LG Duisburg 6 O 458/20

August 14, 2022

LG Duisburg 6 O 458/20

Tenor:

1. Es wird festgestellt, das folgende Erhöhungen des Monatsbeitrags in der zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer ########## jeweils bis zum 28.01.2021 nicht wirksam geworden sind und der Kläger nicht zur Tragung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet war:

a) im Tarif B die Erhöhungen zum 01.04.2013 um 45,61 €, zum 01.04.2016 um weitere 73,25 € und zum 01.04.2017 um weitere 17,19 €,

b) im Tarif A die Erhöhungen zum 01.04.2014 um 6,99 € und zum 01.04.2017 um weitere 5,04 €,

c) im Tarif U die Erhöhungen zum 01.04.2016 um 9,90 € und zum 01.04.2017 um weitere 6,14 €.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.876,85 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.03.2021 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie bis zum 05.03.2021 aus den vom Kläger vom 01.01.2017 bis zum 01.07.2019 auf die unter Ziffer 1. aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlten Prämienanteilen gezogen hat.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 46 % und die Beklagte zu 54 % zu tragen.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

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In dem Rechtsstreit

hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Duisburgauf die mündliche Verhandlung vom 15.02.2022durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht E I, den Richter am Landgericht W und die Richterin E E2

für Recht erkannt:

1. Es wird festgestellt, das folgende Erhöhungen des Monatsbeitrags in der zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer ########## jeweils bis zum 28.01.2021 nicht wirksam geworden sind und der Kläger nicht zur Tragung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet war:

a) im Tarif B die Erhöhungen zum 01.04.2013 um 45,61 €, zum 01.04.2016 um weitere 73,25 € und zum 01.04.2017 um weitere 17,19 €,

b) im Tarif A die Erhöhungen zum 01.04.2014 um 6,99 € und zum 01.04.2017 um weitere 5,04 €,

c) im Tarif U die Erhöhungen zum 01.04.2016 um 9,90 € und zum 01.04.2017 um weitere 6,14 €.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.876,85 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.03.2021 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie bis zum 05.03.2021 aus den vom Kläger vom 01.01.2017 bis zum 01.07.2019 auf die unter Ziffer 1. aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlten Prämienanteilen gezogen hat.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 46 % und die Beklagte zu 54 % zu tragen.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand: LG Duisburg 6 O 458/20

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung des Klägers.

Der bei der Beklagten krankenversicherte Kläger unterhält in der Krankheitskostenversicherung unter anderem die Tarife T, B, A und U.

Die gesetzlichen Zuschläge für Altersrückstellungen nach § 149 VAG wurden seitens der Beklagten mit den Bezeichnungen S und H ausgewiesen.

Zum 01.04.2013, 01.04.2014, 01.04.2016 und 01.04.2017 erhöhte die Beklagte die Monatsbeiträge um die im Klageantrag zu 1. aufgeführten Beträge.

Zum 01.04.2018 und 01.04.2019 fanden weitere, nicht streitgegenständliche Erhöhungen des Monatsbeitrags im Tarif T statt.

Die Beitragserhöhungen kündigte die Beklagte jeweils im Februar des jeweiligen Jahres mit einem Anschreiben an, dem jeweils ein Nachtrag zum Versicherungsschein sowie allgemeine Informationstexte beigefügt waren, wegen deren Inhalts auf das Anlagenkonvolut BLD 5 (Bl. 78 ff. des Anlagenordners Beklagte) Bezug genommen wird.

Seit dem 01.01.2020 zahlte der Kläger einen monatlichen Gesamtbeitrag in Höhe von 767,04 €, wovon 56,82 € auf die Pflegepflichtversicherung (Tarif Q) entfielen.

Mit Schreiben vom 25.01.2021 (Anlage BLD 7, Bl. 123 Anlagenband Beklagte) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die auslösenden Faktoren jeweils geänderte Leistungsausgaben gewesen seien und erläuterte, dass eine Beitragsanpassung nur bei Überschreitung eines Schwellenwerts erfolge.

Der Kläger hält die Beitragserhöhungen mangels ordnungsgemäßer Begründung für unwirksam.

Mit Anwaltsschreiben vom 21.08.2020 ließ er die Beklagte unter Fristsetzung zur Rückzahlung seiner Ansicht nach überzahlter Beträge und der daraus gezogenen Nutzungen auffordern.

