OLG Hamm 10 U 36/15
Die Sittenwidrigkeit eines Erbverzichts und damit dessen Unwirksamkeit kann sich aus der gebotenen Gesamtwürdigung mit der dem Verzicht zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vereinbarung ergeben.
Das ist insbesondere der Fall, wenn die getroffenen Vereinbarungen ein erhebliches Ungleichgewicht zu Lasten des Verzichtenden ausweisen.
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 07.04.2015 verkündete Urteil des Landgerichts Detmold wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
G r ü n d e
OLG Hamm 10 U 36/15
A.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Erb- und Pflichtteilsverzichts, den der Kläger mit notarieller Urkunde vom 29.10.2013 gegenüber dem Beklagten erklärt hat.
Der am ##.##.1995 geborene Kläger ist ein Sohn des Beklagten aus dessen Ehe mit der Mutter des Klägers, die nur von kurzer Dauer war und bereits 1997 geschieden wurde.
Der Kläger ist bei seiner Mutter im Rheinland aufgewachsen.
Der Beklagte lebt mit seiner langjährigen Lebensgefährtin und einer aus dieser Beziehung stammenden Tochter in E.
Er ist selbständig praktizierender Zahnarzt und Gesellschafter der Q-E-GmbH, die in E ein Dentallabor betreibt.
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Anfang 2013 bot er dem Kläger, der zu diesem Zeitpunkt die 11. Klasse eines Gymnasiums besuchte und mit erheblichen Schulschwierigkeiten zu kämpfen hatte, an, bei der Q-E-GmbH eine Ausbildung zum Zahntechniker zu machen.
Im Januar 2013 absolvierte der Kläger ein Praktikum bei der Q-E-GmbH.
Während dieser Zeit lebte er im Haushalt des Beklagten. Im Sommer 2013 verließ er die Schule, ohne das angestrebte Fachabitur erreicht zu haben.
Er zog zu dem Beklagten nach E und begann bei der Q-E-GmbH eine Ausbildung zum Zahntechniker.
Etwa zur gleichen Zeit erwarb der Beklagte von einem Bekannten – zunächst leihweise – einen Sportwagen, für den sich der Kläger besonders begeistert hatte.
Hierbei handelte es sich um einen O GTR X mit einem Anschaffungspreis von ca. 100.000,- €, der eine Höchstgeschwindigkeit von ca. 320 km/h erreichen und in 2,8 Sek. von 0 auf 100 km/h beschleunigen kann.
Der Beklagte ließ den Kläger mehrfach in diesem Fahrzeug mitfahren und dieses auch einige Male selbst lenken, was den Kläger außerordentlich faszinierte.
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Am 29. Oktober 2013, zwei Tage nach dem 18. Geburtstag des Klägers, fuhr der Beklagte mit dem Kläger zum Amtssitz des Notars E2 in Q. Dort ließen die Parteien einen im Auftrag des Beklagten vorbereiten „Erb-, Pflichtteils und Pflichteilsergänzungsanspruchsverzicht“ (UR Nr. 161/2013) beurkunden, in dem es auszugsweise heißt:
Der Erschienene zu 2. (= Kläger) verzichtet hiermit für sich auf das ihm beim Tode des Erschienenen zu 1. (= Beklagter) zustehende gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht. Dieser Verzicht betrifft insbesondere Erb-, Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche.
Der Erschienene zu 1. nimmt diese Verzichte jeweils an.
Als Gegenleistung für die Verzichte erhält der Erschienene zu 2. den Pkw O GT-R 35 Coupé …, jedoch unter der aufschiebenden Bedingung, dass
a) der Erschienene zu 2. sein 25. Lebensjahr vollendet hat und
b) der Erschienene zu 2. seine Gesellenprüfung zum Zahntechniker bis zum 31.12.2017 mit der Note 1 bestanden hat und
c) der Erschienene zu 2. seine Meisterprüfung zum Zahntechniker bis zum 31.12.2021 mit der Note 1 bestanden hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopie der Urkunde, Bl. 8 f. der Gerichtsakte, Bezug genommen.
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Schon am Nachmittag nach der Beurkundung, nachdem er mit seiner Mutter telefoniert und mit ihr über den Vorgang gesprochen hatte, reute den Kläger der Vertragsschluss.
Er teilte dem Notar telefonisch mit, dass er die Vereinbarung rückgängig machen wolle.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 28.07.2014 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er die Vereinbarung für sittenwidrig und damit nichtig halte.
