LAG Hamm, Urteil vom 28.01.2015 – 5 Sa 779/14

Juni 27, 2020

LAG Hamm, Urteil vom 28.01.2015 – 5 Sa 779/14

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 17.04.2014 – 2 Ca 1154/13 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin

Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund des letzten befristeten Arbeitsvertrages vom 07.02.2012 entsprechend dem WissZeitVG mit Ablauf des 31.12.2013 beendet ist.

Die 1977 geborene Klägerin ist verheiratet und gegenüber zwei Kindern unterhaltsverpflichtet. Sie war bei der X Universität N mehrfach in befristeten Arbeitsverhältnissen tätig. Der letzte befristete Arbeitsvertrag datiert vom 07.02.2012. Danach war die Klägerin vom 01.04.2012 bis 30.09.2012 mit ¼ und vom 01.10.2012 bis 31.12.2013 mit ¾ der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer Vollbeschäftigten in der Funktion einer Lehrkraft für besondere Aufgaben im Sinne des § 42 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (HG) im Institut für Politikwissenschaft beschäftigt. Gemäß § 1 letzter Absatz ist vereinbart worden, dass die Befristung des Beschäftigungsverhältnisses auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 Satz 1 WissZeitVG erfolgt. Insoweit ist unstreitig, dass die eingeworbenen Drittmittel nur bis zum 30.09.2016 zur Verfügung stehen.

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt bei einer ¼ Stelle ca. 10 Stunden, bei einer 75% Stelle ca. 30 Stunden. Im Sommersemester 2012 (Bl. 18 d.A.) hatte die Klägerin zwei Standardkurse zur Einführung in die Migrations- und Integrationsforschung als Lehrkraft abzuhalten. Im Wintersemester 2012/2013 hatte die Klägerin folgende Kurse abzuhalten:

“WS12/13 (75-Prozent-Stelle, 10 SWS)

1. Die Integration von Muslimen- Ansätze auf der kommunalen Ebene (Masterkurs/Forschungskurs)

2. Die Integration von Muslimen in Deutschland (BA-Kurs, Forschendes Lernen)

3. Migration und Integration (Lektürekurs)

4. Einführung in die Migrations- und Integrationsforschung (Standardkurs)

5. Einführung in die Migrations- und Integrationsforschung

Im Sommersemester 2013 (75% Stelle, 10 SWS) wurden folgende Kurse abgehalten:

2 Kurse zur Einführung in die Gesundheitspolitik (Standardkurs)

1 Kurs Institutionelle Grundlagen des Regierens: Arbeitsmigrationspolitik im internationalen Vergleich (Masterkurs)

2 Lektürekurse Migration und Integration”

Wegen der weiteren Tätigkeit der Klägerin wird auf die von ihr gefertigte Aufstellung, (Anlage 5 zur Klageschrift, Bl. 16 – 18 d.A.) Bezug genommen.

Der Forschungsbereich der Klägerin bezieht sich nach der Darstellung auf ihrer Website bei der Beklagten auf die Teilbereiche:

Gesundheitspolitik

Migration und Integration

Migration von Hochqualifizierten

Vergleichende Wohlfahrtsstaatsforschung

Vergleichende Regierungslehre

Die Dissertation der Klägerin aus dem Jahr 2008 befasste sich mit dem Thema “Was bewegt Mediziner? Die Migration von Ärzten und Pflegepersonal nach Deutschland und Großbritannien”.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass WissZeitVG finde auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung, da sie keine wissenschaftliche Tätigkeit erbracht habe. Sie sei im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses ausschließlich mit nichtwissenschaftlichen Tätigkeiten beschäftigt, da es sich um reine Lehrtätigkeiten gehandelt habe, die lediglich der Wissensvermittlung dienten und bei denen keine Forschungsergebnisse entwickelt worden seien.

Es finde allenfalls das TzBfG Anwendung, ein Sachgrund, insbesondere ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Nr. 7 TzBfG liege jedoch nicht vor. Ebenso wenig sei die Lehrtätigkeit an die Bereitstellung von Drittmitteln geknüpft, da die zeitliche Befristung des Arbeitsverhältnisses unstreitig nicht mit der zeitlichen Befristung der Mittelgewährung übereinstimme. Ebenso falle die Klägerin nicht unter den Geltungsbereich des § 2 Abs. 2 Satz 2 WissZeitVG, weil die dort genannten Personen nur als sogenanntes akzessorisches Personal eingesetzt würden, um Arbeitnehmer zu unterstützen, die drittmittelfinanziert Forschungsvorhaben durchführten , so handele es sich z.B. um Schreibkräfte, Bibliothekare, Laboranten etc..

