LAG Hamm, Urteil vom 26.08.2015 – 2 Sa 263/15

Juni 27, 2020

LAG Hamm, Urteil vom 26.08.2015 – 2 Sa 263/15

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 15.01.2015 – 4 Ca 2444/14 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger weitere Schichtfreizeittage unter dem Gesichtspunkt der Altersdiskriminierung zu gewähren.

Der 1967 geborene Kläger ist seit dem 01.04.1988 für die Beklagte als Croupier im Schichtdienst in der Spielbank E zu einem durchschnittlichen Bruttomonatseinkommen von zuletzt ca. 4.000,00 € beschäftigt.

Im Jahr 2013 wurden dem Kläger 6 Schichtfreizeittage gewährt. Die Gewährung von Schichtfreizeittagen geht auf bei der Beklagten bestehende Haustarifverträge zurück. Mit Inkrafttreten des Manteltarifvertrages vom 27.05. / 08.07.1994 (im Folgenden MTV 1994) gewährte die Beklagte ihren Mitarbeitern Schichtfreizeittage. Gemäß § 5 Nr. 1 MTV 1994 stand den Arbeitnehmern, zu denen auch der Kläger gehörte, gestaffelt nach Lebensalter eine bestimmte Anzahl von Schichtfreizeittagen pro Kalenderjahr zu. In Schichten arbeitende Mitarbeiter erhielten bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres 6 Schichtfreizeittage, bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres 8 Schichtfreizeittage und danach 9 Schichtfreizeittage pro Kalenderjahr (wegen der Einzelheiten des MTV 1994 vgl. Bl. 19 ff. d.A.). In Ziffer 3 b der Protokollnotiz zum MTV 1994 ist ein Besitzstandsausgleich dahingehend geregelt, dass Mitarbeiter im Schichtdienst, die bis zum 31.12.1993 das 35. Lebensjahr vollendet haben, 1 Tag Schichtfreizeit, die das 36. Lebensjahr vollenden bis zum 40. Lebensjahr 2 Tage Schichtfreizeit und die das 41. Lebensjahr vollenden bis zum 50. Lebensjahr und darüber 3 Tage Schichtfreizeit zusätzlich erhalten.

Zum 01.03.2005 trat der Manteltarifvertrag vom 14.02.2005 (im Folgenden MTV 2005) in Kraft, der den MTV 1994 ablöste. Der MTV 2005 enthält keinen Anspruch mehr auf Schichtfreizeittage (wegen der Einzelheiten des MTV 2005 wird auf Bl. 23 ff. d. A. verwiesen). Der MTV 2005 enthält jedoch eine Zusatzvereinbarung (“Besitzstandsregelung”). Unter Nr. 1 dieser Zusatzvereinbarung heißt es wie folgt:

“Für Arbeitnehmer/innen, die zum Stichtag des Inkrafttretens des Manteltarifvertrages Anspruch auf Schichtfreizeit haben, werden diese Tage als Besitzstand festgeschrieben.”

Zum 01.07.2012 trat der Manteltarifvertrag vom 12.10.2012 (im Folgenden MTV 2012) in Kraft, der ebenfalls keinen Anspruch mehr auf Schichtfreizeittage vorsah, und der den MTV 2005 ablöste (wegen der Einzelheiten des MTV 2012 wird auf Bl. 10 ff. d.A. verwiesen). Der MTV 2012 enthält eine wortgleiche Besitzstandsregelung wie der MTV 2005, die in der Zusatzvereinbarung zum MTV 2012 fixiert wurde.

