KG 1 W 98/17

August 7, 2022

KG 1 W 98/17

1. Die Buchung einer Vereinbarung nach § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ErbbauRG bedarf keiner Bewilligung des Inhabers eines dinglichen Rechts, das der Erbbauzinsreallast im Rang nachgeht.

2. Das Bestehenbleiben der Erbbauzinsreallast gemäß § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ErbbauRG kann auch ohne einen Rangvorbehalt nach § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 ErbbauRG vereinbart werden.

Tenor
Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.

Gründe

KG 1 W 98/17

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 ff. GBO) und begründet. Die Zwischenverfügung ist nicht gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO veranlasst. Die aufgezeigten Hindernisse bestehen nicht.

Für die beantragten Eintragungen bedarf es keiner Zustimmung des Gläubigers der Grundschuld, die der Erbbauzinsreallast im Rang nachgeht. Die Erklärung unter Nr. II.4 der notariellen Verhandlung vom … (UR-Nr. …) ist nach ihrem Inhalt nicht auf eine Rechtsänderung gerichtet, sondern auf eine bloß deklaratorische Eintragung zur aktuellen Höhe des Erbbauzinses, für die eine Mitwirkung der anderen dinglich Berechtigten nicht erforderlich ist

(Senat, FGPrax 2015, 108, 109).

Auch die Buchung der Vereinbarung nach § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ErbbauRG bedarf keiner Bewilligung des Grundschuldgläubigers gemäß § 19 GBO. Mittelbar betroffen ist nur derjenige, dessen Zustimmung sachenrechtlich zum Eintritt der Rechtsänderung notwendig ist.

KG 1 W 98/17

Gemäß § 9 Abs. 3 S. 2 ErbbauRG ist für die Wirksamkeit der Vereinbarung nur die Zustimmung der Inhaber der dinglichen Rechte erforderlich, die der Erbbauzinsreallast vorgehen oder gleichstehen.

Aus der Spezialnorm gegenüber §§ 876, 877 BGB ergibt sich, dass keine Zustimmung nachrangig Berechtigter nötig ist

(v.Oefele, DNotZ 1995, 643, 646; v.Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts, 6. Aufl., Rn. 6.287;

MünchKomm/Heinemann, BGB, 7. Aufl., § 9 ErbbauRG Rn. 24).

Das entspricht auch der Wertung des § 59 Abs. 3 ZVG (vgl. Mohrbutter, ZIP 1995, 806, 810).

Der gegenteiligen Ansicht

(Eichel, MittRhNotK 1995, 193, 199)

ist schon deshalb nicht zu folgen, weil ein – hier nicht vereinbarter – Rangvorbehalt nach § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 ErbbauRG nur gegen den Inhaber der Erbbauzinsreallast wirkt (§ 880 Abs. 5 BGB) und nachrangige Grundpfandrechte im Fall der Zwangsversteigerung “z.B. aus einer vorrangigen Grundschuld” nicht im Rang aufrücken, sondern gemäß § 52 Abs. 1 S. 2 ZVG erlöschen.

Weiter ist die vom Grundbuchamt verlangte Ergänzung der Bewilligung unter Nr. II.5 der UR-Nr. … nicht erforderlich. Das Bestehenbleiben der Erbbauzinsreallast gemäß § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ErbbauRG kann auch ohne einen Rangvorbehalt nach § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 ErbbauRG vereinbart werden

(v.Oefele/Winkler/Schlögel, a.a.O., Rn. 6.59, 6.276;

Palandt/Herrler, BGB, 77. Aufl., § 9 EGBGB Rn. 14;

a.A. Staudinger/Rapp, BGB, Bearb. 2017, § 9 ErbbauRG Rn. 29 für den Fall der Versteigerung aus einem vorrangigen Recht).

Der Wortlaut des § 9 Abs. 3 S. 1 ErbbauRG eröffnet mit der unter Nr. 2 genannten Option (“kann vereinbart werden”) nur eine zusätzliche Möglichkeit; die Kombination ist nicht zwingend. Das ergibt sich auch aus dem Umstand, dass es an gesetzlichen Vorgaben zur (Mindest-)Höhe des Rangvorbehalts fehlt, sowie der Entstehungsgeschichte (vgl. BT-Drucks. 12/7425 S. 85).

Der Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigte sind im Rahmen der Vertragsfreiheit nicht verpflichtet, dem Ersteher eine erstrangige Finanzierung zu ermöglichen. Ohnehin ist vorliegend der Erbbauzins an erster Rangstelle eingetragen.

KG 1 W 98/17

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

paragraph, law, symbol

OLG München 34 Wx 27/16 – Dauernutzungsrecht

September 19, 2024
OLG München 34 Wx 27/16 – DauernutzungsrechtZusammenfassung RA und Notar KrauTenor:Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Amts…
paragraph, law, dish

Vorlage an EuGH – Sportwetten im Internet – BGH I ZR 90/23

September 14, 2024
Vorlage an EuGH – Sportwetten im Internet – BGH I ZR 90/23RA und Notar KrauDer Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 25.07.2024 (Az. …
roulette, casino, gambling

Rückforderung verlorener Online-Glücksspiel-Einsätze – EuGH Rechtssache C-440/23

September 14, 2024
Rückforderung verlorener Online-Glücksspiel-Einsätze – EuGH Rechtssache C-440/23RA und Notar KrauDas Vorabentscheidungsersuchen des maltes…