Vorsorglich erklärte er zudem die Anfechtung des Vertrages und forderte den Beklagten vergeblich auf, die Nichtigkeit des Vertrages anzuerkennen.
Inzwischen hat der Kläger die Ausbildung in dem Unternehmen des Beklagten abgebrochen und ist zu seiner Mutter zurückgezogen, um dort seine Schulausbildung fortzusetzen.
Mit der Klage hat der Kläger die Feststellung der Nichtigkeit des notariellen Vertrages vom 29.10.2013 begehrt.
Er hat behauptet, der Beklagte habe ihn mit dem Vertrag überrumpelt.
Er habe ihm am Tag der Beurkundung lediglich erklärt, es gebe eine Überraschung und er müsse mit ihm nach Q fahren.
Bei dem Notar habe er dann den Vertrag unterschreiben sollen, von dem er – was insoweit unstreitig ist – zuvor keinen Entwurf erhalten habe.
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Den Inhalt und die Bedeutung des Vertrages habe er nicht vollständig verstanden, der Notar habe die Bedeutung auch nicht hinreichend erklärt.
Seinen Wunsch, vor der Unterzeichnung mit seiner Mutter telefonieren zu dürfen, habe der Beklagte ihm unter Hinweis auf angeblichen Zeitdruck abgeschlagen.
Der Beklagte habe ihm zudem erklärt, dass dies seine einzige Möglichkeit sei, überhaupt etwas von ihm zu erhalten, da er praktisch zahlungsunfähig sei.
Tatsächlich verfüge der Beklagte hingegen über ein erhebliches Vermögen, bestehend aus mehreren Immobilien und weiteren Sachwerten im Gesamtwert von mindestens 2 Mio. Euro.
Ziel des Beklagten sei von Anfang an gewesen, seine jugendliche Unerfahrenheit auszunutzen und ihn mit der Aussicht auf sein Traumauto zu blenden, um von ihm eine Erklärung zu erschleichen, die er bei verständiger Würdigung der Situation nicht abgegeben hätte.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Er hat bestritten, den Kläger mit dem Vertrag überrumpelt zu haben. Er habe ihm vielmehr bereits im August 2013 in Aussicht gestellt, ihm das Fahrzeug zu schenken, vorausgesetzt er bringe seine Ausbildung mit gutem Ergebnis zu Ende.
Auch habe er dem Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt und auch noch mehrfach vor der Beurkundung erklärt, wenn er ihm das Fahrzeug schenke, sei das ein vorweggenommenes Erbe.
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Mit einer solchen Schenkung müssten dann auch alle Erb- und Pflichtteilsansprüche des Klägers erledigt sein.
Damit habe sich der Kläger einverstanden erklärt. Er habe dies auch richtig verstanden und gegenüber dem Zeugen L und der Zeugin M2 genau so erläutert.
Der Kläger habe auch den Zweck der Fahrt nach Q gekannt. Er habe gewusst, dass dort nun der bereits besprochene Vertrag geschlossen werden sollte.
Der Notar habe ihn ausführlich über die rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung des Vertrages belehrt und ihm erläutert, dass er außer dem Wagen nichts mehr aus dem Erbe des Beklagten erhalten werde.
Der Notar habe den Kläger auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er nicht wisse, welches Vermögen der Beklagte einmal hinterlassen werde, es könne ein Millionenvermögen sein oder aber auch gar nichts.
Ziel des Vertrages sei es nicht gewesen, den Kläger zu übervorteilen, sondern ihn zu motivieren, seine Ausbildung und sein Leben zielstrebig und eigenverantwortlich in die Hand zu nehmen und fleißig und erfolgreich zu sein.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat nach Anhörung der Parteien und Beweiserhebung durch Vernehmung der Zeugen L und M2 sowie des Notars E2 antragsgemäß die Nichtigkeit des Notarvertrages vom 29.10.2013 festgestellt. Nach einer Gesamtwürdigung des Inhalts, Beweggrundes und Zwecks des Vertrages sei dieser sittenwidrig.
Der Beklagte habe den Kläger unter Ausnutzung dessen Unerfahrenheit zum Abschluss des Vertrages gedrängt, obwohl diesem die Auswirkungen des Vertragsschlusses nicht bewusst gewesen seien.
Der Vertrag übervorteile den Kläger.
Zwar habe der erbrechtliche Verzicht vordergründig nicht unentgeltlich erfolgen sollen, da das Fahrzeug als Gegenleistung versprochen worden sei.
