LAG Hamm, Beschluss vom 21.02.2014 – 13 TaBV 40/13

Juni 28, 2020

LAG Hamm, Beschluss vom 21.02.2014 – 13 TaBV 40/13

Tenor

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Münster vom 17.01.2013 – 2 BV 40/12 – abgeändert.

Die Anträge werden abgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe

A.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Zustimmungsersetzungsverfahrens (noch) um die zutreffende Ein- bzw. Umgruppierung sogenannter Punktionskräfte.

Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt einen Blutspendedienst und beschäftigt in ihrem Betrieb in N ca. 300 Arbeitnehmer. Es besteht ein Betriebsrat.

In der Vergangenheit traf die Arbeitgeberin Tarifabschlüsse einerseits mit der Gewerkschaft ver.di und andererseits mit den Arbeitnehmerorganisationen DHV und medsonet, wobei den Mitarbeitern ein Wahlrecht hinsichtlich des für ihr Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifwerks eingeräumt wurde. Die mit dem DHV und medsonet abgeschlossenen Tarifverträge wurden arbeitgeberseits am 05.08.2011 zum 31.12.2011 fristgerecht gekündigt.

Kurz zuvor am 26.07.2011 war es unter Beteiligung der Arbeitgeberin, die mit Wirkung ab 01.03.2011 dem Kommunalen Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen (KAV NW) beigetreten war, mit der Gewerkschaft ver.di zum Abschluss eines Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der E-Blutspendedienst West gGmbH in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (ÜTV-E-BSD) gekommen. Dieser am 01.08.2011 in Kraft getretene Tarifvertrag trifft u.a. folgende Regelungen:

Ҥ 2

Ablösung bisheriger Tarifverträge durch den TVöD-V

Der TVöD-V und die diesen ergänzenden sonstigen Tarifverträge der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) sowie des KAV NW ersetzen alle bisherigen sonstigen tarifvertraglichen Regelungen und die aufgrund bisheriger Tarifregelungen begründeten Ansprüche, soweit sich aus diesem Tarifvertrag nicht etwas anderes ergibt.

§ 3

Zuordnung zu einer Entgeltgruppe

Für die Überleitung werden die Beschäftigten entsprechend einer zwischen den Tarifvertragsparteien abgestimmten Anlage zur Niederschriftserklärung der dort genannten Entgeltgruppe zugeordnet. Die Tarifvertragsparteien gehen insbesondere von der Richtigkeit der dort genannten Zuordnung aus.

Niederschriftserklärung zu § 3:

Die Zuordnung nach § 3 zu den jeweiligen Entgeltgruppen dient der Überleitung und wirkt insofern in Bezug auf die nach der Eingruppierungsordnung des TVöD-V i.V.m. § 17 TVÜ-VKA anzuwendenden Eingruppierungsvorgänge nicht präjudizierend.”

In einer “Verhandlungsniederschrift über die Tarifverhandlungen am 26. Juli 2011 in Düsseldorf” heißt es u.a.:

“Zur Eingruppierungszuordnungsanlage:

Für Beschäftigte nach DHV-TV, die als Punktionskräfte eingesetzt sind und für die zwischen den Tarifvertragsparteien keine Einigkeit über die Zuordnung besteht, wird – ohne Präjudiz – eine Eingruppierung nach Entgeltgruppe 6 vorgenommen. Die Gewerkschaft ver.di erklärt hierzu, dass sie für diese Beschäftigten und alle anderen Beschäftigten, die gleiche oder gleichwertige Tätigkeiten als Punktionskräfte ausüben, eine Mindesteingruppierung in die Entgeltgruppe 8 gefordert hat, die sich in den Verhandlungen nicht durchsetzen ließ.”

Wegen des weiteren Inhalts des Tarifvertrages und der Verhandlungsniederschrift wird verwiesen auf die mit Schriftsatz des Betriebsrates vom 28.08.2012 eingereichten Kopien (Bl. 40 ff. d. A.).

