OLG München 31 Wx 269/18

Februar 20, 2022

österreichische Staatsangehörige – Widerruf der Rechtswahl – anwendbares Recht – OLG München 31 Wx 269/18

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Oberlandesgericht München entschied, dass ein Erblasser, der österreichischer Staatsangehöriger war, aber seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte, wirksam das österreichische Erbrecht für seinen Nachlass wählen konnte.

Diese Wahl widerrief eine frühere Rechtswahl zugunsten deutschen Rechts, mit Ausnahme des in Deutschland belegenen unbeweglichen Vermögens.

Sachverhalt:

Ein österreichisches Ehepaar mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland errichtete 1996 ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie deutsches Recht wählten.

2015 errichtete der überlebende Ehemann ein weiteres Testament, in dem er österreichisches Erbrecht wählte und die frühere Rechtswahl widerrief.

Nach seinem Tod beantragte die Tochter einen Erbschein als Alleinerbin, während eine andere Person einen Erbschein beantragte,

der sie als Alleinerbin mit Ausnahme des in Deutschland belegenen unbeweglichen Vermögens auswies.

österreichische Staatsangehörige – Widerruf der Rechtswahl – anwendbares Recht – OLG München 31 Wx 269/18

Entscheidungsgründe:

  • Anwendbares Recht: Da der Erblasser nach dem 17. August 2015 verstarb, gilt die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO). Die Wahl österreichischen Rechts im Testament von 2015 war wirksam und widerrief die frühere Wahl deutschen Rechts, außer für das in Deutschland belegene unbewegliche Vermögen.
  • Wirksamkeit der Rechtswahl: Die Wahl österreichischen Rechts war nach der EuErbVO wirksam, da der Erblasser österreichischer Staatsangehöriger war. Die frühere Wahl deutschen Rechts war nur teilweise wirksam, nämlich hinsichtlich des in Deutschland belegenen unbeweglichen Vermögens, da das deutsche Recht dies zu diesem Zeitpunkt erlaubte.
  • Widerruf der Rechtswahl: Die teilweise wirksame Rechtswahl zugunsten deutschen Rechts konnte wirksam widerrufen werden, da sowohl deutsches als auch österreichisches Recht dies erlaubten.
  • Erbfolge: Nach österreichischem Recht entfaltete das gemeinschaftliche Testament keine Bindungswirkung, die der Erbeinsetzung einer anderen Person im späteren Testament entgegenstand. Daher erbte diese Person den gesamten Nachlass, mit Ausnahme des in Deutschland belegenen unbeweglichen Vermögens, das aufgrund der fortbestehenden Rechtswahl nach deutschem Recht an die Tochter ging.

österreichische Staatsangehörige – Widerruf der Rechtswahl – anwendbares Recht – OLG München 31 Wx 269/18

Fazit:

  • Erblasser können das Recht ihres Heimatstaates wählen, auch wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Staat haben.
  • Eine frühere Rechtswahl kann widerrufen werden, sofern dies nach dem ursprünglich gewählten Recht und dem neuen Recht zulässig ist.
  • Die Bindungswirkung von Testamenten und Erbverträgen kann je nach anzuwendendem Recht unterschiedlich sein. Im vorliegenden Fall entfaltete das gemeinschaftliche Testament nach österreichischem Recht keine Bindungswirkung, die der Erbeinsetzung einer anderen Person im späteren Testament entgegenstand.
RA und Notar Krau

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