LG Münster 011 O 316/14

Dezember 7, 2018

LG Münster Urteil 20.11.2017 – 011 O 316/14

vom Fiskalerben dem wahren Erben geschuldeter Nutzungsersatz

RA und Notar Krau

Die Kläger waren die Rechtsnachfolger des Erblassers A.

Das beklagte Land (M) hatte 1984 aufgrund eines Fiskalerbrechts einen Betrag aus dem Nachlass des Erblassers erlangt.

2014 wurde das Fiskalerbrecht aufgehoben und das Land zahlte den Betrag abzüglich Kosten an die Kläger zurück.

Die Kläger verlangten Auskunft über die vom Land aus dem Nachlass gezogenen Nutzungen, insbesondere über ersparte Schuldzinsen, um eine Zahlungsklage vorbereiten zu können.

Rechtliche Würdigung:

Das LG Münster verurteilte das Land zur Auskunftserteilung. Es begründete seine Entscheidung wie folgt:

LG Münster Urteil 20.11.2017 – 011 O 316/14 vom Fiskalerben dem wahren Erben geschuldeter Nutzungsersatz

  • Auskunftsanspruch: Den Klägern steht ein Auskunftsanspruch gemäß § 2027 Abs. 1 BGB zu. Das Land ist als Erbschaftsbesitzer verpflichtet, Auskunft über den Bestand der Erbschaft und den Verbleib der Erbschaftsgegenstände zu erteilen.
  • Nutzungen: Der Begriff der Nutzungen umfasst nicht nur tatsächlich erwirtschaftete Zinsen, sondern auch ersparte Zinsen durch Tilgung von Schulden oder Vermeidung von Kreditaufnahmen.
  • Keine Privilegierung des Fiskus: Entgegen der Ansicht des Landes sind zivilrechtliche Bereicherungsansprüche gegen den Fiskus grundsätzlich zu verzinsen. Der Staat ist nicht von der Verpflichtung zum Nutzungsersatz befreit.
  • BGH-Rechtsprechung: Das LG Münster lehnte die Rechtsprechung des BGH ab, wonach Zinsansprüche gegen den Fiskus schlechthin ausgeschlossen seien, da der Staat öffentlich-rechtlich erlangte Einnahmen in der Regel nicht gewinnbringend anlege.
  • Kein Rechtsmissbrauch: Die Durchsetzung des Auskunftsanspruchs ist nicht rechtsmissbräuchlich, da den Klägern ein Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen zusteht.
  • Verjährung: Der Auskunftsanspruch ist nicht verjährt, da die 30-jährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist und das Land auf die Einrede der Verjährung verzichtet hatte.

LG Münster Urteil 20.11.2017 – 011 O 316/14 vom Fiskalerben dem wahren Erben geschuldeter Nutzungsersatz

Besonderheiten der Entscheidung:

  • Zinsanspruch gegen den Staat: Das Gericht widersprach der bisherigen Rechtsprechung des BGH, die eine Verzinsung von Bereicherungsansprüchen gegen den Staat ablehnte. Es argumentierte, dass der Staat durch die Verwendung des Erbes Zinsersparnisse erzielt und diese an die Erben herausgeben muss.
  • Auskunftspflicht: Die Entscheidung betont die Auskunftspflicht des Staates als Erbschaftsbesitzer. Der Staat muss detailliert Auskunft über die Verwendung des Erbes und die gezogenen Nutzungen erteilen.
  • Schutz der Erben: Das Urteil stärkt die Rechte von Erben gegenüber dem Fiskus und verhindert eine ungerechtfertigte Bereicherung des Staates.

Fazit:

Das Urteil des LG Münster stellt eine wichtige Klarstellung im Bereich der Fiskalerbschaft dar.

Es betont die Gleichbehandlung von Staat und Bürgern im Zivilrecht und verhindert eine Privilegierung des Staates bei der Herausgabe von Nutzungen aus einem Fiskalerbe.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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