Bei der Arbeitgeberin sind zahlreiche sogenannte Punktionskräfte beschäftigt. Deren Aufgabenbereich umfasst nach der ab 01.01.2011 bei der Arbeitgeberin geltenden Arbeitsplatzbeschreibung folgende Tätigkeiten:

“Überprüfung der Identität des Spendewilligen an der Spendeliege durch Abfrage von Namen, Vornamen und Geburtsdatum, die der Spender aktiv nennen muss

Information und Aufklärung der Spendewilligen

Überprüfung der eindeutigen Nummernzuweisung durch Sicherstellung der Übereinstimmung identischer Barcode-Etiketten auf dem Beutelset, dem Spendenformular, sowie auf den Untersuchungsröhrchen

Desinfektion der Punktionsstelle nach Vorgabe der jeweils geltenden Hygienevorschriften

Punktion und Einleitung der Entnahme

Abnahme der Blutkonserve

elektronische Erfassung der Spender- und Konservenmerkmale (“Scannen”)

Nachbearbeitung der Konserve und Einsortieren der Laborröhrchen

Dokumentation

Medizinische Überwachung des Spenders während und nach der Blutspende

Notfallmanagement inklusive Dokumentation ggf. mit Übergabe an den Entnahmearzt

Spenderinformation über das Verhalten während und nach der Spende

Sämtliche Aufgaben des Teamhelfers sowie falls erforderlich auch der E-Helfer

Unterstützung der ehrenamtlichen Helfer beim Umgang mit der mobilen Datenerfassung”

Laut einer Ausschreibung der Arbeitgeberin vom 05.06.2012 (Bl. 47 d.A.) werden dafür Arzthelfer/-innen, Krankenschwestern/-pfleger, Rettungssanitäter/-innen oder Rettungsassistenten/-innen gesucht.

Mit Schreiben vom 23.07.2012 (Bl. 63 d. A.) beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat im Zuge der unbefristeten Übernahme der ausgebildeten Arzthelferin E1 in die Entnahmedienstabteilung (Midijob in der Gleitzone) auch die Zustimmung zur Vergütung “in Anlehnung an Entgeltgruppe 5, Stufe 3 gemäß TVöD-V”. Nachdem der Betriebsrat mit Schreiben vom 24.07.2012 die beabsichtigte Eingruppierung abgelehnt hatte, antwortete daraufhin die Arbeitgeberin am 30.07.2012 auszugsweise wie folgt:

“Die Eingruppierung von Fr. E1 erfolgt unter Anwendung der weiterhin gültigen, tariflichen Eingruppierungsregelungen des BAT (Anlage 1 a, Teil II Buchstabe D). Hier ist für die Vergütungsgruppe VII (entspricht EG 5 des TVöD-V) unter Nr. 9 das Anforderungsprofil “Arzthelferinnen mit Abschlussprüfung und schwierigen Aufgaben” angegeben.”

Mit Schreiben vom 03.08.2012 blieb der Betriebsrat bei seiner Ablehnung und führte zur Begründung u.a. aus, dass die Tätigkeit einer Punktionskraft wegen der damit verbundenen erhöhten Verantwortung vergleichbar sei mit der Tätigkeit von Krankenschwestern bzw. -pflegern und daher eine Vergütung nach Entgeltgruppe 8 zutreffend sei (Bl. 66 f. d. A.).

Mit Schreiben vom 06.08.2012 (Bl. 74 d. A.) beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat im Zuge der unbefristeten Übernahme des ausgebildeten Rettungsassistenten T als Punktionskraft in die Abteilung Entnahme (geringfügige Beschäftigung) auch die Zustimmung zur Vergütung “in Anlehnung an Entgeltgruppe 5, Stufe 3 gemäß TVöD-V”. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung zur Eingruppierung ebenfalls unter Hinweis darauf, eine Vergütung nach Entgeltgruppe 8 sei sachgerecht ( Bl. 75 f. d. A.).

Mit Schreiben vom 03.08.2012 (Bl. 99 d. A.) beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat im Zuge der unbefristeten Übernahme der ausgebildeten Arzthelferin I als Punktionskraft in die Abteilung Entnahme (mit 20 Wochenstunden) auch die Zustimmung zur Vergütung nach “Tarif TVöD Entgeltgruppe 6, Stufe 2”. Der Betriebsrat verweigerte u.a. die Zustimmung zur Eingruppierung mit Hinweis darauf, eine Vergütung nach Entgeltgruppe 8 sei sachgerecht (Bl. 100 ff. d. A.).

In dem von ihr eingeleiteten vorliegenden Beschlussverfahren hat die Arbeitgeberin die Auffassung vertreten, das Anforderungs- und Aufgabenprofil einer Punktionskraft sei nicht so umfassend wie das von Arzthelfern bzw. Arzthelferinnen oder Krankenpflegern bzw. Krankenpflegerinnen. So rechtfertige das tatsächliche Aufgabenspektrum in den Fällen E1, T und I keine über die Entgeltgruppe 5 bzw. Entgeltgruppe 6 hinausgehende Vergütung.