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten nicht aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag vom 07.02.2012 zum 31.12.2013 endet, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 31.12.2013 hinaus fortbesteht.

die Beklagte zu verurteilen, sie über den Ablauf des 31.12.2013 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, die Befristung sei auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 Satz 1 WissZeitVG gerechtfertigt, da die zur Verfügung gestellten Sondermittel der Verbesserung der Betreuungssituation der Studenten dienten. Die Lehrveranstaltungen der Klägerin seien wissenschaftlich ausgestaltet gewesen. Im Übrigen sei die Klägerin auch im Rahmen des § 2 Abs. 2 Satz 1 WissZeitVG in der besonderen Befristungsmöglichkeit des WissZeitVG erfasst.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat ausgeführt, die Aufgaben der Klägerin im Wintersemester 2012/2013 und Sommersemester 2012 sähen im wesentlichen Standardkurse vor. Wo bei einer 25 % Stelle unter Berücksichtigung von zwei abzuhaltenden Standardkursen noch Zeit für eine wissenschaftliche Tätigkeit bleiben solle, habe die Beklagte nicht dargelegt. Gleiches gelte für die Kurse, die die Klägerin in einer 75 % Stelle im Wintersemester 2012/2013 geleistet habe. Der Hinweis zu Ziffer 1) “Forschungskurs und forschendes Lehren” lasse nach der Darstellung der Beklagten nicht erkennen, dass die Klägerin im Sinne der Rechtsprechung des BAG mit wissenschaftlichen Aufgaben betraut gewesen sei. Vielmehr gehe die Kammer davon aus, dass entsprechend ihrer Darstellung die Klägerin ausschließlich mit einer Lehrtätigkeit beauftragt war. Wenn sich die Tätigkeit der Klägerin auf reine Lehraufgaben konzentriere, lägen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 i. V. m. 2 Abs. 1 WissZeitVG nicht mehr vor.

Die Befristungsmöglichkeit gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 WissZeitVG finde auf die Klägerin keine Anwendung, da sie nicht zu dem dort betroffenen akzessorischen Personal zähle. Voraussetzung für die wirksame Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG sei der überwiegende Einsatz des befristet Beschäftigten entsprechend der Zielsetzung der ausgebrachten Haushaltsmittel. Eine Anwendung des § 14 Abs. 1 Ziff. 7 TzBfG komme dann nicht in Betracht, wenn den befristet beschäftigten Arbeitnehmern überwiegend Daueraufgaben des öffentlichen Arbeitgebers – wie im vorliegenden Falle die Unterrichtskurse – übertragen würden. Ein Indiz dafür, dass die Drittmitterlfinanzierung als Sachgrund lediglich vorgeschoben sei ergebe sich auch aus der Abweichung der Laufzeit des Vertrages von der der zugewiesenen Drittmittel.

Gegen dieses ihr am 09.05.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 02.06.2014 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 11.08.2014 mit am 11.08.2014 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Sie vertritt die Auffassung, die Tätigkeit der Klägerin stelle eine wissenschaftliche Tätigkeit im Sinne des WissZeitVG dar. Die von der Klägerin unterrichteten Kurse entsprächen dem Forschungsschwerpunkt der Klägerin; diese seien schon Gegenstand ihrer Promotion gewesen. Im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit habe sie sich nicht auf die in der Dissertation behandelten Länder beschränkt, sondern die Thematik weiter entwickelt. Die Gründe für Migration unterlägen einer Vielzahl von Motiven, die häufig von der politischen Situation sowohl der Herkunfts- als auch der aufnehmenden Länder bestimmt werde und daher für die Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen Lehre nicht nur Kenntnis des aktuellen Forschungsstandes erforderten sondern auch die Aktualisierung und Erweiterung desselben verlangten. Bei den angebotenen Kursen handele es sich auch nicht um Frontalunterricht. Vielmehr habe der Dozent freie Wahl in der Art der Unterrichtsvermittlung und der Wahl des Themas. Die Lehrveranstaltungen der Klägerin befassten sich mit aktuellen gesellschaftspolitischen Themen, die einem ständigen Wandel unterworfen seien. Auch bei Wiederholung der Kurse sei es daher notwendig, sich in die aktuelle wissenschaftliche Literatur einzuarbeiten und die eigene Lehrmeinung auf aktuelle Vertretbarkeit zu prüfen. Die Klägerin habe daher Gelegenheit gehabt, sich bei Durchführung ihrer Lehrveranstaltungen in ihrem eigenen Forschungsgebiet für eine künftige, wissenschaftliche Karriere zu qualifizieren. Dabei befasse sie nicht nicht nur mit Grundlagenwissen und fremden wissenschaftlichen Erkenntnissen, wie die Beschreibungen der von ihr gehaltenen Lehrveranstaltungen bereits zeigten (Einzelheiten Bl. 130-135 d.A.). Sie verweist darauf, dass dieser Anteil nach den eigenen Angaben der Klägerin bei einer 75% Stelle (eine Stunde Vor- und Nachbereitung je SWS) 46% der Arbeitszeit für die Lehrtätigkeit beanspruchten (wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Berufungsschriftsatz S. 3/3, Bl. 125, 126 d.A. Bezug genommen).

Etwa 5 % der Arbeitszeit entfiele auf Prüftätigkeiten. Auch diese stellten eine wissenschaftliche Dienstleistung dar. Die Korrektur von Bachelor- und Masterarbeiten führe zwar nicht zu neuen Erkenntnissen in der Wissenschaft, sei aber notwendige Voraussetzung dafür, dass wissenschaftliche Tätigkeit auch zukünftig geleistet werden könne Die von den Studenten vorgelegten Arbeiten erhöben auch Anspruch auf eine wissenschaftliche Leistung. Sie verweist darauf, dass zwei von der Klägerin betreute Abschlussarbeiten im WS 2011/12 und SS 2012 wegen herausragender wissenschaftlicher Erkenntnisse ausgezeichnet worden sind. Weitere 5% entfielen auf abgehaltene Sprechstunden.

Neben der Abhaltung von Lehrveranstaltungen, Prüfungstätigkeit und Sprechstunden seine der Klägerin somit etwa 45% ihrer Arbeitszeit für eigene wissenschaftliche Tätigkeit verblieben. Erwartet worden sei eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Forschungsthemen, die Gegenstand der Lehrveranstaltungen gewesen seien. In diesen Bereich falle u.a. die Teilnahme der Klägerin an der gemeinsamen Studierenden-Konferenz “Migrationsregime, Integration und soziale Konflikte” aus Februar 2013 in P. Inwieweit die Klägerin den ihr verbleibenden Zeitraum für eigene wissenschaftliche Betätigung tatsächlich genutzt habe, sei der Beklagten nicht bekannt, könne auch, sollte die Klägerin dieses unterlassen haben, nicht zu Lasten der Beklagten gehen.

Die Beklagte vertritt auch zweitinstanzlich die Auffassung, dass die Befristung jedenfalls aufgrund von Drittmittelfinanzierung gem. § 2 Abs. 2 WissZeitVG begründet ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung der Entscheidung des ArbG Münster vom 17.04.2014 insgesamt abzuweisen

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Sie vertritt die Auffassung, dass die von ihr geleistete Tätigkeit nicht als wissenschaftliche angesehen werden kann, da sie überwiegend aus Lehrtätigkeit bestehe, die nicht auf eigener Forschung beruhte. So gehe die Beklagte von nur einer Stunde für Vor- und Nachbereitung pro SWS aus, tatsächlich seien es aber zwei Stunden. Hieraus ergebe sich, dass bereits 30 Wochenstunden allein mit Lehrtätigkeit ausgefüllt seien. Die grundständige Vorbereitung der Lehre finde auch größtenteils in der vorlesungsfreien Zeit durch Recherchieren, Lesen und Konzeptionieren statt. Danach ergebe sich während der Vorlesungszeit eine wöchentliche Arbeitszeit von 41,7 Stunden unter Berücksichtigung aller zu leistenden Tätigkeiten (Prüfungen/Verwaltung/Sprechstunden und dergl.), während der vorlesungsfreien Zeit ergäben sich 29,2 Stunden (wegen der Einzelheiten wird auf eine tabellarische Aufstellung der Klägerin Seite 8 der Berufungserwiderung, Bl. 166 d.A. Bezug genommen). Bei Lektürekursen werde oft eine Vorbereitung von drei bis vier Stunden benötigt; auch bei mehrfach gelesenen Texten müssten diese vor den Sitzungen noch einmal wiederholt werden. Die Vorbereitungszeit werde umfangreicher, wenn neue Kurse konzeptioniert würden. Eigene Forschung werde hierbei nicht vorgenommen, vielmehr sei die Tätigkeit auf die Vermittlung vorgefundener und vorgegebener Inhalte gerichtet. Die Nachbereitung bestehe in Feedbackgesprächen mit Studenten, anfallenden Korrekturen von Hausaufgaben sowie Recherche und Bereitstellung von zusätzlich notwendig gewordenem Material, der Aufbereitung von Gruppenarbeitsergebnissen und deren Bereitstellung. Den hohen Anteil an Beratung habe die Beklagte nicht berücksichtigt, welche nicht nur in Sprechstunden, sondern ebenso durch emails erfolge. Die Korrektur von Hausarbeiten umfasse ca. 80 Arbeiten pro Semester und erzeuge einen Aufwand von ca. 25 Minuten, somit 33,33 Stunden, somit 1,48 Stunden/Woche. Die Erst- und Zweitbetreuungen bei Abschlussprüfungen erforderten für Beratung und Korrektur ca 1,7 Stunden pro Arbeitswoche. Auch in diesen Bereichen sei eigene Forschung nicht möglich; soweit die Klägerin hierfür eigene Kenntnisse auf dem neuesten Stand halten müsse, mache dies die Tätigkeit nicht zu einer wissenschaftlichen. Die Auseinandersetzung mit fremden Kenntnissen sei entgegen der in Teilen der Rechtsprechung vertretenen Auffassung gerade nicht ausreichend um einen Wissenschaftsbezug herzustellen.

Dass Studierende wegen herausragender wissenschaftlicher Ergebnisse ausgezeichnet worden seien, spreche für deren Wissenschaftlichkeit, nicht die der Klägerin. Die Promotion der Klägerin diene nur dazu, die vertraglich geschuldete Tätigkeit zu erfüllen. Dies entspreche nicht dem Schutzzweck des WissZeitVG, vielmehr sei dieser dann gegeben, wenn anlässlich der vertraglich geschuldeten Tätigkeit die erforderliche Qualifikation etwa für eine Habilitation erworben werde.

Hierzu gehöre zwingend die Gelegenheit zur Publikation. Wissenschaftler, die keine Gelegenheit haben, zu publizieren, könnten keine Wissenschaftler sein. Dies ergebe sich auch u.a. aus der Promotionsordnung des Institutes für Politikwissenschaft in Münster, welche eine bestimmte Anzahl von Publikationen voraussetze. Die Klägerin habe aber nur drei Publikationen erbracht, wovon eines die vor Beginn der Tätigkeit beendete Dissertation und eine die englische Zusammenfassung derselben aus dem Jahr 2012 darstelle sowie einen Beitrag, der in einem vom DGB herausgegebenen Band erschienen sei und den sie in ihrer Freizeit erbracht habe. Die Studierendenkonferenz an der Universität P habe dazu gedient, den Studierenden Gelegenheit zur Darstellung von deren Arbeiten zu geben. Wissenschaftliche Tätigkeit sei auch nach dem Arbeitsvertrag der Parteien gar nicht geschuldet.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Gründe

I. Die Berufung ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§ 519 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und innerhalb der Frist (§ 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und auch ordnungsgemäß (§ 520 Abs. 3 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG) begründet worden.

II. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg, weshalb das Urteil des Arbeitsgerichtes abzuändern und die Klage abzuweisen war.

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes war die Befristung des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin zulässig gem. §§ 2 Abs. 1 S. 2, 1 Abs. 1 S. 1 WissZeitVG, da die Klägerin aufgrund der von ihr ausgeübten Tätigkeit zum wissenschaftlichen Personal der Beklagten zu rechnen war.

a) Der Wirksamkeit der Befristung steht nicht entgegen, dass die Parteien in den von ihnen geschlossenen Arbeitsverträgen als Befristungsgrund die Bereitstellung von Mitteln des BMBF genannt und als Befristungsnorm § 2 Abs. 2 S. 1 WissZeitVG angegeben haben.

Die Berufung der Beklagten auf die Wirksamkeit einer Befristung gem. dem WissZeitVG ist nicht bereits wegen eines Verstoßes gegen das in § 2 Abs. 4 S. 1 WissZeitVG enthaltene Zitiergebot unzulässig.

Zur Gewährleistung des Zitiergebotes ist es erforderlich aber auch ausreichend, dass sich aus der vertraglichen Vereinbarung der Wille ergibt, das Arbeitsverhältnis aus einem Tatbestand des WissZeitVG heraus zu befristen. Die genaue Angabe des Befristungstatbestandes ist nicht erforderlich (BAG, Urteil vom 01. Juni 2011 – 7 AZR 827/09 -, BAGE 138, 91-106).

Diese Angabe ergibt sich aus den jeweiligen Arbeitsverträgen jeweils in § 1 eindeutig.

b) Die Befristung ist auch nicht unwirksam wegen Überschreitens des höchstzulässigen Befristungszeitraumes von sechs Jahren nach abgeschlossener Promotion. Die Klägerin selbst macht dies nicht geltend; eine solche ergibt sich bei im Jahr 2008 abgeschlossener Promotion auch nicht aus den unstreitigen Umständen.

c) Die Befristung ist auch gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG zulässig, da die Klägerin während ihrer Beschäftigung zum wissenschaftlichen Personal der Beklagten gehörte.

Der Begriff des “wissenschaftlichen und künstlerischen Personals” bestimmt sich inhaltlichaufgabenbezogen. Anknüpfungspunkt ist die Art der zu erbringenden Dienstleistung. Zum “wissenschaftlichen Personal” nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehört derjenige Arbeitnehmer, der wissenschaftliche Dienstleistungen erbringt. Es kommt nicht auf die formelle Bezeichnung des Arbeitnehmers an, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der von ihm auszuführenden Tätigkeit. Bei Mischtätigkeiten ist erforderlich, dass die wissenschaftlichen Dienstleistungen zeitlich überwiegen oder zumindest das Arbeitsverhältnis prägen.

Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Sie ist nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern (vgl. BAG 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03 – zu B II 4 der Gründe, BAGE 111, 8). Zur wissenschaftlichen Dienstleistung kann auch die Vermittlung von Fachwissen und praktischen Fertigkeiten an Studierende und deren Unterweisung in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden gehören (vgl. Preis WissZeitVG § 1 Rn. 14). Wissenschaftliche Betätigung ist eine Lehrtätigkeit aber nur dann, wenn dem Lehrenden die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion verbleibt; die wissenschaftliche Lehrtätigkeit ist insofern von einer unterrichtenden Lehrtätigkeit ohne Wissenschaftsbezug abzugrenzen (BAG, Urteil vom 01. Juni 2011 – 7 AZR 827/09 -, BAGE 138, 91-106; BAG 19. März 2008 – 7 AZR 1100/06 – Rn. 33 mwN, BAGE 126, 211).

Bezogen auf die Lehrtätigkeit kann fraglich sein, wann diese wissenschaftlich ist. Vereinzelt wird in der Literatur gefordert, dass die Lehre aus der eigenen Forschungstätigkeit hervorgehen muss (Preiss, WissZeitVG, § 1 Rz. 14; KR-Treber § 1 WissZeitVG Rz. 43). Dies würde aber bedeuten, dass häufig auch die Lehrtätigkeit von Hochschulprofessoren nicht als wissenschaftlich, da jedenfalls nicht auf umfassenden eigenen Forschungsleistungen beruhend, anzusehen wäre. Wissenschaft bedeutet auch, dass aufbauend auf den Erkenntnissen vorangegangener Generationen, diese Erkenntnisse fortlaufend zum einen an weitere Forschungsgenerationen weitergegeben, aktualisiert, auf ihre Werthaltigkeit überprüft und weiterentwickelt wird (in diesem Sinn auch LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 24.02.2014, 1 Sa 8/13, -juris -). Zu unterscheiden ist daher von einer wissenschaftsbasierten Lehre, bei der der Lehrende sich mit wissenschaftlichen Methoden und Inhalten eigenständig auseinandersetzt und Gegenstand der Veranstaltung auch und gerade die Probleme des jeweiligen Fachgebietes sind, der reine Unterricht, der auf die Vermittlung praktischer Fähigkeiten und Fertigkeiten zielt, die sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe von gesicherten und damit letztlich vorgegebenen Inhalten beschränkt (Krause in Heilbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, 38. Aufl. 2011, Rz 18 f m.w.N.).

