OLG Frankfurt am Main 7 U 233/20

Juli 18, 2022

OLG Frankfurt am Main 7 U 233/20, Urteil vom 15.06.2022 – Feststellung der Wirksamkeit eines Widerspruchs gegen einen Lebensversicherungsvertrag

1. Für eine auf die Feststellung der Wirksamkeit eines Widerspruchs gegen einen Lebensversicherungsvertrag und Feststellung der daraus resultierenden Pflicht zur Herausgabe der empfangenen Leistungen und gezogenen Nutzungen gerichteten Feststellungsklage fehlt das Feststellungsinteresse.

2. Ergeben sich die für eine Bezifferung des Herausgabeanspruchs erforderlichen Positionen bereits aus Mitteilungen des Versicherers, besteht kein weitergehender Auskunftsanspruch des Versicherungsnehmers.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24.09.2020 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an sie 3.515,94 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.01.2019 sowie weitere 413,64 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.07.2019 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben mit Ausnahme der Mehrkosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Amtsgerichts Idstein entstanden sind und die die Klägerin zu tragen hat, die Beklagte 66 % und die Klägerin 34 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe OLG Frankfurt am Main 7 U 233/20

I.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Rückabwicklung eines Vertrags über eine Lebensversicherung nach Widerspruch bzw. Rücktritt geltend.

Die Klägerin beantragte unter dem 02.09.2004 bei der Beklagten den Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung. Bei Antragstellung wurden ihr die “Vertragsunterlagen” übergeben, die Verbraucherinformationen zur fondsgebundenen Lebensversicherung, allgemeine Angaben über die Steuerregelung, illustrative Angaben über die Kostenbelastung des Versicherungsvertrages, Fondsinformationen, Bedingungen für die fondsgebundene Lebensversicherung, besondere Bedingungen, besondere Bedingungen für die Rentenoption, Hinweise zur Datenverarbeitung sowie eine Gebührentabelle beinhalteten.

Auf dem Antragsformular hatte die Klägerin zwei Unterschriften zu leisten. Mit ihrer ersten Unterschrift bestätigte die Klägerin die Richtigkeit ihrer Angaben und dass sie die auf der Rückseite stehende Schlusserklärung gelesen habe. Sie sei damit einverstanden, dass diese Schlusserklärungen und die Verbraucherinformationen Bestandteil dieses Antrags seien.

Die zweite Unterschrift war unter dem folgenden in Fettdruck gehaltenen Text zu leisten: “Mir ist bekannt, dass ich innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Zustellung der Versicherungspolice zurücktreten kann.

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Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn ich den Versicherungsschein erhalten habe. Ich bestätige, dass ich eine Durchschrift meines Antrages, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen für die fondsgebundene Lebensversicherung erhalten habe”.

Auf der folgenden Seite finden sich die Schlusserklärungen, aufgeteilt in zwei Spalten. Im Original war die Rubrik “Schlusserklärungen” quittegelb unterlegt. In der linken Spalte findet sich unter der fettgedruckten Überschrift “Rücktrittsrecht” unten auf der Seite folgender Text: “Mir ist bekannt, dass ich innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Abschluss des Vertrages (d.h. nach Erhalt der Versicherungspolice) vom Vertrag zurücktreten kann. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Rücktrittserklärung.

Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn die A mich über mein Rücktrittsrecht belehrt hat und ich die Belehrung durch meine Unterschrift bestätigt habe. Wenn die A die Belehrung unterlässt, erlischt mein Rücktrittsrecht einen Monat nach Zahlung des ersten Beitrags”.

Die Beklagte nahm den Antrag an und übersandte der Klägerin mit Schreiben vom 10.09.2004 den Versicherungsschein. In dem Schreiben ist folgender Hinweis enthalten: “Sie haben ein 2-wöchiges Rücktrittsrecht nach Erhalt dieser Police. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Rücktrittserklärung”.

Die Klägerin zahlte Prämien in Höhe von 17.362,60 €. Zum 31.12.2015 wurde der Vertrag beitragsfrei gestellt.

