OLG Frankfurt am Main 1 U 43/10

September 16, 2017

OLG Frankfurt am Main 1 U 43/10 – Zur Auslegung eines Testaments – Zustimmung zur Löschung einer Grundschuld

Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.01.2010 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es im Tenor statt “Grundschuld über 81.355,03 €“ heißen muss: “Grundschuld über 61.355,03 €“.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe OLG Frankfurt am Main 1 U 43/10

A.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zustimmung zur Löschung einer zugunsten der Beklagten eingetragenen Grundschuld und die Zustimmung zur Aufteilung von Gesamthandseigentum in Bruchteilseigentum.

Die Parteien sind im Grundbuch des Amtsgerichts Frankfurt am Main von Stadt1 Bezirk …, Blatt …, in Erbengemeinschaft als Eigentümer des Grundstücks Bezirk …, Gemarkung …, Flur …, Flurstück … eingetragen. Es handelt sich um das Anwesen …straße …, Stadt1. Dieses Grundstück ist nach sonstiger (Teil-) Auseinandersetzung der letzte nicht auseinandergesetzte Vermögensgegenstand des Nachlasses.

Alleineigentümer dieses Grundstücks war ursprünglich der am ….1994 verstorbene Vater der Beklagten, der am 22.07.1985 ein privatschriftliches Testament (Anlage B 1, Bl. 28 d. A.) mit folgendem Wortlaut errichtet hatte:

OLG Frankfurt am Main 1 U 43/10

„Mein letzter Wille: /Testament
Ich, X, geb. … 1919            in Stadt1   wohnhaft …strasse …, Stadt1.
vermache meinen Nachlass wie folgt:
1. Das bebaute Grundstück Stadt1, …strasse … meinen Kindern X1, X2 und X3 zu gleichen Teilen.
Auseinandersetzung ist ausgeschlossen.
Den Nießbrauch soll meine Frau Y geb. Z auf Lebenszeit erhalten.
2. Sämtlichen übrigen Nachlass sollen sich meine Ehefrau Y und die Kinder X1, X2, X3 untereinander aufteilen.
Als Testamentsvollstrecker setze ich meine Ehefrau Y ein.“

Das Testament (Blatt 3 der Testamentsakte, Kopie Blatt 28 d.A.), auf das Bezug genommen wird, ist persönlich vom Erblasser geschrieben und unterschrieben.

Die Ehefrau des Erblassers und Mutter der Beklagten verstarb am ….2000; die Beklagte ist testamentarische Alleinerbin ihrer Mutter.

Nach dem Tod des Erblassers hatte das Amtsgericht – Nachlassgericht – Frankfurt am Main auf Antrag seiner Ehefrau am 09.12.1994 einen Erbschein erteilt, der die Kinder des Erblassers als Erben zu je 30,75 % und seine Ehefrau als Erbin zu 7,75 auswies; diesen Erbquoten lag zugrunde, dass das Hausgrundstück den wertvollsten Nachlassgegenstand darstellte und zum Zeitpunkt des Erbfalls 69% des Wertes des Gesamtnachlasses ausmachte. Weiterhin enthielt der Erbschein den Vermerk: „Es ist Testamentsvollstreckung angeordnet“. Auf den Erbschein, Blatt 38 der Nachlassakte, Kopie Blatt 27 d. A., wird Bezug genommen. Diesen Erbschein hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 14.12.2010 (Blatt 152 der Nachlassakte) gemäß § 2361 Abs. 1 BGB mit der Begründung als unrichtig eingezogen, durch den Tod der zur Testamentsvollstreckerin bestimmten Ehefrau des Erblassers sei die Testamentsvollstreckung in Wegfall geraten und damit der Erbschein unrichtig geworden. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beklagten hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 19.04.2011 (Blatt 171 ff. der Nachlassakte) zurückgewiesen.

Mit Vertrag vom ….1998 hatte die Beklagte der Testamentsvollstreckerin ein Darlehen über 120.000 DM – lastend auf dem Nachlass – bewilligt, das ab dem 15.10.1998 mit jährlich 5 % zu verzinsen sein und mit einer Grundschuld – lastend auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück – abgesichert werden sollte (Kopie des Darlehensvertrages, Bl. 46, 47 d. A.). Gemäß Bewilligung vom 09.10.1998 (Blatt 67 ff. der Grundakten des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Bezirk …, Band …, Bl. …, Kopie Blatt 66 ff. d. A.) wurde am 26.10.1998 zugunsten der Beklagten eine Grundschuld ohne Brief über 120.000 DM nebst 14 % Jahreszinsen im Grundbuch eingetragen.

