OLG Düsseldorf I-3 Wx 61/14

Juli 14, 2020

OLG Düsseldorf I-3 Wx 61/14, Beschluss vom 30.04.2015, Gläubiger stellt Antrag auf Anordnung Nachtragsliquidation

Tenor

Das Rechtsmittel wird auf Kosten der betroffenen Gesellschaft zurückgewiesen.

Geschäftswert: 5.000 €.

Gründe

I.

Mit Schrift ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 2. Mai 2013 hat die Antragstellerin unter Berufung auf ihr gegen die betroffene Gesellschaft zustehende Forderungen von rund 15.000 € einen Antrag auf Nachtragsliquidation gestellt.

OLG Düsseldorf I-3 Wx 61/14,

Dem ist die betroffene Gesellschaft entgegengetreten. Durch die angefochtene Entscheidung hat das Registergericht dem Antrag entsprochen und einen Nachtragsliquidator mit bestimmten Aufgabenkreisen bestellt.

Gegen diesen ihr am 11. oder 13. November 2013 zugestellten Beschluss wendet sich die betroffene Gesellschaft mit ihrem am 6. Dezember 2013 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittel, das die Antragstellerin zurückgewiesen sehen möchte.

Mit weiterem Beschluss vom 6. März 2014 hat das Registergericht dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Registerakte Bezug genommen.

II.

Zugunsten des Rechtsmittels kann unterstellt werden, dass es wirksam namens und in Vollmacht der betroffenen Gesellschaft durch die im hiesigen Beschlusseingang als Verfahrensbevollmächtigte bezeichneten Rechtsanwälte eingelegt worden ist.

Die Fragen, ob dies aus § 81 ZPO folgt oder auf einer Vollmacht des ehemaligen Geschäftsführers C. oder des ehemaligen Geschäftsführers Dr. U. der betroffenen Gesellschaft beruhen kann, lässt der Senat somit offen.

1.Dieses Rechtsmittel ist gemäß §§ 375 Nr. 6, 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG als befristete Beschwerde zulässig.

Es ist auch nach der vom Registergericht ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen, § 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. FamFG.

OLG Düsseldorf I-3 Wx 61/14,

2.

In der Sache jedoch ist die Beschwerde nicht begründet. Berechtigterweise hat das Registergericht antragsgemäß entschieden.

a)

Die Antragstellerin ist als Gläubigerin der betroffenen Gesellschaft antragsbefugt. Ihre Gläubigerstellung ergibt sich aus dem rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. März 2014 im Berufungsverfahren I-23 U 82/13 (= 18b O 14/11 LG Düsseldorf).

b)

Ist eine GmbH – wie hier – durch Löschung wegen Vermögenslosigkeit aufgelöst, findet eine Liquidation nach § 66 Abs. 5 GmbHG nur statt, wenn sich nach der Löschung herausstellt, dass Vermögen vorhanden ist, das der Verteilung unterliegt; hierbei sind die Liquidatoren auf Antrag eines Beteiligten durch das Gericht zu ernennen.

Danach muss im Zeitpunkt der Eintragung der Löschung in das Handelsregister noch Vermögen in dem einer Löschung entgegenstehenden Umfang vorhanden gewesen sein, mit anderen Worten kommt es darauf an, ob bereits seinerzeit zugunsten der Gläubiger verwertbare Aktivposten existierten.

Eine Forderung stellt ein derartiges Aktivvermögen dar, wenn sie rechtlichen Bestand hat und werthaltig ist; bestrittene oder sonst unsichere Forderungen der Gesellschaft verkörpern einen Vermögenswert nur, wenn die Gesellschaft beabsichtigt, sie ernsthaft zu verfolgen – d.h. sie gerichtlich geltend zu machen – und diese Rechtsverfolgung nicht offensichtlich unbegründet, d.h. wenn nicht ohne weiteres ersichtlich ist, dass die Forderung nicht besteht oder nicht werthaltig ist.

Dieser Prüfungsmaßstab rechtfertigt sich daraus, dass es grundsätzlich nicht Aufgabe des Registergerichts, sondern des Prozessgerichts ist, rechtliche oder tatsächliche Fragen in Bezug auf die geltend gemachte Forderung zu klären, und im Falle einer weitergehenden Prüfung das Registergericht die Gesellschaft zumindest faktisch an der effektiven Durchsetzung ihres Anspruchs hindern würde.

