LAG Hamm, Urteil vom 05.06.2019 – 2 Sa 756/18

Juni 13, 2020

LAG Hamm, Urteil vom 05.06.2019 – 2 Sa 756/18

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 05.07.2018 – 2 Ca 585/18 – teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.038,03 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.03.2018 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz trägt die Klägerin zu 35 % und die Beklagte zu 65 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 27 % und der Beklagten zu 73 % auferlegt.

Die Revision wird insoweit für die Klägerin zugelassen, als ihr ein Nachtzuschlag von nicht mehr als 25 % pro Stunde zugesprochen worden ist.
Tatbestand

Die Parteien streiten um einen höheren Nachtarbeitszuschlag.

Die 1964 geborene Klägerin ist seit dem 22.08.2005 bei der Beklagen als Aushilfskraft zu einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37 Stunden und einem Stundenlohn von zuletzt 10,47 Euro brutto beschäftigt.

Die Bedingungen des Arbeitsverhältnisses werden durch den schriftlichen Arbeitsvertrag vom 24.07.2006 (Bl. 68, 69 d.A.) geregelt, in dem es u.a. heißt:

“4.

Arbeitszeit richtet sich nach den geltenden betrieblichen Regelungen. Der Mitarbeiter verpflichtet sich, im gesetzlich zulässigen Rahmen Mehr-, Nacht-, Sonntag- und Feiertagsarbeit sowie Schichtarbeit zu leisten.

10.

Bei Nachtarbeit:

Für die zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr geleistete Arbeit wird ein Zuschlag in Höhe von 17 % steuerfrei gezahlt. Bei Ausfallzeiten z. B. Lohnfortzahlung entfällt der Zuschlag.”

Die Klägerin leistete ihre Arbeit in der Vergangenheit ganz überwiegend während der Nacht und erhielt dafür den vertraglich vereinbarten Zuschlag von 17 %, wobei die Beklagte diesen Zuschlag schon ab 22.00 Uhr zahlte. In dem Zeitraum von Januar 2015 bis einschließlich Dezember 2017 zahlte die Beklagte an die Klägerin für die Zeiten zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr insgesamt 7.321, 44 € an Nachtzuschlägen. Wegen der Einzelheiten der monatsbezogenen Aufstellung der der in der geleisteten Stunden und der dafür gezahlten Nachtzuschläge wird auf S. 3 der Klageschrift Bezug genommen.

Im Zeitraum von Juni 2015 bis 31.03.2018 hatte die Klägerin an insgesamt 138 Arbeitstagen nicht in der Nachtschicht gearbeitet, wobei die Klägerin während dieser Zeit ganz überwiegend Urlaub hatte oder arbeitsunfähig krank war. Wegen der einzelnen Zeiten, zu denen die Klägerin insoweit keine Nachtschichten verrichtete, wird auf die von der Beklagten als Anlage B 6 zum Schriftsatz vom 17.05.2018 überreichte Aufstellung der Beklagten Bezug genommen. Außerdem war die Klägerin im Juli 2016 von den 21 Arbeitstagen an sechs Tagen in der Nachtschicht und an vier Tagen in einer anderen Schicht eingesetzt, an einem Tag fehlte sie unentschuldigt. Im Juli 2017 hatte die Klägerin zehn Nachtschichten, an sechs Tagen Urlaub und war an fünf weiteren Tagen in einer anderen Schicht eingesetzt.

Mit der am 12.03.2018 beim Arbeitsgericht Hagen eingegangenen Klage begehrt die Klägerin rückwirkend für den Zeitraum Januar 2015 bis einschließlich Dezember 2017 die Differenz zwischen dem geleisteten Nachtzuschlag und dem aus ihrer Sicht angemessenen Zuschlag in Höhe von 30 %. Wegen der Einzelheiten der Anspruchsberechnung wird auf S. 3 der Klageschrift Bezug genommen.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 09.12.2015 (10 AZR 156/15) stünde fest, dass sie einen Anspruch auf einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 30 % auf den Bruttostundenlohn habe. Denn nach dieser Entscheidung sei der Nachtzuschlag, der regelmäßig 25 % des Stundenlohnes betrage, bei der von ihr geleisteten Dauernachtarbeit auf 30 % zu erhöhen.

Die Tatsache, dass sie einige wenige Schichten auch außerhalb der Nachtschicht gearbeitet habe, würde den Charakter als Dauernachtschicht nicht verändern. Wäre der Begriff “Dauernachtarbeit” tatsächlich so zu verstehen sein, dass der Arbeitnehmer ausnahmslos jede einzelne Arbeitsschicht in der Nachtschicht schulden würde, so wäre Missbrauch vorprogrammiert, da es der Arbeitgeber durch vereinzelte Schichteinteilungen in der Tagschicht in der Hand hätte, den Nachtzuschlag einseitig zu verringern.

Entgegen der Ansicht der Beklagten stünde auch der Grundsatz von Treu und Glauben der begehrten Zuschlagshöhe nicht entgegen. Soweit die Beklagte behauptet, sie würde sich durch systematische Krankmeldungen oder kurzfristigen Urlaub einer Einteilung in der Tagschicht entziehen, so sei dies zum einen falsch und zum anderen auch nicht hinreichend konkret vorgetragen worden. Allein die Tatsache, dass die Schichteinteilung stets kurzfristig erfolge, der Urlaub jedoch langfristig geplant und beantragt werden müsse, stünde dem Vorbringen der Beklagten schon entgegen.

Die Arbeitsbelastung in der Nachtschicht sei auch nicht dadurch geringer, dass während der Nachtschicht kein Vorgesetzter anwesend sei, sodass für eine Abweichung von dem für Nachtarbeit grundsätzlich zu zahlendem Nachtzuschlag von 30% des Stundenlohnes keine Veranlassung bestehe. Eine generell geringere Kontroll- sowie Belastungssituation läge nicht vor. Sie erhalte auch keinen höheren Stundenlohn als vergleichbare Arbeitnehmer, ein solcher könne im Übrigen auch nicht auf den Nachtzuschlag angerechnet werden.

Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten schulde diese aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausgestaltung den Nachtzuschlag bereits für die Zeit ab 22.00 Uhr, sodass sie eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 5.596,90 € verlangen könne.

Sollte das Gericht wider Erwarten dieser Rechtsansicht nicht folgen, so sei die ursprüngliche Klageforderung, mit der für 419 geleistete Schichten bis einschließlich März 2017 um insgesamt 559,37 Euro brutto und für die 141 geleistete Nachtschichten im Zeitraum von April 2017 bis Dezember 2017 um weitere 191,90 Euro zu kürzen, sodass ihr bei reduzierter Zahl der Nachtstunden, aber gleich bleibenden Nachtzuschlag von 30 % pro Stunde ein Restbetrages von 4.845,63 € zustehe. Wegen der Einzelheiten der Berechnung des reduzierten Betrages wird auf S. 7, 8 des Schriftsatzes vom 19.06.2018 (Bl. 129, 130 d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. an sie 5.596,90 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.03.2018 zu zahlen;

2. an sie eine Verzugspauschale gem. § 288 Abs. 5 BGB in Höhe von 640,00 € zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die die von der Klägerin dargestellten Zeiten und deren Berechnungsgrundlage nicht bestritten, aber die Ansicht vertreten, ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines höheren Nachtzuschlages bestünde nicht, weil sie den der Klägerin zustehenden Nachtzuschlag vollständig bezahlt habe.

Die Klägerin sei bereits nicht in Dauernachtschicht tätig, sondern in dem streitgegenständlichen Zeitraum auch in nicht unerheblichem Umfang in der Tagschicht eingesetzt worden. In ihrem Betrieb würde insgesamt nicht stets in Nachtschicht produziert, in ruhigeren Phasen des Jahres gäbe es im gesamten Betrieb gar keine Nachtschichten. Allerdings versuche die Klägerin systematisch die Arbeit in der für sie wirtschaftlich uninteressanteren Tagschicht zu umgehen, indem sie sich immer krank melde bzw. Urlaub antrete, falls sie in der Tagschicht eingesetzt sei.