Der Kläger vollendete unter der Geltung des MTV 1994 das 35. Lebensjahr. Der MTV 2005 trat vor Vollendung seines 40. Lebensjahres in Kraft. Die Beklagte gewährt dem Kläger 6 Schichtfreizeittage pro Jahr.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm ein Anspruch auf 12 Schichtfreizeittage pro Jahr zustehe. 12 Schichtfreizeittage stellten das Höchstmaß der von der Beklagten zu gewährenden Schichtfreizeittage dar. Dieses Höchstmaß erhielten die Arbeitnehmer, denen aus der Besitzstandsregelung in der Protokollnotiz zum MTV 1994 drei Schichtfreizeittage und nach § 5 MTV 1994 neun Schichtfreizeittage zustünden. Die Differenzierung hinsichtlich des Umfangs der Schichtfreizeittage nach dem Lebensalter verstoße gegen das Verbot der Altersdiskriminierung und benachteilige ihn unangemessen. Da der Umfang der Schichtfreizeittage unmittelbar an das Lebensalter der Beschäftigten anknüpfe, liege eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne des § 3 Abs. 1 AGG vor. Auch die den Besitzstand begründende Regelung in MTV 2005 und MTV 2012 leite sich aus einer altersdiskriminierenden tariflichen Regelung ab und sei daher selbst auch altersdiskriminierend. Die ungleiche Gewährung von Schichtfreizeittagen, gestaffelt nach Lebensalter, sei festgeschrieben und fortgeführt worden. Hierzu müsse weder die Zusatzvereinbarung zum MTV 2005 noch die Zusatzvereinbarung zum MTV 2012 ausdrücklich an das Lebensalter anknüpfen. Eine Rechtfertigung der vorliegenden Ungleichbehandlung ergebe sich weder aus § 8 AGG noch aus § 10 AGG. Hätten die Tarifvertragsparteien den Schutz der Gesundheit bezwecken oder einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Schichtarbeiter Rechnung tragen wollen, hätten sie tatsächlich älteren Arbeitnehmern – also die Arbeitnehmer nach Vollendung des 50. und nach Vollendung des 60. Lebensjahres – entsprechend anders berücksichtigen müssen. Er verkenne zwar nicht, dass den Tarifvertragsparteien im Interesse der Tarifautonomie eine Regelungsmacht in Bezug auf Besitzstandswahrung und bezüglich einer angemessenen Übergangszeit zustehe. Die Tarifvertragsparteien hätten sich jedoch vorliegend mit der Zusatzvereinbarung zum MTV 2005 nicht auf eine angemessene Übergangszeit verständigt, in der die diskriminierenden Regelungen fortbestehen dürften. Denn die diskriminierenden Regelungen bestünden so lange fort, bis der letzte Arbeitnehmer, der Schichtfreizeittage zu beanspruchen habe, aus dem Unternehmen ausgeschieden sei. Für ihn selbst bedeute die Besitzstandsregelung die Ungleichbehandlung wegen des Alters noch für die Dauer von mehr als 30 Jahren. Infolgedessen hätten die Tarifvertragsparteien die ihnen eingeräumte Regelungsbefugnis überschritten.

Die nicht gerechtfertigte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters führe zu einem Anspruch auf weitere Schichtfreizeittage. Dies gelte auch, wenn lediglich eine mittelbare Benachteiligung angenommen werde. Seine Diskriminierung könne nur durch nur durch eine “Anpassung nach oben” und damit die Annahme der Verpflichtung der Beklagten beseitigt werden, ihm für das Jahr 2013 weitere Schichtfreizeittage und in Zukunft kalenderjährlich 12 Schichtfreizeittage zu gewähren.

Der Kläger hat beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für das Jahr 2013 über die gewährten 6 Schichtfreizeittage hinaus weitere 6 Schichtfreizeittage zu gewähren.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger kalenderjährlich 12 Schichtfreizeittage zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass der Kläger keinen über 6 Schichtfreizeittage hinaus gehenden Anspruch habe. Mit Inkrafttreten des MTV 2005 sei das System der Schichtfreizeittage bei der Beklagten für die Zukunft ersatzlos aufgegeben worden. Dies lasse sich auch aus dem MTV 2012 ablesen, der ebenfalls keine Schichtfreizeittage mehr enthalte. Aufgrund von sozialen Erwägungen und Gesichtspunkten der Rechtssicherheit hätten sich die Tarifvertragsparteien auf die Zusatzvereinbarung zum MTV 2005 verständigt und eine Besitzstandsregelung getroffen, die durch die Zusatzvereinbarung zum MTV 2012 fortgeführt worden sei. Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien seien künftig lediglich die Schichtfreizeittage als Besitzstand weiter zu gewähren, die sie bis zum Inkrafttreten des MTV 2005 erworben worden seien, es sei also nach dem Willen der Tarifvertragsparteien lediglich der Status Quo festgeschrieben worden. Es sei keine Weitergeltung der bisherigen Regelung zu den Schichtfreizeittagen vereinbart worden, sondern mit dem an das Lebensalter anknüpfenden System gänzlich gebrochen worden. Die Verpflichtung zur Gewährung von Schichtfreizeittagen wachse sich mit der Zeit aus, weil neu eintretende Mitarbeiter keine Schichtfreizeittage mehr erhielten und die von ihr zu leistenden Schichtfreizeittage sich schrittweise in dem Maße reduzierten, wie Mitarbeiter, die bis zum 01.03.2005 Schichtfreizeittage erworben hätten, aus ihren ausscheiden würden. Es handele sich bei der Zusatzvereinbarung zum MTV 2005 / MTV 2012 mithin um eine den Status Quo abbildende Übergangsregelung, und zwar zum Abbau einer bestimmten bis dahin gewährten tariflichen Leistung (Schichtfreizeittage).

