OLG München 34 Wx 360/12
Beschluss vom 07.11.2012
Grundbucheinsichtsrecht eines pflichtteilsberechtigten Miterben
RA und Notar Krau
Das Oberlandesgericht (OLG) München hat in seinem Beschluss vom 07.11.2012 entschieden,
dass ein pflichtteilsberechtigter Miterbe ein Recht auf Einsicht in das Grundbuch hat, um mögliche Pflichtteilsergänzungsansprüche zu prüfen.
Der Fall:
Eine Frau beantragte beim Grundbuchamt Einsicht in das Grundbuch ihres verstorbenen Vaters,
um mögliche Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen ihren Bruder und ihre Stiefmutter zu prüfen, an die der Vater vor seinem Tod Grundstücke übertragen hatte.
Das Grundbuchamt lehnte die Einsichtnahme ab, da die Frau als Miterbin keine Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen könne.
Die Entscheidung des OLG:
OLG München 34 Wx 360/12
Das OLG hob die Entscheidung des Grundbuchamts auf und gewährte der Frau die Einsicht in das Grundbuch.
Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass ein pflichtteilsberechtigter Erbe ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht hat,
um mögliche Pflichtteilsergänzungsansprüche zu klären.
Wesentliche Punkte der Begründung:
- Berechtigtes Interesse: Ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht liegt vor, wenn ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse dargelegt wird. Im Falle eines pflichtteilsberechtigten Erben besteht dieses Interesse darin, mögliche Pflichtteilsergänzungsansprüche zu prüfen und gegebenenfalls geltend zu machen.
- Pflichtteilsergänzungsansprüche auch für Miterben: Entgegen der Auffassung des Grundbuchamts kann auch ein Miterbe Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen, wenn der Wert des Nachlasses durch Schenkungen des Erblassers gemindert wurde.
- Darlegung des Interesses: Die Frau hatte ihr berechtigtes Interesse durch Vorlage des Erbscheins ausreichend dargelegt. Es ist nicht erforderlich, dass bereits im Detail dargelegt wird, dass der Wert des Nachlasses tatsächlich hinter dem Pflichtteilswert zurückbleibt.
- Keine zeitliche Beschränkung: Da die Schenkungen an den Bruder und die Stiefmutter innerhalb der 10-Jahres-Frist des § 2325 BGB lagen, gab es keinen Anlass, die Einsicht in das Grundbuch zeitlich zu beschränken.
Folgen des Urteils:
Das Urteil stärkt die Rechte von pflichtteilsberechtigten Erben.
Es stellt klar, dass auch Miterben ein Recht auf Einsicht in das Grundbuch haben, um mögliche Pflichtteilsergänzungsansprüche zu prüfen.
Dies erleichtert es Erben, ihre Rechte im Erbfall durchzusetzen.
OLG München 34 Wx 360/12
Wichtige Punkte:
- Das OLG München stellt klar, dass das Grundbucheinsichtsrecht nicht nur dazu dient, die Höhe möglicher Ansprüche gegen Miterben zu klären, sondern auch dazu, die Entstehung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen zu prüfen.
- Die Entscheidung betont, dass auch Miterben pflichtteilsberechtigt sein können und somit ein Recht auf Einsicht in das Grundbuch haben.
- Für die Grundbucheinsicht genügt die abstrakte Möglichkeit eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs.