OLG Karlsruhe 11 W 86/89 In Deutschland gelegener Immobiliennachlaß eines texanischen Erblassers – Zugewinnausgleich – Rechtsanwendung

November 5, 2017

 

OLG Karlsruhe 11 W 86/89

In Deutschland gelegener Immobiliennachlaß eines texanischen Erblassers – Zugewinnausgleich – Rechtsanwendung

  1. Die im Wege der Gesamtverweisung angesprochenen erbrechtlichen Kollisionsnormen des Staates Texas (USA) bringen, soweit es den unbeweglichen in der Bundesrepublik Deutschland gelegenen Nachlaß (immovables) betrifft, eine Rückverweisung auf die lex rei sitae, also auf deutsches Recht.
  1. Der Zugewinn ist nach dem Güterrechtsstatut zu beurteilen. Dies gilt auch dann, wenn der Zugewinnausgleich pauschaliert durch eine Erhöhung des gesetzlichen Erbteils erfolgt, wie nach BGB § 1371, jedenfalls dann, wenn deutsches Recht als Erbstatut maßgebend ist.
  2. Texanischem, japanischem und mexikanischem Recht ist ein gesetzlicher Güterstand der Zugewinngemeinschaft mit pauschaliertem erbrechtlichen Ausgleich fremd.
  3. In Fällen eines ausländischen Güterstatuts kann ein erbrechtlicher Zugewinnausgleich auch bei deutschem Erbstatut nicht stattfinden.
  4. Verweist das ausländische Recht auf deutsches Güterrecht zurück, hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob ein erbrechtlicher Zugewinnausgleich in Betracht kommt.

Tenor

  1. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4 gegen den Beschluß des Landgerichts Mannheim vom 7.4.1989 – 6 T 30/88 – wird zurückgewiesen.
  2. Die Beschwerdeführerin hat die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.
  3. Der Gegenstandswert der weiteren Beschwerde wird auf 207.500,-​- DM festgesetzt.

Tatbestand

I.

1              Der Erblasser, dessen Geschwister die Beteiligten 1 bis 3 sind, hat am 23. Oktober 1963 die amerikanische Staatsangehörigkeit erworben. Am 5.2.1985 heiratete er in C/M Frau S M aus dieser Ehe sind keine Kinder hervorgegangen.

2              Der Erblasser ist am 24. April 1986 als Eigentümer eines im Grundbuch von Sch verzeichneten Flurstücks eingetragen worden. Dieses Grundstück ist ihm zu einem Meistgebot von DM 415.000,-​- DM am 13.1.1986 zugeschlagen worden.

3              Der Beteiligte zu 1 hat die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn und seine beiden Schwestern (Beteiligte zu 2 und 3) als Miterben zu je 1/6 ausweist.

4              Die Beteiligte zu 4 hat dagegen einen gegenständlich beschränkten Erbschein als Alleinerbin betreffend das in der Bundesrepublik belegene mobile und immobile Vermögen des Erblassers beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, daß sie nach dem Urteil des Nachlaßgerichts NR 4 des Kreises H, T, U vom 10. Juli 1987 zu 100 % Erbin des Gesamtgutes an Immobiliar- und Mobiliarvermögen und zu 50 % des getrennten eigenen Immobiliarvermögens geworden sei. Getrenntes Immobiliarvermögen in Deutschland sei aber nicht vorhanden.

5              Die Antragsteller haben jeweils dem Antrag der Gegenseite widersprochen.

6              Das Nachlaßgericht Weinheim hat durch Beschluß vom 16.8.1988 – I GR N 356/87 (Bl. 62 ff. der Akten) -, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, den Antrag der Beteiligten zu 4 auf Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin zurückgewiesen und angekündigt, dem Antrag der Beteiligten 1 bis 3 zu entsprechen.

7              Die dagegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 4, der das Nachlaßgericht mit Beschluß vom 26.8.1988 (Bl. 72 der Akten) nicht abgeholfen hat, hat das Landgericht Mannheim durch Beschluß vom 7.4.1989 – 6 T 30/88 – (Bl. 109 ff. der Akten), auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, zurückgewiesen.

8              Das Landgericht ist – gestützt auf eine Auskunft des Instituts für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität H – der Auffassung, daß deutsches Erbrecht anzuwenden sei. Der Zugewinnausgleich richte sich nach dem Güterrechtsstatut. Anhaltspunkte für den Eintritt der Zugewinngemeinschaft des BGB sei nicht gegeben. Das Landgericht ist davon ausgegangen, daß die Beteiligte zu 4 bei Eheschließung die nordamerikanische Staatsangehörigkeit besessen hat.