OLG Düsseldorf I-3 Wx 61/14,

Auf der anderen Seite begründet eine Löschung der GmbH im Handelsregister die Vermutung ihrer Vermögenslosigkeit. Will hernach ein Beteiligter die Bestellung eines Liquidators erreichen, genügt deshalb eine bloße Behauptung, die Gesellschaft besitze noch Vermögenswerte, nicht; vielmehr muss der Beteiligte durch substantiierte Behauptungen darlegen, dass noch verteilbares Vermögen der bereits gelöschten Gesellschaft vorhanden ist

(so bereits Senat, Beschluss vom 11. Februar 2014 in Sachen I-3 Wx 222/13 mit Nachweisen auf obergerichtliche Rechtsprechung).

Im vorliegenden Fall kann ein in Betracht kommendes Vermögen der betroffenen Gesellschaft zwar nicht in einem Kostenerstattungsanspruch aus dem oben unter a) angesprochenen Rechtsstreit liegen; denn das Berufungsgericht hat die dortigen Kosten in vollem Umfang der betroffenen Gesellschaft als dortiger Beklagter auferlegt.

Darüber hinaus kann auf sich beruhen, ob die von der Antragstellerin angeführten Forderungen der betroffenen Gesellschaft gegen ihren ehemaligen Geschäftsführer C. bestehen.

Jedenfalls handelt es sich bei den von der Antragstellerin geltend gemachten Forderungen der betroffenen Gesellschaft gegen ihren ehemaligen Alleingesellschafter und Geschäftsführer Dr. U. nach den zuvor aufgezeigten Grundsätzen um verteilungsfähiges Gesellschaftsvermögen.

Die Werthaltigkeit dieses Anspruchs, sollte er rechtlichen Bestand haben, ist von keiner Seite in Abrede gestellt worden. Allerdings ist der Anspruch selbst bestritten.

OLG Düsseldorf I-3 Wx 61/14,

Jedoch soll die Bestellung des Liquidators sowohl nach der Antragsbegründung als auch nach dem Ausspruch der angefochtenen Entscheidung gerade dazu dienen, die Forderungen gegenüber Dr. U. ernsthaft zu verfolgen.

Diese Rechtsverfolgung ist nach dem Vorbringen der Beteiligten auch nicht offensichtlich unbegründet, vielmehr der Anspruch von der Antragstellerin substantiiert dargelegt.

Der Anspruch gegen Dr. U. ist nach dem Vortrag der Antragstellerin darin begründet, dass er verschiedentlich private Verbindlichkeiten durch Zahlungen aus dem Unternehmen erfüllte; zur Substantiierung hat die Antragstellerin auf die Entwicklung eines bestimmten Kontos mit den dortigen Buchungstexten verwiesen.

Ferner hat sie dargetan, dass die durch jene Kontenbewegungen betroffenen Gelder aus den Jahresabschlüssen der Gesellschaft als Darlehen ersichtlich gewesen seien und Dr. U. den Jahresabschluss 2007 erhalten habe sowie der Jahresabschluss 2008 mit ihm in vollem Umfang besprochen worden sei, dabei auf seinen Informationen und den von ihm vorgenommenen Bewertungen beruht habe, somit Dr. U. den gegen ihn gerichteten Anspruch im Rahmen der Jahresabschlüsse anerkannt habe; die Darlehen seien noch nicht fälliggestellt.

Mit alledem ist die von der Antragstellerin geltend gemachte Forderung der betroffenen Gesellschaft gegen Dr. U. schlüssig vorgetragen.

Das Bestreiten der Forderungen durch den angeblichen Schuldner oder auch durch die betroffene Gesellschaft ist im hier zu untersuchenden Zusammenhang ohne Belang. Zugleich ergibt sich, dass für eine Verjährung kein konkreter Anhaltspunkt besteht.

OLG Düsseldorf I-3 Wx 61/14,

Weder der angebliche Forderungsschuldner, noch die betroffene Gesellschaft haben einen anderweitigen Rechtsgrund (als die behaupteten Darlehen) für die in Rede stehende Vermögensverschiebung auch nur geltend gemacht.