Mit der am 31.12.2020 eingegangenen und am 05.03.2021 zugestellten Klage hat der Kläger zunächst beantragt,

1. festzustellen, dass folgende Erhöhungen des Monatsbeitrags in der zwischen ihm und der Beklagten bestehenden Kranken-/Pflegeversicherung mit der Versicherungsnummer ########## unwirksam sind:

a) im Tarif T die Erhöhung zum 01.04.2013 in Höhe von 23,39 €,

b) im Tarif S – gesetzlicher Zuschlag die Erhöhung zum 01.04.2013 in Höhe von 6,90 €,

c) im Tarif B die Erhöhung zum 01.04.2013 in Höhe von 45,61 €,

d) im Tarif A die Erhöhung zum 01.04.2014 in Höhe von 6,99 €,

e) im Tarif S – gesetzlicher Zuschlag die Erhöhung zum 01.04.2014 in Höhe von 0,70 €,

f) im Tarif B die Erhöhung zum 01.04.2016 in Höhe von 73,25 €,

g) im Tarif U die Erhöhung zum 01.04.2016 in Höhe von 9,90 €,

h) im Tarif S – gesetzlicher Zuschlag die Erhöhung zum 01.04.2016 in Höhe von 7,33 €,

i) im Tarif B die Erhöhung zum 01.04.2017 in Höhe von 17,19 €,

j) im Tarif U die Erhöhung zum 01.04.2017 in Höhe von 6,14 €,

k) im Tarif A die Erhöhung zum 01.04.2017 in Höhe von 5,04 €,

l) im Tarif H – Gesetzlicher Beitragszuschlag die Erhöhung zum 01.04.2017 in Höhe von 2,23 €,

und er nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet, sowie der Gesamtbeitrag unter Berücksichtigung der erfolgten Absenkungen auf insgesamt 767,04 € zu reduzieren ist,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.360,44 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagte

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a) ihm zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie aus dem Prämienanteil gezogen hat, den er auf die unter 1. aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlt hat,

b) die nach 3. a) herauszugebenden Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu verzinsen hat,

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 1.394,32 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der F seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.

Nachdem die Beklagte in der Klageerwiderung vom 15.04.2021, die den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 22.04.2021 zugestellt worden ist, erneut mitgeteilt hat, dass auslösende Faktoren der streitgegenständlichen Beitragserhöhungen jeweils geänderte Leistungsausgaben gewesen seien, hat der Kläger die Klage hinsichtlich des im letzten Halbsatz des Antrags zu 1. enthaltenen Herabsetzungsantrags zurückgenommen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt die Beitragserhöhungen und redet Verjährung ein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe: LG Duisburg 6 O 458/20

I.

Die Klage hat teilweise Erfolg.

1.

Der Feststellungsantrag zu 1. ist teils unzulässig. Im Übrigen ist er zulässig, aber nur im tenorierten Umfang begründet.

a)

Die Feststellungsbegehren zu 1. a), b), e), h) und l) sind unzulässig.

Soweit der Kläger die Unwirksamkeit der Beitragsanpassungen im Tarif T zum 01.01.2013 festgestellt wissen möchte, fehlt es an einem feststellungsfähigen gegenwärtigen Rechtsverhältnis, weil der Kläger sich nicht zugleich gegen die Wirksamkeit aller nachfolgenden Beitragsanpassungen wendet, namentlich der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 15.04.2021 vorgetragenen und unbestritten gebliebenen der Beitragsanpassungen zum 01.04.2018 und 01.04.2019 (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2018, IV ZR 255/17, Rn. 17; Reinhard, VersR 2000, 216, 217 f.).

Da § 203 Abs. 2 S. 1 VVG den Versicherer berechtigt, die gesamte Prämie neu festzusetzen, bestand ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Prämie in der durch diese Anpassung festgesetzten neuen Gesamthöhe, so dass es auf die Wirksamkeit früherer Anpassungen nicht mehr ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2020, IV ZR 294/19, Rn. 55 f.).