9              Gegen diesen Beschluß richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4. Sie ist der Auffassung, daß ihr nach dem texanischen Urteil 100 % des Immobiliarvermögens zustehen. Selbst bei Zugrundelegung deutschen Rechtes stünde ihr mindestens ein Gesetzeserbteil in Höhe von 3/4 zu. Im übrigen sei sie entgegen den Feststellungen des Landgerichts immer ausschließlich japanische Staatsangehörige gewesen. Die landgerichtliche Entscheidung beruhe auf diesen Rechtsfehlern.

10            Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung verwiesen.

Entscheidungsgründe

II.

11            A. Die weitere Beschwerde ist gemäß §§ 27, 29 FGG zulässig.

12            Die Beteiligte zu 4 ist gemäß § 29 Abs. 4 in Verbindung mit § 20 Abs. 2 FGG beschwerdeberechtigt (vgl. auch BayOblGZ 1980, 276, 279).

13            B. Die weitere Beschwerde ist jedoch unbegründet.

14            1. Der dritte Rechtszug ist nur zur rechtlichen Nachprüfung eröffnet, nicht zur Nachprüfung von Tat- und Ermessensfragen. Das angerufene Gericht der weiteren Beschwerde hat von Amts wegen (§ 12 FGG) die angefochtene Entscheidung ohne Bindung an eine etwaige Begründung durch den Beschwerdeführer oder an Rechtsausführungen des Beschwerdegerichts nach allen verfahrens- und materiell-​rechtlichen Richtungen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.

15            Nach § 561 ZPO, der gemäß § 27 Satz 2 FGG entsprechend anzuwenden ist, sind für die Entscheidung des Gerichts der weiteren Beschwerde die in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Tatsachen und der Sachverhalt zur Zeit des Erlasses der Entscheidung des Beschwerdegerichts maßgebend. Eine Nachprüfung von tatsächlichen Verhältnissen in der dritten Instanz ist ausgeschlossen. Die Tatsachenwürdigung ist nur dahin nachprüfbar, ob der Richter der Vorinstanz den maßgebenden Sachverhalt ausreichend erforscht (§ 12 FGG), bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (§ 25 FGG) und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften sowie gegen die Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze verstoßen hat (Keidel/Kuntze/Winkler FGG 12. Aufl. 1987 Anm. 42 zu § 27 FGG m.w.N.).

16            Die Entscheidung der Vorinstanz beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 Satz 1 und 2 FGG, § 550 ZPO).

17            2. a) Der Erblasser, nach dem die Ausstellung eines Erbscheins beantragt wird, war Angehöriger der Vereinigten Staaten von Nordamerika, wo er seinen letzten Wohnsitz und Aufenthalt hatte. Damit liegt ein Fall der Auslandsberührung vor, der – in jeder Verfahrenslage – zur Prüfung der internationalen Zuständigkeit des angegangenen Nachlaßgerichtes zwingt (vgl. BayOblGZ 1980, 276, 279). Diese war gegeben, denn auf die Erbfolge, soweit sie der Erbschein bezeugen soll, ist kraft Rückverweisung (dazu nachfolgend unter 3.) deutsches Sachrecht anzuwenden (vgl. BayOblGZ 1974, 223; 1975, 86 ff.; 1980, 42 ff.).

18            Hiervon ist auch das Landgericht ausgegangen.

19            b) Die örtliche Zuständigkeit des Nachlaßgerichts Weinheim folgt, wie das Landgericht zutreffend feststellt, aus § 73 Abs. 3 Satz 1 FGG, da in seinem Bezirk das Grundstück liegt, als dessen Eigentümer der Erblasser eingetragen ist.

20            3. Die Rechtsnachfolge für den am 11. November 1986 gestorbenen Erblasser richtet sich nach deutschem Recht.

21            Gemäß Art. 25 Abs. 1 EGBGB – in der mit Wirkung ab 1.9.1986 (vgl. Art. 220 EGBGB) durch das Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts (IPRG) vom 25.7.1986 (BGBl I S. 1142) eingeführten Fassung – unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte.