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Mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 15.10.2001 (Bl. 29, 30 d.A.) stellte die Beklagte gegenüber der Erbengemeinschaft das Darlehen in Höhe von 120.000 DM „nebst 14 % Zinsen für die Zeit vom 9. Oktober bis zum 30. November 2001“ zum 30.11.2001 fällig.

Am 07.12.2001 entnahm die Beklagte 120.000 DM von einem – noch auf den Namen der Testamentsvollstreckerin lautenden –…-Konto der Erbengemeinschaft, dem so genannten „Hauskonto“. Auf die daraufhin durch den Bruder der Beklagten, Herrn X1, erhobene, u.a. auf Rückzahlung eines Drittels dieser Summe an ihn, hilfsweise an die Erbengemeinschaft gerichtete Klage wurde die Beklagte durch Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16.12.2003 – Verfahren …, … Landgericht Frankfurt am Main – verurteilt, 20.451,60 € nebst Zinsen wieder auf das Verwaltungskonto einzuzahlen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil vom 16.12.2003, Blatt 312 ff. der vorgenannten Akten, Bezug genommen. Dem kam die Beklagte am 01.03.2004 nach.

Am 04.03.2004 entnahm die Beklagte diesem Konto erneut einen Betrag in Höhe von 20.451,60 € und löste das Konto auf. Die daraufhin von dem Bruder der Beklagten erhobene, u.a. auf Zahlung dieses Betrages an ihn, hilfsweise auf ein noch zu benennendes Konto der Erbengemeinschaft gerichtete Klage wurde durch Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22.02.2006 – Verfahren …– abgewiesen. Seine dagegen gerichtete Berufung wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts vom 02.10.2007 – 8 U 80/06 – zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf dieses Urteil (Bl. 591 ff. der vorgenannten Akten) Bezug genommen.

Bereits mit Schriftsatz ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 10.12.2003 hatte die Beklagte gegenüber dem Grundbuchamt die Unrichtigkeit des Grundbuchs mit der Begründung geltend gemacht, Herr X habe in seiner letztwilligen Verfügung vom 22.07.1985 verfügt, dass seine Kinder X1, X2 und X3, zu gleichen Teilen Eigentümer der Liegenschaft …strasse … werden sollten, und sie hatte beantragt, dass Grundbuch dahingehend zu berichtigen, dass Eigentümer der Liegenschaft zu „je ein Drittel in Bruchteilsgemeinschaft“ die vorgenannten Kinder des Erblassers sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Antrag vom 10.12.2003 (Blatt 93 ff. der Grundakten) Bezug genommen. Diesen Antrag hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 08.12.2004 (Blatt 111 der Grundakten) zurückgewiesen.

Mit notariellem Vertrag vom ….2008 (Blatt 140 bis 163 der Grundakten) veräußerte und übertrug Herr X1 seinen Erbanteil von 30,75 % sowie den von seiner Schwester X2 im Wege der Ausübung seines Vorkaufsrechts erworbenen und ihm übertragenen Erbanteil von 30,75 % an die Klägerin; Frau X3 hatte zuvor ihren Erbanteil mit notariellem Kaufvertrag vom ….2007 an die A-GmbH veräußert (Blatt 116 ff. der Grundakten), woraufhin Herr X1 sein gesetzliches Vorkaufsrecht ausgeübt und mit seiner Schwester X2 eine Einigung getroffen hatte, wonach ihr Anteil am Nachlass auf ihn übergehen sollte.

Auf die notariell beurkundeten Einigungserklärungen vom 26.10.2007, Blatt 124 ff. der Grundakten, wird Bezug genommen. Aufgrund dieser Erbteilsübertragungen wurde die Klägerin in Erbengemeinschaft mit der Beklagten als Gesamthandseigentümerin im Grundbuch eingetragen. Die von der Beklagten erhobene, u.a. auf Feststellung der Unwirksamkeit der so bezeichneten “Kaufverträge“ gerichtete Klage hat das Landgericht mit Urteil vom 06.07.2009 – Verfahren …, Blatt 100 ff. d. A. – abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main durch Beschluss vom 11.11.2009 als unzulässig verworfen (26 U 33/09, Blatt 173 d. A.).

Die Klägerin hatte von der Beklagten außergerichtlich eine Löschungsbewilligung für die zu ihren Gunsten eingetragene Grundschuld begehrt. Daraufhin teilte die Beklagte mit, sie sei dazu nicht bereit, da die zugrunde liegende Darlehensverbindlichkeit nicht vollständig ausgeglichen sei. Auf die Bitte der Klägerin, vermeintliche Forderungen aus dem Darlehensvertrag zu konkretisieren, erfolgte keine Reaktion.

