OLG München 31 Wx 290/11

August 14, 2017
OLG München 31 Wx 290/11
Auslegung notarielles Testament,
Kombination von Pflichtteils- und Wiederverheiratungsklausel

RA und Notar Krau

Ein Erblasser und seine vorverstorbene Ehefrau hatten ein notarielles gemeinschaftliches Testament errichtet.

Darin setzten sie sich gegenseitig als Erben ein und bestimmten ihre gemeinsamen Kinder für den Fall der Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten als Nacherben.

Zudem enthielt das Testament eine Pflichtteilsklausel, wonach Kinder, die ihren Pflichtteil geltend machen, auch nach dem Tod des Längstlebenden nur ihren Pflichtteil erhalten sollten.

Nach dem Tod seiner Ehefrau errichtete der Erblasser ein neues Testament, in dem er seine Lebensgefährtin als Alleinerbin einsetzte.

Die Kinder des Erblassers machten geltend, dass im gemeinschaftlichen Testament eine Schlusserbeneinsetzung zugunsten ihrer selbst enthalten sei.

OLG München 31 Wx 290/11

Entscheidung des OLG München:

Das OLG München wies die Beschwerde der Lebensgefährtin zurück und bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts,

dass die Erbfolge nach dem gemeinschaftlichen Testament zu erfolgen hat.

Begründung:

  1. Auslegung des Testaments:
  • Das OLG München stellte fest, dass auch ein notarielles Testament im Hinblick auf eine Schlusserbeneinsetzung auslegungsfähig ist.
  • Maßgeblich ist der Wille der Ehegatten im Zeitpunkt der Testamentserrichtung.
  • Zur Ermittlung des Willens sind alle Erkenntnismittel heranzuziehen, auch außerhalb des Testaments liegende Umstände.
  1. Pflichtteils- und Wiederverheiratungsklausel:
  • Das OLG München führte aus, dass die Kombination von Pflichtteils- und Wiederverheiratungsklausel für eine Schlusserbeneinsetzung zugunsten der Kinder sprechen kann.
  • Beide Klauseln knüpfen an ein Verhalten nach dem ersten Erbfall an und führen zu erbrechtlichen Nachteilen.
  • Die Wiederverheiratungsklausel sichert den Nachlass für die Kinder und verhindert, dass er an einen neuen Partner fällt.
  • Die Pflichtteilsklausel soll eine Besserstellung des Kindes verhindern, das seinen Pflichtteil geltend macht.
  • Im vorliegenden Fall deuteten die Klauseln darauf hin, dass die Ehegatten ihre Kinder als Schlusserben einsetzen wollten.

OLG München 31 Wx 290/11

  1. Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung:
  • Das OLG München entschied, dass die Schlusserbeneinsetzung wechselbezüglich ist, d.h. der überlebende Ehegatte an ihr gebunden war.
  • Die Einsetzung des Erblassers als Alleinerbe durch seine Ehefrau erfolgte im Vertrauen darauf, dass das Vermögen durch die Schlusserbeneinsetzung an die Kinder fallen würde.
  • Auch die Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 BGB spreche für die Wechselbezüglichkeit.
  1. Widerruf des Testaments:
  • Da die Schlusserbeneinsetzung wechselbezüglich war, war der Erblasser an einer erneuten Testierung gehindert.
  • Der Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments im späteren Testament war unwirksam.

Fazit:

Das OLG München entschied, dass das notarielle gemeinschaftliche Testament eine wechselbezügliche Schlusserbeneinsetzung zugunsten der Kinder enthielt.

Der Widerruf des Testaments durch den Erblasser war daher unwirksam.

Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung der Testamentsauslegung, insbesondere bei Kombination von Pflichtteils- und Wiederverheiratungsklauseln.

Zusätzliche Hinweise:

  • Die Entscheidung des OLG München zeigt, dass auch notarielle Testamente auslegungsbedürftig sein können.
  • Die Entscheidung stellt klar, dass die Kombination von Pflichtteils- und Wiederverheiratungsklausel ein Indiz für eine Schlusserbeneinsetzung sein kann.
  • Die Entscheidung betont die Bedeutung der Wechselbezüglichkeit von Verfügungen in gemeinschaftlichen Testamenten.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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