Mit Schreiben vom 11.09.2018 kündigte die Klägerin den Vertrag mit sofortiger Wirkung und forderte die Beklagte auf, einen online ermittelten Fondswert in Höhe von 15.824,39 € an sie auszuzahlen. Die Beklagte akzeptierte die Kündigung zum 25.09.2018 und kündigte die Auszahlung eines Rückkaufswerts in Höhe von 15.868,99 € an.

Mit Schreiben vom 11.01.2019 widersprach die Klägerin dem Vertrag bzw. trat von ihm zurück und forderte die Beklagte zur Rückzahlung der geleisteten Prämien nebst gezogenen Nutzungen auf. Die Beklagte lehnte dies mit E-Mail vom 17.01.2019 ab.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die bei Antragstellung erteilten Verbraucherinformationen und Versicherungsbedingungen seien unvollständig gewesen, so dass von einem Vertragsschluss im Policenmodell nach § 5a VVG a.F. auszugehen sei. Über dieses Widerspruchsrecht sei sie bei Übersendung des Versicherungsscheins nicht belehrt worden.

Den Vertragsunterlagen hätten Angaben über die Antragsbindungsfrist gefehlt, über die zugrundeliegenden Fonds und der Art der darin enthaltenen Vermögenswerte und über die geltenden Steuerregelungen.

Jedenfalls stehe ihr infolge einer ungenügenden Rücktrittsbelehrung im Antrag das Rücktrittsrecht noch zu. Die im Antragsformular enthaltene Belehrung habe keinen Hinweis darauf enthalten, dass für die rechtzeitige Ausübung des Rücktritts die Absendung der Erklärung genügt.

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Infolgedessen sei die Beklagte zur Rückzahlung der geleisteten Prämien sowie zur Zahlung von gezogenen Nutzungen sowohl aus dem Sparanteil als auch aus den Verwaltungs- und Abschlusskosten verpflichtet. Insofern stehe ihr ein Anspruch auf Auskunft gegen die Beklagte aus § 242 BGB zu, die diese Auskünfte unschwer erteilen könne. Jedenfalls stehe ihr ein Anspruch in Höhe von 3.546,02 € zu.

Verwirkung könne schon deshalb nicht angenommen werden, weil es an einer ordnungsgemäßen Belehrung und mithin einem schutzwürdigen Vertrauen der Beklagten fehle.

Die Beklagte hat geltend gemacht, sie habe die Klägerin ordnungsgemäß über ihr Rücktrittsrecht belehrt, wie bereits höchstrichterlich entschieden worden sei

(BGH, IV ZR 501/15).

Der Angabe einer Antragsbindefrist habe es nicht bedurft. Informationen über die Fonds seien in den Vertragsunterlagen ebenso enthalten wie solche über die Steuerregelungen. Selbst wenn – wie nicht – einzelne Informationen gefehlt hätten, wäre es – wie der Europäische Gerichtshof entschieden habe – unverhältnismäßig, der Klägerin zu ermöglichen, sich von den Verpflichtungen aus einem in gutem Glauben geschlossenen Vertrag zu lösen.

Ferner hat die Beklagte sich auf Verwirkung sowie ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin berufen.

Darüber hinaus hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben, soweit Nutzungsersatzansprüche geltend gemacht würden, die über die dreijährige Verjährungsfrist nach Vertragsschluss im Jahr 2004 hinausgingen.

Nutzungsersatz stehe der Klägerin überdies schon deshalb nicht zu, weil die Beklagte keine Nutzungen gezogen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.

Das Landgericht Wiesbaden hat die Klage mit Urteil vom 24.09.2020 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei unbegründet.

Mangels fristgerechten Widerspruchs habe sich das Vertragsverhältnis nicht in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt.

Auf den vorliegenden Vertrag sei § 8 Abs. 5 VVG a.F. anzuwenden, da der Vertrag im sogenannten Antragsmodell zustande gekommen sei. Die insoweit maßgebliche Rücktrittsbelehrung sei ordnungsgemäß gewesen.

Zwar sei zutreffend, dass in den übergebenen Unterlagen kein Hinweis auf eine Antragsbindungsfrist enthalten sei und nach höchstrichterlicher Rechtsprechung daher von einem Vertragsschluss im Wege des Policenmodells auszugehen sei.

Von diesem Grundsatz sei jedoch dann eine Ausnahme zu machen, wenn eine vorgeschriebene Einzelinformation im konkreten Fall nicht einem berechtigten Informationsbedürfnis des Versicherungsnehmers diene.

