OLG Koblenz 8 U 228/06

September 1, 2021

OLG Koblenz 8 U 228/06, Urteil vom 09.03.2007 – Klageverfahren, ehemaliger Gesellschafter der Klägerin ist wirksam zum Nachtragsliquidator bestellt worden

RA und Notar Krau

Kernpunkte:

  • Zulässigkeit der Klage: Trotz Löschung der Klägerin (GmbH) im Handelsregister und anfänglich fehlender Vertretungsmacht bei Vertragsschluss ist die Klage zulässig. Die Bestellung eines wirksamen Nachtragsliquidators stellt die Parteifähigkeit und Prozessführungsbefugnis wieder her.
  • Begründetheit der Klage: Der geltend gemachte Kaufpreisanspruch besteht und ist nicht verjährt. Die Hemmung der Verjährung durch den Mahnbescheid war rechtzeitig und ausreichend individualisiert.

Detaillierte Zusammenfassung:

Sachverhalt:

  • Die Klägerin (eine GmbH) verklagt die Beklagte auf Zahlung eines ausstehenden Kaufpreises für verkaufte Kraftfahrzeuge.
  • Die Beklagte beruft sich auf Verjährung und stellt die Zulässigkeit der Klage aufgrund der Löschung der Klägerin im Handelsregister und angeblich fehlender Prozessführungsbefugnis in Frage.

Entscheidung des Gerichts:

OLG Koblenz 8 U 228/06

  • Zulässigkeit der Klage:

    • Parteifähigkeit: Obwohl die Klägerin im Handelsregister gelöscht wurde, besteht ihre Parteifähigkeit fort, da sie noch vermögenswerte Ansprüche geltend macht (Lehre vom Doppeltatbestand).
    • Prozessführungsbefugnis: Die Bestellung eines Nachtragsliquidators durch das Amtsgericht war wirksam, auch ohne Gesellschafterbeschluss. Die Beschränkung seiner Aufgaben auf steuerliche Angelegenheiten schließt die Prozessführung in diesem Fall nicht aus, da die Klärung offener Forderungen zur abschließenden Besteuerung und damit zur Vollbeendigung der Gesellschaft gehört.
    • Vertretungsmacht: Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses fehlte der GmbH ein vertretungsberechtigtes Organ, da kein Liquidator bestellt war. Die Kaufverträge waren daher zunächst schwebend unwirksam. Mit der Bestellung des Nachtragsliquidators wurde die Vertretungsmacht hergestellt und die Verträge durch die Klageerhebung genehmigt. Ein Widerruf durch die Beklagte ist nicht erfolgt.
  • Begründetheit der Klage:

    • Kaufpreisanspruch: Der Anspruch besteht und ist nicht verjährt. Die Verjährung wurde durch den Mahnbescheid rechtzeitig gehemmt. Der Mahnbescheid war ausreichend individualisiert, da er das Rechnungsdatum enthielt, und die fehlende Aufgliederung wurde im Prozess nachgeholt.
    • Zinsforderung: Die Zinsforderung ist ebenfalls begründet und ergibt sich aus § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

OLG Koblenz 8 U 228/06

Fazit:

  • Das Oberlandesgericht Koblenz wies die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte das Urteil des Landgerichts.
  • Die Klage der GmbH auf Zahlung des restlichen Kaufpreises nebst Zinsen war zulässig und begründet.
  • Die Löschung einer GmbH im Handelsregister führt nicht automatisch zur Beendigung ihrer Parteifähigkeit, solange noch vermögenswerte Ansprüche bestehen.
  • Die Bestellung eines Nachtragsliquidators kann die Prozessführungsbefugnis wiederherstellen, auch wenn sein Aufgabenbereich beschränkt ist.
  • Eine Beschränkung des Aufgabenkreises des Nachtragsliquidators ist unzulässig, wenn zur Vollbeendigung der Gesellschaft darüber hinausgehende Maßnahmen erforderlich sind.
  • Die Hemmung der Verjährung durch einen Mahnbescheid ist wirksam, wenn der Anspruch ausreichend individualisiert ist und die fehlende Aufgliederung im Prozess nachgeholt wird.

Wichtige Hinweise:

  • Das Urteil basiert auf der „Lehre vom Doppeltatbestand“, die besagt, dass für das Erlöschen einer GmbH neben der Löschung im Handelsregister auch die Vermögenslosigkeit erforderlich ist.
  • Die Bestellung eines Nachtragsliquidators kann auch ohne Gesellschafterbeschluss erfolgen.
  • Eine Beschränkung des Aufgabenkreises des Nachtragsliquidators ist unwirksam, wenn sie die Vollbeendigung der Gesellschaft verhindert.
  • Ein Mahnbescheid hemmt die Verjährung, wenn der Anspruch individualisiert ist und die fehlende Aufgliederung im Prozess nachgeholt wird.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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