OLG Saarbrücken 5 W 43/18

Dezember 26, 2019

OLG Saarbrücken 5 W 43/18 Beschluss vom 18. Juli 2018 – Nachtragsliquidation OHG, Bestellung gesellschaftsfremden Liquidators auf Antrag eines Dritten

1.

Jedenfalls dann, wenn die Nachtragsliquidation einer OHG sehr lange Zeit nach der Löschung im Handelsregister erforderlich wird und es unklar ist,

ob zu diesem Zeitpunkt die Gesellschafter überhaupt noch existieren und auffindbar sowie zur Fortsetzung der Liquidation bereit und in der Lage sind,

findet § 273 Abs. 4 AktG entsprechende Anwendung, so dass auf Antrag eines Dritten auch ein gesellschaftsfremder Liquidator gerichtlich bestellt werden kann

(Abgrenzung zu BGH, 21. Juni 1979, IX ZR 69/75, NJW 1979, 1987).

2.

Für die Anordnung der Nachtragsliquidation einer OHG genügt es grundsätzlich bereits, wenn Rechtsbeziehungen oder Tatsachen bekannt werden, die eine gesetzliche Vertretung der Gesellschaft verlangen.

vorgehend AG Saarbrücken, 26. April 2018, HRA 10

Tenor

OLG Saarbrücken 5 W 43/18

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 26.4.2018 – HRA 10 aufgehoben

und die Sache zur Entscheidung über den Antrag vom 24.2.2017 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an das Amtsgericht Saarbrücken zurückgegeben.

Gründe

OLG Saarbrücken 5 W 43/18

I.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Bestellung eines Nachtragsliquidators für die gelöschte Firma mit dem Aufgabenkreis Löschung des im Grundbuch zugunsten der oben genannten gelöschten Firma eingetragenen Vorkaufsrechts.

Die Beschwerdeführerin war Eigentümerin des im Grundbuch von Klarenthal Blatt 2745 eingetragenen Grundbesitzes, zulasten dessen am 20.12.1906 ein Vorkaufsrecht zugunsten der im Betreff genannten gelöschten Firma eingetragen worden war.

Die Beschwerdeführerin verkaufte dieses Grundstück an einen Dritten und verfolgt dabei die Löschung des Vorkaufsrechts zugunsten der bereits im Jahre 1910 gelöschten oben genannten Firma.

Einen Antrag der Beschwerdeführerin auf Löschung des Vorkaufsrechts nach § 22 Grundbuchordnung wies das Grundbuchamt zurück.

Eine Beschwerde dagegen hatte vor dem Saarländischen Oberlandesgericht keinen Erfolg (5 W 60/17).

Zur Begründung führte das Saarländische Oberlandesgericht u.a. aus, dass eine Lockerung der Formerfordernisse des § 29 Abs. 1 Grundbuchordnung nicht in Betracht käme, weil nicht ersichtlich sei,

dass es keine Möglichkeit gebe, die für die begehrte Löschung erforderliche Bewilligung des Berechtigten beizubringen, selbst wenn es sich dabei um die liquidierte, aber noch nicht voll beendete OHG handeln sollte

und verwies dazu auf eine Gerichtsentscheidung und einen Aufsatz zur Bestellung eines Nachtragsliquidators für Personenhandelsgesellschaften.

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Mit Beschluss vom 26.4.2018 (Bl. 19 d.A.) wies das Amtsgericht Saarbrücken diesen Antrag zurück, weil es für eine OHG keine Nachtragsliquidation für zulässig hielt

und sich auf den Standpunkt stellte, die Erben der eingetragenen Gesellschafter seien als Liquidatoren zuständig, seien aufzuspüren, notfalls müsse dafür ein Nachlasspfleger bestellt werden.

Gegen diesen Beschluss legte der Verfahrensbevollmächtigte namens der Beschwerdeführerin unter dem 4.5.2018 Beschwerde ein

und stellte sich auf den Standpunkt, dass es gerade im vorliegenden Fall notwendig sei, § 273 Abs. 4 AktG analog anzuwenden,

weil wegen des langen Zeitablaufs die Rechtsnachfolger der ursprünglichen Gesellschafter nicht mehr ermittelbar seien.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 23.5.2018 unter Aufrechterhaltung seiner Rechtsauffassung nicht abgeholfen.