Selbst wenn man zugunsten der Klägerin von einer Tätigkeit in Dauernachtschicht ausginge, so wäre ein Anspruch auf den 30%-igen Zuschlag jedenfalls nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen, da die Klägerin eindeutig die Einstellung zum Ausdruck gebracht habe, nur noch zur Arbeit in der Nachtschicht bereit zu sein und anderweitige Einsätze zu boykottieren.

Aber auch eine Zuschlagshöhe von 25 %, die das Bundesarbeitsgericht zwar regelmäßig als angemessen erachte, scheide hier aus. Die Nachtschichten bei ihr würden nicht durch Vorgesetzte beaufsichtigt und wiesen generell bezüglich der Arbeitsergebnisse eine geringere Kontroll- sowie Belastungssituation auf. Auch der Stundenlohn der Klägerin läge 1,63 Euro über dem durchschnittlichen Stundenlohn vergleichbarer Arbeitnehmer, so dass die Nachtschichteinsätze zum Teil mit abgegolten seien. Schlussendlich käme eine Zahlung eines erhöhten Zuschlags nur für den gesetzlich geregelten Zeitraum der Nachtarbeit ab 23.00 Uhr in Betracht.

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 4.845,63 EUR brutto nebst Zinsen sowie einer Verzugspauschale in Höhe von insgesamt 640 EUR verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe für die in dem streitgegenständlichen Zeitraum geleisteten Nachtarbeitsstunden ein Nachzuschlag von 30 %, sodass sie einen Anspruch auf die Differenz zwischen 30 % des Bruttostundenlohns und den gezahlten 17 % habe, allerdings erst die Einsätze im Zeitraum ab 23.00 Uhr.

Da die Klägerin dargelegt habe, dass sie Nachtarbeitnehmerin im Sinne von § 2 Abs. 5 ArbZG gewesen sei, in welchem Umfang sie Nachtarbeit geleistet habe und eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht bestehe, wäre es Sache der Beklagten gewesen darzulegen und ggf. zu beweisen, dass sie den gesetzlichen Anspruch vollumfänglich gemäß § 362 BGB erfüllt habe. Dies sei der Beklagten nicht gelungen, insbesondere habe die Beklagte nicht dargelegt, dass der von ihr geleistete Zuschlag von 17 % einen angemessenen Ausgleich der mit der Nachtarbeit verbundenen Erschwerungen darstelle.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stelle regelmäßig ein Zuschlag in Höhe von 25 % auf den jeweiligen Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von bezahlten freien Tagen einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit im Sinne von § 6 Abs. 5 ArbZG dar. Vorliegend habe sich die Beklagte für die Zahlung eines angemessenen Nachtzuschlags entscheiden, damit von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht und sei daran gebunden. Durch den Nachtarbeitszuschlag sollten zum einen die nach derzeitigem Kenntnisstand in der Arbeitsmedizin negativen gesundheitlichen Auswirkungen der Nachtarbeit ausgeglichen werden und zum anderen solle die Arbeitsleistung zu Lasten der Arbeitgeber so verteuert werden, dass die geforderte Nachtarbeit erfolgreich eingedämmt werden könne. Außerdem solle der Nachtarbeitszuschlag in einem gewissen Umfang, den Arbeitnehmer auch für die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben entschädigen. Da sich nach gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnis die Belastung mit dem Umfang der geleisteten Nachtarbeit stets erhöhe, sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der regelmäßig zu zahlende Nachtzuschlag von 25% auf 30 % des Bruttostundenlohnes pro Nachtstunde zu erhöhen. Dauernachtschichten lägen nicht nur vor, wenn vertraglich ein dauerhafter Einsatz in der Nacht vereinbart werde, sondern auch nach entsprechender Ausübung des grundsätzlich vorbehaltenen Direktionsrechts.

Die Klägerin habe jedenfalls im Zeitraum von Juni 2015 bis einschließlich März 2018 lediglich an 14 Tagen in anderen als in der Nachtschicht gearbeitet, die übrigen Zeiten ohne Nachtschicht entfielen unstreitig auf Urlaubs- oder Krankheitstage. Soweit die Beklagte hier eine systematische Krankmeldung der Klägerin behauptet habe, um dem unliebsamen Einsatz in der Tagschicht zu umgehen, so werde dieser Vortrag nicht konkret durch Tatsachen untermauert. Ergänzend gelte es zu berücksichtigen, dass die Klägerin im vorliegenden Verfahren jedenfalls nur Nachtarbeitszuschläge bis einschließlich 31.12.2017 geltend mache, sodass die Ausführungen der Beklagten zum Jahr 2018 irrelevant seien. Im Zeitraum Juni 2015 bis einschließlich Dezember 2017 habe die Klägerin außerhalb von Erkrankungen und Urlaub lediglich drei Schichten außerhalb der Nacht absolviert. Nach dem Verständnis der Kammer sei hier von einer Dauernachtarbeit auszugehen. Ein absolut ausnahmsloser Einsatz während der Nacht sei hingegen nicht zu fordern. Letztlich komme es auf den Begriff der Dauernachtschicht aus Sicht der Kammer nicht einmal an. In dem streitgegenständlichen Zeitraum von drei Jahren habe die Klägerin insgesamt 560 Schichten in der Nacht, d. h. durchschnittlich knapp 187 Schichten pro Jahr geleistet. Sinn und Zweck des § 6 Abs. 5 ArbZG sei es, einen angemessenen Ausgleich für die Erschwerungen der Nachtarbeit zu schaffen. Hier sei der Zusammenhang eindeutig: je mehr Nachtschichten erbracht würden, desto höher müsse der zu gewährenden Ausgleich sein, da die Belastung mit der Anzahl der Nachtschichten kontinuierlich anwachse. Diese liege deutlich oberhalb des gesetzlich vorgegebenen Schwellenwertes von 48 Nachtschichten und stelle somit ungeachtet der Frage, ob damit der Begriff der Dauernachtschicht erfüllt sei oder nicht, jedenfalls eine wesentliche Erschwerung dar. Sinn und Zweck des § 6 Abs. 5 ArbZG sei es, einen angemessenen Ausgleich für die Erschwerungen der Nachtarbeit zu schaffen.

Die von der Beklagten gegen die Zahlung eines 30 %-igen Zuschlags vorgebrachten Argumente überzeugten nicht. Abgesehen von der Tatsache, dass die Beklagte lediglich ins Blaue hinein behauptet habe, die Klägerin versuche sich durch systematische der Tagschicht zu entziehen, sei dies für die hier zu entscheidende Frage irrelevant. Sinn und Zweck des § 6 Abs. 5 ArbZG sei der angemessene Ausgleich der Belastungen für die Beschäftigung in der Nacht, für die Anwendbarkeit von Treu und Glauben sei an dieser Stelle überhaupt kein Raum.

Auch der von der Beklagten behauptete höhere Stundenlohn sowie die Zahlung eines 17 %-igen Zuschlags bereits außerhalb des gesetzlich festgelegten Zeitraumes für die Zeit von 22.00 bis 23.00 Uhr rechtfertigten keine andere Beurteilung. Hinsichtlich des Stundenlohns sei nicht einmal klar, ob hier tatsächlich ein Ausgleich für die Nachtarbeit beabsichtigt gewesen sei und die Klägerin wirklich vor dem Hintergrund ihrer Einsätze während der Nacht mehr Stundenlohn als vergleichbare Beschäftigte erhalte, was aber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts deutlich zum Ausdruck kommen müsste.