Eine unmittelbare Altersdiskriminierung liege entgegen der Ansicht des Klägers nicht vor, da sowohl die Zusatzvereinbarung zum MTV 2005 als auch die wortgleiche Zusatzvereinbarung zum MTV 2012 nicht an das Lebensalter anknüpfen, sondern auf die Betriebszugehörigkeit zu einem bestimmten Stichtag abstellten. Die Betriebszugehörigkeit sei jedoch kein verpöntes Diskriminierungsmerkmal im Sinne des § 1 AGG. Selbst wenn sich eine mittelbare Diskriminierung hieraus ergeben würde, wäre diese gemäß § 3 Abs. 2 AGG gerechtfertigt. Denn die Tarifvertragsparteien hätten die vergangenheitsbezogene Besitzstandwahrung regeln dürfen. Insbesondere hätten sie ein rechtmäßiges Ziel verfolgt. Denn das Vertrauen der Mitarbeiter, die bereits während eines bestimmten Zeitraumes für sie tätig gewesen seien und sich unter den damals geltenden Bestimmungen für ein Arbeitsverhältnis mit ihr entschieden hätten, habe aufgrund der getroffenen Besitzstandsregelung nicht enttäuscht werden und die verdienten Ansprüche nicht verlustig gehen sollen. Es sei auch erforderlich und angemessen, dies über eine an die Betriebszugehörigkeit anknüpfende Besitzstandswahrung zu regeln. Die Tarifvertragsparteien seien auch berechtigt, ein Regelungssystem übergangsweise zu statuieren, in dem für eine Übergangszeit unterschiedliche Freizeitausgleichsansprüche bestehen.

Darüber hinaus sei § 5 MTV 1994 sowie die Regelung der Ziffer 3 b der Protokollnotiz des MTV 1994 gerechtfertigt, da die Tarifvertragsparteien bei der Staffelung der Anzahl der Schichtfreizeittage den Gesundheitsschutz älterer Arbeitnehmer als legitimes Ziel verfolgen dürften. Mitarbeiter nach Vollendung des 40., jedenfalls aber nach Vollendung des 50. Lebensjahres, die regelmäßig in Schichten arbeiten, hätten einen erhöhten Erholungsbedarf.

Jedenfalls hat der Kläger nach Ansicht der Beklagten keinen Anspruch auf Anpassung nach oben, also auf künftige Gewährung von 12 Schichtfreizeittagen pro Kalenderjahr. Denn die Tarifvertragsparteien hätten mit dem MTV 2005, fortgeführt durch den MTV 2012, eine Änderung hinsichtlich der Schichtfreizeittage dahingehend herbeigeführt, dass es schlichtweg keine Schichtfreizeittage mehr gebe. Demgemäß seien die Schichtfreizeittage nach dem MTV 2005 und 2012 auch nicht mehr an das Alter gekoppelt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 15.01.2015 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Kläger kein Anspruch auf weitere 6 Schichtfreizeittage für das Jahr 2013 zustehe.

Ein Anspruch auf 12 Tage Schichtfreizeit pro Kalenderjahr könne nicht aus der Protokollnotiz zum MTV 1994 abgeleitet werden. Zwar sei dort unter Nr. 3 b eine Besitzstandsregelung in Bezug auf Schichtfreizeittage enthalten. Diese Regelung greife jedoch zugunsten des Klägers nicht ein, da er am 31.12.1993 das 35. Lebensjahr noch nicht vollendet habe. Aus dem MTV 1994 könne auch kein Anspruch auf 9 Schichtfreizeittage für den Kläger abgeleitet werden. Gemäß § 5 Nr. 1 MTV 1994 erhielten zwar Mitarbeiter nach Vollendung des 50. Lebensjahres 9 Schichtfreizeittage pro Jahr. Abgesehen jedoch davon, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Geltung des MTV 1994 das 50. Lebensjahr nicht vollendet habe, sei der MTV 1994 am 28.02.2005 außer Kraft getreten, da er gemäß § 14 Nr. 2 MTV 2005 von diesem Tarifvertrag abgelöst worden sei. Ein Anspruch des Klägers auf Schichtfreizeittage lasse sich auch nicht aus den Zusatzvereinbarungen zu MTV 2005 und – wortgleich – MTV 2012 herleiten. Nach beiden Manteltarifverträgen bestehe ein Anspruch auf Schichtfreizeittage mehr. In den jeweiligen Zusatzvereinbarungen sei zwar eine Besitzstandsregelung getroffen worden, nach der für Arbeitnehmer, die zum Stichtag des Inkrafttretens des Manteltarifvertrages 2005 Anspruch auf Schichtfreizeit hätten, diese Tage als Besitzstand festgeschrieben worden seien. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MTV 2005 habe jedoch der Kläger unstreitig Anspruch auf 6 Schichtfreizeittage pro Jahr gehabt, die ihm als Besitzstand festgeschrieben worden seien. Weitere Ansprüche stünden dem Kläger nicht zu.

