LAG Hamm 18 Sa 91/15

Juni 19, 2020

LAG Hamm 18 Sa 91/15

Befristungsabrede

– Sachgrund der Vertretung

– Befristungsdauer

– Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses

RA und Notar Krau

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hamm vom 18.05.2015 (Az. 18 Sa 91/15) befasst sich mit der Wirksamkeit einer Befristung im Arbeitsvertrag, die mit dem Sachgrund der Vertretung begründet wurde.

Sachverhalt:

Die Klägerin war bei der Beklagten seit 2010 in verschiedenen befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt.

Der letzte Arbeitsvertrag vom 22.07.2013 war befristet bis zum 09.09.2014 und sollte zur Vertretung einer Mitarbeiterin in Elternzeit dienen.

LAG Hamm 18 Sa 91/15

Das Arbeitsverhältnis der zu vertretenden Mitarbeiterin endete jedoch bereits am 03.05.2014.

Die Klägerin war der Ansicht, dass die Befristung ihres Arbeitsvertrags unwirksam sei, da der Sachgrund der Vertretung entfallen sei.

Entscheidung des LAG Hamm:

Das LAG Hamm entschied, dass die Befristung unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt.

Wesentliche Punkte der Entscheidung:

  1. Sachgrund der Vertretung:

    • Eine Befristung kann auf den Sachgrund der Vertretung gestützt werden, wenn der Arbeitgeber einen vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer vertritt und mit dessen Rückkehr rechnet (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG).
    • Der Arbeitgeber muss bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags eine Prognose über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs treffen.
  2. Unwirksamkeit der Befristung:

    • Im vorliegenden Fall war die Befristung unwirksam, da der Sachgrund der Vertretung bereits vor Ablauf der Befristungsdauer entfallen war.
    • Das Arbeitsverhältnis der zu vertretenden Mitarbeiterin endete am 03.05.2014, also mehr als vier Monate vor dem geplanten Ende des befristeten Arbeitsvertrags der Klägerin.
  3. Keine ausreichende Prognose:

    • Der Arbeitgeber konnte sich nicht darauf berufen, dass er bei Abschluss des Vertrags von einer Verlängerung des Arbeitsverhältnisses der zu vertretenden Mitarbeiterin ausgegangen sei.
    • Es lagen keine konkreten Planungen oder Zusagen für eine Vertragsverlängerung vor.
    • Die bloße Erwartung des Arbeitgebers, dass die Mitarbeiterin zurückkehren werde, reichte nicht aus.
  4. Kongruenz von Befristungsdauer und Sachgrund:

    • Das LAG Hamm stellte klar, dass die Befristungsdauer nicht deckungsgleich mit der Dauer des Befristungsgrundes sein muss.
    • Die Befristungsdauer darf jedoch nicht deutlich die bei Vertragsabschluss voraussehbare Dauer des Sachgrundes überschreiten.
    • Im vorliegenden Fall war dies der Fall, da die Befristung bis zum 09.09.2014 vereinbart war, obwohl das Arbeitsverhältnis der zu vertretenden Mitarbeiterin bereits am 03.05.2014 endete.
  5. Weiterbeschäftigungsanspruch:

    • Da die Befristung unwirksam war, hatte die Klägerin einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu den Bedingungen des Arbeitsvertrags.

LAG Hamm 18 Sa 91/15

Fazit:

Das LAG Hamm hat in diesem Urteil die Anforderungen an den Sachgrund der Vertretung präzisiert.

Es stellte klar, dass der Arbeitgeber bei Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags eine tragfähige Prognose über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs treffen muss.

Die bloße Erwartung der Rückkehr des zu vertretenden Arbeitnehmers reicht nicht aus.

Die Entscheidung ist von Bedeutung für die Praxis, da sie die Rechte befristet beschäftigter Arbeitnehmer stärkt.

RA und Notar Krau

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