Soweit der Kläger die Unwirksamkeit der Anpassungen der gesetzlichen Zuschläge S zum 01.04.2013, 01.04.2014, 01.04.2016 sowie H zum 01.04.2017 festgestellt wissen möchte, fehlt es an dem gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen rechtlichen Interesse an der eigenständigen Feststellung, da die Höhe des Zuschlags gemäß § 149 S. 1 VAG von Höhe der Prämie abhängt und die Beklagte diese Abhängigkeit nicht in Abrede stellt.

b)

Die Feststellungsbegehren zu 1. c), d), f), g), i), j) und k) sind zulässig und teilweise begründet.

aa)

Ein feststellungsfähiges gegenwärtiges Rechtsverhältnis liegt vor, soweit der Kläger die Unwirksamkeit der Beitragsanpassungen im Tarif B zum 01.04.2013, 01.04.2016 und 01.04.2017, im Tarif A zum 01.04.2014 und 01.04.2017 sowie im Tarif U zum 01.04.2016 und 01.04.2017 festgestellt wissen möchte, da allein mit dem daneben erstrebten Leistungsurteil auf Rückzahlung überzahlter Beiträge nicht rechtskräftig festgestellt wäre, dass er zukünftig nicht zur Zahlung des sich aus der Beitragsanpassung ergebenden Erhöhungsbetrags verpflichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2018, IV ZR 255/17, Rn. 17; Urteil vom 16.12.2020, IV ZR 294/19, Rn. 19 f.).

bb)

Die Feststellungsbegehren zu 1. c), d), f), g), i), j) und k) sind in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, weil die Beitragserhöhungen im Tarif B zum 01.04.2013, 01.04.2016 und 01.04.2017, im Tarif A zum 01.04.2014 und 01.04.2017 sowie im Tarif U zum 01.04.2016 und 01.04.2017 erst zum 01.03.2021 wirksam geworden sind und der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrags verpflichtet war.

(1)

Gemäß § 203 Abs. 5 VVG werden die Neufestsetzung der Prämie und die Änderungen nach § 203 Abs. 2 und 3 VVG zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Mitteilung der Neufestsetzung oder der Änderungen und der hierfür maßgeblichen Gründe an den Versicherungsnehmer folgt.

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Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe nicht mehr und nicht weniger als die – auf die konkret in Rede stehende Prämienanpassung bezogene – Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 S. 1 VVG veranlasst hat.

Es müssen nicht alle Gründe der Beitragserhöhung genannt werden, sondern nur die für die Prämienanpassung entscheidenden Umstände. In diesem Sinne entscheidend ist nur, ob eine Veränderung der erforderlichen gegenüber den kalkulierten Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeiten die in § 155 Abs. 3 und 4 VAG oder in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen geregelten Schwellenwerte überschreitet oder nicht.

Dagegen muss der Versicherer weder die Rechtsgrundlage des geltenden Schwellenwerts noch die genaue Höhe der Veränderung der Rechnungsgrundlage mitteilen.

Ebenso wenig hat er die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie z. B. des Rechnungszinses, anzugeben (BGH, Urteil vom 16.12.2020, IV ZR 294/19, Rn. 26 ff.). Die Mitteilungspflicht erfüllt so den Zweck, dem Versicherungsnehmer zu verdeutlichen, dass weder sein individuelles Verhalten noch eine freie Entscheidung des Versicherers Grund für die Beitragserhöhung war, sondern dass eine bestimmte Veränderung der Umstände dies aufgrund gesetzlicher Regelungen veranlasst hat (BGH, a. a. O., Rn. 35).

Da die Überprüfung der Prämie unabhängig von dem Umstand ausgelöst wird, ob die über den Schwellenwert hinausreichende Veränderung in Gestalt einer Steigerung oder einer Verringerung eingetreten ist, und die Mitteilungspflicht nicht den Zweck hat, dem Versicherungsnehmer eine Plausibilitätskontrolle der Prämienanpassung zu ermöglichen (BGH, a. a. O., Rn. 36), ist ein Hinweis des Versicherers darauf, in welche Richtung sich die maßgebliche Rechnungsgrundlage verändert hat, nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 20.10.2021, IV ZR 148/20, Rn. 29 f.).

(2)

Den vorstehenden Anforderungen genügten die dem Kläger jeweils im vorangegangenen Februar mitgeteilten Gründe für die Beitragsanpassungen zum 01.04.2013, 01.04.2014, 01.04.2016 und 01.04.2017 nicht. Denn ein Versicherungsnehmer konnte den Mitteilungen nicht mit der gebotenen Klarheit entnehmen, dass eine Veränderung der Rechnungsgrundlage „Versicherungsleistungen“ über dem geltenden Schwellenwert die konkreten Beitragserhöhung ausgelöst hat.