Die Klägerin hat geltend gemacht, ihr stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der Grundschuld zu, nachdem die Beklagte die Darlehenssumme vom Gemeinschaftskonto entnommen habe, so dass das Darlehen getilgt sei. Sie hat den möglichen Zinsanspruch der Beklagten berechnet (auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 16.11.2009, Bl. 42, 43 d. A. wird Bezug genommen) und geltend gemacht, die Beklagte habe bereits Zinsen in Höhe von 4.800 DM erhalten, ein etwaiger noch zu ihren Gunsten verbleibender Zinsanspruch sei verjährt. Sie hat zudem die Ansicht vertreten, die Anordnung des Erblassers, wonach seine Kinder das Grundstück zu gleichen Teilen erhalten sollten, sei inhaltlich ein Vermächtnis, das zu erfüllen sei.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, zur Bestellung und Löschung von Grundpfandrechten sei allein ein Testamentsvollstrecker berechtigt. Sie hat zudem geltend gemacht, sie habe den Zinsanspruch mit Schreiben vom 15.10.2001 beziffert, die Klägerin könne nicht „frei nach Gusto“ die Neuberechnung verlangen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19.01.2010 Bezug genommen.

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Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben.

Der Klägerin habe einen Anspruch auf Erfüllung eines testamentarischen Vermächtnisses, wobei an der Erbengemeinschaft nur noch die Parteien beteiligt seien und insofern zur Erfüllung die Zustimmung der Beklagten allein genüge. Da die Parteien nicht darüber streiten würden, dass die Klägerin zwei Erbteile der beiden anderen Geschwister erworben habe, stünden ihr 2/3 als Bruchteilseigentum zu.

Die Klägerin habe auch einen Anspruch auf Löschung der Grundschuld, weil die Beklagte nach Tilgung des Darlehens durch die Eintragung ohne Rechtsgrund bereichert sei. Die Parteien würden nicht darüber streiten, dass das Darlehen in der Hauptsache durch die Entnahme vom Erbschaftskonto getilgt sei. Ihr etwa noch zustehende Zinsen hätte die Beklagte selbst darzulegen gehabt.

Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil vom 19.01.2010 verwiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie eine Abweisung der Klage erstrebt. Sie rügt im Wesentlichen, das Landgericht habe den Sachverhalt nicht ermittelt und ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

Sie macht geltend, das Landgericht hätte bei seiner Entscheidung berücksichtigen müssen, dass gemäß § 367 Abs. 1 BGB die zur Tilgung nicht ausreichenden Zahlungen zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung anzurechnen seien. Das Landgericht habe sich „in Ausübung seiner richterlichen Machtfülle, die erbrechtlichen Verhältnisse nach dem Erblasser X zu manipulieren, derart vertan, dass es auch noch sich über den Antrag der Gegenseite, die Akten des Nachlassgerichtes Frankfurt am Main 52 VI W 113/94 beizuziehen und daraus weitere Erkenntnisse erzielen zu wollen hinweggesetzt“ habe. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsschrift (Bl. 123 bis 135 d.A.) sowie auf den Inhalt der Schriftsätze vom 24.03.2011 (Bl. 172 bis 177 d.A.) und 26.04.2011 (Bl. 213 bis 218 d. A.) verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

in Abänderung des Urteils vom 19.01.2010 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angegriffene Urteil. Zudem macht sie geltend, die Beklagte könne in zweiter Instanz nicht mehr damit gehört werden, dass die Zahlungen, die sich die Beklagte selbst genehmigt habe, zunächst auf die Zinsen hätten verrechnet werden müssen. Im Übrigen habe sich die Beklagte genau den Betrag der Hauptsumme entnommen. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringen wird auf die Berufungserwiderung vom 25.05.2010 (Bl. 161 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Akten: 2-01 O 101/08, Landgericht Frankfurt am Main, 2-07 O 21/10, Landgericht Frankfurt am Main, 2/23 O 442/04, Landgericht Frankfurt am Main, 2-05 O 462/01, Landgericht Frankfurt am Main, … nebst Testamentsakte …, Amtsgericht – Nachlassgericht – Frankfurt am Main, Grundakten des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Bezirk …, Band …, Bl. … waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

B.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg; es war lediglich der Tenor wegen eines offensichtlichen Schreibfehlers zu korrigieren.

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Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass der Klägerin ein Anspruch auf (Teil-) Auseinandersetzung durch Umwandlung von Gesamthands- in Bruchteilseigentum an dem verfahrensgegenständlichen Grundstück zusteht, bei dem es sich nach erfolgter Teilauseinandersetzung um den einzigen noch verbliebenen Nachlassgegenstand handelt. Sie ist durch Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der Veräußerung und Übertragung der Erbanteile der Miterben X1 und X2 in deren vermögensrechtliche Stellung am Nachlass, d.h. in die Gesamtheitsgemeinschaft eingetreten und hat insoweit alle Rechte und Pflichten hinsichtlich Verwaltung und Auseinandersetzung des Nachlasses übernommen.

