Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 € festgesetzt.
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G r ü n d e : OLG Hamm I-15 W 104/11
I.
Der Beteiligte ist der Ehemann der Erblasserin, die am 24.01.2011 verstorben ist.
Er hatte jeweils gemeinsam mit seiner Ehefrau am 02.10.1972 und 05.03.2003 vor dem Notar X S in O ein Testament errichtet (Ur-Nr. ###/#### bzw. ##/####), die das Nachlassgericht am 10.02.2011 eröffnet hat.
In diesem Termin hat das Nachlassgericht angekündigt, den weiteren Beteiligten den sie betreffenden Inhalt der Verfügungen von Todes wegen bekannt zu machen.
Mit Beschluss vom 28.02.2011 hat es mit der Begründung, die Testamente enthielten keine Verfügung, die sich absondern lasse, angekündigt, den gesetzlichen Erben, und zwar den Kindern nach den verstorbenen Söhnen I-K und W der Erblasserin und des Beteiligten, den vollständigen Inhalt der letztwilligen Verfügungen bekannt zu machen.
OLG Hamm I-15 W 104/11
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten, der der Auffassung ist, aus dem gemeinschaftlichen Testament vom 05.03.2003 seien den vom Amtsgericht genannten Personen nicht die §§ 2 bis 4 bekannt zu machen.
§ 2 dieses gemeinschaftlichen Testaments betrifft die gemeinsame Einsetzung eines Schlusserben und dessen Ersatzerben durch die Eheleute T (die Ersatzerben sind nicht in dem amtsgerichtlichen Beschluss als Beteiligte, denen der Inhalt der Testamente bekannt zu machen sei, benannt; vgl. hierzu aber Senat NJW-RR 1994, 75), § 3 betrifft Zahlungsverpflichtungen des Schlusserben bzw. seiner Ersatzerben sowie eine Regelung zur Nichtanrechnung der Übertragung des Hausgrundstücks C Flur X Flurstück X, § 4 die Aussetzung von Vermächtnissen, u.a. zugunsten der Kinder des verstorbenen Sohnes W.
Das Amtsgericht half der Beschwerde nicht ab und legte sie dem Senat zur Entscheidung vor.
II.
OLG Hamm I-15 W 104/11
Die Beschwerde ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft, weil es sich um eine Endentscheidung im Sinne dieser Vorschrift handelt. Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass der Beschluss des Amtsgerichts eine weitere Verfahrenshandlung, nämlich die schriftliche Bekanntgabe des eröffneten gemeinschaftlichen Testaments in seinem vollen Umfang an die weiteren Beteiligten, lediglich ankündigt.
Als Endentscheidung sind nur solche anfechtbar, durch die das erstinstanzliche Hauptverfahren ganz oder teilweise erledigt wird (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl., § 58 Rdnr. 16). Im Gegensatz dazu sind entscheidungsvorbereitende Zwischenentscheidungen nach § 58 Abs. 1 Halbs. 2 FamFG nur anfechtbar, sofern dies besonders im Gesetz vorgesehen ist.
Der Begriff der Endentscheidung muss im Einzelfall mit Rücksicht auf den Inhalt des jeweils zu vorzunehmenden Geschäfts der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestimmt werden. Die Bekanntgabe eines eröffneten gemeinschaftlichen Ehegattentestaments an die Beteiligten ist nicht lediglich eine tatsächliche Handlung, sondern hat nach § 349 Abs. 1 FamFG zu unterbleiben, soweit sich die Verfügungen des überlebenden Ehegatten von denen des Erstverstorbenen trennen lassen.
Der funktionell zuständige Rechtpfleger des Nachlassgerichts muss also nach dem Maßstab der gesetzlichen Vorschrift eine Entscheidung darüber treffen, ob und in welchem Umfang eine solche Trennung möglich ist und ob dementsprechend die Bekanntgabe des eröffneten gemeinschaftlichen Testaments an die Beteiligten nur teilweise oder in vollem Umfang zu erfolgen hat. Die spätere Versendung der Abschriften der letztwilligen Verfügung schließt zwar das Geschäft ab, hat aber lediglich die Bedeutung der tatsächlichen Ausführung der zuvor von dem Rechtspfleger getroffenen Sachentscheidung.
