OLG Düsseldorf I-3 Wx 75/17

September 30, 2017

OLG Düsseldorf I-3 Wx 75/17 Erbenhaftung: Erbfallschulden als Nachlassverbindlichkeit – Kosten des Aufgebotsverfahrens zur Anmeldung der Forderungen der Nachlassgläubiger; materiell-​rechtliche Überprüfung der angemeldeten Forderung im Aufgebotsverfahren

Tenor

Die angefochtene Entscheidung wird – unter Aufrechterhaltung im übrigen – teilweise dahin geändert, dass zusätzlich zu den dort bezeichneten vier Nachlassgläubigern auch dem Antragsteller die von ihm angemeldete Forderung gegen den Nachlass, nämlich auf Erstattung gerichtlicher (Gerichtskostenrechnung vom 19. Oktober 2016) und außergerichtlicher (anwaltliche Berechnung vom 6. Juli 2016) Kosten für das vorliegende Aufgebotsverfahren in Höhe von insgesamt 1.108,02 EUR, vorbehalten wird.

Gründe

1.

Das infolge der vom Amtsgericht mit Beschluss vom 5. April 2017 erklärten Nichtabhilfe beim Senat zur Entscheidung angefallene Rechtsmittel des Antragstellers ist als befristete Beschwerde statthaft und (unabhängig von der umstrittenen Frage des Fristbeginns bei zugestelltem Ausschließungsbeschluss) auch im übrigen zulässig, §§ 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs.; 58 Abs. 1, 59 Abs. 2, 439 Abs. 3, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG.

In der Sache ist es begründet.

Die Forderungsanmeldung des Antragstellers mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 7. Dezember 2016 hätte berücksichtigt werden müssen.

a)

Sie wahrt die Formerfordernisse des § 459 Abs. 1 Satz 1 und 2 FamFG.

b)

Der Antragsteller ist Nachlassgläubiger gemäß § 1970 BGB.

OLG Düsseldorf I-3 Wx 75/17

Hierunter ist jeder Gläubiger einer Nachlassverbindlichkeit im Sinne des § 1967 Abs. 2 BGB zu verstehen, nicht nur ein Gläubiger von Erblasserschulden, sondern auch ein solcher von Erbfallschulden (BeckOK BGB – Lohmann, Stand: 01.11.2016, § 1970 Rdnr. 2 f; jurisPK BGB – Klinck, Stand: 15.03.2017, § 1970 Rdnr. 15; Erman-​Horn, BGB, 14. Aufl. 2014, § 1970 Rdnr. 1; MK-​Küpper, BGB, 7. Aufl. 2017, § 1970 Rdnr. 6.; Staudinger-​Dutta, BGB, Neubearb. 2016, § 1970 Rdnr. 13 und 19). Zu letzteren gehören anerkanntermaßen gegen den Nachlass gerichtete Forderungen wegen der Einleitung nachlassbezogener Verfahren (Nachlasskostenschulden), darunter die Kosten des Aufgebotsverfahrens nach § 1970 BGB (Lohmann a.a.O., Rdnr. 13; Klinck a.a.O., Rdnr. 34; Küpper a.a.O., Rdnr. 2 sowie § 1967 Rdnr. 10a und 11; Dutta a.a.O., Rdnr. 3 a.E.).

Die Stellung als Kostenschuldner schließt mithin nicht – wie das Amtsgericht gemeint hat – die Anmeldeberechtigung aus, sondern begründet diese überhaupt erst, indem sie den Kostenschuldner zum Nachlassgläubiger macht.

Allerdings sind (vgl. die eingangs angeführten Nachweise) Nachlassgläubiger gemäß § 1970 BGB solche Gläubiger nicht, deren Forderung erst nach dem Beginn der Aufgebotsfrist dem Grunde nach entsteht. Doch abgesehen davon, dass diese Auffassung allein zu Schutze jener Gläubiger entwickelt worden ist – ihnen sei eine Anmeldung innert schon laufender Frist nicht zuzumuten -, liegen die Dinge hier nicht im genannten Sinne: (Sogar) der Aufgebotsbeschluss datiert erst vom 7. November 2016 und damit zeitlich deutlich nach den vom Antragsteller vorgetragenen forderungsbegründenden Umständen, nämlich der Gerichtskostenrechnung und der anwaltlichen Kostenrechnung.

c)

Zu einer materiell-​rechtlichen Überprüfung der angemeldeten Forderung ist das Gericht im Aufgebotsverfahren nicht berechtigt (Keidel-​Zimmermann, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 440 Rdnr. 5), und zwar weder im ersten, noch im zweiten Rechtszug (Klinck a.a.O., Rdnr. 30 und 32). Daher kommt es insbesondere nicht darauf an, ob dem Antragsteller überhaupt ein Erstattungsanspruch gegen die Erbengemeinschaft zusteht, ob dieser auf Zahlung oder nur auf Freistellung gerichtet ist und ob, die Anspruchshöhe betreffend, die Rechnungen von einem zutreffend bestimmten Geschäfts- bzw. Gegenstandswert ausgehen.

2.

Eine Kostenentscheidung für das vorliegende Beschwerdeverfahren ist nicht veranlasst. Es gibt keinen Grund, den Antragsteller mit Gerichtskosten für sein erfolgreiches Rechtsmittel zu belasten (vgl. §§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG), und eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten scheidet schon deshalb aus, weil am Beschwerdeverfahren nur der Antragsteller teilgenommen hat.

Angesichts dessen besteht auch kein Anlass für eine Wertfestsetzung von Amts wegen und wegen des Rechtsmittelerfolges ebenso wenig für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde.

OLG Düsseldorf I-3 Wx 75/17

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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