1) Ursprünglich standen den Geschwistern der Beklagten, X1 und X2, Erbanteile von je 30,75 % am Nachlass ihres am …1994 verstorbenen Vaters zu; sie sind testamentarische Erben ihres Vaters.

Das Testament vom 22.07.1985 ist allerdings – wovon das Landgericht zu Recht ausgegangen ist – auslegungsbedürftig. Denn der Erblasser hat nicht ausdrücklich einen oder mehrere Erben bestimmt.

a) Der Senat teilt nicht die Ansicht des Landgerichts, wonach es sich bei der Anordnung des Erblassers, durch die seinen Kindern das verfahrensgegenständliche Grundstück “zu gleichen Teilen“ zugewiesen ist, um „ein Vermächtnis“ handelt. Der Umstand, dass der Erblasser einerseits den Begriff „vermache“ und andererseits den Begriff „aufteilen“ verwandt hat, lässt entgegen der Annahme des Landgerichts diesen Schluss nicht zu.

Zum einen sind die in einer letztwilligen Verfügung verwendeten Begrifflichkeiten allein nicht entscheidend für die Frage, ob eine Erbeinsetzung (§ 1937 BGB) oder ein Vermächtnis (§ 1939 BGB) gewollt war. Denn nach allgemeinen Erfahrungen verwenden größere Teile der Bevölkerung in privatschriftlichen Testamenten nicht die juristischen Begriffe wie Erbe oder Erbschaft, sondern sprechen davon, den Besitz zu vermachen, zu übergeben oder zuzuwenden, und sie gebrauchen die Begriffe „vererben“ und „vermachen“ synonym (vgl. Bamberger/Roth/Litzenburger, BGB, Stand: 01.08.2010, § 2087 Rn 6 m.w.N.). Dafür, dass der Erblasser den Begriff „vermachen“ als Synonym für „vererben“ verwandt hat, spricht der Umstand, dass er ihn im Eingangssatz verwendet, d.h. den beiden Ziffern 1 und 2 vorangestellt hat.

Zum anderen geht offensichtlich auch das Landgericht davon aus, dass der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung vom 22.07.1985 seine Kinder als Erben eingesetzt hat, so dass die Bestimmung, das verfahrensgegenständliche Grundstück seinen Kindern “zu gleichen Teilen“ zu „vermachen“ allenfalls als die Anordnung eines Vorausvermächtnisses (§ 2150 BGB) aufgefasst werden könnte. Eine derartige Schlussfolgerung ist jedoch nicht gerechtfertigt, so dass es auch keiner Entscheidung bedarf, ob, wovon das Landgericht offensichtlich – allerdings ohne jegliche Begründung – ausgegangen ist, bei einer Erbteilsübertragung auf einen Dritten ein Vorausvermächtnis überhaupt übergehen kann.

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b) Die Auslegung der letztwilligen Verfügung ergibt vielmehr, dass der Erblasser eine Erbeinsetzung nach Vermögensgruppen vorgenommen hat, bei der durch die Verteilung der zum Nachlass gehörenden Gegenstände die Erbquote bestimmt wird, und dass es sich bei der Zuweisung des verfahrensgegenständlichen Grundstücks an die Beklagte und deren Geschwister bzw. an seine Kinder “zu gleichen Teilen“ nicht – auch nicht teilweise – um Vorausvermächtnisse (§ 2150 BGB), sondern um eine Teilungsanordnung im Sinne von § 2048 BGB handelt.

aa) Maßgebend für die Auslegung des Testaments vom 22.07.1985 ist der wahre Wille des Erblassers (§§ 133, 2084, 2087 BGB).

Hat der Erblasser testamentarisch Einzelzuwendungen von Gegenständen oder Vermögensgruppen vorgenommen, die nach seiner Vorstellung bei Testamentserrichtung sein gesamtes Vermögen ausmachen, ist entgegen § 2087 Abs. 2 BGB regelmäßig von einer Erbeinsetzung der mit einzelnen Gegenständen oder Vermögensgruppen bedachten Personen auszugehen, auch wenn der oder die Bedachten nicht als Erben bezeichnet werden, weil nicht angenommen werden kann, dass der Erblasser seinen gesamten Nachlass verteilt, ohne einen oder mehrere Erben einzusetzen.