22            Die Verweisung dieser Kollisionsnorm stellt eine Gesamtverweisung dar; in Bezug genommen wird daher das letzte Heimatrecht des Erblassers unter Einschluß seiner IPR- Normen (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB; Reinhart BW NotZ 1987, 97 ff; u.a. auch BayOblGZ 1974, 223, 224).

23            Da es hinsichtlich der Erbfolge kein einheitliches bundesstaatliches Kollisionsrecht in den Vereinigten Staaten gibt (vgl. Ferid-​Firsching Internationales Erbrecht Bd. VI US-​Grundzüge C I Rdn. 35 d S. 40/6), kommt man über die Unteranknüpfung “letztes Domizil” oder “letzter Aufenthalt” (vgl. u.a. BayOblGZ 1980, 42, 46) zum Recht des Staates Texas.

24            Die im Wege der Gesamtverweisung angesprochenen gewohnheitsrechtlichen, in Übereinstimmung mit dem Recht der übrigen US-​Gliedstaaten stehenden, erbrechtlichen Kollisionsnormen des Staates T bringen, soweit es den unbeweglichen in der Bundesrepublik Deutschland gelegenen Nachlaß (immovables) betrifft, eine Rückverweisung auf die lex rei sitae, also auf deutsches Recht (vgl. Ferid- Firsching a.a.O. US-​Grundzüge C I Rdn. 35 e S. 40/6 und 40/7, sowie Rdn. 36 S. 40/9; BayOblGZ 1980, 42, 46).

25            Das deutsche Recht beachtet diese Rückverweisung und sieht sie als Rückverweisung auf seine erbrechtlichen Sachnormen an (Art. 4 Abs. 1 Satz 2 EGBGB; vgl. auch Siehr IPRax 1987, 4, 5).

26            Damit kommt, wie die Beschwerdekammer in Übereinstimmung mit der Auskunft des Instituts für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Heidelberg zutreffend angenommen hat, hinsichtlich des in der Bundesrepublik Deutschland gelegenen (nur) unbeweglichen Nachlasses deutsches Recht auf die Erbfolge zur Anwendung. Sollte sich in den Vereinigten Staaten weiteres bewegliches oder unbewegliches Vermögen befinden, ist von zwei getrennten Nachlässen, von einer sog. “Nachlaßspaltung” auszugehen.

27            Im vorliegenden Fall geht es nur um das in der Bundesrepublik Deutschland belegene unbewegliche Vermögen, so daß die Erbfolge sich hierfür ausschließlich nach deutschem Erbrecht richtet. Danach (§§ 1925, 1931 BGB) würde die Beteiligte zu 4 zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen, die Beteiligten 1 bis 3 zu je 1/6.

28            4. Da gemäß § 1931 Abs. 3 BGB die Vorschriften des § 1371 BGB unberührt bleiben, hat das Landgericht zu Recht geprüft, ob ein pauschalierter Zugewinnausgleich zu einer Erhöhung des gesetzlichen Erbteils geführt hat.

29            Nach herrschender Meinung (vgl. u.a. Palandt-​Heldrich BGB- Komm. 48. Aufl. 1989 Anm. 4 c zu Art. 15 EGBGB mit zahlreichen weiteren Nachweisen; BayOblGZ 1980, 276, 284; LG Memmingen IPRax 1985, 41, 42), der sich der Senat anschließt, ist der Zugewinn nach dem Güterrechtsstatut zu beurteilen. Dies gilt auch, wenn der Zugewinnausgleich pauschaliert durch eine Erhöhung des gesetzlichen Erbteils erfolgt, wie nach § 1371 Abs. 1 BGB, jedenfalls dann, wenn – wie hier – deutsches Recht als Erbstatut maßgebend ist (vgl. Vekas IPRax 1985, 24; weitere Nachweise bei Palandt- Heldrich a.a.O.).

30            Das Landgericht hat es allerdings unterlassen, anzugeben, welches Recht auf das Güterstatut anzuwenden ist; es hat sich damit begnügt, festzustellen, daß im Zeitpunkt der Eheschließung kein Anhaltspunkt für den Eintritt der Zugewinngemeinschaft des BGB gegeben ist. Das Landgericht hat sich auch nicht damit auseinandergesetzt, daß die Beteiligte zu 4 möglicherweise – trotz der insoweit anders lautenden Heiratsurkunde – die japanische und nicht die nordamerikanische Staatsangehörigkeit hat. Dies war von der Witwe des Erblassers vorgetragen worden (Bl. 10 der Akten) und war auch nach den Angaben in der Wohnsitzanmeldung in Schriesheim (Bl. 101 und 106 der Akten) sowie der Abmeldebestätigung (Bl. 16 und Bl. 108 der Akten) nicht fernliegend.