Eine Angabe dazu, welche der beiden Rechnungsgrundlagen sich verändert habe, und den – nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ebenfalls erforderlichen – Hinweis, dass bei der konkreten Prämienerhöhung ein in Gesetz oder Tarifbedingungen festgelegter Schwellenwert über- oder unterschritten worden sei, hat die Kammer hinsichtlich der Beitragsanpassungen in den Tarifen B und A weder in den Mitteilungsschreiben noch in den beigefügten Informationen finden können.

Aus der bloßen Erwähnung gestiegener Gesundheitskosten als „wichtigsten Grund“ für die Beitragsänderung in den Mitteilungen zu den Beitragsanpassungen zum 01.04.2014, 01.04.2016 und 01.04.2017 ergibt sich nicht, dass es einen vorab festgelegten Schwellenwert für eine Veränderung der Versicherungsleistungen gibt, dessen Überschreitung die hier in Rede stehende Prämienanpassung ausgelöst hat (vgl. – zu gleichlautenden Mitteilungen der Beklagten – BGH, Urteil vom 23.06.2021, IV ZR 250/20, Rn. 17 f.). Entsprechendes gilt für den in dem Mitteilungsschreiben vom Februar 2013 erfolgten Hinweis auf den medizinischen Fortschritt und die damit verbesserten Behandlungsverfahren.

Den vorgenannten Anforderungen genügten auch die Begründungen der Beitragsanpassungen im Tarif U zum 01.04.2016 und 01.04.2017 nicht. Diese erwähnen zwar, dass die Ausgaben für Versicherungen, die einen Verdienstausfall abdecken, steigen, nicht jedoch, dass eine Veränderung der erforderlichen gegenüber den kalkulierten Versicherungsleistungen, die den gesetzlich oder in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen festgelegten Schwellenwert überschritten hat, bereits eingetreten ist.

(3)

Die zunächst unzureichenden Begründungen für die vorgenannten Beitragserhöhungen sind jedoch mit Zugang des Schreibens der Beklagten vom 25.01.2021 beim Kläger geheilt worden. Wenn eine Mitteilung der Prämienanpassung zunächst ohne eine den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügende Begründung erfolgt, diese aber später nachgeholt wird, wird dadurch die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Prämie angeordnete Frist in Lauf gesetzt (BGH, Urteil vom 19.12.2018, IV ZR 255/17, Rn. 66; Urteil vom 16.12.2020, IV ZR 294/19, Rn. 41 f.).

In dem Schreiben vom 25.01.2021 hat die Beklagte nach vorheriger Erläuterung der Schwellenwerte klargestellt, dass auslösende Faktoren der streitgegenständlichen Beitragserhöhungen jeweils geänderte Leistungsausgaben gewesen seien, und damit dem Begründungserfordernis nach § 203 Abs. 5 VVG genügt. Infolgedessen sind die ursprünglich zum 01.04.2013, 01.04.2014, 01.04.2016 und 01.04.2017 vorgesehenen Prämienerhöhungen ab dem zweiten auf die Übersendung des Schreibens folgenden Monat, d. h. ab dem 01.03.2021, wirksam geworden. Auf den Antrag des Klägers waren daher die Unwirksamkeit der genannten Prämienerhöhungen sowie die fehlende Verpflichtung des Klägers zur Tragung des jeweiligen Erhöhungsbetrags (lediglich) bis zu diesem Zeitpunkt festzustellen.

2.

Der zulässige Leistungsantrag zu 2. ist nur in Höhe von 5.876,85 € nebst Prozesszinsen begründet.

a)

Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung der Erhöhungsbeiträge, die er seit dem 01.01.2017 bis einschließlich Dezember 2020 aufgrund der aus den oben genannten Gründen unwirksamen Beitragsanpassungen im Tarif B zum 01.04.2013, 01.04.2016 und 01.04.2017, im Tarif A zum 01.04.2014 und 01.04.2017 sowie im Tarif U zum 01.04.2016 und 01.04.2017 rechtsgrundlos geleistet hat.

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Hierbei handelt es sich im Tarif B betreffend die Erhöhung zum 01.04.2013 um 31 monatliche Prämienanteile in Höhe von jeweils 45,61 €, mithin eine Summe von 1.413,91 €, betreffend die Erhöhung zum 01.04.2016 um 31 monatliche Prämienanteile in Höhe von jeweils 73,25 €, mithin eine Summe von 2.270,75 €, und betreffend die Erhöhung zum 01.04.2017 um 28 monatliche Prämienanteile in Höhe von jeweils 17,19 €, mithin eine Summe von 481,32 €.

Im Tarif A handelt es sich betreffend die Erhöhung zum 01.04.2014 um 31 monatliche Prämienanteile in Höhe von jeweils 6,99 €, mithin eine Summe von 216,69 € und betreffend die Erhöhung zum 01.04.2017 um 28 monatliche Prämienanteile in Höhe von jeweils 5,04 €, mithin eine Summe von 141,12 €. Im Tarif U handelt es sich betreffend die Erhöhung zum 01.04.2016 um 48 monatliche Prämienanteile in Höhe von jeweils 9,90 €, mithin eine Summe von 475,20 €, und betreffend die Erhöhung zum 01.04.2017 um 45 monatliche Prämienanteile in Höhe von jeweils 6,14 €, mithin eine Summe von 276,30 €.

b)

Der Kläger hat weiterhin gegen die Beklagte gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung der Erhöhungsbeiträge, die er seit dem 01.01.2017 bis einschließlich März 2018 auf die Beitragsanpassung im Tarif T zum 01.04.2013 gezahlt hat. Diese Beitragsanpassung war gleichlautend mit den vorgenannten Beitragsanpassungen im Jahr 2013 begründet worden und damit ebenfalls unwirksam. Dem Kläger steht insoweit ein Anspruch auf 15 monatliche Prämienanteile in Höhe von jeweils 23,39 €, mithin eine Summe von 350,85 €, zu.

c)

Soweit der Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung der vorgenannten Erhöhungsbeiträge in den jeweiligen Referenztarifen hat, steht dem Kläger auch ein Rückzahlungsanspruch hinsichtlich der hierauf entfallenden gesetzlichen Zuschläge zu. Somit ergibt sich hinsichtlich des gesetzlichen Zuschlags S betreffend die Erhöhung zum 01.04.2013 ein Anspruch auf 15 monatliche Prämienanteile in Höhe von jeweils 6,90 €, mithin eine Summe von 103,50 €, betreffend die Erhöhung zum 01.04.2014 ein Anspruch auf 15 monatliche Prämienanteile in Höhe von jeweils 0,70 €, mithin eine Summe von 10,50 €, und betreffend die Erhöhung zum 01.04.2016 ein Anspruch auf 15 monatliche Prämienanteile in Höhe von jeweils 7,33 €, mithin eine Summe von 109,95 €. Hinsichtlich der Erhöhung des gesetzlichen Zuschlags H zum 01.04.2017 steht dem Kläger ein Rückzahlungsanspruch auf 12 monatliche Prämienanteile in Höhe von jeweils 2,23 €, mithin eine Summe von 26,76 €, zu.

d)

Diesen Ansprüchen stehen weder bereicherungsrechtliche Einwände noch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.

Eine Anrechnung des genossenen Versicherungsschutzes im Wege der Saldierung kommt nicht in Betracht, weil weiterhin ein wirksamer Versicherungsvertrag bestand, der die Beklagte zur Erbringung von Versicherungsleistungen verpflichtete (BGH, Urteil vom 16.12.2020, IV ZR 294/19, Rn. 46 f.).

Durch die Erbringung von Versicherungsleistungen oder die Bildung von Rückstellungen ist auch keine Entreicherung der Beklagten im Sinne von § 818 Abs. 3 BGB eingetreten. Mit der Erbringung der Versicherungsleistungen hat die Beklagte eigene Verbindlichkeiten erfüllt und sich mithin von diesen befreit (BGH, a. a. O., Rn. 49 m. w. N.).

Hinsichtlich etwaiger zur Bildung von Rückstellungen verwendeter Mittel hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht dargetan, dass und ggf. warum eine Rückbuchung oder spätere Verrechnung nicht möglich sein sollte (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 50 ff.).

In der Geltendmachung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs liegt auch keine widersprüchliche und damit unzulässige Rechtsausübung. § 242 BGB steht einer Wahrnehmung der Informationsrechte des Versicherungsnehmers und des daraus folgenden Rückzahlungsanspruchs unabhängig davon nicht entgegen, ob er die streitgegenständlichen Prämienanpassungen auch in materieller Hinsicht angreift (BGH, a. a. O., Rn. 44; Urteil vom 14.04.2021, IV ZR 36/20, Rn. 36).

e)

Ebenso wenig kann die Beklagte mit Erfolg einwenden, den Bereicherungsanspruch bereits teilweise durch Beitragsrückerstattungen in Höhe von 188,08 € erfüllt zu haben (§ 362 Abs. 1 BGB). Soweit sie vorträgt, in den Jahren 2015 und 2020 Beitragsrückerstattungen geleistet zu haben, wären diese zunächst mit den älteren Forderungen des Klägers aufgrund der in den Jahren ab 2013 gezahlten Erhöhungsbeträge zu verrechnen gewesen (§ 366 Abs. 2 BGB), die bei Klageerhebung verjährt waren (siehe unten) und den Betrag der Beitragsrückerstattungen überstiegen (vgl. BGH, Urteil vom 21.07.2021, IV ZR 191/20, Rn. 33).