Die Behauptung der Beklagten, ein geringerer Zuschlag sei deshalb angemessen, da während der Nachtschicht kein Vorgesetzter vor Ort sei und insgesamt eine geringere Kontroll- und Belastungssituation vorherrsche, sei zu pauschal und nicht nachvollziehbar. Die in der Nacht erbrachten Arbeitsergebnisse ließen sich so oder so ohne weiteres ablesen und ggf. in der Frühschicht kontrollieren bzw. nachhalten. Dass wiederum nachts insgesamt weniger Arbeit anfallen würde als in der Tagschicht habe die Beklagten selbst nicht behauptet.

Der Klägerin stehe demnach dem Grunde nach ein Anspruch auf Nachtzuschlag in Höhe von 30 % des Bruttostundenlohnes zu. Mit der Beklagten sei jedoch davon auszugehen, dass dieser Zuschlag lediglich für die gesetzlich vorgeschriebenen Stunden der Nachtarbeit ab 23.00 Uhr zu zahlen sei. Etwas anderes folge auch nicht aufgrund der in Ziffer 10 des Arbeitsvertrages enthaltenen Regelungen, wonach die Beklagte bereits für den Zeitraum ab 22.00 Uhr die 17 % zahle. Der gesetzliche Ausgleich, den die Beklagte nun einmal schulde, falle nach dem Willen des Gesetzgebers erst für die Zeit ab 23.00 Uhr an. Die überobligatorisch für den Zeitraum 22.00 Uhr bis 23.00 Uhr bereits geleisteten 17 % des Bruttostundenlohnes könnten in irgendeiner Form auf den für die Zeiten der echten Nachtarbeit im Sinne des § 2 Abs. 3 ArbZG geschuldeten Zuschlages umgelegt oder angerechnet werden. Es fehle insoweit an einem hinreichenden Bezug zur Nachtarbeit und es handele sich stattdessen nur um einen Erschwerniszuschlag auf das Bruttoarbeitsentgelt außerhalb der gesetzlichen Nachtzeit.

Die Beklagte sei auch zu verurteilen, an die Klägerin für den Zeitraum ab Juli 2016 jeweils die Verzugspauschale in Höhe von 640,00 Euro zu zahlen.

Der Wortlaut des § 288 Abs. 5 BGB sei eindeutig; eine Bereichsausnahme für das Arbeitsrecht gerade nicht ersichtlich. Der Ausschluss des Ersatzes vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten stehe der Anwendbarkeit des § 288 Abs. 5 BGB nicht entgegen. Der zum Teil angenommene Wertungswiderspruch von § 288 Abs. 5 BGB zu § 12 a ArbGG sei nicht ersichtlich.

Gegen das am 11.07.2018 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte am 31.07.2018 Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 11.10.2018 – am 09.10.2018 begründet.

Zur Begründung der Berufung hat die Beklagte im Wesentlichen ausgeführt, dass das Arbeitsgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass der Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum ab 23.00 Uhr Nachtzuschläge in Höhe von 30 % des Bruttostundenlohnes zustünden. Die Arbeitsvertragsparteien hätten im schriftlichen Arbeitsvertrag unter Ziffer 4 vereinbart, dass der Klägerin für die Zeit zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr geleistete Arbeit ein Zuschlag in Höhe von 17 % steuerfrei gezahlt werde. Dieser Zuschlag sei ausreichend und angemessen, um die mit der Nachtarbeit verbundene erhöhte Belastung der Klägerin auszugleichen. Durch den effektiv bereits deutlich höheren Stundenverdienst der Klägerin sowie die arbeitsvertraglich vereinbarte Nachtschichtzulage von 17 % sei der für die Klägerin mit der Nachtarbeit verbundene erhöhte Aufwand ausreichend ausgeglichen. Ein höherer, über die vereinbarten 17 % hinausgehenden Nachtschichtzulage, würde in unzulässigerweise in die der unternehmerischen Freiheit unterliegende “Entgeltfestsetzungshoheit” eingreifen und zu einer unangemessen hohen Vergütung für die Klägerin führen. Dies vorliegend auch deshalb, weil die Klägerin unabhängig von den Einsatzgegebenheiten in ihrem Betrieb auf einen Einsatz in der Nachtschicht hingearbeitet habe. Soweit die Klägerin in der Vergangenheit außerhalb der Nachtschichten in eine der beiden Tagschichten (Früh- oder Mittagschicht) eingeteilt worden sei, habe sich die Klägerin diesen Einsätzen in der Regel durch Arbeitsunfähigkeit oder kurzfristig beantragten Urlaub entzogen. Die Motivation der Klägerin für das Bestehen auf Nachtschichteinsätze (pflegebedürftige Mutter), wovon sie erst im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens Kenntnis erlangt habe, könne im Ergebnis nicht dazu führen, dass sie nunmehr für diesen allein aus den privaten Umständen der Klägerin verursachten überwiegenden Nachteinsatz eine erhöhte Nachtschichtzulage zu zahlen habe.

Der überwiegende Nachtschichteinsatz der Klägerin könne allenfalls dazu führen, dass diese einen Anspruch auf Nachtschichtzulage für die Zeit zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr in Höhe von 25 % geltend machen könne. Eine Dauernachtarbeit, die nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gegebenenfalls einen noch höheren Zuschlag von 30 % rechtfertigen könnte, habe nicht vorgelegen. Bei der Ermittlung der Angemessenheit des Nachtzuschlags sei zu berücksichtigen, dass die Kontroll- und Aufsichtssituation in ihrem Betrieb im Rahmen der Nachtschicht wesentlich geringer sei als in den Tagschichten. Die Geschäfts- und Abteilungsleitung sei nur in der Zeit zwischen 8.00 Uhr und 17.00 Uhr im Betrieb zugegen und könnten daher die Nachtschichtarbeiten – anders als bei den Tagschichten – nicht kontrollieren. Bei einem Einsatz in der Nachtschicht habe die Klägerin, wie sie erst nachträglich bei einer Überprüfung festgestellt habe, nie ihre vorgeschriebenen Pausen gestempelt, was sie erst nach einer schriftlichen Aufforderung/Ermahnung vom 29.08.2016 tue. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts könne ein dauerhafter Einsatz der Klägerin nicht gerechtfertigt werden, da diese in der Vergangenheit durch Urlaubnahme oder erheblich über dem Durchschnitt liegende Arbeitsunfähigkeitstage versucht habe, einen ausschließlichen Nachtschichteinsatz zu erreichen, was sie auch ohne Erfolg im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens geltend gemacht habe. In dem streitgegenständlichen Zeitraum 2015 bis 2018 habe die Klägerin nicht ausschließlich zur Nachtzeit im Sinne des § 2 Abs. 5 ArbZG gearbeitet. Von Juni 2015 bis März 2018 seien in ihrem Betrieb aus saisonalen Gründen an 138 Tagen überhaupt keine Nachtschichten möglich gewesen. Im Zeitraum vom 27.02.2017 bis zum 13.04.2017 sei zwischen ihr und dem bei ihr gewählten Betriebsrat mit Betriebsvereinbarung vom 21.03.2017 vereinbart worden, dass in der Zeit vom 03.04. bis zum 13.04.2017 auch in der Beschäftigungsabteilung der Klägerin die Nachtarbeit entfalle. Die Nachtarbeit sei auch in der Zeit vom 27.02.2017 bis zum 31.03.2017 aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 14.02.2017 entfallen. In der Eierabteilung sei zwar in dieser Zeit als einzige die Mitarbeiterin N in der Nachtschicht tätig gewesen, aber nur deshalb, weil in der Zeit vom 27.02 bis zum 13.04.2017 in der Rosettenabteilung die Arbeitnehmerin M nachts gearbeitet habe, weshalb mit dem Betriebsrat auch in Abweichung von den Betriebsvereinbarungen eine Sonderregelung getroffen worden sei, um der aus Gründen des Arbeitsschutzes erforderlichen Beschäftigung von mindestens zwei Mitarbeitern in einer Schicht Rechnung zu tragen. Der Einsatz Mitarbeiterin C abweichend von der Betriebsvereinbarung sei habe man sich deshalb entschieden, weil es sich dabei um seine sehr zuverlässige Mitarbeiterin mit sehr geringeren Fehlzeiten handele, die sechs Monate vor dem Einsatz keinen einzigen krankheitsbedingten Fehltag gehabt habe. Die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der Mitarbeiterin C seien vor dem Hintergrund der enorm wichtigen Planbarkeit beim Einsatz nur eines Beschäftigten in der Nachtschicht ausschlaggeben dafür gewesen, weshalb man sich für diese Mitarbeiterin entschieden habe. Die Klägerin wäre daher, auch wenn sie nicht im Urlaub bzw. krank gewesen wäre, in dieser Zeit während der Nachtschicht nicht eingesetzt worden.

