das Gericht weicht weder von einer Rechtsprechung des BFH ab, noch hat die Sache grundsätzliche Bedeutung oder dient der Rechtsfortbildung.

FG Baden-Württemberg 10 K 2700/14

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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