Aufgrund der insoweit vorzunehmenden Verrechnung greift auch die hilfsweise erklärte Aufrechnung der Beklagten nicht durch. Hinzu kommt, dass eine etwaige Gegenforderung mangels hinreichender Erläuterung der Berechnungsgrundlagen nicht bestimmbar ist, so dass das Bestehen der behaupteten Gegenforderung nicht festgestellt werden kann.

f)

In diesem Umfang ist auch keine Verjährung eingetreten (§ 214 Abs. 1 BGB).

Die Bereicherungsansprüche unterliegen der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist (§ 195 BGB), welche gemäß § 199 Abs. 1 BGB grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die Rückzahlungsansprüche entstanden jeweils mit der Zahlung der Erhöhungsbeträge. Die notwendige Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und von der Person des Schuldners hatte der Kläger bereits mit dem Zugang der jeweiligen Änderungsmitteilungen (vgl. BGH, Urteil vom 17.11.2021, IV ZR 113/20, Rn. 40 ff.).

Entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung sind die monatlich gezahlten Erhöhungsbeträge nicht wie Nutzungen eines geschlossenen Stammrechts zu behandeln mit der Folge, dass die sukzessive entstandenen Rückgewähransprüche analog § 217 BGB drei Jahre nach der (unwirksamen) Prämienanpassung verjähren (vgl. LG Essen, Urteil vom 03.04.2019, 18 O 191/18, juris Rn. 58; LG Halle, Urteil vom 16.07.2021, 5 O 442/20, juris Rn. 59; Fuxman/Leygraf, r+s 2021, 61, 63 f.). Zum einen ergeben sich die hier in Rede stehenden Bereicherungsansprüche nicht aus einem „Stammrecht“ des Versicherungsnehmers (allenfalls könnte man umgekehrt von einer „Stammpflicht“ sprechen).

Zum anderen ist die für die Anwendung der Stammrechtstheorie in der privaten Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherung maßgebliche Erwägung, dass es den Versicherer unbillig belasten würde, sich Jahre nach einer Leistungsablehnung noch mit einem für abgeschlossen gehaltenen, angesichts des Zeitablaufs typischerweise nur noch unter Schwierigkeiten aufklärbaren Versicherungsfall auseinandersetzen zu müssen (vgl. BGH, Urteil vom 03.04.2019, IV ZR 90/18 Rn. 19 ff. m. w. N.), auf die vorliegende Konstellation nicht übertragbar (OLG Stuttgart, Urteil vom 18.11.2021, 7 U 244/21, Rn. 59; ebenso im Ergebnis LG Hannover, Urteil vom 29.03.2021, 19 O 291/20, juris Rn. 100 f.; Egger, r+s 2021, 430, 433; Schultess, VersR 2021, 1555, 1556 f.).

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Mithin begann die Verjährungsfrist für die ersten hier in Rede stehenden Ansprüche mit dem Schluss des Jahres 2017 und endete am 31.12.2020. Insoweit ist die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB i. V. m. § 167 ZPO durch die am 29.12.2020 eingegangene Klage gehemmt worden. Die am 05.03.2021 bewirkte Zustellung ist noch „demnächst“ im Sinne von § 167 ZPO erfolgt, weil die Verzögerung ausschließlich durch den Geschäftsbetrieb des Gerichts verursacht war.

g)

Der Anspruch auf Prozesszinsen folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

h)

Weitere rechtsgrundlose Zahlungen aufgrund unwirksamer (noch) streitgegenständlicher Beitragserhöhungen hat der Kläger in unverjährter Zeit nicht geleistet.