Entgegen der Auffassung des Klägers liege weder nach der Zusatzvereinbarung zum MTV 2005 noch nach der Zusatzvereinbarung zum MTV 2012 eine unmittelbare Altersdiskriminierung vor. Denn die darin enthaltenen Besitzstandsregelungen knüpften nicht (mehr) an das jeweilige Lebensalter der betreffenden Mitarbeiter und damit auch nicht an das Alter des Klägers an, sondern daran, ob ein Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Manteltarifvertrages 2005 bestanden und in diesem bereits Ansprüche auf eine bestimmte Anzahl von Schichtfreizeittagen erworben worden seien. Die Betriebszugehörigkeit sei jedoch kein verpöntes Diskriminierungsmerkmal im Sinne des § 1 AGG und könne daher zur Differenzierung von Ansprüchen von Mitarbeitern zulässigerweise herangezogen werden.

Dem Kläger sei zwar zuzugestehen, dass eine Besitzstandsregelung, die an erworbene Ansprüche in der Vergangenheit anknüpfe, zu unterschiedlich vielen Schichtfreizeittagen der betroffenen Mitarbeiter in jeweiliger Abhängigkeit zum Lebensalter führe, sodass insofern eine mittelbare Diskriminierung nicht ausgeschlossen sei. Eine etwaige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters wäre jedoch sachlich gerechtfertigt.

Eine mittelbare Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals könne nach § 3 Abs. 2 2. Halbsatz AGG durch ein legitimes Ziel und die Wahl verhältnismäßiger Mittel zu seiner Durchsetzung gerechtfertigt werden. Rechtmäßige Ziele im Sinne von § 3 Abs. 2 AGG könnten alle nicht diskriminierenden und auch im Übrigen legale Ziele sein. Die differenzierende Maßnahme müsse geeignet und erforderlich sein, um das legitime Ziel zu erreichen und einen im Verhältnis zur Bedeutung des Ziels noch angemessenen Eingriff in die Rechte des Benachteiligten darstellen. Letztlich sei § 3 Abs. 2 AGG eine spezialgesetzliche Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG.

Tarifvertragsparteien könnten Regelungen treffen, die Ungleichbehandlungen wegen des Alters einschließen. Sie verfügten nicht nur bei der Entscheidung darüber, welches konkrete Ziel von mehreren im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik sie verfolgen wollen, sondern auch bei der Festlegung der Maßnahme zu seiner Erreichung über ein weites Ermessen. Im Rahmen dieses Ermessens müsse die Ungleichbehandlung wegen des Alters jedoch zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. Die Wahrung des Besitzstandes einer Personengruppe sei ein zwingender Grund des Allgemeininteresses, der eine Einschränkung rechtfertige und somit ein legitimes Ziel darstelle. Wenn ein diskriminierendes System durch ein auf objektive Kriterien gestütztes System ersetzt werde, sei nicht zu beanstanden, wenn zugleich für einen befristeten Übergangszeitraum einige der diskriminierenden Auswirkungen bestehen blieben. Daher könnten die Tarifvertragsparteien zum Ausgleich ihrer jeweiligen Interessen festlegen, dass auch für einen begrenzten überschaubaren Übergangszeitraum die diskriminierenden Auswirkungen aufrecht erhalten werden dürften.

Davon ausgehend sei eine in den Besitzstandsregelungen der MTV 2005 und 2012 möglicherweise liegenden mittelbare Diskriminierung wegen des Alters gerechtfertigt. Die Tarifvertragsparteien hätten im Jahr 2005 eine Regelung getroffen, die den Status Quo der bis zum 01.03.2005 erworbenen Schichtfreizeittage festschreibe, also Besitzstandswahrung nur für die bis zum 01.03.2015 bereits erworbenen Schichtfreizeittage regele. Weitere, zusätzliche Schichtfreizeittage könnten seit Inkrafttreten des MTV 2005 nicht mehr erworben werden, und zwar weder von den bereits in den Diensten der Beklagten stehenden Mitarbeitern noch von zukünftig eintretenden Mitarbeitern. Neu eintretende Mitarbeiter erhielten vielmehr überhaupt keine Schichtfreizeittage mehr. Da die Tarifvertragsparteien sich insofern darauf verständigten, dass neu eintretende Mitarbeiter überhaupt keine Schichtfreizeittage erhielten und in den bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen keine weiteren Schichtfreizeittage hinzukommen sollten, hätten sie sich insoweit auf ein diskriminierungsfreies System verständigt, zumindest bestünden für eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung keine Anhaltspunkte. Die Tarifvertragsparteien dürften zudem die vergangenheitsbezogene Besitzstandswahrung regeln und insofern eine Übergangslösung schaffen. Denn mit der Besitzstandswahrung verfolgten die Tarifvertragsparteien das Ziel, dass die Mitarbeiter, die bereits für die Beklagte tätig gewesen seien und unter den damals geltenden Regelungen Ansprüche auf Schichtfreizeit erworben hätten, in ihrem Vertrauen auf erworbene Anwartschaften nicht enttäuscht werden und dieser erdienten Ansprüche nicht verlustig gehen sollten. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sei die Besitzstandswahrung ein legitimes rechtmäßiges Ziel, das von den Tarifvertragsparteien verfolgt werden könne. Dass in einem bestimmten Übergangszeitraum diskriminierende Regelungen bestehen blieben sei hinzunehmen. Es sei zwar nicht von der Hand zu weisen, dass im Betrieb der Beklagten Mitarbeiter entsprechend ihres Alters Ansprüche auf Schichtfreizeittage in unterschiedlicher Höhe hätten. Diese Ungleichbehandlung wächse sich jedoch entsprechend dem Ausscheiden der länger beschäftigten Arbeitnehmer schrittweise aus, sodass auch keine unangemessene Übergangsregelung vorliege, da sie zeitlich begrenzt und auch berechenbar sei.