In den Jahren 2015 und 2016 sei der Wegfall der Nachtarbeit in der Zeit vom 15.06. bis zum 10.07.2015 sowie vom 07.03.2016 bis zum 18.03.2016 noch nicht durch Betriebsvereinbarungen, sondern aufgrund der Anordnung des Betriebsleiters I entfallen. Während der vorgenannten Zeiträume habe kein Mitarbeiter in der Eierabteilung in der Nachtschicht gearbeitet. Das Gleiche gelte für die Zeiten vor Weihnachten (14.12. bis 31.12.2015 und 12.12. bis zum 31.12.2016). Da somit die Klägerin aufgrund betrieblicher Regelungen bzw. Anordnungen nicht ständig während der Nachtschicht gearbeitet habe, könne sie auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Nachtzulage in Höhe von 30 % des Stundenlohnes beanspruchen.

Der Klägerin stehe auch die vom Arbeitsgericht zugesprochene Verzugspauschale in Höhe von 614 EUR nicht zu, da § 288 Abs. 5 BGB im Hinblick auf die Vorschrift des § 12 Abs. 1 S. 1 ArbGG nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Anwendung finde.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 05.07.2018 – 2 Ca 585/18 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das Urteil des Arbeitsgerichts. Sie ist insbesondere der Auffassung, dass das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen sei, dass ihr für den streitgegenständlichen Zeitraum ein Nachtzuschlag pro Stunde der Nachtarbeit in Höhe von 30 % zustehe. Denn sie habe in dem streitgegenständlichen Zeitraum von Juni 2015 bis einschließlich Dezember 2017 außerhalb von Erkrankung und Urlaub lediglich drei Schichten außerhalb der Nachtarbeit gearbeitet, so dass tatsächlich von einer dauerhaften Nachtarbeit auszugehen sei. Die Argumente der Beklagten zur Begründung eines geringeren Nachtarbeitszuschlags überzeugten nicht. Zum einen sei auch nach dem Vorbringen der Beklagten nicht ersichtlich, weshalb diese vortrage, dass sie 138 Schichten nicht in der Nachtarbeit geleistet habe. Soweit die Beklagte auf den Seiten 3, 4 ihrer Berufungsbegründung konkrete Zeiträume aufgeführt habe, handele es sich dabei nach ihrer Erinnerung um Zeiten, in denen im gesamten Betrieb der Urlaub gemacht worden sei, keineswegs dagegen um Zeiten, in denen aus betrieblichen Gründen zwar gearbeitet worden sei, jedoch nicht in der Nachtschicht.

Es sei unzutreffend, dass in der Eierabteilung in der Zeit vom 27.02. bis zum 13.04.2017 keine Nachtarbeit verrichtet worden sei. Es treffe zwar zu, dass sie am 27.02 und 28.02.2017 sowie an einem Tag im März 2017 nicht in der Nachtschicht eingesetzt worden sei, der Grund dafür sei ihr aber nicht mehr erinnerlich. Soweit die Beklagte sich darauf berufe, dass durch Betriebsvereinbarung vom 14.02. bzw. 21.03.2017 die Nachtarbeit entfallen sei, so müsse bestritten werden, dass für diese Zeiträume wirksame Betriebsvereinbarungen abgeschlossen worden seien. Dem Betriebsrat lägen jedenfalls insoweit keine schriftlichen Unterlagen vor. Es möge zwar zutreffend sein, dass entsprechende Vereinbarungen seitens des ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden C1 unterzeichnet worden seien, diese Vereinbarungen seien aber ausschließlich von der Beklagten vorbereitet und formuliert worden und für die Beklagte auch erkennbar ohne Konsultation des Betriebsratsgremiums unterzeichnet worden.

Da sie durchschnittlich jährlich knapp 187 Schichten in der Nacht geleistet habe, sei der Zuschlag von 30% auch unabhängig davon zu zahlen, ob Dauernachtarbeit vorliege oder nicht. Denn die gesetzlichen Mindestanforderungen von 48 Nachtarbeitsstunden im Jahr, die mit einem Zuschlag von 25 % zu bezahlen seine, seien derart überschritten, dass unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des § 6 Abs. 5 ArbZG einen Nachzuschlag von 30 % auch aus diesem Grunde angemessen sei.

Die Klägerin ist außerdem der Ansicht, dass das Arbeitsgericht die Beklagte zu Recht zur Zahlung der Verzugspauschale verurteilt hat.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Erklärungen der Parteien zu Protokoll der Berufungsverhandlungen vom 05.06.2019 Bezug genommen.
Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur teilweise begründet.

Die Berufung der Beklagten ist insoweit begründet, als das Arbeitsgericht der Klägerin einen Nachtzuschlag zugesprochen hat, der 25 % des Stundenlohnes für jede Nachtarbeitsstunde übersteigt und die Beklagte zur Zahlung einer Verzugspauschalen in Höhe von insgesamt 640 € verurteilt hat. Im Übrigen ist die Berufung der Beklagten unbegründet.

Die Beklagte rügt zu Unrecht, dass das Arbeitsgericht der Klägerin einen über 17 % des Stundenlohnes übersteigenden Nachtzuschlag zugesprochen hat. Denn das Arbeitsgericht ist insoweit ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der auch die Berufungskammer folgt, zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass für die Nachtarbeitsstunden i.S.d. § 2 Abs. 5 ArbZG regelmäßig ein Zuschlag i.H.v. 25 % auf den Bruttostundenlohn nach § 6 Abs. 5 ArbZG zu zahlen ist, den auch die Beklagte zu zahlen hat, so dass der Klägerin für die geltend gemachte Anzahl der Nachtstunden in den Jahren 2015 bis 2017 als Nachtzuschlag weitere 8 % des Bruttostundenlohnes pro Stunde zustehen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ist Bezug genommen. Das Vorbringen der Beklagten dazu in der Berufungsinstanz gibt lediglich Anlass zu nachfolgenden Ergänzungen.

Der Anspruch auf den Nachtzuschlag von 25% pro Nachtarbeitsstunden, also auf weiteren 8 % über den gezahlten Nachtzuschlag von 17 % pro Stunde steht der Klägerin nach § 6 Abs. 5 ArbZG zu.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin Nachtarbeit im Sinne des § 2 Abs. 5 ArbZG verrichtet hat. Unstreitig ist auch die Zahl der geleisteten Nachtarbeitsstunden, sodass die Parteien lediglich um die angemessene Höhe des nach § 6 Abs. 5 ArbZG zu zahlenden Nachtzuschlags streiten.

Der in § 6 Abs. 5 ArbZG nur allgemein geregelte Anspruch auf “angemessenen Ausgleich” für Nachtarbeit kann zwar durch einzelvertragliche Regelung näher ausgestaltet werden. Diese muss aber den Vorgaben des § 6 Abs. 5 ArbZG genügen, da diese Rechtsnorm zwingend ist. Eine vertragliche Vereinbarung, die zum Nachteil des Arbeitnehmers hinter den gesetzlichen Vorgaben für einen angemessenen Ausgleich zurückbleibt, ist nach daher nach § 6 Abs. 5 ArbZG i.V.m. § 134 BGB unwirksam (vgl. BAG, Urteil vom 25. April 2018 – 5 AZR 25/17, juris, Rdnr. 35).

