LG Aachen 7 T 99/04

August 30, 2017

LG Aachen 7 T 99/04

Auch ein Sozialhilfeempfänger hat das Recht, eine Erbschaft auszuschlagen § 1953 BGB

RA und Notar Krau

Das Landgericht Aachen hat in seinem Beschluss vom 16.11.2004 (Az. 7 T 99/04) entschieden, dass auch ein Sozialhilfeempfänger das Recht hat, eine Erbschaft auszuschlagen.

Der Fall:

Die Beteiligte zu 4) war ein Kind des Erblassers und bezog Sozialhilfe.

Als ihr Vater verstarb, schlug sie die Erbschaft aus.

Das Amtsgericht lehnte die Erteilung eines Erbscheins ab, der die Ausschlagung berücksichtigte, da es die Ausschlagung für sittenwidrig hielt.

Die Entscheidung:

LG Aachen 7 T 99/04

Das Landgericht Aachen hob die Entscheidung des Amtsgerichts auf und wies dieses an, einen Erbschein zu erteilen, der die Ausschlagung berücksichtigt.

Das Gericht stellte fest, dass die Ausschlagung der Erbschaft durch die Sozialhilfeempfängerin nicht sittenwidrig war.

Begründung:

  • Recht auf Ausschlagung: Jeder Erbe hat das Recht, eine Erbschaft auszuschlagen. Dieses Recht steht auch Sozialhilfeempfängern zu.
  • Keine Sittenwidrigkeit: Die Ausschlagung einer Erbschaft ist nicht sittenwidrig, selbst wenn dadurch der Sozialhilfeträger weiterhin Leistungen erbringen muss.
  • Keine Vergleichbarkeit mit Unterhaltsverzicht: Eine Erbausschlagung ist nicht mit einem Unterhaltsverzicht vergleichbar. Ein Unterhaltsverzicht, der zur Sozialhilfebedürftigkeit führt, kann sittenwidrig sein. Eine Erbausschlagung hingegen nicht.
  • Aufgabe des Erbrechts: Es ist nicht Aufgabe des Erbrechts, eine missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialhilfe zu verhindern.

Konsequenzen:

Durch die wirksame Ausschlagung der Erbschaft wurde die Sozialhilfeempfängerin so behandelt, als wäre sie nie Erbin gewesen.

Die Erbschaft fiel an die übrigen Erben.

LG Aachen 7 T 99/04

Wichtige Punkte:

  • Ausschlagungsrecht: Das Recht, eine Erbschaft auszuschlagen, ist ein höchstpersönliches Recht jedes Erben.
  • Sozialhilfe: Sozialhilfeempfänger haben die gleichen Rechte wie andere Bürger auch.
  • Missbrauch: Eventuellen Missbräuchen bei der Inanspruchnahme von Sozialhilfe ist mit den Mitteln des Sozialhilferechts zu begegnen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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