Die Gegenleistung sei jedoch unter drei kumulativ zu erfüllende aufschiebende Bedingungen gestellt worden, die den noch jugendlichen Kläger in sittenwidriger Weise in seiner Entscheidungsfreiheit bezüglich seines beruflichen Werdegangs eingeschränkt und damit eine geradezu knebelnde Wirkung entfaltet hätten.
Zudem habe sich der Kläger ersichtlich in einer extremen Überforderungssituation befunden, die der Beklagte ausgenutzt habe.
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Die Aussicht, den begehrten Sportwagen zu erhalten, habe erkennbar zu einem Rationalitätsdefizit bei dem gerade erst volljährig gewordenen Kläger geführt, welches der Beklagte ausgenutzt habe und welches auch nicht durch die Belehrung des Notars habe ausgeglichen werden können.
Die Behauptung des Beklagten, er habe bereits im Vorfeld der notariellen Vereinbarung eingehend mit dem Kläger über die rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen der Vereinbarung gesprochen, sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der geltend macht, das Landgericht habe die Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit verkannt und nicht beachtet, dass ein Erbverzicht auch ohne jede Abfindung wirksam vereinbart werden könne, weshalb eine Sittenwidrigkeit des Verzichts nur in seltenen Ausnahmefällen angenommen werden könne.
Ein solcher Ausnahmefall sei hier nicht gegeben. Der Kläger habe die in den Vertrag aufgenommenen Bedingungen für den Erhalt der Gegenleistung ohne weiteres erfüllen können.
Auch habe der Beklagte kein Rationalitätsdefizit des Klägers ausgenutzt. Diese Annahme sei spekulativ und nicht durch hinreichende Tatsachenfeststellung gestützt.
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Ziel der Vertragsgestaltung sei es gewesen, den Kläger dazu zu bringen, seine berufliche Ausbildung zielstrebig voranzutreiben.
Der Erbverzicht habe unterstreichen sollen, dass man im Leben nichts geschenkt bekomme, sondern bereit sein müsse, für seine Ziele auch zu investieren.
Zu keinem Zeitpunkt sei es dem Beklagten darum gegangen, seinen gerade volljährigen Sohn zu hintergehen und einen Pflichtteilsverzicht zu erschleichen.
Das Landgericht habe zudem die Beweislast für das Vorliegen sittenwidriger Umstände verkannt und die Aussagen der in erster Instanz vernommenen Zeugen unzutreffend gewürdigt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil mit weiteren Ausführungen, insbesondere zu der von ihm behaupteten Täuschung des Beklagten über seine Vermögensverhältnisse.
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B.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
Gemäß § 513 Abs.1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Solches zeigt die Berufung nicht auf. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der notarielle Erb-, Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsverzicht vom 29.10.2013 gemäß § 138 Abs.1 BGB sittenwidrig und damit nichtig ist. Das Vorbringen der Berufung rechtfertigt keine andere Beurteilung.
I.
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Auf den Erbverzicht als Rechtsgeschäft unter Lebenden finden die allgemeinen Vorschriften über Verträge Anwendung, also auch die Vorschrift des § 138 Abs.1 BGB
(vgl. Palandt/Weidlich, 75. Aufl., § 2346 Rn.5).
Sittenwidrig und damit nichtig gemäß § 138 Abs.1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, wenn es nach seinem Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.
Folgt die Sittenwidrigkeit nicht schon allein aus dem Inhalt des Geschäfts, kann sie sich aus einer zusammenfassenden Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck des Rechtsgeschäfts, sowie der äußeren Umstände, die zu seiner Vornahme geführt haben ergeben
(stdg. Rspr., vgl. etwa die Nachweise bei Palandt/Ellenberger, 75. Aufl., § 138 BGB Rn.8.;
speziell zum Erbverzicht: OLG München, ZEV 2006, 313 – juris Rn.26;
OLG Düsseldorf, NJW-RR 2013, 966 Rn.27).
Subjektiv ist weder das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit, noch eine Schädigungsabsicht erforderlich, es genügt vielmehr, wenn der Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen die Sittenwidrigkeit folgt.
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Dem steht es gleich, wenn er sich der Erkenntnis einer erheblichen Tatsache bewusst oder grob fahrlässig verschließt
(stdg. Rspr., vgl. die Nachweise bei Palandt/Ellenberger a.a.O.).