Dass Arbeitsgericht hat ausgehend der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angenommen, dass der nach § 6 Abs. 5 ArbZG regelmäßig zu zahlende Nachtzuschlag 25% des Bruttostundenlohnes beträgt, was die Beklagte auch insoweit nicht rügt (vgl. BAG, Urteil vom 25. April 2018 – 5 AZR 25/17, juris, Rdnr. 43; BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 – 10 AZR 423/14, juris, Rdnr. 21).

Der Beklagten ist zwar einzuräumen, dass sich die Höhe des angemessenen Nachzuschlags nach der Gegenleistung richtet, für die sie bestimmt ist. Dementsprechend kommt eine Korrektur des regelmäßig angemessenen Nachtzuschlags von 25 % in Betracht, wenn Umstände im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung vorliegen, die den Regelzuschlag wegen der im Vergleich zum Üblichen niedrigeren oder höheren Belastung als zu gering oder zu hoch erscheinen lassen Es kann also im Einzelfall auch eine Korrektur von 25 % auch “nach unten” gerechtfertigt sein (vgl. BAG, Urteil vom 09.12.2015 – 10 AZR 423/14, Rdnr. 27; BAG, Urteil vom 11.02.2009 – 5 AZR 148 /08, juris, Rdnr. 12 ). Die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung des bestehenden Anspruchs auf Zahlung eines angemessenen Nachtzuschlags nach § 362 Abs. 1 BGB trägt dabei der Arbeitgeber, wobei sich diese Darlegungs- und Beweislast auch auf die Angemessenheit des vereinbarten und bereits gezahlten Nachtzuschlags erstreckt (vgl. BAG, Urteil vom 09.12.2015 – 10 AZR 423/14, Rdnr. 33 m.w.N.). Der ihr insoweit obliegenden Darlegungslast dafür, dass mit der Zahlung des vereinbarten Nachtzuschlags von 17% des Bruttostundenlohnes für die in der Zeit von 22.Uhr bis 06.00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden, der Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines angemessenen Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG für die Nachtarbeitsstunden im Sinne des § 2 Abs. 3 ArbZG, der regelmäßig 25% des Bruttostundenlohnes beträgt, durch Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen ist, ist die Beklagte nicht nachgekommen.

Die Beklagte macht zu Unrecht geltend, dass das Arbeitsgericht bei der Beurteilung der Angemessenheit des Nachtzuschlag nicht ausreichend gewürdigt habe, dass sie an die Klägerin den arbeitsvertraglich vereinbarten Nachtzuschlag von 17 % für die Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr und einen um 1,63 € höheren Stundenlohn im Verhältnis zu vergleichbaren Mitarbeitern gezahlt habe sowie die Nachtarbeit in der Nachtschicht wegen der Abwesenheit von Vorgesetzten einer geringere Kontroll- und Belastungssituation ausweise.

Unabhängig davon, dass die Klägerin bestritten hat, dass sie im Verhältnis zu vergleichbaren Mitarbeitern einen um 1,63 € höheren Stundenlohn erhalten hat, ist dieses Vorbringen der Beklagten schon deswegen nicht geeignet, die Angemessenheit des Nachtzuschlag von 17 € zu rechtfertigen, weil der Nachtzuschlag auf den vereinbarten Bruttostundenlohn zu zahlen ist. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 ArbZG. Der für geleistete Nachtarbeit geschuldete angemessene Zuschlag ist danach “auf” das dem Arbeitnehmer hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren (vgl. BAG, Urteil vom 25. April 2018 – 5 AZR 25/17, juris, Rdnr. 39; BAG, Urt. v. 9.12.2015 – 10 AZR 156/15, juris, Rdnr. 26). Dass der um 1,63 € höhere Bruttostundenlohn der Klägerin ausschließlich dafür gezahlt wird, dass sie Nachtarbeit leistet, so dass es sich dabei um einen für die Nachtarbeit gezahlten höheren Bruttostundenlohn handelt, trägt die Beklagte selbst nicht vor. Dem von der Klägerin bestritten Vorbringen der Beklagten kann auch nicht ansatzweise entnommen werden, wie sie zu dem Ergebnis kommt, dass der Stundenlohn der Klägerin tatsächlich um 1,63 € höher als der Bruttostundenlohn der übrigen vergleichbaren Mitarbeiter ist, da sie ihr Vorbringen insoweit auf die pauschale Behauptung beschränkt, dass der Lohn der Klägerin um diesen Betrag höher ist.

Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass die Arbeitsvertragsparteien auf eine gesonderte Zuschlagsregelung verzichten und stattdessen den Grundlohn wegen der vereinbarten Nachtarbeit entsprechend erhöhen. Von einer derartigen pauschalen Abgeltung des Nachtarbeitszuschlags kann jedoch nur ausgegangen werden, wenn der Arbeitsvertrag konkrete Anhaltspunkte für eine Pauschalierung enthält. Hierfür ist allerdings regelmäßig erforderlich, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und dem (zusätzlichen) Nachtarbeitszuschlag unterschieden wird; jedenfalls muss ein Bezug zwischen der zu leistenden Nachtarbeit und der Lohnhöhe hergestellt sein (vgl. BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 – 10 AZR 156/15, juris, Rdnr. 59 m.w.N). Hierfür fehlen jedoch im vorliegenden Fall jegliche Anhaltspunkte. Der Stundenlohn ist nach dem Arbeitsvertrag unabhängig von der konkret zugewiesenen Tätigkeit und insbesondere unabhängig davon zu zahlen, ob der die Klägerin zu Tag- oder Nachtarbeit eingeteilt wird, wobei für die Nachtarbeit an alle Arbeitnehmer der Nachtzuschlag von 17% gezahlt wird. Da somit nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass der an die Klägerin gezahlte Bruttostundenlohn nicht nur die Regelvergütung für die geleisteten Arbeitsstunden, sondern teilweise auch eine Pauschalierung als Ausgleich für die Nachtarbeit enthält, kann insoweit auch offenbleiben, ob die Klägerin im Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern tatsächlich um einen um 1,63 € höheren Stundenlohn erhält.

Der Einwand der Beklagten, dass während der Nachtarbeit keine Beaufsichtigung durch den Vorgesetzten erfolge und die Tätigkeiten hinsichtlich der Arbeitsergebnis eine geringere Kontroll- sowie Belastungssituation aufwiesen, ist schon deswegen nicht geeignet, eine Reduzierung des regelmäßigen Nachtzuschlags zu rechtfertigen, weil dieser Vortrag zum einen viel zu pauschal ist. Zum anderen ist auch nicht ersichtlich, wieso eine fehlende Beaufsichtigung und damit eine geringere Kontroll- und Belastungssituation eine Reduzierung des Nachtzuschlags rechtfertigen sollten. § 6 Abs. 5 ArbZG knüpft nicht an die Schwere der Tätigkeit als solcher, sondern an die besonderen Belastungen durch jede (Voll-)Arbeit in der Nachtzeit an (vgl. BAG, Urteil vom 25. April 2018 – 5 AZR 25/17, juris, Rdnr. 54). Dass während der Nachtarbeit andere Tätigkeiten zu verrichten sind, trägt die Beklagte selbst nicht vor. Ebenso wenig trägt die Beklagte konkret vor, warum die Belastung durch dieselben Tätigkeiten während der Nachtarbeit nur deswegen erheblich geringer sein soll, weil keine Kontrolle während der Nachtzeit sattfindet, zumal die Qualität der von der Klägerin geschuldeten Tätigkeit unabhängig von der Arbeitszeit ist. Zu Recht hat das Arbeitsgericht in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass sich die in der Nacht erbrachten Arbeitsergebnisse so oder so ohne weiteres ablesen und ggf. in der Frühschicht kontrollieren bzw. nachhalten ließen.