Die Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB, wonach die testamentarische Zuwendung bestimmter Einzelgegenstände im Zweifel als Vermächtnisanordnung und nicht als Erbeinsetzung anzusehen ist, greift dann nicht Platz, wenn dem Testament zweifelsfrei der Wille des Erblassers entnommen werden kann, dem oder den Bedachten sein gesamtes Vermögen oder (jeweils) einen Bruchteil desselben zuzuwenden und in ihm oder ihnen seine wirtschaftliche Stellung (teilweise) fortgesetzt zu wissen (vgl. OLG Köln, DNotZ 1993, 133 [OLG Köln 24.01.1992 – 2 Wx 38/91] [juris Rn. 36]). Eine solche testamentarische Aufteilung des Nachlasses kann dann als mit einer Teilungsanordnung verbundene Erbeinsetzung angesehen werden, wobei sich die jeweilige Erbquote aus dem Verhältnis des Wertes des zugewendeten Vermögensteils zum Wert des Gesamtnachlasses ergibt (vgl. BGH, NJW-RR 1990, 391 [BGH 06.12.1989 – IVa ZR 59/88] [juris Rn. 34]).

bb) So liegt der Fall hier. Die im Testament aufgeführten Gegenstände und Vermögensgruppen umfaßten das gesamte Vermögen des Erblasser, das er mit seiner letztwilligen Verfügung insgesamt verteilen wollte. Dies ergibt sich bereits aus der Wortlaut des Testaments, in dem es im Eingangssatz heißt: „…vermache meinen Nachlass wie folgt…“ und weiter unter Ziffer 2: „Sämtlichen übrigen Nachlass sollen sich (…) untereinander aufteilen.“ Dabei hat er den im Eingangssatz verwendeten Begriff „vermachen“– wie ausgeführt – ersichtlich als Synonym für „vererben“ gebraucht und durch die Verteilung seines gesamten Vermögens seine Absicht zum Ausdruck gebracht, dieses den im Testament Bedachten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zuzuwenden.

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Zudem ist der Wunsch des Erblassers ersichtlich dahin gegangen, seinen Kindern den verfahrensgegenständlichen Grundbesitz zukommen zu lassen, ihnen also das Hausgrundstück zu sichern. Dass dies der Wille des Erblassers war, und er seinen Kindern unbedingt das Hausgrundstück zuwenden wollte, um sie für die Zukunft abzusichern, hat die Beklagte im Rahmen ihrer Anhörung im Termin vom 28.03.2011 ausdrücklich bestätigt. Unstreitig stellte der der Beklagten und ihren Geschwistern zugewandte Grundbesitz zum Todeszeitpunkt des Erblassers – wie auch zur Zeit der Testamentserrichtung – wertmäßig der Hauptnachlassgegenstand dar. Unstreitig ist zwischen den Parteien nach den Erörterungen der wirtschaftlichen Wertverhältnisse im Termin vom 04.07.2011 auch, dass dieser Vermögensgegenstand zur Zeit des Erbfalls 69% des Wertes des Gesamtnachlasses ausmachte, wie dies auch der vom Nachlassgericht ermittelten Erbquoten zugrunde lag.

Die angeordnete Aufteilung des Nachlasses ist auch ohne weiteres nachvollziehbar. Der Erblasser hat seinen Abkömmlingen das werthaltige Hausgrundstück zu gleichen Teilen zukommen lassen, seiner Ehefrau aber zum Ausgleich ein Nießbrauchsvermächtnis auf Lebenszeit zugewandt und ihr dadurch ein lebenslanges Recht an dem Hausgrundstück gesichert.

Gegen dieses Auslegungsergebnis spricht auch nicht die Regelung in Ziffer 2 des Testamens. Dass mit dieser Bestimmung über die Aufteilung des übrigen Nachlasses seine Ehefrau und seine Kinder zu gleichen Teilen, also zu je ¼ als Erben eingesetzt werden und der wertvollste Nachlassgegenstand durch Vorausvermächtnis seinen Abkömmlingen zugewandt werden sollten, kann nicht angenommen werden.

Da es eine wertverschiebende Teilungsanordnung grundsätzlich nicht geben kann (vgl. BGH, NJW-RR 1990, 1220 [BGH 27.06.1990 – IV ZR 104/89] [juris Rn. 18]), wäre zwar dann, wenn ein Mehrwert zusätzlich zum Erbteil zugewendet sein soll, davon auszugehen, dass es sich dann tatsächlich um ein Vorausvermächtnis handelt. Hier liegt jedoch bereits keine „wertverschiebende“ Teilungsanordnung vor, weil das Grundstück nicht zusätzlich zu einem bestimmten Erbteil zugewendet ist, sondern die Zuwendung des Grundstücks die Höhe des Erbteils mitbestimmt, also nicht etwa in feststehende Erbquoten eingreift. Außerdem sind auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass der Beklagten und ihren Geschwistern nach dem Willen des Erblassers nur ein schuldrechtlicher Anspruch nach § 2174 BGB, der auch für das Vorausvermächtnis gilt, zustehen sollte.