31            Hierauf beruht aber die Entscheidung nicht.

32            Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß ein erbrechtlicher Zugewinnausgleich gemäß §§ 1931 Abs. 3, 1371 Abs. 1 BGB nicht in Betracht kommt.

33            Nach Art. 15 EGBGB unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe dem bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgeblichen Recht.

34            Welches Recht für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgeblich ist, folgt aus Art. 14 EGBGB.

35            Hiernach kommt unter Berücksichtigung aller Umstände (insbesondere nordamerikanischer Staatsangehörigkeit des Erblassers, Domizil in Texas, nordamerikanische oder japanische Staatsangehörigkeit der Beteiligten zu 4, Ort der Eheschließung mit Ehevertrag in Mexiko) in erster Linie texanisches Recht in Betracht, möglicherweise aber auch mexikanisches Recht (Rechtswahlgedanke); japanisches Recht ist eher unwahrscheinlich.

36            a) Geht man davon aus, daß diese drei denkbaren Rechtsordnungen keine Rückverweisung auf deutsches Güterrecht haben, ist ein erbrechtlicher Zugewinnausgleich ausgeschlossen.

37            Sowohl texanischem Recht (vgl. hierzu Bergmann-​Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht Länderteil Vereinigte Staaten von Amerika, dort Texas = S. 215 und 216) als auch japanischem Recht (vgl. japanisches Bürgerliches Gesetzbuch vom 22.12.1947 in der Fassung von 1966 Artt. 755 ff.; in Bergmann-​Ferid a.a.O. Länderteil Japan S. 18) als auch mexikanischem Recht (vgl. Das mexikanische Zivilgesetzbuch für den Bundesdistrikt und die Territorien, Artt. 97 ff. und 178 ff., in Bergmann-​Ferid a.a.O. Länderteil Mexiko S. 15 und 21) ist ein gesetzlicher Güterstand der Zugewinngemeinschaft mit pauschaliertem erbrechtlichen Ausgleich fremd.

38            In Fällen eines ausländischen Güterstatuts kann ein erbrechtlicher Zugewinnausgleich auch bei deutschem Erbstatut nicht stattfinden (vgl. auch Clausnitzer IPRax 1987, 102; Vekas IPRax 1985, 24).

39            b) Aber auch wenn die ausländischen Rechte auf deutsches Güterrecht zurückverweisen, kommt jedenfalls im vorliegenden Einzelfall ein erbrechtlicher Zugewinnausgleich nicht in Betracht.

40            Eine Zurückverweisung (wie beim Erbrechtsstatut ja auch; vgl. oben II 3) ist allerdings nicht fernliegend.

41            Gerade das nordamerikanische Rechtssystem (und damit auch des Staates Texas) erklärt für die Beurteilung der güterrechtlichen Verhältnisse an “immovables” die lex rei sitae für maßgeblich (vgl. Bergmann-​Ferid a.a.O. Länderteil Vereinigte Staaten von Amerika S. 56; vgl. auch Ferid-​Firsching a.a.O. Bd. VI US-​Grundzüge C I Rdn. 38 S. 40/42), wobei dieser Grundsatz durch den weiteren Grundsatz der dinglichen Surrogation beschränkt wird (vgl. Bergmann-​Ferid Länderteil Vereinigte Staaten von Amerika S. 57). Bei Grundbesitz in der Bundesrepublik Deutschland ist demnach – da die Rückverweisung gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 EGBGB angenommen wird – im Todesfall der Ausgleich nach § 1371 BGB zu beachten, und zwar (mit Einschränkungen) auch bei Erwerb des Grundbesitzes erst in der Ehe (vgl. dazu im einzelnen Ferid-​Firsching a.a.O. US-​Grundzüge C II Rdn. 38 g S. 40/46 ff. und Grundzüge C III S. 40/164 ff.; ausdrücklich mit entsprechendem Beispiel auch Rdn. 61 b S. 40/184 und 40/185).

42            Selbst wenn texanisches (oder japanisches oder mexikanisches) Recht auf das deutsche Recht zurückverweist und der renvoi angenommen wird (Art. 4 Abs. 1 Satz 2 EGBGB), greift § 1371 Abs. 1 BGB hier nicht ein.