Zu Unrecht rügt die Beklagte schließlich auch, dass bei der Ermittlung der Höhe des angemessenen Nachtzuschlags zu berücksichtigen sei, dass sie den Nachtzuschlag nicht nur für die Nachtarbeit im Sinne des § 2 Abs. 3 ArbZG, also für die Zeit von 23.00 Uhr bis 06.00 Uhr, sondern bereits ab 22.00 Uhr zahle, da die für die Zeit von 22.00 Uhr bis 23.00 Uhr nach dem Arbeitsvertrag zu zahlenden “Nachzuschläge” nicht auf die Nachtarbeitsstunden gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG umgerechnet werden können. Denn insoweit handelt es sich es keine Leistung für die während der Nachtzeit erbrachte Arbeit. Es fehlt ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes, weil diese Zuschläge nicht auf das für die Nachtarbeit im Sinne von § 2 Abs. 3 ArbZG geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt werden, sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit. Dafür, diese Zuschläge im Rahmen der Angemessenheitsprüfung zulagenmindernd berücksichtigen, gibt es keine Grundlage Dies gilt auch dann, wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass dieser “Spätarbeitszuschlag” ähnlichen Zwecken dient wie der gesetzliche Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG. Ein Ausgleichszweck für Nachtarbeit im Sinne des § 2 Abs. 3 ArbZG wird durch diese Leistung nicht erreicht (vgl. BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 – 10 AZR 423/14, juris, Rdnr. 37; BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 – 10 AZR 156/15, juris, Rdnr. 61).

Begründet ist die Berufung der Beklagten dagegen insoweit, als das Arbeitsgericht der Klägerin einen Nachtzuschlag, der über 25% des Bruttostundenlohnes für jede Nachtstunde hinausgeht, also einen Nachtzuschlag von 30 % pro Nachtstunde zugesprochen hat.

Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, bei Dauernachtarbeit ein Zuschlag von 30 % pro Stunde regelmäßig angemessen ist (vgl. BAG, Urteil vom 25. April 2018 – 5 AZR 25/17, juris, Rdnr. 50; BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 – 10 AZR 423/14, juris, Rdnr. 30, 50 ff.). In dem streitgegenständlichen Zeitraum von 2015 bis 2017 hat die Klägerin jedoch nach Auffassung der Kammer keine Dauernachtarbeit verrichtet, da das Vorliegen der Voraussetzungen für die Annahme einer Dauernachtarbeit weder unstreitig sind noch von der Klägerin ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt worden sind.

Das Vorliegen einer Dauernachtarbeit hat nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Folge dass sich der regelmäßig für Nachtarbeit geschuldete Nachtzuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG von 25% auf 30% des geschuldeten Stundenlohnes erhöht. Dementsprechend handelt es sich dabei um eine für die Klägerin im Verhältnis zum Normalfall günstigere Tatsache, für deren Vorliegen nach allgemeinen Darlegungs- und Beweislastgrundsätzen derjenige die Darlegungs- und Beweislast trägt, der sich auf die günstigere Tatsache beruft (vgl. BAG, Urteil vom 24. Mai 2012 – 2 AZR 62/11, juris, Rdnr. 43; BAG, Urteil vom 12. Dezember 2018 – 4 AZR 271/18, juris, Rdnr. 30; BGH, Urteil vom 17. Februar 2004 – X ZR 108/02 -, juris, Rdnr. 15). Ausgehend von diesen allgemeinen Darlegungs- und Beweislastgrundsätzen trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für die Angemessenheit des gezahlten Zuschlags, also die Erfüllung des bestehenden Nachtzuschlagsanspruchs trägt, während die Klägerin, die einen angemessenen Nachtarbeitszuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG geltend macht, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Dauerarbeit, bei der regelmäßig ein erhöhter Nachzuschlag von 30 % angemessen ist, trägt. Denn der Arbeitnehmer, der einen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG begehrt, hat zur Schlüssigkeit der Klage jedenfalls zunächst darzulegen – und im Fall des Bestreitens zu beweisen -, dass er Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 ArbZG ist sowie in welchem Umfang er Nachtarbeit geleistet hat (so ausdrücklich BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 – 10 AZR 423/14, juris, Rdnr. 32). Die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers erstreckt sich damit auch auf für Voraussetzungen für die Annahme Dauernachtarbeit.

Dauernachtarbeit liegt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor, wenn ein Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag bzw. nach entsprechender Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber dauerhaft in Nachtarbeit tätig wird (vgl. BAG, Urteil vom 25. April 2018 – 5 AZR 25/17, juris, Rdnr. 50; BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 – 10 AZR 423/14, juris, Rdnr. 28). Diese Voraussetzungen sind jedoch vorliegend nicht erfüllt.

Die Klägerin hatte nach dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses nicht lediglich Dauernachtarbeit zu leisten.

Der schriftliche Arbeitsvertrag zwischen den Parteien vom 24.07.2018 sieht unter Ziffer 4 ausdrücklich vor, dass sich die Lage der Arbeitszeit nach den geltenden betrieblichen Regelungen richtet und die Klägerin verpflichtet ist, im gesetzlich zulässigen Rahmen unter anderen Schichtarbeit zu leisten. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Ziffer 4 des schriftlichen Arbeitsvertrages schuldet die Klägerin demnach nicht nur ausschließlich Nachtarbeit, sondern war und ist verpflichtet im Schichtbetrieb zu arbeiten. Eine Verpflichtung zur Ableistung einer Dauernachtarbeit kann somit nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 24.07.2018 nicht angenommen werden.

Die Arbeitspflicht der Klägerin hat sich nicht hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit auch nachträglich auf die Nachtschicht konkretisiert. Denn eine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf eine bestimmte Schicht, insbesondere auf eine Nachtschicht, kann mach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht ohne weiteres bereits deshalb angenommen werden, weil der Arbeitgeber von dem ihm hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit nach § 106 GewO zustehenden Direktionsrecht längeren Zeitraum keinen Gebrauch gemacht hat. Denn grundsätzlich ist für jeden Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar, dass sich die Lage der Arbeitszeit mangels abweichender Regelungen grundsätzlich nach betrieblichen Notwendigkeiten richtet. Dementsprechend sind für eine nachträgliche Konkretisierung der Lage der Arbeitszeit auf eine ganz bestimmte Schicht im Einzelfall besondere Umstände erforderlich, die die Annahme eines solchen Ausnahmefalls rechtfertigen würden. Solche besonderen Umstände sind weder ersichtlich noch im einzelnen von der Klägerin vorgetragen worden, die selbst zu Protokoll der Berufungsverhandlung auch erklärt hat, dass es in ihrer Abteilung auch Zeiten gegeben hat, in denen nicht in der Nacht gearbeitet wurde und man ihr diese vorher auch gesagt hat. Im Übrigen ist zwischen den Parteien auch unstreitig, dass die Klägerin jedenfalls an einzelnen Tagen auch in anderen Schichten gearbeitet hat. Dementsprechend ist auch die von der Klägerin erhobene Klage gerichtet auf eine Verurteilung der Beklagten dazu, sie ausschließlich in der Nachtarbeit zu beschäftigen durch inzwischen rechtskräftiges Urteil der Berufungskammer vom 29.01.2019 (2 Sa 757/18) abgewiesen worden. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen an auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils Bezug genommen.

Eine Dauernachtarbeit der Klägerin kann entgegen ihrer Ansicht auch nicht mit der Begründung angenommen werden, dass die Klägerin nach einer entsprechenden Ausübung des Direktionsrechts in dem streitgegenständlichen Zeitraum dauerhaft in der Nachtarbeit tätig war.

Unter welchen Voraussetzungen eine “dauerhafte Tätigkeit in der Nachtarbeit” und damit eine “Dauernachtarbeit” angenommen werden kann, insbesondere ob und gegebenenfalls inwieweit ein Einsatz in anderen Schichten an einzelnen Arbeitstagen der Annahme einer Dauernachtarbeit entgegensteht, wenn der Arbeitnehmer zwar nach dem Arbeitsvertrag auch Wechselschicht schuldet, nicht regelmäßig, jedenfalls nicht häufig wechselnde Schichten verrichtet, sondern grundsätzlich über ein einen längeren Zeitraum in der Nachtschicht eingesetzt wird, ist noch nicht abschließend geklärt. Unklar ist dabei auch, auf welche Zeiträume bei der Beurteilung des Vorliegens einer Dauernachtarbeit abzustellen ist.