Die Beklagte habe das Informationsbedürfnis der Klägerin hinsichtlich der Benennung der Antragsbindungsfrist ausdrücklich bestritten. Ein Informationsbedürfnis könne sich erst dann ergeben, wenn eine Überschreitung der üblichen Annahmefrist von den Parteien gewünscht bzw. vereinbart worden wäre.

Davorliegend der Antrag jedoch innerhalb weniger Tage nach Zugang der Beklagten von ihr angenommen worden sei, hätte sich eine mögliche Absicht der Klägerin bei Vereinbarung einer langen Antragsbindungsfrist keinesfalls auswirken können.

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Gegen das ihr am 27.10.2020 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 06.11.2020 Berufung eingelegt und diese am 16.12.2020 begründet.

Die Klägerin wiederholt und vertieft zur Begründung der Berufung ihren erstinstanzlichen Vortrag dazu, dass der Vertrag im Policen-, nicht im Antragsmodell zustande gekommen sei. Es dürfe nicht auf die Sicht ex post abgestellt werden, sondern maßgeblich sei aus der ex-ante-Sicht allein, ob der Versicherungsnehmer ein berechtigtes Informationsinteresse an der Angabe zur Antragsbindungsfrist gehabt habe, was jedenfalls bei einem beabsichtigten Vertragsschluss im Antragsmodell der Fall sei.

Darüber hinaus habe das Landgericht ihren Vortrag in Bezug auf die Unvollständigkeit der Angaben zu den Fondsinformationen nicht vollständig zur Kenntnis genommen. Es fehlten Angaben über die Art der Fonds, den Namen der Depotbank, der Anlagegrundsätze, Zusammensetzung und Entwicklung der Fonds in den vergangenen Jahren, das Ausmaß der Separierung der Kapitalanlage als Sondervermögen im Unternehmen und über Kosten. Ferner fehle eine Angabe über die nach wie vor in Kraft und damit geltende, wenn auch vorübergehend nicht angewandte Vermögenssteuer.

Im Übrigen genüge die Rücktrittsbelehrung nicht den formellen Anforderungen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Wiesbaden vom 24.09.2020 – 9 O 232/19 –

1. a) die Beklagte auf erster Stufe zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über die Höhe der dem Vertrag Nr. … bezogen auf den Stichtag des Zugangs des Widerspruchs/ Rücktritts der Klägerin am 11.01.2019

– in Abzug gebrachten Abschluss- und Vertriebskosten nach Datum und Betrag sowie über die Höhe der hiervon an Dritte ausbezahlten und selbst einbehaltenen Abschluss- und Vertriebskostenanteilen,

– in Abzug gebrachten Verwaltungskosten nach Datum und Betrag,

– in Abzug gebrachten Risikokosten nach Datum und Betrag,

– in Abzug gebrachten Stornoabzüge und sonstige Gebühren nach Datum und Betrag,

– tatsächlich investierte Sparanteile der Prämien nach Datum und Betrag sowie

– über das zum Zeitpunkt des Zugangs des Widerspruchs/ Rücktritts am 11.01.2019 vorhandene Fondsguthaben des Vertrags unter Angabe der vorhandenen Zahl von Fondsanteilen sowie des am 11.01.2019 maßgeblichen Fondsanteilpreises zu erteilen,

b) festzustellen, dass der bei der Beklagten unter der Nr. …

geführte Lebensversicherungsvertrag infolge des Widerspruchs der Beklagten vom 11.01.2019 nicht zustande gekommen und die Beklagte in der Folge zur Herausgabe der rechtsgrundlos empfangenen Leistungen und damit gezogenen Nutzungen verpflichtet ist,

hilfsweise, für den Fall, dass das Gericht von einem Rücktritt ausgehen wollte, auf erster Stufe festzustellen, dass sich das Vertragsverhältnis infolge des Rücktritts der Klägerin vom 11.01.2019 in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt hat und die Beklagte hieraus zur Herausgabe der empfangenen Leistungen und damit gezogenen Nutzungen verpflichtet ist,

2. a) die Beklagte auf zweiter Stufe zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 18.01.2019 zu bezahlen, wobei die Klägerin diesen erst nach erfolgter Auskunft gemäß Ziffer 1a) abschließend berechnen und beziffern können wird,

b) hilfsweise zu Ziffer 2a für den Fall, dass das Gericht den Auskunftsantrag gemäß Ziffer 1a insgesamt für unzulässig oder unbegründet erachtet sollte, die Beklagte auf zweiter Stufe zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.546,02 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 18.01.2019 zu bezahlen,

3. die Beklagte weiter auf zweiter Stufe zu verurteilen, der Klägerin vorgerichtlich angefallene Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 413,64 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

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Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags das angefochtene Urteil.