Aus den gleichen Gründen sei auch der Klageantrag zu Ziffer 2 abzuweisen. Zudem ergäbe sich selbst aus dem von dem Kläger zitierten Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.03.2012 (9 AZR 529/10) keine Anpassung nach oben für die Zukunft. In der von dem Kläger zitierten Entscheidung habe das Bundesarbeitsgericht explizit darauf abgestellt, dass in dem entschiedenen Fall eine Diskriminierung wegen des Alters für die Vergangenheit dadurch beseitigt werden könne, dass eine Anpassung nach oben erfolgt. Im Übrigen würde eine gerichtliche Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger kalenderjährlich 12 Schichtfreizeittage zu gewähren, eine dauerhafte Anpassung nach oben bedeuten, was der Regelungsautonomie der Tarifvertragsparteien widersprechen würde.

Gegen das am 30.01.2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger am 24.02.2015 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 30.04.2015 am 30.04.2015 begründet. Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass das Arbeitsgericht zu Unrecht die Klage abgewiesen habe. Er selbst sei bisher nicht davon ausgegangen, dass sich der von ihm für das Jahr 2013 geltend gemachte Anspruch auf insgesamt 12 Tage Schichtfreizeit unmittelbar aus der Protokollnotiz zum MTV 1994 ergeben würde, da der MTV 1994 nebst Protokollnotiz durch den MTV 2005 abgelöst worden sei. Der Anspruch würde sich allerdings entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts daraus ergeben, dass die Zusatzvereinbarung zu dem MTV 2005 und 2012 eine unmittelbare, jedenfalls eine mittelbare Altersdiskriminierung darstellten, die nicht gerechtfertigt sei. Es könne nicht darauf ankommen, ob eine tarifliche Regelung unmittelbar oder mittelbar an ein verpöntes Diskriminierungsmerkmal im Wortlaut anknüpfe. Entscheidend müsse vielmehr sein, ob sich der Anspruch dem Grunde und/oder der Höhe nach unmittelbar nach einem verpönten Diskriminierungsmerkmal gem. § 1 AGG richte oder nicht. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MTV 2005 habe er nach § 5 Abs. 1 MTV 1994 Anspruch auf 6 Tage Schichtfreizeit, da er zu diesem Zeitpunkt bereits das 35. Lebensjahr, allerdings noch nicht das 40. Lebensjahr vollendet habe. Hätte er zu diesem Zeitpunkt bereits das 40 Lebensjahr vollendet, hätten ihm nach derselben Regelung 8 Schichtfreizeittage und nach Vollendung des 50. Lebensjahres 9 Tage Schichtfreizeit pro Jahr zugestanden. Der Umfang der Schichtfreizeittage knüpfe also unmittelbar an das Lebensalter an mit der Folge, dass eine unmittelbare Altersdiskriminierung vorliege, für die kein Rechtfertigungsgrund gegeben sei. Selbst wenn die Besitzstandsregelung in den Zusatzvereinbarungen zum MTV 2005 und 2012 nur mittelbare Diskriminierungen wegen des Alters enthielten, bestünde der geltend gemachte Anspruch, da die Tarifvertragsparteien unabhängig von der Frage, ob mit den Besitzstandsregelungen legitime Ziele verfolgt würden, jedenfalls keine verhältnismäßigen Mittel zur Durchsetzung dieser Ziele gewählt hätten. Zwar sei es nach der Rechtsprechung des EUGH hinzunehmen, dass in einem bestimmten Übergangszeitraum diskriminierende Regelungen bestehen blieben. In seiner Entscheidung vom 29.09.2014 habe der EUGH selbst jedoch nicht nur auf den Übergangscharakter der dort zur Beurteilung anstehenden Besitzstandsregelungen abgestellt, sondern insbesondere auch auf deren zeitliche Befristung. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass der den Tarifvertragsparteien zustehende Ermessensspielraum überschritten wurde. Die Besitzstandsregelung gelte für ihn jedenfalls vom Inkrafttreten des MTV 2005 bei einem Verbleib im Unternehmen der Beklagten bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, also für rund 20 Jahre, was sicherlich nicht mehr angemessen und erforderlich sei. Da die Diskriminierung für die Vergangenheit durch eine Anpassung des Anspruchs auf Schichtfreizeittage nach oben zu beseitigen sei, stehe ihm für das Jahr 2013 der geltend gemachte Anspruch zu. Der Klageantrag zu 2) sei ebenfalls begründet, weil er mit diesem Antrag lediglich geltend mache, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm unter Geltung des MTV 2012 jährlich 12 Schichtfreizeittage zu gewähren. Aufgrund des zwischenzeitlichen Zeitablaufs stünde ihm auch ein Anspruch auf zusätzliche Schichtfreizeittage für das Kalenderjahr 2014 zu.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 15.01.2015 – 4 Ca 2444/14 – die Beklagte zu verurteilen,