Wissenschaftliches Personal vermittelt den Studierenden an einer Hochschule in bestimmten Fächern praktische Fertigkeiten und Kenntnisse. Es ist dabei typischerweise in den semesterbezogenen Lehrbetrieb einer Hochschule einbezogen und damit dem Wissenschaftsbereich der Hochschulen funktional zugeordnet. Soweit es im Rahmen der Lehrtätigkeit an der Sicherung und Ausweitung des Erkenntnisstandes einer wissenschaftlichen Disziplin mitwirkt, nimmt es seinerseits an der grundrechtlichen Gewährleistung des Art. 5 Abs. 3 GG teil. Denn wissenschaftlich in diesem Sinne ist jede Tätigkeit, die nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt ist, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern. In der Regel wird das wissenschaftliche Personal seine Lehrtätigkeit im Einvernehmen mit dem für ihr Fach bestellten Hochschullehrer ausüben. Es unterliegt dabei den Weisungen des verantwortlichen Wissenschaftlers und hat die zu vermittelnden Lerninhalte an dem Inhalt seiner Lehrveranstaltungen auszurichten. Dementsprechend kommt der beruflichen Tätigkeit eine wesentliche inhaltliche Unterstützungsfunktion in Bezug auf eine typische wissenschaftliche Lehrtätigkeit zu (BAG, Urteil vom 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03 -, BAGE 111, 8 ff). Diese wissenschaftliche Dienstleistung dient der Qualifizierung des wissenschaftlichen Personals und kann der Vorbereitung einer Promotion dienen oder im Sammeln von Erfahrungen durch die Erbringung von wissenschaftlichen Dienstleistungen in Forschung und Lehre für eine spätere Berufsausübung außerhalb der Hochschule darstellen (Preißler in: Leuze/Epping, HG NRW, 11. Ergänzungslieferung, November 2012, Rz. 17).

Die Auslegung und Anwendung des WissZeitVG hat dabei auch vor dem Hintergrund der Zweckrichtung des Gesetzes zu erfolgen. Dieses erlaubt die weitgehenden Befristungsmöglichkeiten für wissenschaftliches Personal, die über diejenigen des TzBfG weit hinausgehen, da vom Gesetzgeber unterstellt wurde, dass zum einen ihre Beschäftigung der eigenen Aus-, Fort- und Weiterbildung dient und zum anderen der regelmäßige Austausch des Personals zur Sicherung der Innovation in Forschung und Lehre an den Hochschulen notwendig ist. Die von den Mitarbeitern erbrachten Dienstleistungen können auch Daueraufgaben der Hochschule sein, die Befristungsmöglichkeit wird aber im Interesse der Nachwuchs- und Qualifikationsförderung eröffnet (Begründung der Bundesregierung in BT-Drucksache 16/3438 zum Entwurf des WissZeitVG, S. 11 wonach u.a. eine befristete Beschäftigung auch dann möglich ist, wenn eine Promotion nicht angestrebt ist zur Heranführung an wissenschaftliche Arbeit; BAG Urt. v. 01.06.2011, 7 AZR 827/09, a.a.O.).

Wenn daher dem Lehrenden im Rahmen seiner Tätigkeit noch ein hinreichender Freiraum zu eigener Forschung verbleiben soll, bedeutet dies im Gegensatz zu der von der Klägerin vertretenen Auffassung gerade nicht, dass ein von jeglicher anderer Arbeitsbeanspruchung freibleibender Zeitraum für reine Forschung verbleiben muss, der sich klar prozentual darstellen lässt. Vielmehr geht es um die Frage der Wissenschaftlichkeit der Lehre, die davon abhängt, dass dem Lehrenden die Möglichkeit eigenständiger Forschung und Reflexion verbleibt (LAG Hamburg, Urt. v. 31.10.2012, 3 Sa 66/12, – juris -). Die Gesamttätigkeit darf daher nicht so weitgehend mit Lehr- und Prüfungstätigkeit ausgefüllt sein, dass die Erfüllung des Lehrauftrags nur noch unter Rückgriff auf vorhandenes Wissen erfüllbar ist oder nur repetierenden Charakter hat. Vielmehr ist es hinreichend aber notwendig, dass die Tätigkeit es erlaubt, den wissenschaftlichen Diskurs zu verfolgen und in die Lehre zu integrieren (Krause, a.a.O., Rz. 19).

Diese Voraussetzungen sind bei der Beschäftigung der Klägerin gegeben.

aa) Die von der Klägerin gehaltenen Lehrveranstaltungen entsprachen sowohl ihrem Forschungsinteressengebiet als auch der von ihr vorgelegten Dissertation. Schon hieraus ergibt sich der für eine wissenschaftsbasierte Lehre erforderliche Zusammenhang von Forschung und Lehre.