In den bisher vom Bundesarbeitsgericht und den Landesarbeitsgerichten zu Angemessenheit des Nachtzuschlags entschiedenen und veröffentlichten Fällen war jeweils unstreitig, dass der Arbeitnehmer dauerhaft zumindest teilweise Tätigkeiten in der Zeit von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr morgens, also während der Nachtzeit i.S.d. § 2 Abs. 3 ArbZG verrichtet hat, da sich die Entscheidungen weitgehend auf Nachtwachen, Paketzusteller, Zeitungszusteller im Nachtdienst oder Nachtportiere bezogen haben, sodass die Tätigkeit in Dauernachtarbeit unproblematisch war, was aber vorliegend gerade nicht der Fall ist.

Der Klägerin ist zwar einzuräumen, dass allein die Tatsache, dass sie wegen der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit sowie wegen der gewährten Urlaubstage keine Nachtarbeit erbracht hat, der Annahme einer Dauernachtarbeit nicht entgegen steht, was nach Auffassung der Kammer auch selbst verständlich ist. Denn die Klägerin war während dieser Zeit von der Erbringung der Arbeitspflicht unter Fortzahlung der ihr nach § 11 BUrlG bzw. §§ 3, 4 EFZG zustehenden Vergütung freigestellt, was nicht den Charakter des Arbeitseinsatzes in zeitlicher Hinsicht verändern kann. Dies ergibt sich schon zwangsläufig auch daraus, dass diese Fälle der Fallgruppen “Lohn ohne Arbeit” gesetzlich geregelt sind. Anderenfalls könnte es schon wegen des zwingenden Charakters des gesetzlichen Mindesturlaubs nach § 3 BUrlG keine Dauernachtarbeit geben. Die Beklagte stellt das Vorliegen der Dauernachtarbeit der Klägerin wegen der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bzw. wegen des Urlaubs auch nicht infrage.

Keine Dauernachtarbeit liegt aber nach Auffassung der Kammer vor, wenn die krankheitsbedingten Fehlzeiten bzw. Urlaubstage in einem Zeitraum liegen, zu dem der Arbeitnehmer wegen eines angeordneten bzw. bevorstehenden Schichtwechsels nicht in der Nachtschicht eingesetzt worden wäre, wenn er nicht krankheitsbedingt bzw. urlaubsbedingt abwesend wäre, die Nachtarbeit also nicht wegen der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bzw. der Urlaubszeit des Arbeitnehmers ausgefallen ist, sondern deshalb, weil die Nachtarbeit wegen der veränderten Arbeitszeiten im Betrieb während bestimmter Zeiträume vorübergehend gar nicht verrichtet werden konnte und sollte, was der Annahme einer Dauernachtarbeit jedenfalls dann entgegensteht, wenn es sich dabei nicht nur um einzelne Tage im Jahr bei im Übrigen gleichbleibender Nachtarbeit handelt.

Nach dem Vorbringen der Beklagten wurde in der Betriebsvereinbarung vom 14.02.2017 sowie vom 21.03.2017 geregelt, dass unter anderen in der Betriebsabteilung der Klägerin in der Zeit vom 27.02.2017 bis zum einschließlich 13.04.2017 die Nachtschicht entfällt. Die Klägerin hat unstreitig am 27. 02. und 28.02.2017 sowie am 01.03.2017 zunächst in einer anderen Schicht gearbeitet, hatte dann am 02.03. und 03.03.2017 Urlaub und war dann anschließend in der Zeit vom 6.03. bis zum einschließlich 16.04.2017 arbeitsunfähig krank, so dass die Tätigkeiten der Klägerin in dieser Zeit objektiv nicht wegen Urlaubs bzw. Krankheit, sondern aufgrund einer Änderung der betriebsüblichen Arbeitszeiten ausgefallen sind. Dass und wann sie schon vor Abschluss dieser Betriebsvereinbarungen Urlaub beantragt hat, hat die Klägerin selbst nicht vorgetragen, während die Beklagte insoweit vorgetragen hat, dass die Klägerin, wenn sie bei Änderungen der Schichten nicht arbeitsunfähig krank war, sondern Urlaub hatte, diesen Urlaub kurzfristig beantragt hat.

Soweit die Klägerin im Schriftsatz vom 28.02.2019 bestritten hat, dass es sich dabei um wirksame Betriebsvereinbarungen gehandelt habe und unter Berufung auf das Zeugnis der ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden C1 vorgetragen hat, dass die von der Beklagten vorbereiteten und vorformulierten Betriebsvereinbarungen vom Betriebsratsvorsitzenden allein ohne Konsultation mit dem Gremium unterzeichnet worden seien, so kann offenbleiben, ob die Nachtschichten in der Zeit vom 27.02. bis zum 13.04.2017 aufgrund von wirksamen Betriebsvereinbarungen weggefallen sind. Denn dies ändert nichts daran, dass während dieser Zeit die Nachtarbeit tatsächlich aufgrund dieser Vereinbarungen nicht geleistet worden ist, so dass der mit dem Nachtzuschlag beabsichtigte Ausgleich für die besondere Belastung durch die Arbeit während der Nachtzeit nicht notwendig wäre. Im Übrigen hat die Klägerin selbst nicht behauptet, dass sie der Änderung der Arbeitszeit widersprochen und ihrer Arbeitskraft auch in der Nachtarbeit angeboten hat, bevor sie am dritten und vierten Urlaub hatte und dann ab anschließend arbeitsunfähig krank war. Vielmehr hat sie zunächst am 27. und 28.02.2017 sowie am 01.03.2017 in einer anderen Schicht gearbeitet, so dass sie den für die Dauernachtarbeit erforderlichen Nachtzuschlag nicht nachträglich mit der Begründung verlangen kann, dass die Änderung der Arbeitszeit, der sie nicht widersprochen hat, unwirksam war. Dies gilt vorliegend umso mehr, weil die Klägerin selbst zu Protokoll der Berufungsverhandlung erklärt hat, dass es in ihrer Abteilung auch Zeiten gegeben habe, in denen nachts nicht gearbeitet und ihr dies auch vorher mitgeteilt worden sei. Dass sie zu irgendeinem Zeitpunkt der ihr mitgeteilten Änderungen der Arbeitszeit widersprochen hat, hat die Klägerin selbst nicht vorgetragen.

Darüber hinaus ist zwischen den Parteien auch unstreitig, dass die Klägerin im Monat Juli 2017 an fünf Tagen in einer anderen Schicht als in der Nachtschicht gearbeitet hat, was die Klägerin selbst im Schriftsatz vom 19.06.2018 (S. 3, Bl. 125 d.A.) vorgetragen hat.

Unstreitig zwischen den Parteien ist auch, dass die Klägerin von den 21 Arbeitstagen im Juli 2016 an zehn Tagen Urlaub hatte, an sechs Tagen in der Nachtschicht und an vier Tagen in einer anderen Schicht arbeitete und nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten an einem Tag unentschuldigt fehlte.