Nach dieser Maßgabe hat das Landgericht rechtsfehlerfrei und unter zutreffender Würdigung des Sach- und Streitstandes die Sittenwidrigkeit des Vertrages festgestellt.
1.
Zu beachten ist allerdings, dass es sich bei dem Erbverzicht um ein abstraktes erbrechtliches Verfügungsgeschäft handelt, das unmittelbar den Verlust des gesetzlichen Erbrechts und des Pflichtteilsrechts bewirkt (vgl. Palandt/Weidlich, 75. Aufl., §2346 BGB Rn.4).
Als Verfügungsgeschäft ist der Erbverzicht grundsätzlich wertneutral (vgl. MünchKomm/Wegerhoff, 6. Aufl., § 2346 Rn.35 b).
Hiervon zu unterscheiden ist das dem Erbverzicht zugrundeliegende Kausalgeschäft.
Wird der Erbverzicht gegen eine Abfindung erklärt, liegt ihm ein schuldrechtliches Rechtsgeschäft zugrunde, das einerseits den Rechtsgrund für den Erbverzicht und andererseits den Rechtsgrund für die Abfindung bildet
(vgl. Palandt/Weidlich, a.a.O., Rn.8).
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Erbverzicht und Abfindungsvereinbarung sind im Grundsatz selbständige Rechtsgeschäfte. Sie können nach dem Parteiwillen aber als ein einheitliches Rechtsgeschäft im Sinne des § 139 BGB verknüpft sein, mit der Folge, dass eine etwaige Unwirksamkeit der Abfindungsvereinbarung auch den Erbverzicht erfasst. Voraussetzung ist, dass nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Geschäftswillen der Parteien beide Geschäfte miteinander „stehen und fallen sollen“
(vgl. MünchKomm/ Wegerhoff, 6. Aufl., § 2346 BGB Rn.21 und 27, m.w.N.).
Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Werden nämlich der Erbverzicht und die Abfindungsvereinbarung – wie hier – in einer Urkunde aufgenommen, spricht nach herrschender Meinung eine tatsächliche Vermutung für einen solchen Verknüpfungswillen
(vgl. BeckOK/Litzenburger, 40. Ed., § 2346 BGB Rn.36;
MünchKomm/Wegerhoff, 6. Aufl., § 2346 BGB Rn. 27;
jurisPK/Hau, 7. Aufl., § 2346 BGB Rn.28; OLG Bamberg, OLGR 1998, 169).
In diesem Fall kann sich eine Unwirksamkeit des Verzichts nach § 138 Abs.1 BGB aus dem Gesamtcharakter der dem Verzicht zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vereinbarung ergeben
(vgl. MünchKomm/Wegerhoff, 6. Aufl., § 2346 BGB Rn.35 b).
2.
Die demnach gebotene Gesamtwürdigung der dem Erbverzicht zugrundeliegenden Vereinbarungen führt hier zu dem Verdikt der Sittenwidrigkeit.
a)
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Nach ihrem Inhalt weisen die in dem Vertrag getroffenen Vereinbarungen ein erhebliches Ungleichgewicht zu Lasten des Verzichtenden aus.
Dieses Ungleichgewicht resultiert in erster Linie daraus, dass der Erbverzicht mit sofortiger Wirkung und unbedingt – insbesondere unabhängig vom Eintritt der Bedingungen für die Gegenleistung – vereinbart ist, während die Gegenleistung unter drei kumulativ zu erfüllende Bedingungen gestellt ist, mit der Folge, dass der Erbverzicht bei Nichteintritt auch nur einer der Bedingungen unentgeltlich erlangt ist.
Die Bedingungen für die Gegenleistung stoßen zudem auch für sich betrachtet inhaltlich auf die vom Landgericht aufgezeigten Bedenken:
So hat das Landgericht bei seiner Gesamtwürdigung zu Recht berücksichtigt, dass sich der Wert des als Gegenleistung für den Erbverzicht versprochenen Fahrzeuges durch die mit der ersten Bedingung gesetzte zeitliche Komponente aufgrund des in der Zwischenzeit unweigerlich eintretenden Wertverlustes erheblich reduziert.
Soweit der Beklagte demgegenüber einwendet, tatsächlich habe der Kläger das Fahrzeug auch schon vor der Vollendung des 25. Lebensjahres zur Verfügung gestellt bekommen sollen, ergibt sich das nicht aus dem Vertrag.