Wissenschaftliche Lehre setzt voraus, dass sie von einer Lehrperson abgehalten wird, die auf dem fraglichen Fachgebiet wissenschaftlich tätig bzw. ausgewiesen ist, da hierdurch garantiert ist, dass sie in den betreffenden Lehrveranstaltungen auch die eigene und eigenverantwortlich gewonnene Erkenntnis der Lehrperson einbringt, so dass es sich um wissenschaftliche Lehre handelt. (Maunz/Dürig-Scholz, Band I, Art. 5 Abs. III Rz. 105). Für die Bewertung, ob es sich bei Lehrtätigkeit um eine wissenschaftliche Tätigkeit handelt, ist nach der verfassungsrechtlich vorstrukturierten Unterscheidung zwischen wissenschaftlicher Lehre und bloßem Unterricht zu trennen (LAG Niedersachsen, Urt 04.03.2013, 10 Sa 856/12, -juris-). Während es bei der wissenschaftlichen Lehre darum geht, dass der Lehrende sich mit wissenschaftlichen Methoden und Inhalten eigenständig auseinandersetzt und Gegenstand der Veranstaltung auch und gerade die Probleme des eigenen Fachgebiets sind, zielt reiner Unterricht auf die Vermittlung praktischer Fähigkeiten und Fertigkeiten ab, die sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe von gesicherten und daher vorgegebenen Inhalten beschränkt. Damit ist eine wissenschaftsbasierte Lehre gleichermaßen erforderlich aber auch ausreichend, um die Anforderungen an eine wissenschaftliche Dienstleistung zu erfüllen (Krause in Heilbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, § 1 WissZeitVG Rz. 18 m.w.N.).

Eine eigene wissenschaftliche Lehre könnte daher dann verneint werden, wenn es sich lediglich um eine die Lehrveranstaltung eines Hochschullehrers begleitende Arbeitsgemeinschaft oder ähnliches handelte. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Ob Lehre daher als wissenschaftlich anzusehen ist, hängt von deren Inhalt, der Lehrperson und der Zwecksetzung ab. Wenn dieses als wissenschaftlich zu bejahen ist, kann auch reine Lehrtätigkeit wissenschaftliche Tätigkeit sein (in diesem Sinne BAG, Beschluss vom 13.03.2013, 7 AZN 48/13, n.v.; Beschluss zur Nichtzulassungsbeschwerde bezüglich der Entscheidung des LAG Hamburg vom 31.10.2012, 3 Sa 66/12, – juris -).

In diesem Sinne sind die von der Klägerin gehaltenen Lehrveranstaltungen wissenschaftliche Lehre. In ihrer Dissertation hat sich die Klägerin mit dem Gebiet der Migration in einem Ausschnittsbereich, bezogen auf die Migration von medizinischen Mitarbeitern in Richtung Großbritanniens und Deutschlands beschäftigt. In den von ihr abgehaltenen Kursen, sowohl in dem Standardkurs “Einführung in die Migrations- und Integrationsforschung” als auch in dem Lektürekurs hierzu befasste sich die Klägerin mit der Thematik der Integration speziell in Deutschland, wenn auch nicht bezogen auf eine spezielle Gruppierung von Migranten. Die Klägerin hat damit auf einem Gebiet, in dem sie sich anhand der von ihr verfassten Dissertation forschend betätigt hat, Lehrveranstaltungen angeboten, die nicht einfach die Weitergabe von Inhalten der Forschung anderer Personen war, sondern fundamental auf von ihr selbst gewonnenen Erkenntnissen fußten. Bereits die Themenbeschreibungen der angebotenen Veranstaltungen in den Vorlesungsverzeichnissen zeigen, dass, obwohl es sich um Standardkurse handelte, diese nicht allein altbekanntes Wissen vermittelten, sondern sich mit aktuellen Entwicklungen und den Gründen hierfür, somit aktuellen Erkenntnissen und der Auswertung und Bewertung derselben befassten (Vergleichende Perspektive des Umgangs anderer Staaten mit Migrationsherausforderungen, Diskussion aktueller Problemfelder im Einführungskurs Migrations- und Integrationsforschung; Diskussion der Herausforderungen an ein interdisziplinär ausgerichtetes Forschungsfeld wie die Migrationsforschung im Lektürekurs). Bereits dieses zeigt, dass sich die Klägerin nicht nur mit vorhandenem Wissen beschäftigt und dieses im Unterricht reproduziert hat, sondern sich über die Entwicklungen auf ihrem Wissens- und Forschungsgebiet auf dem laufenden gehalten und dieses in den Unterricht integriert, somit auch die Studierenden an dieser Entwicklung hat teilhaben lassen. Dieses ist nicht möglich ohne eine eigenständige Bewertung der vorgefundenen neuen Veröffentlichungen, Daten, Statistiken und Erkenntnissen, mögen diese auch von anderen verfasst worden sein. Insoweit entspricht es dem Wesen auch der Forschung, auf den Erkenntnissen und gewonnenen Daten anderer aufzubauen und diese für die eigene Forschung zu verwerten. Dieses ist, soweit nicht einfach die Arbeiten anderer übernommen, sondern für eine eigenständige Diskussion verwendet werden, zulässig und üblich. Nicht jede Statistik, die für eine Forschungsarbeit notwendig ist, muss von jedem Forscher nochmals selbst erhoben werden, die Schlüsse, die sich aus ermittelten Zahlen ergeben, können aber kontrovers diskutiert werden, zu unterschiedlichen Bewertungen und Ansätzen für Problemlösungen führen; auch das ist nach Ansicht der Kammer Inhalt von Forschung.