Etwaigen Ansprüchen gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung der Erhöhungsbeträge, die der Kläger bis zum 31.12.2016 auf die streitgegenständlichen Beitragsanpassungen geleistet hat, steht jedenfalls die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen (§ 214 Abs. 1 BGB).

aa)

Da bereits der Zugang der jeweiligen Änderungsmitteilungen dem Kläger die notwendige Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und von der Person des Schuldners vermittelte (vgl. BGH, Urteil vom 17.11.2021, IV ZR 113/20, Rn. 40 ff.), begann die Verjährungsfrist für die letzten hier in Rede stehenden Zahlungen mit dem Schluss des Jahres 2016 begann und endete am 31.12.2019, so dass die am 31.12.2020 eingegangene Klage insoweit keine Hemmung mehr bewirken konnte.

bb)

Entgegen der Ansicht des Klägers fehlte es bis dahin nicht an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn.

In eng begrenzten, besonders begründeten Ausnahmefällen (BGH, Urteil vom 17.12.2020, VI ZR 739/20, Rn. 10) kann die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn der Durchsetzung des Anspruchs eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensteht (BGH, Urteil vom 28.10.2014, XI ZR 348/13, Rn. 35) oder eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag (BGH, Urteil vom 21.02.2018, IV ZR 304/16, Rn. 15 m. w. N.).

Eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage liegt nicht schon dann vor, wenn eine Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich entschieden ist, sondern setzt zumindest voraus, dass im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung ein ernsthafter Meinungsstreit in Literatur und Rechtsprechung bestand (vgl. BGH, Urteil vom 28.10.2014, XI ZR 348/13, Rn. 45; Urteil vom 17.12.2020, VI ZR 739/20, Rn. 13). Wird die Rechtslage erst unsicher, nachdem die Verjährungsfrist zu laufen begonnen hat, schiebt dies den Beginn der einmal in Lauf gesetzten Frist nicht nachträglich hinaus (vgl. BGH, Urteil vom 28.10.2014, XI ZR 348/13, Rn. 45; Urteil vom 17.12.2020, VI ZR 739/20, Rn. 15).

Auch mit Blick auf rechtliche Unsicherheiten ist eine Klageerhebung dann zumutbar, wenn die Klage bei verständiger Würdigung hinreichende Erfolgsaussichten hat; es ist nicht erforderlich, dass die Rechtsverfolgung risikolos möglich ist (BGH, Urteil vom 17.12.2020, VI ZR 739/20, Rn. 11 m. w. N.).

LG Duisburg 6 O 458/20

Nach diesen Maßstäben war die Erhebung einer Klage, mit der die formelle Unwirksamkeit von Beitragserhöhungen aufgrund einer unzureichenden Begründung geltend gemacht wird, jedenfalls bis zum 31.12.2016 zumutbar und der Verjährungsbeginn nicht bis zu der durch die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 16.12.2020 (IV ZR 294/19 und IV ZR 314/19) herbeigeführten höchstrichterlichen Klärung hinausgeschoben. Denn es gab weder eine entgegenstehende höchstrichterliche Rechtsprechung noch – jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt – einen ernsthaften Meinungsstreit.

Der Umstand, dass die Frage, welche Anforderungen an eine Mitteilung gemäß § 203 Abs. 5 VVG zu stellen sind, in der Literatur zunächst nur vereinzelt aufgegriffen wurde (vgl. Klimke, VersR 2016, 22 ff.) und erste gerichtliche Entscheidungen hierzu erst im Jahr 2018 veröffentlicht wurden (vgl. LG Neuruppin, Urteil vom 25.08.2017, 1 O 338/16, VersR 2018, 469; LG Potsdam, Urteil vom 27.09.2017, 6 S 80/16, VersR 2018, 471), mag die rechtliche Einordnung und die rechtliche Beratung nicht erleichtert haben, ließ eine Klageerhebung indes unzumutbar erscheinen.

Vielmehr musste eine rechtliche Würdigung gerade ergeben, dass die Erfolgschancen eines Rückzahlungsanspruchs als offen einzuschätzen waren (OLG Stuttgart, Urteil vom 18.11.2021, 7 U 244/21, juris Rn. 48; vgl. OLG Dresden, Urteil vom 12.10.2021, 6 U 751/21, juris Rn. 81 f.; Urteil vom 14.12.2021, 4 U 1693/21, juris Rn. 38; OLG Saarbrücken, Urteil vom 01.12.2021, 5 U 93/20, juris Rn. 35; OLG Hamm, Urteil vom 30.06.2021, 20 U 152/20, juris Rn. 79).