Soweit hier noch von Interesse, hat die Arbeitgeberin beantragt,

den Betriebsrat zu verpflichten,

1. der Eingruppierung der Mitarbeiterin E1 in die Entgeltgruppe 5, Stufe 3 gemäß TVöD-V gemäß Antrag vom 23.07.2012 zuzustimmen,

2. der Eingruppierung des Mitarbeiters T in die Entgeltgruppe 5, Stufe 3 gemäß TVöD-V gemäß Antrag vom 06.08.2012 zuzustimmen,

3. der Eingruppierung der Frau I gemäß Antrag vom 03.08.2012 in den TVöD-V Entgeltgruppe 6, Stufe 2 zuzustimmen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Er hat die Meinung zum Ausdruck gebracht, mit der Tätigkeit von Punktionskräften sei eine erhöhte Verantwortung verbunden, weil sie mit der Entnahme eines halben Liters Blut deutlich in die Physis des jeweiligen Spenders eingreifen würden. Vor dem Hintergrund sei es gerechtfertigt, sie – vergleichbar mit der Tätigkeit von Krankenschwestern oder -pflegern – nach Entgeltgruppe 8 zu vergüten.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 17.01.2013 den Zustimmungsersetzungsanträgen der Arbeitgeberin stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass für Punktionskräfte keine ausdrückliche tarifliche Regelung bestehe und es nicht erkennbar sei, dass die Arbeitgeberin durch die von ihr vorgenommene Zuordnung zu den Entgeltgruppen 5 bzw. 6 gegen Tarifrecht verstoßen habe.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Betriebsrat mit seiner Beschwerde.

Er meint, es sei gerechtfertigt, die Punktionskräfte wegen der von ihnen erbrachten selbständigen Leistungen in die Entgeltgruppe 8 einzugruppieren.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Münster vom 17.01.2013 – 2 BV 40/12 – abzuändern und die Anträge der Arbeitgeberin abzuweisen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, Leitbild der Punktionskraft sei die Arzthelferin. Deshalb habe man in den Fällen E1, T und I zu Recht die Eingruppierung in Entgeltgruppe 5 bzw. 6 vorgenommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.

B.

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrates ist begründet.

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts kann den auf § 99 Abs. 4 BetrVG gestützten Anträgen der Arbeitgeberin auf Ersetzung der Zustimmung zur Ein- bzw. Umgruppierung der Arbeitnehmer E1, T und I nicht stattgegeben werden. Es fehlt nämlich an einer im Betrieb der Arbeitgeberin geltenden Vergütungsordnung für den Beschäftigungsbereich der sogenannten Punktionskräfte.

I. Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt 11.09.2013 – 7 ABR 29/12 – m.w.N.) setzt die betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtung zur Ein- und Umgruppierung von Arbeitnehmern eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung voraus. Es muss ein mindestens zwei Entgeltgruppen umfassendes Vergütungsschema bestehen, das die Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer Entgeltgruppe nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. Solche Vorgaben können namentlich in einem Tarifvertrag enthalten sein.

II. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist im konkreten Fall eine Ein- bzw. Umgruppierung der drei genannten Mitarbeiter nicht möglich.

1. In dem Zusammenhang ist vorauszuschicken, dass nach der zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat ergangenen rechtskräftigen Entscheidung der erkennenden Kammer vom 30.11.2012 (13 TaBV 56/10) die jedenfalls ab dem 01.01.2012 vorzunehmenden Ein- bzw. Umgruppierungen ausschließlich nach dem in § 2 Satz 1 ÜTV-E-BSD u.a. in Bezug genommenen tariflichen Eingruppierungssystem des TVöD in der für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung zu erfolgen haben.

2. Dementsprechend sind, weil es für den genannten Tarifbereich noch keine neuen Eingruppierungsvorschriften gibt, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA weiterhin die Regelungen der Allgemeinen Vergütungsordnung für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände – im Folgenden kurz: VergO (VKA) – einschlägig.

In der genannten Vergütungsordnung finden sich aber keine für die Zuordnung von Punktionskräften geeigneten Eingruppierungskriterien.

a) Soweit auf die sachlich am nächsten liegenden Bestimmungen für Angestellte in medizinischen Hilfsberufen und medizinischtechnischen Berufen in Teil V VergO (VKA) abgestellt wird, werden die bei der Arbeitgeberin zum Einsatz kommenden Punktionskräfte mit ihrem Aufgabenzuschnitt den dort vorausgesetzten Anforderungen nicht gerecht. Namentlich sind die Tätigkeitsmerkmale für Arzthelferinnen (jetzt Medizinische Fachangestellte) nicht einschlägig.