Wenn also die als Ankündigung oder Anordnung formulierte Entscheidung des Rechtspflegers, im Hinblick auf die Bekanntgabe des gemeinschaftlichen Testaments in bestimmter Weise zu verfahren, die maßgebende Weichenstellung für den Abschluss des Geschäfts darstellt, ist es gerechtfertigt, diese Anordnung als Endentscheidung im Sinne des § 58 Abs. 1 FamFG zu verstehen und damit deren Nachprüfung im Beschwerdeverfahren zu eröffnen (zweifelnd OLG Düsseldorf FGPrax 2011, 48, dessen Entscheidung indessen maßgebend auf der fehlenden Beschwerdebefugnis des die Beschwerde in eigenem Namen führenden Notars beruht).
OLG Hamm I-15 W 104/11
Dies gilt nach Auffassung des Senats unabhängig davon, wie die Entscheidung des Rechtspflegers formuliert ist, ob also etwa ein “Antrag” (die Verrichtungen des Nachlassgerichts nach den §§ 348, 349 FamFG sind Amtsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit) auf Beschränkung der Bekanntgabe auf bestimmte Teile der Verfügungen abgelehnt – für eine Beschränkung der Anfechtbarkeit auf eine solche Entscheidung hat sich das OLG Köln (FGPrax 2011, 49) ausgesprochen – oder wie hier entgegen dem erklärten Willen des überlebenden Ehegatten eine vollständige Bekanntgabe angekündigt oder angeordnet wird.
Dafür spricht mit erheblichem Gewicht zusätzlich, dass die Einbeziehung auch der Verfügung des überlebenden Ehegatten in die Bekanntgabe des gemeinschaftlichen Testaments in erheblichem Maße in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des überlebenden Ehegatten (Art. 2 Abs. 1 GG) eingreift, das § 349 Abs. 1 FamFG gerade schützen will.
Es drängt sich deshalb geradezu die Schlussfolgerung auf, dass die Entscheidung des Rechtspflegers im Beschwerderechtszug überprüfbar sein muss, bevor durch einen Vollzug der Bekanntgabe ein irreversibler Eingriff in die Grundrechtsposition des überlebenden Ehegatten erfolgt (ebenso Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 348 Rn. 79; Horndasch/Viefhues/Heinemann, FamFG, § 348, Rn. 34; MünchKommZPO/Muscheler, 3. Aufl., § 348 FamG Rn. 36).
Der Beteiligte ist nach § 59 FamFG beschwerdebefugt, weil er durch die Entscheidung des Amtsgerichts, ihre Unrichtigkeit unterstellt, in seiner Rechtsstellung als Testator negativ betroffen worden ist.
OLG Hamm I-15 W 104/11
Nach § 348 Abs. 3 S. 1 FamFG hat das Gericht den Beteiligten “den sie betreffenden Inhalt” der eröffneten letztwilligen Verfügung schriftlich bekanntzugeben. Gem. § 349 Abs. 1 FamFG sind bei der Eröffnung eines gemeinschaftlichen Testaments die Verfügungen des überlebenden Ehegatten nicht zur Kenntnis der Beteiligten zu bringen, soweit sich diese ihrem Inhalt nach von denen des anderen Teils absondern lassen.
Denn der überlebende Ehegatte hat ein berechtigtes Interesse daran, dass seine Verfügungen grundsätzlich nicht vor seinem Tod bekannt gemacht werden (BayObLG Rpfleger 1982, 424).
Eine Trennung der beiderseitigen Verfügung ist aber nur möglich, wenn sie in selbständigen, auch äußerlich auseinandergehaltenen Sätzen getroffen sind, vorausgesetzt, sie sind sprachlich so gefasst, dass die Verfügungen des zuerst Verstorbenen ihrem Inhalt nach auch ohne die Verfügungen des Überlebenden verständlich bleiben.