43            Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht nämlich darin, daß der Erblasser und die Beteiligte zu 4 bei ihrer Eheschließung in C /Mexiko einen Ehevertrag abgeschlossen haben, in dem sie angekreuzt haben “este contrato de matrimonio esta sujeto al regimen de: sociedad conyugal” (d.h.: dieser Ehevertrag unterliegt der Regelung der: ehelichen Gütergemeinschaft).

44            Dies entspricht im wesentlichen Art. 97 V in Verbindung mit Art. 178 bis 234 des mexikanischen Zivilgesetzbuches für den Bundesdistrikt und die Territorien (vgl. Bergmann-​Ferid a.a.O. Länderteil Mexiko S. 15, 16 und 21).

45            Auch nach deutschem Recht, das ja ebenfalls Vereinbarung von Gütergemeinschaft durch Ehevertrag kennt (§§ 1415 ff. BGB), ist dieser Ehevertrag zu beachten. Eine Zugewinngemeinschaft nach BGB ist danach nie entstanden.

46            Es kommt daher weder bei Anwendung der Sachnormen texanischen, japanischen und mexikanischen Rechts eine Erhöhung des gesetzlichen Erbteils durch pauschalierten Zugewinnausgleich in Betracht noch bei Anwendung der jeweiligen Kollisionsnormen, selbst wenn diese auf deutsches Güterrecht verweisen. Denn auch bei deutschem Güterstatut fehlt es an einer Zugewinngemeinschaft, die auszugleichen wäre.

47            c) Soweit die ausländischen güterrechtlichen Sachnormen dazu führen, daß der Umfang des Nachlasses möglicherweise verringert wird, läßt dies die Erbquote unberührt.

48            Das allein maßgebliche deutsche Erbstatut führt gemäß §§ 1931 Abs. 1, 1925 BGB dazu, daß die Beteiligte zu 4 zur Hälfte der in Deutschland belegenen (unbeweglichen) Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen ist, die Beteiligten 1 bis 3 jeweils zu 1/6.

49            Auch unter Berücksichtigung, daß es hier um einen gegenständlich beschränkten Erbschein geht, können bei der Erbscheinserteilung eventuelle den Umfang des Nachlasses betreffende güterrechtliche Vorschriften sowie das Urteil des Nachlaßgerichts NR 4 des Kreises Harris, Texas/USA vom 10. Juli 1987 nicht beachtet werden.

50            Denn nicht in den Erbschein gehören Angaben über den Umfang des Nachlasses (vgl. Palandt-​Edenhofer BGB-​Komm. 48. Aufl. 1989 Anm. 4 zu § 2353 BGB und Anm. 3 zu § 2369 BGB). Der Erbschein wird für das sich in Deutschland befindliche Immobilienvermögen des Erblassers erteilt. Eine andere Frage ist, welchen Umfang dieses Immobilienvermögen hat, insbesondere, ob die Eintragung des Erblassers als Alleineigentümer in das Grundbuch richtig ist oder nicht. Diese Fragen sind im Erbscheinserteilungsverfahren jedoch nicht zu klären.

51            Entscheidend ist, daß die Beteiligte zu 4 nicht Alleinerbin des unbeweglichen Vermögens des Erblassers in Deutschland geworden ist. Ihr diesbezüglicher Antrag, der auch nicht geändert wurde (vgl. Palandt-​Edenhofer a.a.O. Rdn. 3 zu § 2353 BGB), wurde deshalb zutreffend von den Vorinstanzen zurückgewiesen.

52            Weiter ist entscheidend, daß die gesetzliche Erbfolge für das in der Bundesrepublik Deutschland belegene Grundstück entsprechend dem Antrag der Beteiligten zu 1 bis 3 eingetreten ist. Das Nachlaßgericht durfte daher den entsprechenden Vorbescheid erlassen und das Landgericht die hiergegen gerichtete Beschwerde zurückweisen.

53            Aus alldem ergibt sich, daß die weitere Beschwerde zurückzuweisen war.

54            5. Die Verpflichtung der Beteiligten zu 4, die Gerichtskosten zu tragen, ergibt sich aus der Kostenordnung, so daß es einer Entscheidung nicht bedarf.

55            Der Wert der weiteren Beschwerde war in Übereinstimmung mit dem Landgericht gemäß §§ 31 Abs. 2, 30 KostO (vgl. auch § 107 Abs. 2 KostO) auf 207.500,-​- DM festzusetzen.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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