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Ein entsprechender Rechtsanspruch auf Nutzung des Fahrzeugs vor Vollendung des 25. Lebensjahrs ist durch den Vertrag gerade nicht begründet.
Eine eventuelle Gestattung der vorzeitigen Nutzung hing damit allein vom Gutdünken des Beklagten ab.
Richtig ist auch, dass die beiden weiteren Bedingungen für den Erhalt des Fahrzeugs geeignet waren, den Kläger in zu missbilligender Weise in der Wahl seines beruflichen Werdeganges einzuschränken.
Zu Recht betont das Landgericht, dass die starre Vorgabe der zu absolvierenden Ausbildung in einem bestimmten Zeitrahmen von der Gesellenprüfung bis hin zum Erwerb des Meisterbriefs dem Kläger keinerlei Spielraum zu einer beruflichen Umorientierung lässt.
Die Bedingungen entfalten so eine knebelnde Wirkung, die einen unzulässigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des noch jugendlichen Klägers darstellt, der seine Ausbildung gerade erst begonnen hatte.
Verschärft wird die hierdurch erzeugte Druckwirkung noch dadurch, dass die Bedingung nur bei Erreichen der Bestnote bei den Abschlussprüfungen erfüllt sein sollte.
Insofern ist es unerheblich, wenn der Kläger nunmehr erklärt, er hätte im Ernstfall nicht wirklich auf dem Erreichen der Bestnote bestanden.
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Denn auch dies wäre mangels entsprechender vertraglicher Regelung allein in sein Gutdünken gestellt gewesen.
Ob die Bestnote auch nach damaliger eigener Einschätzung des Klägers leicht zu erreichen war, ist ebenfalls unerheblich.
Denn zum einen ist zu bedenken, dass der Kläger seinerzeit gerade erst am Beginn seiner Ausbildung stand und daher mögliche Schwierigkeiten noch gar nicht zuverlässig einschätzen konnte.
Zum anderen hängen in einer Abschlussprüfung erzielte Ergebnisse erfahrungsgemäß jedenfalls nicht ausschließlich von Umständen ab, die der Absolvent beeinflussen kann.
b)
Im Vordergrund stehender Beweggrund und Zweck des Rechtsgeschäfts war für den Beklagten die Erlangung des Erbverzichts zur Erweiterung seiner Testierfreiheit gegen eine verhältnismäßig geringe Abfindung und gegebenenfalls sogar ohne jegliche Gegenleistung.
Dies folgt erkennbar aus der dargestellten Vertragsgestaltung, die unstreitig auf einseitigen Vorgaben des Beklagten beruht.
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Soweit der Beklagte nunmehr behauptet, es sei ihm bei dem Rechtsgeschäft in erster Linie aus Gründen der Fürsorge für seinen Sohn darauf angekommen, diesen zu einer zügigen und erfolgsorientierten Ausbildung zu motivieren, ist dieses Motiv ersichtlich vorgeschoben.
Denn zur Erreichung dieses Ziels hätte es nicht der Vertragsgestaltung bedurft, wie sie nach den Vorgaben des Beklagten umgesetzt worden ist.
Vielmehr hätte es genügt, dem Kläger das Fahrzeug als Belohnung zu versprechen, wenn er die vorgegebenen Ausbildungsziele erreicht, und gleichzeitig den Erbverzicht ebenfalls an den Eintritt dieser Bedingung zu knüpfen.
Den Erbverzicht hingegen mit sofortiger Wirkung und ohne jede Bedingung zu vereinbaren und allein die Abfindung von der Erfüllung strikter Vorgaben abhängig zu machen, zeigt nach der Überzeugung des Senats deutlich, dass der Beklagte bei diesem Rechtsgeschäft in erster Linie seine eigenen Ziele und Vorstellungen im Blick hatte und nicht das Wohl seines Sohnes.
Wäre es dem Beklagten, wie er behauptet, bei der Vertragsgestaltung desweiteren nur darum gegangen, dass der erhebliche Wert des versprochenen Fahrzeugs bei einer späteren Geltendmachung des Pflichtteils berücksichtigt wird, hätte es vollkommen genügt, eine einfache und allgemein übliche Anrechnungsbestimmung in den Vertrag aufzunehmen.
c)
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Für eine Sittenwidrigkeit der getroffenen Vereinbarungen sprechen schließlich besonders deutlich die äußeren Umstände des Geschäftes.