Allerdings ist in den Fällen E1 und I das erstmals in Vergütungsgruppe VIII Fallgruppe 13 vorausgesetzte subjektive Merkmal einer Arzthelferin mit Abschlussprüfung gegeben. Es fehlt aber an der Erfüllung der objektiven Erfordernisse (vgl. BAG, 11.03.1987 – 4 AZR 385/86 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 135). Denn bei der Tätigkeit als Punktionskraft, die mit manuellem Geschick und einschlägiger Erfahrung “lediglich” Blutentnahmen einschließlich der damit verbundenen Vor- und Nacharbeiten vorzunehmen hat, bedarf es nicht des Einsatzes eines durch eine ausgebildete Arzthelferin erworbenen fachberuflichen Wissens und Könnens; vielmehr handelt es sich nur um einen kleinen, eng begrenzten Teil der Tätigkeiten, die von einer über mehrere Jahre ausgebildeten medizinischen Fachkraft verlangt werden.

Dies zeigt sich nicht zuletzt auch daran, dass z.B. auch Krankenschwestern und -pfleger sowie Rettungssanitäter und, wie im Falle T, Rettungsassistenten trotz anderer beruflicher Profile für den Einsatz als Punktionskraft in Betracht kommen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie in ihren jeweiligen Ausbildungsgängen die fachgerechte Entnahme von Blut gelernt haben, was ausreicht, um die Arbeit als Punktionskraft bei der Arbeitgeberin verrichten zu können.

b) Für die Eingruppierung der drei Punktionskräfte kommen auch die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst (Teil I der VergO VKA) nicht in Betracht, auch wenn ihnen nach dem Willen der Tarifvertragsparteien eine Auffangfunktion zukommt (vgl. z.B. BAG, 14.08.1985 – 4 AZR 322/84 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 105). Denn Voraussetzung ist, dass es sich noch um Tätigkeiten mit einem unmittelbaren Bezug zu Verwaltungsaufgaben handelt (BAG, 23.01.1985 – 4 AZR 14/84 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 99; 21.06.2000 – 4 AZR 931/98 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 276), was bei Entnahmetätigkeiten im Bereich mobiler Blutspenden nicht der Fall ist.

3. Die danach bestehende Tariflücke kann nicht durch die Gerichte für Arbeitssachen geschlossen werden.

a) Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z.B. 24.09.2008 – 4 AZR 642/07 – AP TVG § 1 Nr. 57; 21.06.2000 – 4 AZR 931/98 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 276) kommt nur bei unbewussten Tariflücken deren Schließung in Betracht, sofern in einer Vergütungsordnung artverwandte und vergleichbare Tätigkeiten bewertet worden sind.

b) Andere Grundsätze gelten bei einer bewussten Tariflücke. Eine solche ist anzunehmen, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungelöst lassen und das in einer entsprechenden Auslassung seinen Ausdruck findet, wobei eine Ursache die nicht mögliche Einigung der Tarifvertragsparteien gewesen sein kann (BAG, 26.08.1987 – 4 AZR 146/87 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 138). In dieser Konstellation sind die Gerichte nicht befugt, gegen den Willen der Tarifpartner ergänzende tarifliche Regelungen zu “schaffen” und dadurch ggf. die schlechte Verhandlungsführung einer Partei dadurch zu prämieren, dass ihr Vertragshilfe geleistet wird. Darin würde ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich durch Artikel 9 Abs. 3 Satz 1 GG garantierte Tarifautonomie liegen (BAG, 24.09.2008 – 4 AZR 642/07 – AP TVG § 1 Nr. 57).

Nach diesen Maßgaben war es hier der Kammer verwehrt, die festgestellte Tariflücke zu schließen. Denn ausweislich der Ziffer 3. der Niederschrift, die die Tarifvertragsparteien am 26.07.2011, also am Tag des Abschlusses des ÜTV-E-BSD, über die Verhandlungen gefertigt haben, ist es im Zusammenhang mit der Erstellung der sogenannten Eingruppierungszuordnungsanlage auch zu Verhandlungen über die Einstufung der Punktionskräfte gekommen. Dabei konnte angesichts der von der Gewerkschaft ver.di geforderten Mindesteingruppierung in Entgeltgruppe 8 keine Einigung erzielt werden.

In dieser Situation steht es den Gerichten angesichts der in Artikel 9 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgten Tarifautonomie nicht zu, in der offen gebliebenen, allein auf kollektiver Ebene zu lösenden Frage der sachgerechten Eingruppierung von Punktionskräften durch eine Entscheidung Einfluss zu nehmen.

Nach alledem waren die Anträge der Arbeitgeberin abzuweisen.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage war die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 92 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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