Der Senat hat mit Beschluss vom 25.04.2022 Hinweise erteilt und sodann mit Beschluss vom 10.05.2022 im Einverständnis der Parteien das schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet und die gemeinsame Schriftsatzfrist, die zugleich dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, auf den 01.06.2022 bestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die zur Gerichtsakte gereicht worden sind.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin ist zulässig und hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 3.515,94 € aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 BGB. Weitergehende Ansprüche, insbesondere auf Erteilung der begehrten Auskünfte und auf Feststellung, dass die Beklagte zur Herausgabe der rechtsgrundlos empfangenen Auskünfte und gezogener Nutzungen verpflichtet ist, bestehen dagegen nicht.

Die auf Feststellung der Pflicht der Beklagten zur Herausgabe der empfangenen Leitungen und gezogenen Nutzungen gerichtete Klage ist mangels Feststellungsinteresse unzulässig.

Auch unter dem Gesichtspunkt einer Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO kann die Zulässigkeit nicht angenommen werden.

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Prozessvoraussetzung der Zwischenfeststellungsklage ist, dass zwischen den Parteien während des Urteilsverfahrens über die Hauptklage im Rahmen des Hauptanspruchs ein Rechtsverhältnis streitig sein muss, dessen Bestehen oder Nichtbestehen für die Entscheidung der Hauptklage vorgreiflich ist.

Das Urteil über die Hauptklage darf die Rechtsbeziehungen der Parteien nicht bereits erschöpfend regeln, das inzidenter ohnehin zu klärende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien muss also noch über den gegenwärtigen Streitgegenstand hinaus Bedeutung haben oder gewinnen können und über das dort erfasste Rechtsschutzziel der Klagepartei hinausgehen.

Daran fehlt es vorliegend indes. Die Wirksamkeit des Widerspruchs der Klägerin gegen das Zustandekommen des Lebensversicherungsvertrages ist eine Vorfrage des zwischen den Parteien streitigen Rechtsverhältnisses, ob ein Versicherungsvertrag zwischen den Parteien besteht bzw. bestand.

Die Vorfrage der Wirksamkeit des von der Klägerin erklärten Widerspruchs hat jedoch keine über das von der Klägerin mit der Hauptklage verfolgte Rechtsschutzziel hinausgehende Bedeutung und es ist auch nicht ersichtlich, dass ihr eine solche Bedeutung künftig zukommen könnte.

Vielmehr werden mit dem Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend geregelt (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 10.01.2022 – 10 U 1634/21 – zit. n. Juris).

Die Klägerin konnte dem 2004 geschlossenen Versicherungsvertrag noch im Jahr 2019 wirksam nach § 5a VVG in der Fassung vom 13.07.2001 (im Folgenden: VVG a.F.) widersprechen, da sie bei Vertragsschluss nicht ordnungsgemäß über das ihr zustehende Widerspruchsrecht belehrt worden ist.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist im vorliegenden Falle von einem Vertragsschluss im Wege des Policen-, nicht des Antragsmodells auszugehen.

Zwar beabsichtigten die Parteien nach ihrem übereinstimmenden Vortrag, den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag im Wege des sogenannten Antragsmodells zu schließen. Der Klägerin wurden bereits bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen übergeben, so dass an sich von einem Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 VVG in der bis zum 07.12.2004 geltenden Fassung auszugehen wäre.

Allerdings sind der Klägerin nicht alle Verbraucherinformationen nach Anlage D zu § 10a VAG a.F. bei Antragstellung erteilt worden, denn Versicherungsverträge werden nicht nach dem Antragsmodell, sondern im Policenmodell geschlossen, wenn der Versicherer bei Antragstellung die erforderlichen Verbraucherinformationen nicht vollständig erteilt hat (vgl. BGH, Urteil vom 18.07.2018 – IV ZR 68/17 – zit. n. Juris).