Der ursprünglich erteilte Erbschein hat demnach die Erbquoten zutreffend ausgewiesen, wovon im Übrigen die Parteien, wie sie im Termin vom 04.07.2011 ausdrücklich klargestellt haben, übereinstimmend ausgehen.

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Die Klägerin hat durch notariellen Vertrag vom ….2008 den Erbanteil des Bruders der Beklagten von 30,75 % sowie den von ihm erworbenen Erbanteil seiner Schwester X2 von 30,75 %, insgesamt also einen Erbanteil von 61,5 % erworben.

a) Nach dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 Abs. 1 BGB) ist mit dem Erbfall die Erbschaft ungeteilt als Ganzes auf die Miterben, also auf die Kinder und die Ehefrau des Erblassers übergegangen. Sie sind kraft Gesetzes in die Rechtsposition des Erblassers, die an dem Grundstück bestand, eingetreten und bildeten damit, ebenfalls kraft Gesetzes, eine Erbengemeinschaft.

b) Über ihre Berechtigung an der Erbengemeinschaft, in die sie als Rechtsnachfolger nach dem Erblasser eingetreten sind, konnten die Geschwister der Beklagten nach Maßgabe des § 2033 BGB verfügen, d.h. jeder Miterbe konnte über seinen Anteil am Nachlass verfügen (§ 2033 Abs. 1 Satz 1 BGB), nicht jedoch über seinen Anteil an den einzelnen Nachlassgegenständen (§ 2033 Abs. 2 BGB). Denn verfügt werden kann nur über den Miterbenanteil, also die ideelle Quotalberechtigung am Gesamthandsvermögen, wobei es allerdings genügt, dass nur noch ein Nachlassgegenstand vorhanden ist (vgl. MünchKomm-BGB/Gergen, 5. Auflage 2010, § 2033 Rn. 7).

c) Die in dem notariellen Erbteilskaufvertrag vom 26.09.2008 enthaltene Übertragung eines Miterbenanteils von insgesamt 61,5 % ist eine nach § 2033 Abs. 1 Satz 1 BGB zulässige Verfügung über die ideelle Quotalberechtigung am Gesamthandsvermögen. Dies gilt gleichermaßen für die vorangegangenen Verträge vom ….2007 und ….2007. Dass bereits seinerzeit nach vorangegangener Teilauseinandersetzung zum Nachlass nur noch das verfahrensgegenständliche Grundstück gehörte, führt entgegen der offensichtlich von der Beklagten vertretenen Ansicht nicht zu der Annahme, dass eine unzulässige Verfügung über einen einzelnen Nachlassgegenstand im Sinne des § 2033 Abs. 2 BGB vorliegt. Gegenstand der Übernahme bildete nach dem Inhalt des Vertrages vom 26.09.2008 und der Verträge vom 29.07.2007 und 26.10.2007 jeweils ausdrücklich der Erbschaftsanteil als Ganzes.

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d) Die Vorschrift des § 2033 BGB ist zwingend. Auch der Erblasser kann die Verfügbarkeit nicht durch Verfügung von Todes wegen mit dinglicher Wirkung ausschließen oder beschränken (MünchKomm-BGB/Gergen, 5. Auflage 2010, § 2033 Rn. 4).

Mit den wirksamen Erbteilsübertragungen ist die Klägerin in alle Rechte und Pflichten hinsichtlich der Auseinandersetzung des Nachlasses eingetreten; sämtliche die Miterben X1 und X2 betreffenden Beschränkungen und Beschwerungen sind auf sie übergegangen, insbesondere auch Auflagen und Teilungsanordnungen (vgl. MünchKomm-BGB/Gergen, 5. Auflage 2010, Rn. 26).

Die durch den Erblasser angeordnete Teilungsanordnung (§ 2048 BGB) hat die schuldrechtliche Wirkung wie eine Miterbenvereinbarung. Sie ersetzt in ihrem Umfang den Teilungsplan und geht gesetzlichen Regelungen über die Auseinandersetzung vor. Die Klägerin kann mithin die Aufteilung des Gesamthands- in Bruchteilseigentum verlangen, die nur im Wege der Teilauseinandersetzung durch Auflassung und Eintragung im Grundbuch möglich ist.