Eben diese Art der Verwendung von Forschungsergebnissen Anderer spiegelt sich in den Vorlesungsverzeichnissen zu den von der Klägerin angebotenen Lehrveranstaltungen, die ja von ihr selbst verfasst sind. Insbesondere der Kurs “Forschendes Lernen: Die Integration von Muslimen in Deutschland” spiegelt dieses auch wieder. Gerade hier werden nicht nur Lehrinhalte vermittelt, sondern nach Selbstdarstellung der Veranstaltung sollte die Durchführung von Interviews mit integrationspolitischen Akteuren sowie muslimischen Funktionsträgern auf kommunaler Ebene im Zentrum des Seminars stehen (S. 10 Berufungsschriftsatz der Beklagten, Bl. 132 d.A.). Es handelte sich damit um datenbasierte Forschung, aus der heraus Erkenntnisse gewonnen, verarbeitet und bewertet wurden. Dasselbe gilt für den Masterkurs zu dieser Thematik. Dass die Erkenntnisse im Wesentlichen von den Studierenden selbst gewonnen und in Arbeiten umgesetzt wurden, steht dem nicht entgegen.

Eine solche Verwertung ist nur möglich mit einer thematisch über dem Wissenstand der Studierenden stehenden Lehrperson, die in der Lage ist, die so gewonnenen Arbeitsergebnisse, die zwangsläufig nicht in jedem Kurs dieselben sein können, zu bewerten.

bb) Die Lehrtätigkeit der Klägerin machte dabei den ganz überwiegenden Anteil der von ihr zu erbringenden Tätigkeiten aus. Dies gilt jedenfalls bei Berücksichtigung der von ihr selbst angegebenen Vor- und Nachbereitungszeiten. Legt man die Stundenverteilung der Klägerin zugrunde, nahm die Lehrtätigkeit mit Vor- und Nachbereitung bereits annähernd 100% der Arbeitszeit in der vorlesungsfreien Zeit ein und 100% in der Vorlesungszeit ein. Nach den Angaben der Beklagten jedenfalls 46%, was zwar nicht mehr als der Hälfte der Arbeitszeit entspricht, wohl aber als prägend anzusehen ist.

Tatsache ist, dass die Lehrtätigkeit in Form von Unterricht bezogen auf die Wochenstundenzahl bei einer 75% Stelle, somit 30 Wochenstunden 10 Semesterwochenstunden betrug, was entsprechend der nach dem Arbeitsvertrag anwendbaren Verordnung über die Lehrverpflichtung an Universitäten und Fachhochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung – im Folgenden: LVV vom 24. Juni 2009) 7,5 Zeitstunden entspricht, da eine Lehrveranstaltungsstunde gem. § 2 LVV 45 Minuten entspricht und die Klägerin 10 Semesterwochenstunden abzuleisten hatte. Damit lag die Einbindung durch reine Lehrtätigkeit bei einem Viertel ihrer Tätigkeit. Der Anteil war daher nicht so hoch, dass sie nur unter Rückgriff auf bereits vorhandenes eigenes Wissen in der Lage war, die ihr obliegenden Lehrtätigkeiten noch innerhalb der vereinbarten Arbeitszeit zu erbringen, so dass eigenes forschendes Lernen nicht möglich gewesen und eine wissenschaftliche Lehre zu verneinen wäre (Krause, a.a.O., § 1 WissZeitVG Rz. 19). Dass ihr dieser Freiraum verblieb ergibt sich gerade auch aus den von ihr für die Durchführung ihrer Lehrveranstaltungen benötigten Vor- und Nachbereitungszeiten, als deren Inhalt sie insbesondere in der vorlesungsfreien Zeit Recherche, Lesen und Konzeptionieren angibt. Angesichts der Aktualität und der aufgrund gesellschaftlicher und politischer Umstände ständigen Veränderungen der Rahmenbedingungen auf ihrem Fachgebiet der Migration und Integration ergibt sich ohne weiteres, dass diese Recherchen zukunftsgerichtet, bei Verwertung neuer Daten und Erkenntnisse und eigenständiger neuer Bewertung zu erfolgen hat, da Inhalt der Veranstaltungen nicht etwa Migrationsgeschichte, sondern gerade aktuelle Entwicklungen waren.

Bereits aus dieser zeitlichen Verteilung ergibt sich auch, dass der Klägerin entgegen ihrer Auffassung eben gerade ausreichend Zeit für eigenes Forschen verblieb, auch wenn sich dieses auf die zu haltenden Lehrveranstaltungen bezog. Soweit sie geltend gemacht hat, dass ihrem Arbeitsvertrag die Verpflichtung zu eigener Forschung nicht zu entnehmen ist und dort lediglich die Lehrverpflichtung erwähnt wird, steht dies nicht entgegen. Wenn dem Lehrenden im Rahmen seiner Tätigkeit noch ein hinreichender Freiraum zu eigener Forschung verbleiben soll, bedeutet dies im Gegensatz zu der von der Klägerin vertretenen Auffassung gerade nicht, dass ein von jeglicher anderer Arbeitsbeanspruchung freibleibender Zeitraum für reine Forschung verbleiben muss, der sich klar prozentual darstellen lässt. Vielmehr geht es um die Frage der Wissenschaftlichkeit der Lehre, die davon abhängt, dass dem Lehrenden die Möglichkeit eigenständiger Forschung und Reflexion verbleibt (LAG Hamburg, Urt. v. 31.10.2012, 3 Sa 66/12, – juris -; LAG Baden-Württemberg, Urt. vom 24.02.2014, 1Sa 8/13, Rz. 69, – juris-). Diese Voraussetzungen sind im Fall der Klägerin nach Auffassung der Kammer tatsächlich gegeben.