1. ihm für das Jahr 2013 über die gewährten 6 Schichtfreizeittage hinaus weitere 6 Schichtfreizeittage zu gewähren;

2. ihm für das Jahr 2014 über die gewährten 6 Schichtfreizeittage hinaus weitere 6 Schichtfreizeittage zu gewähren;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger kalenderjährlich 12 Schichtfreizeittage zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das Urteil des Arbeitsgerichts. Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, dass dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche nicht zustünden. Die Betriebszugehörigkeit, an die die Besitzstandsregelung anknüpfte, sei kein verpöntes Diskriminierungsmerkmal. Soweit der Kläger meine, die vergangenheitsbezogene Besitzstandswahrung führe dazu, dass ein im Vergleich zu ihm gleichalter oder älterer Kollege, der jetzt erst eingestellt werde oder nach dem 01.03.2005 eingestellt worden sei, keine Schichtfreizeittage mehr erhalte, er hingegen weiterhin 6 Schichtfreizeittage bekommen solle, so verkenne er, dass er letztlich von den Besitzstandsregelungen profitiere, die er gleichwohl angreife, da aus Gründen der Rechtssicherheit sowie aus sozialen Gesichtspunkten ein bestimmter Status Quo festgeschrieben worden sei, der tatsächlich zu unterschiedlichen vielen Schichtfreizeittagen in Abhängigkeit zum Lebensalter führe, weil dafür der Stichtag der Ablösung maßgeblich sei. Die entscheidungserheblichen Regelungen seien jedenfalls nicht im Hinblick auf das AGG zu beanstanden, da die Tarifvertragsparteien eine vergangenheitsbezogene Besitzstandsregelung aus sozialen Gründen sowie aus Gesichtspunkten der Rechtssicherheit haben regeln dürfen, was in der Rechtsprechung auch allgemein anerkannt sei. Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt werde, dass die Besitzstandsregelungen als unwirksam anzusehen seien, so führe dies keineswegs zu einem Anspruch auf zusätzliche Schichtfreizeittage für das Jahr 2013 und 2014 sowie für die Anerkennung von 12 Schichtfreizeittagen pro Kalenderjahr in der Zukunft, da die Tarifvertragsparteien mit dem MTV 2005 sowie dem MTV 2012 die Schichtfreizeittage ersatzlos gestrichen hätten, so dass ein diskriminierungsfreies System zu Schichtfreizeittagen bestehe. Dies bedeute im Ergebnis, dass die vom Kläger ausgemachte Benachteiligung wegen des Alters schlichtweg dadurch ausgeschlossen bzw. verhindert werden könne, dass die Besitzstandsregelung schlicht nicht mehr angewandt würde, so dass es für alle Mitarbeiter ausnahmslos bei den Bestimmungen des MTV 2012 bleibe mit der Folge, dass kein Mitarbeiter einen Anspruch auf Schichtfreizeittage habe.

Wegen des Vorbringens im Übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Arbeitsergebnis hat im Ergebnis zu Recht und mit überzeugender Begründung festgestellt, dass dem Kläger kein Anspruch auf zusätzliche Freischichten unter dem Gesichtspunkt einer verbotenen Altersdiskriminierung zusteht und die Klage deshalb als unbegründet abgewiesen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen. Das Vorbringen des Beklagten des Klägers in der Berufungsinstanz gibt lediglich Anlass zu folgenden Ergänzungen.

Der Umstand, dass die zusätzlichen Freischichttage auf tarifliche Besitzstandsregelungen aus den Jahren 1994 bzw. 2005 zurückzuführen sind, steht der Annahme einer verbotenen Altersdiskriminierung nach §§ 1, 7 AGG nicht zwingend entgegen.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG gelten die Diskriminierungsverbote der §§ 1, 7 AGG auch für die in kollektivrechtlichen Vereinbarungen geregelten Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen. Unter solchen Bedingungen sind alle Umstände zu verstehen, aufgrund derer und unter denen die Arbeitsleistung zu erbringen ist. Zu den Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen gehört auch der Urlaub (vgl. BAG, Urt. v. 20.03.2012 – 9 AZR 529/10, NZA 2012, 803). Für zusätzliche Freischichten kann nichts anderes gelten.