Hinzu kommt, dass bereits seit dem Jahr 2018, insbesondere aber im Laufe des Jahres 2020 bei zahlreichen Landgerichten – darunter auch dem hiesigen – eine Vielzahl entsprechender Klagen eingegangen sind, mit denen die jeweiligen – im Jahr 2020 zumeist von den Prozessbevollmächtigten des Klägers vertretenen – Versicherungsnehmer zu erkennen gegeben haben, dass sie ungeachtet des zu dieser Zeit ungeklärten Meinungsstreits von der Unwirksamkeit der Prämienerhöhungen ausgingen. Auch der Kläger hat bereits vor Veröffentlichung der Urteile des Bundesgerichtshofs vom 16.12.2020 seine Ansprüche gegen die Beklagte geltend gemacht. Umstrittener als in den Jahren 2018 bis 2020 war der Inhalt des § 203 Abs. 5 VVG jedoch in den Jahren bis einschließlich 2016 nicht, so dass dem Kläger die Klageerhebung auch damals nicht unzumutbar war (vgl. BGH, Urteil vom 17.11.2021, IV ZR 113/20, Rn. 45).

3.

Der auf die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Herausgabe von Nutzungen gerichtete Feststellungsantrag zu 3. ist insgesamt zulässig, aber nur im tenorierten Umfang begründet.

Seine Zulässigkeit scheitert nicht am Vorrang der Leistungsklage, weil die von der Beklagten gezogenen Nutzungen aus den nach Ansicht des Klägers rechtsgrundlos gezahlten Prämienanteilen für ihn im Zeitpunkt der Klageerhebung nur teilweise bezifferbar waren (BGH, Urteil vom 19.12.2018, IV ZR 255/17, Rn. 18 ff. m. w. N.).

Der Anspruch auf Herausgabe der rechtsgrundlos gezahlten Erhöhungsbeträge erstreckt sich gemäß § 818 Abs. 1 BGB auf die Nutzungen, welche die Beklagte aus diesen Prämienanteilen gezogen hat, ist insoweit allerdings auf die Zeit vor Eintritt der Verzinsungspflicht für die Hauptforderung beschränkt (BGH, Urteil vom 16.12.2020, IV ZR 294/19, Rn. 58). Etwaige Ansprüche auf Herausgabe von Nutzungen, welche die Beklagte aus den bis zum 31.12.2016 gezahlten Prämienanteilen gezogen hat, wären mit dem jeweiligen Hauptanspruch verjährt (§ 217 BGB). Daher war die Feststellung der Pflicht zur Herausgabe gezogener Nutzungen auf den Zeitraum zu beschränken, in dem der Kläger in unverjährter Zeit nicht zur Tragung des jeweiligen Erhöhungsbetrags verpflichtet war und nach seinem Vorbringen Zahlungen auf die Beitragsanpassungen geleistet hat.

1
Der auf die Feststellung einer Verzinsungspflicht für die Nutzungen gerichtete Antrag zu 3. b) ist unbegründet. § 291 BGB als Anspruchsgrundlage für Prozesszinsen greift bei einer Klage, die auf die Feststellung einer Verbindlichkeit gerichtet ist, nicht ein. Auch ein Verzugszinsanspruch kommt nicht in Betracht, weil nicht dargetan ist, dass das Anwaltsschreiben vom 21.08.2020 eine Bezifferung der darin geforderten Nutzungen und somit die erforderliche Bestimmtheit einer Mahnung aufwies (vgl. BGH, Urteil vom 17.11.2021, IV ZR 109/20, Rn. 43).

4.

Der auf den Ersatz von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gerichtete Antrag zu 4. ist unbegründet. Die insoweit geltend gemachten Kosten wären allenfalls unter dem Gesichtspunkt des Verzugs ersatzfähig (§§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB), der zum Zeitpunkt der einzigen vorgetragenen außergerichtlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers, nämlich der Erstellung des Mahnschreibens vom 21.08.2020, nicht vorlag, sondern erst mit Ablauf der darin gesetzten Zahlungsfrist begründet wurde. Eine diesem Schreiben vorausgehende Mahnung durch den Kläger ist ebenso wenig vorgetragen wie eine weitere außergerichtliche Rechtsanwaltstätigkeit.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1, § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III.

Der Streitwert für die Gerichtsgebühren wird auf 11.034,12 € festgesetzt (§ 63 Abs. 1 GKG).

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Duisburg, König-Heinrich-Platz 1, 47051 Duisburg, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:

Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden.

Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013, das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 und das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen.

Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.

LG Duisburg 6 O 458/20

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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