Einer solchen Teilauseinandersetzung steht – wovon das Landgericht zutreffend ausgegangen ist – entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht der im Testament angeordnete Ausschluss der Auseinandersetzung (§ 2044 BGB) entgegen, der auch gegen die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin wirken würde, und dessen Tragweite durch Auslegung zu ermitteln ist. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Annahme des Landgerichts, das Auseinandersetzungsverbot sei zeitlich auf die Dauer des der Ehefrau des Erblassers zugewandten Nießbrauchsvermächtnisses beschränkt gewesen, zwingend ist. Eine solche Auslegung ist jedenfalls möglich.

Das Nießbrauchsvermächtnis ist unmittelbar nach dem Auseinandersetzungsverbot angeordnet, der Erblasser hat seine Ehefrau zugleich zur Testamentsvollstreckerin ernannt, und eine Verbindung von Nießbrauch und Testamentsvollstreckung ist geradezu typisch für die Fälle des Versorgungsnießbrauchs (vgl. BayObLG, Rpfleger 1981, 64 [juris Rn. 42]), so dass die Schlußfolgerung möglich ist, mit dem Auseinandersetzungsverbot und der Ernennung seiner Ehefrau zur Testamentsvollstreckerin habe der Erblasser die Zuwendung und Bestellung des Nießbrauchs sichern wollen.

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Selbst wenn man annimmt, dass das Auseinandersetzungsverbot nicht mit dem Tod der Ehefrau des Erblassers entfallen ist, ergibt die Auslegung jedenfalls, dass das Auseinandersetzungsverbot nach dem erklärten Willen des Erblassers nicht generell gelten sollte. Da der Erblasser das Grundstück seinen Kinder “zu gleichen Teilen“ zugewiesen hat, kann das Auseinandersetzungsverbot nach dem Willen des Erblasser hinsichtlich des Grundstücks nur so verstanden werden, dass zwar eine Auseinandersetzung im Wege der Einigung über den Verkauf und Veräußerung des Grundstücks an Dritte oder im Wege der Teilungsversteigerung untersagt ist, nicht jedoch die ideelle Teilung des sich auf das ganze Grundstück beziehenden Eigentumsrechts, d.h. die Umwandlung des Gesamthandseigentum in Bruchteilseigentum “zu gleichen Teilen“.

In dem vorgenannten Sinne hat ursprünglich auch die Beklagte das Auseinandersetzungsverbot verstanden und die Auffassung vertreten, ihr Vater habe verfügt, dass seine Kinder nach seinem Tode zu gleichen Teilen Eigentümer der Liegenschaft …strasse … werden sollten, und beantragt, das Grundbuch dahingehend zu berichtigen, dass seine Kinder Eigentümer der Liegenschaft zu „je ein Drittel in Bruchteilsgemeinschaft“ sind; auf den Antrag vom 10.12.2003, Blatt 93 ff. der Grundakten, wird Bezug genommen. Erst im Verlauf des Rechtsstreits hat sie dann die Auffassung vertreten, das Auseinandersetzungsverbot stehe einer Aufteilung in Bruchteilseigentum entgegen.

Zutreffend hat das Landgericht auch entschieden, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschuld zuzustimmen. Der Klägerin steht ein Rückgewähranspruch aus dem Sicherungsvertrag zu. Sie kann nach §§ 1192, 1183, 875 die Aufhebung der Sicherungsschuld verlangen. Der Sicherungszweck ist endgültig entfallen. Der Beklagten stehen keine Ansprüche mehr zu, zu deren Sicherung die Grundschuld dienen sollte.

Die gesicherte Darlehensforderung in Höhe von 120.000 DM bzw. 61.355,03 € besteht nicht mehr, nachdem die Beklagte diesen Betrag dem Konto der Erbengemeinschaft, dem sog. Hauskonto, entnommen hat. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf § 367 BGB. Denn an die Feststellung des Landgerichts, wonach mit der Entnahme dieses Betrages vom Konto der Erbengemeinschaft die Hauptforderung getilgt wurde, ist der Senat gebunden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Nach dem landgerichtlichen Urteil ist diese Tatsache als unstreitig festgestellt (Urteil, Seite 3).

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Diese Tatsachenfeststellung, deren Berichtigung die Beklagte nicht beantragt hat, bindet den Senat (§ 314 ZPO); vom Geltungsbereich des § 314 ZPO werden auch diejenigen tatsächlichen Feststellungen erfasst, die in den Entscheidungsgründen enthalten sind (st. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vgl. BGH, NJW 2000, 3007 [BGH 17.05.2000 – VIII ZR 216/99] [juris Rn. 24]; NJW-RR 2005, 962 [BGH 09.03.2005 – VIII ZR 381/03] [juris Rn. 9]).