Hiernach hat der Beklagte nämlich die in erheblichem Gegensatz zu seiner eigenen Geschäftsgewandtheit stehende jugendliche Unerfahrenheit und Beeinflussbarkeit seines Sohnes zu seinem Vorteil ausgenutzt.
Dies folgt schon aus der Wahl des Gegenstandes der in Aussicht gestellten Abfindung.
Hier hat sich der Beklagte ersichtlich zielgerichtet die alters- und persönlichkeitsbedingte nahezu fanatische Begeisterung des Klägers für den Sportwagen zu Nutze gemacht.
Das Landgericht spricht insoweit zu Recht von einem Rationalitätsdefizit bei dem Kläger, das dem Beklagten bestens bekannt war und das er durch die Anschaffung des Fahrzeugs im Vorfeld noch gefördert hat.
Weitere entscheidende Gesichtspunkte sind der Zeitpunkt des Geschäftes, zwei Tage nach dem 18. Geburtstag des Klägers, sowie die näheren Umstände der Beurkundung.
Der Beklagte hat für sein Vorhaben bewusst den Eintritt der Volljährigkeit des Klägers abgewartet, wohlwissend, dass er eine Zustimmung zu dem Geschäft von Seiten der Mutter des Klägers nicht erlangt hätte, geschweige denn die nach § 2347 BGB erforderliche Genehmigung des Familiengerichts.
Zum anderen hat er mit der Wahl des Beurkundungstermins den Eindruck erweckt, es handele sich um ein Geburtstagsgeschenk für den Kläger.
Diese Vorgehensweise war geeignet, dem Kläger eine Ablehnung des Angebotes emotional zu erschweren.
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Zudem hat der Beklagte den Kläger nicht in die Vorbereitung des Beurkundungstermins mit einbezogen.
Einen Entwurf der nach seinen Vorgaben gestalteten Vereinbarung hat er dem Kläger unstreitig nicht gezeigt und erläutert.
Schließlich war der Kläger auch nicht in sonstiger Weise über die wesentlichen Bedingungen des Geschäfts im Vorfeld informiert.
Dies folgt schon aus dem eigenen Sachvortrag des Beklagten, weshalb es auf die mit der Berufung aufgeworfene Frage der Beweislast und auf die Würdigung der Aussagen der Zeugen M und L im Ergebnis nicht ankommt.
Denn nach seinem eigenen Vorbringen will der Beklagte dem Kläger im Vorfeld lediglich mitgeteilt haben, er beabsichtige ihm das Fahrzeug zu schenken, vorausgesetzt er bringe seine Ausbildung mit guten Ergebnissen zu Ende.
Wenn er ihm ein solches Fahrzeug schenke, sei das ein vorweggenommenes Erbe.
Mit einer solchen wertvollen Schenkung müssten dann auch alle Erb- und Pflichtteilsansprüche erledigt sein.
Damit habe sich der Kläger einverstanden erklärt.
Auch gegenüber den Zeugen M und L habe der Kläger geäußert, er werde auf seinen Erb- und Pflichtteil verzichten, wenn er das Fahrzeug geschenkt erhalte.
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Bei Zugrundelegung dieses Vortrags war der Kläger im Vorfeld gerade nicht darüber informiert, dass er den Erbverzicht unbedingt und mit sofortiger Wirkung erklären sollte, unabhängig davon, ob er die Gegenleistung später tatsächlich auch erhält.
Die vom Beklagten behaupteten Erläuterungen im Vorfeld waren daher nicht geeignet, dem Kläger das in Wahrheit beabsichtigte Geschäft zu erläutern, sondern im Gegenteil eher geeignet, den wahren Charakter des beabsichtigten Rechtsgeschäfts zu verschleiern und zu beschönigen.
d)
Die subjektiven Voraussetzungen des § 138 Abs.1 BGB sind ebenfalls erfüllt.
Der Beklagte kannte unstreitig alle aufgezeigten Tatsachen, aus denen die Sittenwidrigkeit des Erbverzichts folgt.
Ob er das Verdikt der Sittenwidrigkeit erkannt hat und ob er seinen Sohn gezielt schädigen wollte, braucht nach dem Gesagten nicht näher festgestellt zu werden.
3.
Nach alledem ist die Feststellung des Landgerichts, der Erbverzichtsvertrag sei sittenwidrig und damit nichtig, nicht zu beanstanden.
Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob der Beklagte den Kläger zudem über seine Vermögensverhältnisse getäuscht hat, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an.
Eine weitere Sachaufklärung ist auch insofern nicht geboten.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
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