Darüber hinaus wurde nach dem Vorbringen der Beklagten in der ab Eiereierabteilung in der Zeit vom 15.06.2015 bis zum 10.07.2015 sowie vom 07.03.2016 bis zum 18.03.2016 aufgrund entsprechender Ausgänge vom 05.06.2015 (Bl. 280 d.A.) und 25.02.2016 (Bl. 281 d.A.) unter Hinweis auf die Rücksprache mit den betroffenen Arbeitnehmern nachts nicht gearbeitet, während der Wegfall der Nachtarbeit in der Zeit vom 14.12.2015 bis zum 31.12.2015 sowie in der Zeit vom 12.12.2016 bis zum 31.12.2016 in den jeweiligen Abteilung mündlich abgesprochen worden sein soll. Die Klägerin hat zwar bestritten, dass während der von der Beklagten behaupteten Zeiten in den Jahren 2015-2017 in ihrer Beschäftigungsabteilung keine Nachtarbeit verrichtet worden ist und behauptet, dass sie während der von der Beklagten aufgelisteten “fast ausnahmslos” arbeitsunfähig krank war bzw. Urlaub hatte (S. 1 der Schriftsatzes vom 28.02.2019) und “soweit die Beklagte auf Seite ¾ der Berufungsbegründung konkrete Zeiträume aufführt, handelt es sich nach der Erinnerung der Klägerin um Zeiten, in denen im gesamten Betrieb Betriebsurlaub gemacht wurde, keineswegs um Zeiten, in denen aus betrieblichen Gründen zwar gearbeitet wurde, jedoch nicht in der Nachtschicht”. Nachdem jedoch die Beklagte ganz konkrete Zeiträume für den Wegfall der Nachtschicht in der Beschäftigungsabteilung der Klägerin unter Vorlage der Kopien von Betriebsvereinbarungen vom 14.02.2017 sowie vom 21.03.2017, ihrer Ausgänge 05.06.2015 und vom 25.02.2016 sowie unter Hinweis darauf vorgetragen hat, dass im Dezember 2015 und 2016 der Wegfall der Nachtschicht in der einer Abteilung mündlich abgesprochen worden sei, reicht dieses pauschale Vorbringen und Bestreiten der für das Vorliegen einer Dauernachtarbeit darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin nicht aus, zumal die Klägerin nicht konkret vorträgt, wann genau und wie lange Betriebsurlaub in den einzelnen Jahren war, die Nachtschichten der Klägerin in dem Monat Dezember 2016 und 2017 entgegen ihrem Vorbringen schon nach den von ihr selbst vorgelegten Abrechnungen nicht generell wegen Betriebsferien weggefallen sein konnten, weil sie während dieser Zeiten jedenfalls auch arbeitsunfähig krank war und die Klägerin in der Berufungsverhandlung selbst zu Protokoll ausdrücklich erklärt hat, dass es in ihrer Abteilung auch Zeiten gegeben habe, zu den nicht in der Nachtarbeit gearbeitet und ihr dies vorher auch mitgeteilt worden sei. Dementsprechend war zu Lasten der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin davon auszugehen, die Nachtschichten nicht nur deswegen ausgefallen sind, weil sie während der dargestellten Zeiten arbeitsunfähig krank war oder Urlaub hatte, sie also ansonsten Nachtschichten hätte. Dementsprechend war auch anzunehmen, dass die Klägerin auch ohne die krankheitsbedingten Fehlzeiten und Urlaubszeiten während des streitgegenständlichen Zeitraumes von 2015 bis 2017 im nicht nur geringfügigen Umfang nicht in der Nachtschicht gearbeitet hätte, sodass sie keine Dauernachtarbeit verrichtet hat.

Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin steht ihr ein Anspruch auf einen Nachtzuschlag von 30% für die streitgegenständlichen Nachtstunden wegen des erheblichen Umfangs der Nachtstunden auch nicht unabhängig vom Vorliegen einer Dauernachtarbeit zu. Der Klägerin ist dabei zuzugeben, dass nach bisherigem Kenntnisstand in der Arbeitsmedizin die Belastung durch die Anzahl der Nächte pro Monat und die Anzahl der Nächte hintereinander, in denen Nachtarbeit geleistet wird steigt. Die Kammer hält jedoch nicht zuletzt aus Gründen der Rechtssicherheit daran fest, dass ein Nachtzuschlag für Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 4 ArbZG im Regelfall in Höhe von 25% des Stundenlohnes angemessen ist und bei Dauernachtarbeit eine Erhöhung dieses Zuschlags um weitere 5 % auf 30 % des Stundenlohnes für jede Nachtarbeitsstunde gerechtfertigt ist. Eine weitere Abweichung von diesen Regelsätzen kann zwar im Einzelfall wegen der Besonderheiten der Tätigkeiten und der dadurch verminderten oder erhöhten Belastungen während der Nachtarbeit gerechtfertigt sein kann, nicht aber Erhöhung des Nachtzuschlags auf 30%, wenn zwar keine wohl aber Nachtarbeit im ganz überwiegenden Umfang (ab wann?) verrichtet wurde. Dies gilt auch vorliegend.

Da der Klägerin bereits aus den dargelegten Gründen kein Anspruch auf einen über 25 % hinausgehenden Nachtzuschlag pro Stunde zusteht, weil sie keine” Dauernachtarbeit” verrichtet hat, kann offenbleiben, ob ein Nachtzuschlag von 30% auch in den Fällen angemessen wäre, in denen – wie vorliegend – nicht nur der Arbeitgeber die Nachtarbeit aufgrund seines ihm nach § 106 GewO zustehenden Direktionsrechts anordnet, sondern diese von dem Arbeitnehmer unter Berufung auf eine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf die dauerhafte Nachtarbeit bzw. Ausübung des Direktionsrechts nach billigen Ermessen im Sinne des § 106 GewO begehrt wird. Bedenken gegen die Angemessenheit eines Nachtzuschlags von 30 % bei einer derartigen Dauernachtarbeit könnten vorliegend deswegen bestehen, weil die Klägerin den dauerhaften Einsatz in der Nachtschicht unter Berufung darauf generell geltend macht, dass sie wegen der notwendigen Pflege ihrer Mutter, also aus persönlichen Gründen, darauf angewiesen ist, nachts zu arbeiten. Die Nachtarbeit also ausdrücklich von ihr gewünscht wird, nicht zuletzt auch wegen der Höhe der Nachtzuschläge in ihrem Interesse erklärten Interesse liegt und sie sich gegen den Einsatz in anderen Schichten unter Berufung auf die Konkretisierung ihrer Arbeitspflicht auf dauerhafte Nachtarbeit bzw. fehlerhafte Ausübung des Direktionsrechts trotz der Ziffer 4 des schriftlichen Arbeitsvertrages, die eindeutig eine Schichtarbeit vorsieht, an sich, auch gerichtlich, wehrt. Denn mit dem Nachtzuschlag soll die Nachtarbeit für den Arbeitgeber aus Gründen des Gesundheitsschutzes an sich verteuert werden, damit Nachtarbeit möglichst nur dort eingerichtet wird, wo dies unvermeidbar ist. Nicht bezweckt ist dagegen mit einem höheren Nachtzuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG angesichts der mit der Dauern der Nachtarbeit steigenden gesundheitlichen Belastungen zusätzliche Anreize für eine Dauernachtarbeit zu schaffen, was den Sinn und Zweck des § 6 Abs. 5 ArbZG (vgl. dazu LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17. Oktober 2017 – 2 Sa 59/17, juris, Rdnr. 89).

Begründet ist die Berufung der Beklagten schließlich auch insoweit, als das Arbeitsgericht der Klägerin eine Verzugspauschale in Höhe von insgesamt 640 € zugesprochen hat. Den § 288 Abs. 5 BGB steht nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 12.12.2018 – 5 AZR 588 /17, juris, Rdnr. 44 ff.; BAG vom 25.09.2018-8 AZR 26 / 18, Juris, Rdnr. 23 ff. die Regelung des §§ 12 Buchst. a ArbGG gegen, so dass kein Anspruch auf die Verzugspauschale besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG. Die Kostenquote entspricht dem Verhältnis des gegenseitigen bzw. Unterliegens.

Die Revision war für die Klägerin nach Auffassung der Kammer wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG insoweit zugelassen als ihr kein über 25 % pro Stunde hinausgehender Nachtzuschlag zugesprochen worden ist. Die Frage nach dem Vorliegen von “Dauernachtarbeit” ist noch nicht höchstrichterlich für den Fall geklärt, dass nicht ausschließlich Tätigkeiten während der Nacht erbracht werden.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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