Die Beklagte kann sicherungsfähige Ansprüche auch nicht damit begründen, dass ihr noch Vertragszinsen zustehen. Denn insoweit besteht keine Zahlungsverpflichtung der Klägerin mehr.

a) Für die Zeit nach dem 30.11.2001 kann die Beklagte – worauf sie im Termin vom 28.03.2011 hingewiesen worden ist – entgegen ihrer Ansicht bereits deshalb keinen Vertragszins mehr verlangen, weil der Darlehensvertrag durch die Kündigung vom 15.10.2001 zum 30.11.2001 endete und der Rückzahlungsanspruch fällig wurde. Da vertraglich vereinbarte Zinsen die im Synallagma stehende Gegenleistung des Darlehensnehmers für die zeitweilige Kapitalüberlassung darstellen, decken sie auch nur den Zeitraum der berechtigten Kapitalnutzung ab. Aus diesem Grund fallen das Ende der Zinszahlungspflicht und die Fälligkeit des Rückerstattungsanspruchs zusammen (vgl. MünchKomm-BGB/Berger, 5. Auflage 2008, § 488 Rn. 196).

b) Die bis zum 30.11.2001 angefallen Vertragszinsen kann die Beklagte ebenfalls nicht mehr beanspruchen, wobei dahingestellt bleiben kann, in welcher Höhe ein Zahlungsanspruch der Beklagten, die wirtschaftlich gesehen sowohl Gläubigerin als auch – als Mitglied der Erbengemeinschaft – Schuldnerin einer Zinszahlungsverpflichtung ist, entstanden ist, und ob ein solcher Anspruch teilweise, d.h. in Höhe von unstreitig gezahlter 4.800 € durch Erfüllung erloschen ist. Denn die – durch die Zinsgrundschuld gesicherten – Zinsforderungen sind verjährt; die Verjährungseinrede hat die Klägerin bereits in erster Instanz erhoben.

aa) Soweit hinsichtlich des Zinsanspruchs für 1998, der nach Ziffer 3 des Darlehensvertrags vom 09.10.1998 am 01.01.1999 fällig war, gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 2 EGBGB noch altes Verjährungsrecht zur Anwendung kommt, gilt die Regelung des § 197 BGB a.F.. Danach verjähren rückständige (Vertrags-) Zinsen in 4 Jahren, wobei die Verjährung nach § 201 BGB a.F. jeweils erst mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem die Zinsen jeweils fällig geworden sind. Somit wurde die Verjährungsfrist hinsichtlich dieses Zinsanspruchs für 1998 zum 31.12.1999 in Lauf gesetzt und endete mit Ablauf des 31.12.2003.

OLG Frankfurt am Main 1 U 43/10

bb) Soweit hinsichtlich der Zinsansprüche für 1999 bis zum 30.11.2001 gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB neues Verjährungsrecht einschlägig ist, gilt die Regelung des § 195 BGB n.F, wobei die Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. ebenfalls erst mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem die Zinsen jeweils fällig geworden sind. Die Verjährungsfrist wurde hinsichtlich des Zinsanspruchs für 1999 (fällig am 1.1.2000) zum 31.12.2000, hinsichtlich des Zinsanspruchs für 2000 (fällig am 1.1.2001) zum 31.12.2001 sowie hinsichtlich des Zinsanspruchs für 2001 (fällig am 1.1.2002) zum 31.12.2002 in Lauf gesetzt und endete mit Ablauf des 31.12.2004 bzw. 31.12.2005.

cc) Auf die Verjährung der Zinsansprüche kann sich die Klägerin auch berufen. Zwar bestimmt § 216 Abs. 2 BGB, der auf die Grundschuld unmittelbar anwendbar ist, dass aufgrund der Verjährung des gesicherten Anspruchs nicht die Rückübertragung von Rechten verlangt werden kann, die sicherungshalber übertragen worden sind.

Diese Regelung findet aber nach Abs. 3 der Vorschrift keine Anwendung auf Rückstände von Zinsen oder anderen wiederkehrenden Leistungen.

Soweit es um solche Rückstände geht, kann sich der Schuldner also auch gegenüber dinglichen Sicherungsrechten auf die Verjährung des schuldrechtlichen Anspruchs berufen; dies ergibt sich bei der Grundschuld aus der schuldrechtlichen Sicherungsabrede, durch die die dinglich nicht beschränkte Rechtsmacht des Gläubigers schuldrechtlich im Verhältnis der Sicherungsvertragsparteien auf das Maß begrenzt wird, das sich aus dem Kausalverhältnis ergibt (vgl. BGH, NJW 1993, 3318 [BGH 05.10.1993 – XI ZR 180/92] [juris Rn. 33] zu § 223 BGB a.F.)

III. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Die sonstigen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

OLG Frankfurt am Main 1 U 43/10

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

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