Untrennbarkeit der Verfügungen ist dagegen regelmäßig anzunehmen, wenn sie sprachlich zusammengefasst sind, also wenn die Ehegatten in der Mehrheitsform gemeinschaftlich verfügen oder ausdrücklich auf Verfügungen des anderen Teils Bezug genommen wird (BayObLG a.a.O.; OLG Zweibrücken FGPrax 2002, 260 = NJW-RR 2002, 1662; jeweils zu den früher im BGB enthaltenen Verfahrensvorschriften, vgl. §§ 2262, 2273 BGB).
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Vorliegend haben die Eheleute T weder bei der Einsetzung des Schlusserben und der Ersatzerben in § 2 des gemeinschaftlichen Testaments noch in der Regelung zu § 3 und bei der Aussetzung der Vermächtnisse in § 4 des gemeinschaftlichen Testaments getrennte Regelungen vorgenommen, sondern durchweg in der Mehrheitsform gemeinschaftlich verfügt.
Die getroffenen Verfügungen, die der Beteiligte nicht weitergegeben wissen möchte, sind mithin beiden Ehegatten in gleicher Weise zuzuordnen. Da nicht bekannt war, wer von ihnen zuerst versterben wird, hat jeder von ihnen mit der Möglichkeit gerechnet, der Überlebende zu sein, und für diesen Fall verfügt (vgl. BayObLG NJW-RR 1990, 135; OLG Zweibrücken a.a.O.).
Zwar sind die §§ 2 bis 4 von der Erblasserin nur für den hier nicht eingetretenen Fall des Überlebens getroffen worden und damit gegenstandslos geworden. Dieser Umstand steht aber einer Bekanntgabe nicht entgegen, weil nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich letztwillige Verfügungen ohne Rücksicht auf ihre Wirksamkeit zu eröffnen sind; denn das Eröffnungsverfahren ist weder dazu bestimmt noch dafür geeignet, über die Wirksamkeit letztwilliger Verfügung zu befinden.
Der BGH hat hierzu ausgeführt (NJW 1984, 2098 = FamRZ 1984, 690):
“Das Reichsgericht hat eine Unterscheidung nach wirksamen und gegenstandslosen Anordnungen abgelehnt (RGZ 150, 315/ 318).
In Fortführung dieser Rechtsprechung haben die Oberlandesgerichte in den von dem vorlegenden Oberlandesgericht angeführten Entscheidungen ausgeführt, dass gesetzlichen Erben und Pflichtteilsberechtigten, sofern sie als Beteiligte bei der Eröffnung nicht zugegen waren, gemäß § 2262 BGB sämtliche Verfügungen des Erblassers ohne Rücksicht auf deren Bedeutung für die Rechtslage mitzuteilen sind.
OLG Hamm I-15 W 104/11
Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass erst die lückenlose Bekanntgabe jeden einzelnen Beteiligten in die Lage versetze, seine Rechte wahrzunehmen. In Betracht zu ziehen seien hierbei die Prüfung eines Anfechtungsgrundes, die Klärung der Testierfähigkeit des Erblassers oder die Entscheidung, den Pflichtteil zu fordern.
Zudem sei zu beachten, dass sich im Einzelfall hinter der testamentarischen Anordnung, nach dem Tode des überlebenden Ehegatten solle ein Dritter erben, auch die Anordnung einer Nacherbeneinsetzung verbergen könne. Dieser Auffassung ist beizutreten.
Zutreffend weist das OLG Zweibrücken darauf hin, dass auch mit Blick auf das Interesse des überlebenden Ehegatten an einer Geheimhaltung seiner letztwilligen Verfügungen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Eröffnung der letztwilligen Verfügung auch hinsichtlich der sprachlich zusammengefassten Verfügung der Ehefrau des Erblassers bestehen,
weil es keinen Zwang gebe, die eigene letztwillige Verfügung mit der eines anderen so zu verbinden, dass eine Absonderung nicht möglich ist (vgl. BVerfG NJW 1994, 2535 = FamRZ 1994, 557), und die Eheleute es ohne weiteres in der Hand gehabt haben, voneinander klar abgrenzbare Verfügungen in das gemeinschaftliche Testament aufzunehmen).
Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 131 Abs. 4, 30 KostO. Die Voraussetzungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.
OLG Hamm I-15 W 104/11
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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