Noch weniger kommt eine Verjährung in Betracht, falls der Erwägung des Oberlandesgerichts Düsseldorf in seinem Urteil vom 25. März 2014 zu folgen sein sollte, wonach hier das Unterlassen geeigneter Maßnahmen zur Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung durch die betroffene Gesellschaft den Vorschriften der Gläubigeranfechtung unterliegen kann.

c)Nicht zu beanstanden ist, dass das Registergericht in den Aufgabenkreis des Liquidators nicht nur die Geltendmachung der zuvor behandelten Ansprüche der Gesellschaft, sondern auch die Fortsetzung des Verfahrens I-23 U 82/13 OLG Düsseldorf einbezogen hat.

Zwar wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertreten, für die Bestellung eines Nachtragsliquidators zur Ermöglichung der gerichtlichen Geltendmachung einer Forderung der gelöschten Gesellschaft sei kein Raum, wenn dem Prozessbevollmächtigten vor Löschung der Gesellschaft wirksam Prozessvollmacht erteilt worden sei (BayObLG FGPrax 2004, S. 297 f.).

Doch abgesehen davon, dass diese Rechtsprechung im Schrifttum Widerspruch erfahren hat (beispielsweise durch Scholz-K. Schmidt, GmbHG, 11. Aufl. 2013, § 66 Rdnr. 55 i.V.m. § 74 Rdnr. 22), bezieht sie sich allein auf Aktivprozesse der Gesellschaft, wohingegen es hier um einen Passivprozess geht, bei dem die Interessenlage bezüglich des Fortbestandes der Partei- und Prozessfähigkeit auf Seiten der betroffenen Gesellschaft eine andere ist.

Vor allem aber hatte die angeführte Entscheidung einen Sachverhalt zur Grundlage, bei dem es letztlich allein um die Fortsetzung eines bestimmten Rechtsstreites ging.

Im gegebenen Fall aber muss der Liquidator ohnehin und sogar in erster Linie wegen der Geltendmachung der behandelten Forderungen bestellt werden, so dass eine etwa fortbestehende Prozessvollmacht seine Bestellung insgesamt nicht erübrigt hätte.

OLG Düsseldorf I-3 Wx 61/14,

Eine Erledigung des Beschwerdeverfahrens in der Hauptsache bezüglich des vorgenannten Aufgabenkreises ist nicht feststellbar.

Zwar ist zwischenzeitlich das Berufungsverfahren durch das Urteil des Oberlandesgerichts in der Hauptsache beendet worden und eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht eröffnet, doch lässt sich dem Akteninhalt nicht entnehmen, dass auch alle in Betracht kommenden Nebenverfahren inzwischen geendet hätten.

d)

Schließlich ist auch gegen die Auswahl des Liquidators durch das Registergericht nichts zu erinnern.

Was die Geltendmachung der Forderungen gegen Dr. U. und C. anbelangt, kommt ein der Bestellung entgegenstehender Interessenwiderstreit ohnehin nicht in Betracht.

Bezüglich des Aufgabenkreises der Fortsetzung des erwähnten Berufungsverfahrens erscheint die diesbezügliche Erwägung des erstinstanzlichen Gerichts, die Gesellschaft sei anwaltlich vertreten, so dass nicht davon ausgegangen werden könne,

der Liquidator werde künftig das Verfahren zum Schaden der betroffenen Gesellschaft führen, dies auch im Hinblick auf ihm drohende Schadenersatzansprüche, in Anbetracht der insoweit auf der Hand liegenden gegensätzlichen Interessen zwischen dem Liquidator als Mitglied der Antragstellerin und der betroffenen Gesellschaft zwar als zugunsten der Antragstellerin weitgehend, aber noch vertretbar.

Im übrigen hat die bisherige Amtsführung des Liquidators nach dem Inhalt der Registerakte zu Beanstandungen keinen Anlass gegeben, und auch nach dem Urteil des Oberlandesgerichts hat die betroffene Gesellschaft als dortige Beklagte ihren Rechtsstandpunkt bis zuletzt uneingeschränkt zur Geltung bringen können, dies sogar noch durch einen Schriftsatz, der nach § 296a ZPO keine Berücksichtigung durch das Gericht mehr finden konnte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Nach dieser Vorschrift soll das Gericht die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat. Für einen Ausnahmefall bestehen hier keine Anhaltspunkte.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG liegen nicht vor.

Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 3 GNotKG.

OLG Düsseldorf I-3 Wx 61/14,

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