Maßgeblich ist vorliegend die Anlage D zu § 10a VAG a.F. in der Fassung vom 10.12.2003. Danach hatte der Versicherer vor Vertragsschluss Angaben zu machen über die Frist, während der der Antragsteller an den Antrag gebunden sein soll (D.I.1.e), bei fondsgebundenen Versicherungen über den der Versicherung zugrundeliegenden Fonds und die Art der darin enthaltenen Vermögenswerte (D.I.2.e) und über die für diese Versicherungsart geltende Steuerregelung (D.I.2.f).

Diese Angaben hat die Klägerin bei Antragstellung nicht vollständig erhalten.

Zwar enthalten die der Klägerin bei Antragstellung übergebenen Vertragsunterlagen auch allgemeine Angaben über die Steuerregelung, die unstreitig keinen Hinweis auf die Vermögenssteuer beinhalten.

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Dies ist indes nicht erforderlich gewesen, da es sich nicht um eine typische, für diese Versicherungsart geltende Steuerregelung im Sinne der Verbraucherinformationen nach Anlage D der § 10a VAG a.F. handelt.

Dessen ungeachtet ist nicht nachvollziehbar, warum die seinerzeit bereits nicht mehr erhobene Steuer für die Klägerin irgendeine Bedeutung gehabt haben sollte.

Fehlt eine Information, die offenkundig für die Entscheidung, sich vertraglich zu binden, keine Rolle spielen kann, dann hindert dies den Beginn der Widerspruchsfrist nicht (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 06.09.2018 – 3 U 128/19 – zit. n. Juris).

Es kann offenbleiben, ob die in den Vertragsunterlagen enthaltenen Fondsinformationen den Anforderungen des § 10 a VAG a. F. im Übrigen genügen, da es unstreitig an der Angabe einer Antragsbindungsfrist fehlt.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts führte dies zu unvollständigen Verbraucherinformationen mit der Folge, dass von einem Vertragsschluss im Wege des sogenannten Policenmodells auszugehen ist.

Bei einem Vertragsschluss im Antragsmodell hatte der Versicherer den Antragsteller auch auf die gesetzliche Annahmefrist des § 147 Abs. 2 BGB hinzuweisen. An dieser Information hatte der Antragsteller ein berechtigtes Interesse.

Aus dem Wortlaut der Bestimmung in Abschnitt I Nr. 1 Buchstabe f der Anlage Teil D zu § 10a Abs. 1 VAG a.F. lässt sich nicht entnehmen, ob diese Information entbehrlich war, wenn weder eine spezialgesetzliche noch eine vertragliche Bindungsfrist bestand, sondern § 147 Abs. 2 BGB einschlägig war.

Danach kann der einem Abwesenden gemachte Antrag nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Wird der Antrag nach dieser Regelung nicht rechtzeitig angenommen, so erlischt er (§ 146 BGB).

Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Antragsteller grundsätzlich an seinen Antrag gebunden, sofern er die Gebundenheit nicht ausgeschlossen hat (§ 145 BGB).

Zu dieser allgemeinen gesetzlichen Regelung verhielt sich Abschnitt I Nr. 1 Buchstabe f der Anlage Teil D zu § 10a Abs. 1 VAG a.F. nach dem Wortlaut nicht, enthielt aber auch keine Beschränkung auf andere gesetzlich oder vertraglich vorgesehene Antragsbindungsfristen.

Die Anlage Teil D wurde dem VAG angefügt durch Art. 1 Nr. 81 Buchstabe c des Dritten Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften (Drittes Durchführungsgesetz/EWG zum VAG) vom 21. Juli 1994, das in Art. 1 Nr. 8 auch die Vorschrift des § 10a VAG einfügte.

Aus der Begründung des Gesetzesentwurfs ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Aufnahme der bisher in geschäftsplanmäßigen Erklärungen vorgesehenen Antragsbindungsfristen in das Gesetz nunmehr für geboten hielt, “zumal die Vorschrift des § 10a nach § 110a auch für Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten und Vertragsstaaten gelten soll, bei denen die Möglichkeit entfällt, im Erlaubnisverfahren eine geschäftsplanmäßige Erklärung zu verlangen” (BT-Drucks. 12/6959 S. 99 re. Sp.).

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Diese Erwägung lässt nicht erkennen, dass die allgemeine Annahmefrist des § 147 Abs. 2 BGB und die damit korrespondierende Antragsbindung nicht von der Informationspflicht umfasst sein sollten.

Eine entsprechende Information war bei einem Vertragsschluss nach dem Antragsmodell sinnvoll; sie verdeutlichte dem Versicherungsnehmer den zeitlichen Rahmen, in dem der Vertrag durch Annahme seines Antrags seitens des Versicherers zustande kommen konnte.

Der Antragsteller konnte dann abschätzen, ab wann er nicht mehr mit einer Annahme rechnen durfte und gegebenenfalls auf Produkte anderer Anbieter ausweichen musste.

Daher musste ihm auch die gesetzliche Frist des § 147 Abs. 2 BGB, innerhalb derer er den Eingang der Antwort des Versicherers unter regelmäßigen Umständen erwarten durfte, vor Augen geführt werden

(vgl. BGH, Urteil vom 18.07.2018 – IV ZR 68/17 – zit. n. Juris).

Zugleich folgt daraus, dass die Berechtigung des Informationsbedürfnisses des Versicherungsnehmers hinsichtlich der Antragsbindungsfrist generell besteht und nicht (zusätzliche) Umstände des konkreten Einzelfalles hinzukommen müssen.

Insbesondere wird die unterbliebene Angabe zu der Antragsbindungsfrist nicht ex post unbeachtlich, weil etwa der Versicherungsantrag jedenfalls vor dem Ablauf einer üblichen Frist von dem Versicherer angenommen worden ist; denn nach dem zuvor Gesagten soll der Versicherungsnehmer durch eine Information über die Antragsbindungsfrist ja von vornherein und damit ex ante genau darüber unterrichtet werden, wie lange er im Hinblick auf eine Reaktion des Versicherers zuzuwarten hat und ab wann er anderweitig disponieren kann und muss

(vgl. OLG Rostock, Urteil vom 08.03.2022 – 4 U 51/21 – zit. n. Juris,

unter Hinweis auf OLG Dresden, Urteil vom 07.05.2019 – 4 U 1317/18 – zit. n. Juris, bei einer Antragstellung am 29.08.2006 und einer Policenübersendung am 08.09.2006;

a. A. OLG Jena, Urteil vom 31.07.2020 – 4 U 1245/19 – zit. n. Juris).

Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass sich aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 18.07.2018 – IV ZR 68/17 – zit. n. Juris), dort Randziffer 16 ergebe, dass es in Ausnahmefällen an einem berechtigten Informationsbedürfnis des Versicherungsnehmers fehlen könne, veranlasst dies nicht zu einer anderen Entscheidung.

Denn der Bundesgerichtshof führt in den folgenden Randziffern aus, dass jedenfalls für die Antragsbindungsfrist eine solche Ausnahme nicht angenommen werden könne.

Eine Ausnahme lässt sich auch nicht mit den von der Beklagten angeführten Umständen – Vertragsdauer von 14 Jahren, Mitteilung einer Adressänderung im August 2005 – rechtfertigen, da maßgeblich die Sicht ex ante ist.

Da der Versicherungsvertrag mangels vollständiger Verbraucherinformation im Policenmodell abgeschlossen wurde, hätte die Beklagte die Klägerin über das ihr gemäß § 5 a VVG a. F. zustehende Widerspruchsrecht belehren müssen.

Eine solche Widerspruchsbelehrung hat die Beklagte nicht erteilt. Die Belehrung im Antragsformular ist schon inhaltlich falsch, weil sie für den Beginn der Frist nur auf den Erhalt des Versicherungsscheins abstellt.

Darüber hinaus ist sie auch drucktechnisch nicht hervorgehoben. Gleiches gilt für die Belehrung in den Verbraucherinformationen und dem Policenbegleitschreiben vom 10.09.2004. Es fehlt überdies die Benennung der die Frist auslösenden Unterlagen und der Hinweis auf die Textform.

