OLG Karlsruhe 12 U 124/07

Oktober 28, 2017

OLG Karlsruhe 12 U 124/07 Pflichtteilsergänzung: Unentgeltliche Zuwendung eines Hausanwesens an einen Dritten bei Einräumung eines Wohnrechts an einer Wohnung – Leistung der Schenkung mit Eigentumsübergang

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe entschied in diesem Urteil, dass die Zehnjahresfrist des § 2325 Abs. 3 BGB für den Pflichtteilsergänzungsanspruch bereits mit dem Eigentumsübergang zu laufen

beginnt, wenn der Erblasser sich bei der Schenkung eines Hausanwesens lediglich ein Wohnrecht an einer Wohnung vorbehalten hat.

Hintergrund:

Die Eltern der Parteien hatten ihrer Tochter (Beklagte) ein Hausgrundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen.

Dabei hatten sie sich ein lebenslanges Wohnrecht an einer Wohnung im Erdgeschoss vorbehalten.

Der Vater verstarb später und der Kläger (Sohn der Erblasser) machte gegen seine Schwester einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend.

Das Landgericht gab der Klage teilweise statt.

OLG Karlsruhe 12 U 124/07

Entscheidung des Gerichts:

Das OLG Karlsruhe gab der Berufung der Beklagten statt und wies die Klage ab.

1. Zehnjahresfrist abgelaufen:

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch des Klägers war wegen Ablaufs der Zehnjahresfrist des § 2325 Abs. 3 BGB erloschen.

Die Frist beginnt mit der Leistung des verschenkten Gegenstands, bei Grundstücken also mit dem Eigentumsübergang.

2. Wohnrecht keine wesentliche Einschränkung:

Das vorbehaltene Wohnrecht stellte keine wesentliche Einschränkung des Eigentums der Beklagten dar. Die Eltern hatten den “Genuss” des Grundstücks im Sinne der Rechtsprechung des BGH aufgegeben.

OLG Karlsruhe 12 U 124/07

3. Verlust der Verfügungsbefugnis:

Mit dem Eigentumsübergang hatten die Eltern die Verfügungsbefugnis über das Grundstück verloren. Sie konnten es nicht mehr verkaufen, vermieten oder belasten.

4. Wirtschaftliche Verschlechterung:

Auch wirtschaftlich hatte sich die Lage der Eltern verschlechtert, da sie im Bedarfsfall nicht mehr auf den Veräußerungserlös des Grundstücks zurückgreifen konnten.

5. Kein Missbrauch der Schenkung:

Da die Eltern die Folgen ihrer Schenkung zu tragen hatten, lag kein Missbrauch der Schenkung vor, der eine Ausnahme vom Fristbeginn rechtfertigen würde.

Fazit:

Das OLG Karlsruhe stellte klar, dass die Zehnjahresfrist des § 2325 Abs. 3 BGB auch dann zu laufen beginnt, wenn sich der Erblasser bei der Schenkung eines Grundstücks ein Wohnrecht vorbehalten hat.

Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Praxis des Erbrechts und der Nachlassplanung.

Zusätzliche Informationen:

  • Das Urteil verdeutlicht die Voraussetzungen für den Beginn der Zehnjahresfrist des § 2325 Abs. 3 BGB.
  • Die Entscheidung zeigt, dass ein Wohnrecht keine wesentliche Einschränkung des Eigentums darstellt, die den Fristbeginn hinausschieben würde.
  • Die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs ist ausgeschlossen, wenn die Zehnjahresfrist abgelaufen ist.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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