Der Umstand, dass die tariflichen Besitzstandsregelungen bereits vor dem AGG vom 14. August 2006 in Kraft getreten sind, schließt deren Überprüfung im Hinblick auf die nach dem AGG unzulässige Altersdiskriminierung nicht aus. Die vom Kläger für die Jahre 2013 und 2014 geltend gemachten Benachteiligungen durch die Besitzstandsregelungen sind erst nach Inkrafttreten des AGG am 18. August 2006 eingetreten und wirken auch danach fort. Da § 33 Abs. 1 AGG hinsichtlich des Verbots der Altersdiskriminierung nach §§ 1, 7 AGG keine Übergangsregelung enthält, findet dieses Gesetz nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, auch dann Anwendung, wenn die Benachteiligung auf einem vor Inkrafttreten des AGG abgeschlossenen Tarifvertrag beruht. Bei der Beurteilung der Vereinbarkeit einer Regelung mit dem AGG kommt es also allein auf den Zeitpunkt der Benachteiligungshandlung an (vgl. BAG, Urt. v. 15.02.2012 – 7 AZR 946/07, NZA 2012, 866; Urt. v. 20.03.2012 – 9 AZR 529/10, NZA 2012, 803; vgl. auch LAG Hessen, Urt. v. 09.05.2014 – 3 Sa 685/13, juris, Revision eingelegt: Az. 9 AZR 661/14).

Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass keine unmittelbare Regelung nach § 3 Abs. 1 AGG vorliegt. Die Vorschrift verlangt für eine unmittelbare Benachteiligung eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person in vergleichbarer Situation wegen des Alters. Der Kläger wird vorliegend nicht dadurch benachteiligt, dass die Tarifvertragsparteien Regelungen getroffen haben, bei denen das Alter nach den tariflichen Bestimmungen Voraussetzung für das Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruchs auf die zusätzlichen Schichttage ist. Vielmehr haben die Tarifvertragsparteien bereits vor dem In-Kraft-Treten des AGG zum einen eine tarifliche Regelung vollständig abgeschafft, die Ansprüche auf zusätzliche Freischichttage und deren aufsteigende Höhe ausschließlich in Abhängigkeit von einem bestimmten Alter vorsah. Zum anderen sind nach den Besitzstandsregelungen lediglich die Ansprüche aufrechterhalten worden, die die Arbeitnehmer nach dem hinsichtlich der zusätzlichen Schichtfreitage vollständig abgelösten tariflichen Bestimmungen zum Stichtagzeitpunkt, zu dem das AGG noch nicht galt, bereits erworben haben. Die tariflichen Bestimmungen, auf die der Kläger seine Ansprüche stützt, regeln also nicht anspruchsbegründend Ansprüche, deren Bestand und Höhe von einem bestimmten Alter abhängig sind. Vielmehr handelt es sich dabei um besitzstandswahrende Stichtagsregelungen, die zum einen an die Betriebszugehörigkeit zum Zeit der Ablösung der jeweiligen tariflichen Anspruchsnorm und zum anderen an den Bestand und die Höhe der zu diesem Zeitpunkt nach der bisherigen Tarifnorm bestehenden Ansprüche anknüpfen. Der Besitzstand wird gemeinhin als etwas verstanden, was man bereits besitzt, was man erreicht hat, was einem zusteht und einem eigentlich nicht mehr genommen werden kann (vgl. auch LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 19.02.2015 – 5 Sa 168/14, LAGE § 10 AGG Nr. 149). Dementsprechend knüpfen die Besitzstandsregelungen auch nicht unmittelbar an das Alter der Arbeitnehmer an, sondern die Betriebszugehörigkeit zum Stichtagszeitpunkt und an den Bestand der zu diesem Zeitpunkt nach den bis zu dem Stichtag geltenden tariflichen Bestimmungen bestehenden Ansprüche an (vgl. auch BAG, Urt. v. 15.11.2012 – 6 AZR 359/11, NZA 2013, 629).

Der Umstand, dass dem Kläger die Inanspruchnahme der zusätzlichen Freischichttage im vollen Umfang während der zeitlichen Geltungsdauer der tariflichen Regelungen nicht möglich war, weil er die dort vorgesehenen Altersgrenzen damals (noch) nicht erreicht hatte, führt ebenfalls zu keiner Altersdiskriminierung. Denn es ist nicht Sinn und Zweck von §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1, § 10 AGG, zusätzliche Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Abschaffung einer Regelung aufzustellen, die ältere Mitarbeiter begünstigt. Denn jede Beendigung einer solchen Regelung führt zwangsläufig dazu, dass den jüngeren Arbeitnehmern der künftige Wechsel in die Gruppe der begünstigten Arbeitnehmer verwehrt wird. §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1, § 10 AGG dienen jedoch nicht der ewigen Perpetuierung einer altersdifferenzierenden Begünstigung, sondern der Verhinderung von altersbedingten Benachteiligungen. Mit anderen Worten: Das im Hinblick auf die Geltungsdauer einer begünstigenden Regelung “verspätete” Altwerden wird durch das AGG nicht geschützt (so ausdrücklich BAG, Urt. v. 29.04.2015 – 9 AZR 999/13, NZA 2015, 1204).

Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch entschieden, dass selbst wenn der Kläger durch die Besitzstandregelungen mittelbar wegen seines Alters benachteiligt worden wäre, diese jedenfalls sachlich gerechtfertigt wäre.

Das Arbeitsgericht ist zur Recht davon ausgegangen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des BAG die Tarifvertragsparteien Regelungen treffen können, die der die Wahrung des Besitzstands einer Personengruppe von Arbeitnehmern dienen, weil es sich dabei um ein legitimes Ziel handelt. Dementsprechend sind die Tarifvertragsparteien auch berechtigt, soziale Besitzstände und tatsächliche Aussichten, die zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehen, durch tarifliche Besitzstands- und Stichtagsregelungen zu schützen (vgl. auch EuGH, Urt. v. 19.06.2014 – u.a. – C-501/12, NZA 2014, 831).

Der Kläger rügt zu Unrecht in der Berufungsbegründung, dass das Arbeitsgericht verkannt habe, dass die diskriminierenden Auswirkungen der Besitzstandregelungen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nur für einen zeitlich begrenzten Übergangszeitraum gelten dürften, der auch überschaubar und berechenbar sein müsse, dies aber vorliegend nicht der Fall sei, weil die streitgegenständlichen Regelungen für ihn bei einem Verbleib im Unternehmen der Beklagten für rund 20 Jahre gelten würden. Denn insoweit übersieht der Kläger, dass sich in den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes und des Bundearbeitsgerichts eine zeitliche Grenze gerade nicht findet. Vielmehr geht es stets um den schrittweisen Abbau der Altersdiskriminierung in Gestalt von Regelungen, denen Übergangscharakter zukommt und die zeitlich befristet sind. Dass den streitgegenständlichen Besitzstandsregelungen dieser geforderte Übergangscharakter zukommt und die Überleitung zudem zeitlich befristet und überschaubar ist, steht für die Berufungskammer außer Frage. Der Übergangscharakter der Regelungen ergibt sich nämlich bereits daraus, dass durch die Besitzstandsregelungen und die vollständige Abschaffung der Sichtfreizeittage durch den MTV 2005 noch vor dem In-Krafttreten des AGG, Ansprüche auf die zusätzlichen Freischichten nur für die Arbeitnehmer in Betracht kommen, die im Zeitpunkt des Stichtags, also am 01.03.2005, bereits in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten standen und zu diesem Zeitpunkt Ansprüche auf zusätzliche Schichtfreizeittage erworben haben. Die zeitliche Befristung ergibt sich aus dem Ende des Übergangszeitraums spätestens dann, wenn der letzte Beschäftigte mit einem Anspruch auf die zusätzlichen Schichtfreizeittage aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden ist (vgl. dazu auch LAG Hessen, Urt. v. 09.10.2013 – 2 Sa 729/13, juris). Erst recht gilt die für die Besitzstandsregelung entsprechend der Protokollnotiz zum MTV 1994, da die Zusatzschichtfreizeittage nach dieser Regelung nur den Arbeitnehmern besitzstandswahrend zustehen, die bereits am 31.12.1993 in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten standen und die Ansprüche auch erworben haben. Dem stehen somit Kläger weder ein Ansprüche die geltend gemachten Schichtfreizeittage für die Jahre 2013 und 2014 noch auf die mit dem Klageantrag zu 3) begehrte Feststellung zu, da alle Ansprüche zwingend voraussetzen, dass der Kläger abweichend von dem Wortlaut der tariflichen Regelungen einen Anspruch auf die streitgegenständlichen Schichtfreizeittage hat, was aus den dargelegten Gründen nicht der Fall ist. Denn das im Hinblick auf die Geltungsdauer einer begünstigenden Regelung “verspätete Altwerden” wird durch das AGG nicht geschützt (so BAG, Urt. v. 29.04.2015 – 9 AZR 999/13, NZA 2015, 1204). Aus alldem folgt, dass die Berufung des Klägers bereits mangels Vorliegens einer unzulässigen Altersbenachteiligung zurückzuweisen war. Dementsprechend kommt es auch nicht mehr darauf an, ob der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf “Anpassung nach oben” entsprechend der Ansicht der Beklagten ausgeschlossen wäre (vgl. dazu auch LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 19.02.2015 – 5 Sa 168/14, rechtskräftig).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war nach Ansicht der Kammer wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsache zuzulassen, § 72 Abs. 2 Nr. ArbGG.

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