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Da es danach an der erforderlichen Belehrung über das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. selbst fehlt, kommt es auf eine Prüfung, ob die Klägerin ihr Recht unter den im Wesentlichen gleichen Bedingungen ausüben konnte (vgl. EuGH, Urteil vom 19.12.2019 – C-355/18 u.a. – zit. n. Juris), nicht an.

Besonders gravierende Umstände, die der Ausübung des Widerrufs ausnahmsweise nach Treu und Glauben entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich.

Im Fall nicht ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung kann der Versicherer grundsätzlich kein schutzwürdiges Vertrauen in Anspruch nehmen, weil er die Situation selbst herbeigeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 01.06.2016 – IV ZR 343/15 – zit. n. Juris).

Etwas Anderes kann sich im Einzelfall ergeben, wenn der Versicherungsnehmer durch sein Verhalten den Eindruck erweckt hat, den Vertrag unbedingt fortsetzen zu wollen, und sein nachträglicher Widerspruch deshalb treuwidrig erscheint.

Insoweit reicht die normale Vertragsdurchführung – sei es auch über einen langen Zeitraum – nicht aus. Erforderlich sind vielmehr besonders gravierende Umstände (vgl. BGH, Urteil vom 27.01.2016 – IV ZR 130/15 – zit. n. Juris).

Ob die Umstände nach § 242 BGB eine Versagung der Rückabwicklung rechtfertigen, ist eine Frage der Würdigung im Einzelfall und bleibt der tatrichterlichen Beurteilung vorbehalten

(vgl. BGH, Urteil vom 01.06.2016, a.a.O.).

Zeit- und Umstandsmoment stehen insofern in Wechselwirkung zueinander, als der Zeitablauf umso kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen gestellt werden, je länger der abgelaufene Zeitraum ist.

Die zeitlichen und sonstigen Umstände des Falles müssen in ihrer Gesamtheit die Beurteilung tragen, dass Treu und Gläubiger die Verfolgung des Anspruchs verwehren, mit dessen Geltendmachung der Schuldner nicht mehr rechnen musste

(vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 12.10.2018 – 11 U 36/18 – zit. n. Juris).

Auch wenn mit einem Zeitraum von 14 Jahren zwischen Vertragsschluss und Ausübung des Widerspruchsrechts das Zeitmoment erfüllt sein könnte, fehlt es jedoch an einem Umstandsmoment.

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Der Bundesgerichtshof hat ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers auf den Bestand des Versicherungsvertrages angenommen bei einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz zur Kreditsicherung oder einer mehrfachen Abtretung.

Ebenso hat der Bundesgerichtshof besonders gravierende Umstände in einem Fall angenommen, in welchem der Vertrag zunächst auf Grund von Beitragsrückständen im Jahr 2000 gekündigt und rückabgewickelt, dann aber auf Bitten des Versicherungsnehmers wieder in Kraft gesetzt worden war.

Weiter hat der Bundesgerichtshof besonders gravierende Umstände in einem Fall angenommen, in dem der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag unmittelbar nach Erhalt des Versicherungsscheins und später noch einmal – mithin zweimal – unter Abtretung auch der Todesfallleistung zur Kreditsicherung eingesetzt hat

(vgl. zu dieser Zusammenfassung OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.05.2018 – 12 U 14/18 – zit. n. Juris).

Unter Berücksichtigung dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung reichen die von der Beklagten angeführten Umstände nicht zur Annahme einer Verwirkung aus, da diese noch im Rahmen einer normalen Vertragsdurchführung liegen.

Verjährung des geltend gemachten Zahlungsanspruchs ist nicht eingetreten. Denn der Anspruch auf Rückgewähr geleisteter Prämien entstand erst mit der Ausübung des Widerspruchsrechts im Jahre 2019 (vgl. BGH, Urteil vom 08.04.2015 – IV ZR 103/15 – zit. n. Juris), so dass die im Jahr 2019 die Verjährungsfrist gehemmt hat.

Auch wenn der Klägerin danach ein Anspruch auf Rückzahlung der von ihr geleisteten Prämien aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zusteht, kann sie von der Beklagten nicht die Erteilung der begehrten Auskünfte verlangen.

Die Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs aus § 242 BGB liegen nicht vor.

Zwar kann sich in Fällen der vorliegenden Art ein Anspruch auf Auskunft über die zur Berechnung der Rückabwicklungsansprüche erforderlichen Parameter ergeben.

Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Auskunftsanspruch aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gegeben, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und wenn der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderliche Auskunft zu erteilen

(vgl. BGH, Urteil vom 01.08.2013 – VII ZR 268/11 – zit. n. Juris).

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Der Klägerin sind jedoch alle zur Berechnung ihres Anspruchs aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 BGB erforderlichen Angaben bereits bekannt.

Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien.

Vielmehr muss sich die Klägerin bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den jedenfalls bis zum Widerspruch genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen.

Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden.

Bei einer Lebensversicherung kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen.

Weitere Positionen wie Abschluss- bzw. Vertriebskosten und Verwaltungskosten sind nicht abzuziehen.

Insoweit kann sich der Versicherer nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall der Bereicherung berufen

(vgl. BGH, Urteil vom 11.11.2015 – IV ZR 513/14, VersR 2016, 33;

Urteil vom 21.12.2016 – IV ZR 425/15, NJW-RR 2017, 151).

Die entsprechenden Positionen ergeben sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 15.02.2017 (Anlage K 8, Bl. 65 der Akte).

Dort sind die Abschluss- und Einrichtungskosten mit 2.644,32 €, die jährliche fixe Verwaltungsgebühr in Höhe von 30,00 €, laufende Verwaltungskosten pro eingezahltem Beitrag in Höhe von 3,42 € sowie Risikokosten für den Todesfallschutz in Höhe von 0,06 € angegeben.

Damit stehen der Klägerin sämtliche Angaben zur Verfügung, die sie zur Berechnung ihres Anspruchs auf Rückzahlung geleisteter Prämien sowie auf Nutzungsersatz benötigt. Entsprechend hat die Klägerin ihren Anspruch auch berechnet, wie sich aus Seite 13 ihrer Klageschrift ergibt.

Nicht berücksichtigt hat die Klägerin allerdings die Risikokosten, die die Beklagte selbst in dem Schreiben vom mit 0,06 € angegeben. In Abzug zu bringen ist daher noch ein weiterer Betrag in Höhe von 10,08 €.

Eine ins Einzelne gehende Auskunft des Versicherers über die allmonatliche Verwendung und Verbuchung der empfangenen Beitragszahlungen benötigt ein Versicherungsnehmer für eine Bezifferung seiner Ansprüche nicht.

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Er kann vielmehr alle angegebenen Daten aus allgemeinen Quellen einer Plausibilitätsprüfung unterziehen und ihre Berechtigung abschätzen.

Das gilt auch für die oftmals (und auch hier) geringen Risikokosten und das gilt für den Fondsgewinn, über den der Versicherungsnehmer ebenso wie über die Überschussbeteiligung typischerweise alljährliche Mitteilungen des Versicherers erhält. Auch die Abschluss- und Verwaltungskosten sind, wenn sie denn separat benannt sind, gut abschätzbar.

Derart informiert ist es einem Versicherungsnehmer auch zuzumuten, begründete und überprüfbare Behauptungen über die erzielten Nutzungen aufzustellen.

Eine sekundäre Darlegungslast des Versicherers besteht insoweit nicht.

Diesbezüglich ist nicht erkennbar, dass ein Versicherungsnehmer nicht etwa beispielsweise auf Grundlage veröffentlichter Geschäftsberichte des Versicherers die erzielten Nutzungen ermitteln könnte (vgl. OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 08.11.2021 – 16 U 66/20 – VersR 2022, S. 746).

Der Anspruch auf Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB, nachdem die Beklagte mit E-Mail vom 17.01.2019 den Widerspruch der Klägerin endgültig und ernsthaft zurückgewiesen hat.

Da die Beklagte den Anspruch der Klägerin mit E-Mail vom 17.01.2019 abgelehnt hat, befand sie sich zum Zeitpunkt der Beauftragung des Bevollmächtigten der Klägerin mit ihrer Leistung in Verzug und hat sie der Klägerin die entstandenen Kosten in Höhe von 413,64 € nebst Zinsen seit dem 12.07.2019 aus §§ 286, 288 Abs. 1, 291 BGB zu erstatten.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision gegen das Urteil war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO).

OLG Frankfurt am Main 7 U 233/20

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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