Soweit die Klägerin darauf verweist, dass sie jedenfalls während ihrer Tätigkeit keine Publikationen herausgegeben hat, kann dieses letztlich nicht der Beklagten zum Nachteil gereichen, da eine Verpflichtung der Beklagten, ihre wissenschaftlichen Mitarbeiter zu Veröffentlichungen anzuhalten und hierzu aufzufordern, nicht gegeben ist.

Auch ist nicht ersichtlich, dass es der Klägerin im Rahmen der zeitlich sehr aufwändigen Vorbereitung ihrer Veranstaltungen, die sich um ein bestimmtes Themengebiet zentrierten und immer auf aktuellstem Stand waren, nicht objektiv möglich gewesen wäre, hieraus Grundlagen für Veröffentlichungen abzuleiten und dies zeitlich umzusetzen.

Die Kammer verkennt dabei die Darlegungs- und Beweislast im Befristungsprozess keineswegs. Soweit aber die Beklagte dem Grunde nach gehalten ist, die Wirksamkeit der von ihr vereinbarten und verteidigten Befristung dazulegen, ergibt sich das für die Bewertung der Tätigkeit als wissenschaftliche Dienstleistung erforderliche aus den vorgelegten Unterlagen und damit dem unstreitigen Tatsachengehalt.

d) Auch die von der Klägerin durchgeführten Prüftätigkeiten, die in der Beratung und Korrektur von Abschlussprüfungen bei Erstbetreuungen und Zweitkorrekturen bestanden, sind als wissenschaftliche Tätigkeit zu bewerten.

Sowohl in den mündlichen als auch in den schriftlichen Prüfungen muss sich die Klägerin sowohl im Dialog mit den Studierenden in der mündlichen Prüfung, als auch bei der Begutachtung der schriftlichen Ausarbeitungen der Studenten mit der wissenschaftlichen Materie, die sie in den Lehrveranstaltungen vermittelt hat, erneut auseinandersetzen. Dass es sich bei diesen Arbeiten nicht einfach um Wissenstests handelt, sondern eigenständige wissenschaftliche Ergebnisse erarbeitet werden, ergibt sich auch daraus, dass jedenfalls zwei von der Klägerin betreute Abschlussarbeiten wegen herausragender wissenschaftlicher Ergebnisse ausgezeichnet worden sind. Dass es sich hierbei um Leistungen der bearbeitenden Studenten handelt, steht der Bewertung der Begleitung dieser Arbeiten als wissenschaftliche Dienstleistung im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin auch nicht entgegen. Vielmehr bedarf die Betreuung einer wissenschaftlichen Arbeit immer ein Mehr an Wissen des Betreuenden, da ansonsten eine verantwortliche Begleitung und Anleitung ebenso unmöglich wäre, wie eine korrekte Bewertung des Ergebnisses. Eben diese Tätigkeit entspricht daher dem Erfordernis, dass eine wissenschaftliche Dienstleistung nicht voraussetzt, dass eigenständige Forschungsergebnisse des Lehrenden herausgegeben werden. Vielmehr ist es ausreichend, wie oben bereits ausgeführt, wenn die Tätigkeit darauf ausgerichtet ist, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten (Hessisches LAG, Urt. v. 22.01.2014, 2 Sa 496/13, -juris-; LAG Hamburg, Urt. v. 31.10.2013, 3 Sa 66/12, -juris-), was bei Abschlussarbeiten, die sich thematisch mit einer Problemstellung auseinandersetzen und nicht in einer reinen Wissensabfrage bestehen, der Fall ist.

Die Klägerin selbst hat den Anteil dieser Tätigkeit mit 1,7 Stunden/Woche sowohl in der Vorlesungszeit als auch in der vorlesungsfreien Zeit, somit bezogen auf eine 30 Stundenwoche mit 5,6 % bemessen, die Beklagte mit 5,4%.

Unabhängig davon, ob man die Lehrtätigkeit mit 46% der Arbeitszeit, wie die Beklagte oder mit quasi 100%, wie die Klägerin, berechnet, ergibt sich unter Hinzurechnung der Prüftätigkeiten ein Anteil von mehr als 50% an wissenschaftlichen Dienstleistungen. Die Tätigkeiten mit wissenschaftlichen Bezug überwiegen daher im Arbeitsverhältnis, so dass dahinstehen kann, ob es auch als ausreichend anzusehen ist, wenn diese dem Arbeitsverhältnis jedenfalls das Gepräge geben (so aber Hessisches LAG, Urt. v. 28.05.2014, 2 Sa 835/13, -juris-; Urt. v. 30.04.2014, 2 Sa 1195/13, – juris-; LAG Hamburg, Urt. v. 31.10.2012, 3 Sa 66/12, -juris-) wozu die Kammer tendiert. Da die Voraussetzungen für eine Einordnung als wissenschaftliche Dienstleistung bereits aufgrund der Zeitanteile an wissenschaftsbezogener Tätigkeit gegeben sind, braucht dieses vorliegend nicht vertieft zu werden.

Für die Entscheidung kam es auch nicht darauf an, ob eine Befristung nach § 2 Abs. 2 S. 1 WissZeitVG oder dem TzBfG zulässig gewesen wäre.

Da die Klägerin als wissenschaftliches Personal im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 WissZeitVG anzusehen ist, war die Befristung gem. § 2 Abs. 1 S. 2 WissZeitVG zulässig. Die wirksame Befristung hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.12.2013 beendet, weshalb das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 17.04.-2014 abzuändern und die Klage abzuweisen war.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 S.1 ZPO iVm. § 97 ZPO.

IV. Gründe, die Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht ist der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefolgt. Eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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