II.

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Die gemäß den §§ 375, 58ff FamFG statthafte und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist begründet. Das Amtsgericht hat zu Unrecht die Bestellung eines Nachtragsliquidators für nicht zulässig gehalten.

(1.)
Es bedarf alleine für die erstrebte Beseitigung der Buchposition (Vorkaufsrecht) einer Nachtrags- bzw. einer fortgesetzten Liquidation.

Der Hauptfall einer Nachtragsliquidation ist zwar das nachträgliche Hervortreten unverteilten Vermögens der Gesellschaft.

Daneben genügt aber auch bereits die Notwendigkeit irgendwelcher weiterer Abwicklungsmaßnahmen, somit auch solcher, die ein verteilbares Vermögen gerade nicht voraussetzen.

Es kann etwa die Beseitigung formaler Rechtspositionen erforderlich sein, weil z. B. noch eine Grundbucheintragung zu löschen ist.

Es genügt in solchen Fällen, dass Rechtsbeziehungen oder Tatsachen bekannt werden, die eine gesetzliche Vertretung der Gesellschaft verlangen.

In der Eintragung des Vorkaufsrechts liegt – unabhängig von der Frage, ob es (noch) Vermögenswert besitzt und damit unverteiltes Vermögen der Gesellschaft darstellt – eine formale Rechtsposition im vorgenannten Sinne.

Die angestrebte Beseitigung (Löschung) des gebuchten Vorkaufsrechts erfordert deshalb eine Nachtragsliquidation

(OLG Düsseldorf, RPfleger 2011, 26;

OLG München, NZG 2016, 945).

Allerdings ist es streitig, ob eine analoge Anwendung von § 273 Abs. 4 AktG bei Personengesellschaften in Betracht kommt.

Der Bundesgerichtshof hält die analoge Anwendung bei einer GmbH für zulässig und begründet dies damit, dass in der Anmeldung, die Liquidation sei abgeschlossen,

regelmäßig auch die Erklärung des Liquidators liege, er sehe sein Amt als beendet an.

Dass in dieser Erklärung die Vorstellung zum Ausdruck komme, es sei nichts mehr abzuwickeln und infolgedessen habe die Gesellschaft aufgehört zu bestehen,

rechtfertige es nicht, dem Liquidator ohne weiteres den Willen zu unterstellen, sein Amt “wiederaufleben” zu lassen,

wenn sich später, vielleicht erst nach Jahren, jene Vorstellung als unrichtig herausstelle.

Träte dieser Fall ein, so werde sich der ehemalige Liquidator, vor allem wenn seit dem vermeintlichen Ende der Liquidation

und seiner Schlußabrechnung einige Zeit verstrichen sei und er keine Unterlagen mehr besitze, vielfach vor eine neue Lage gestellt sehen,

für die seine frühere Bereitschaft zur Übernahme des Amtes nicht mehr gelte, weil er sich inzwischen beruflich oder sonstwie anders eingestellt habe.

Er werde daher unter Umständen nicht mehr gewillt oder gar nicht mehr in der Lage sein, noch einmal als Abwickler tätig zu werden.

Es müsste zu einer Rechtsunsicherheit führen, wenn bei einer notwendig werdenden Nachtragsliquidation die frühere Erklärung des Liquidators,

die Abwicklung sei beendet, jeweils erst dahin ausgelegt werden müsste, ob in ihr eine Amtsniederlegung enthalten sei oder nicht.

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Hinzu kämen erhebliche praktische Schwierigkeiten, wenn in jedem einzelnen Fall zunächst geprüft werden müsste, ob der frühere Liquidator noch lebe und erreichbar sei, und ob er auch bereit und fähig sei, sein Amt wiederaufzunehmen

(BGH, Beschl. v. 23.2.1970 – II ZB 5/69 – WM 1970, 520).

Bei der Nachtragsabwicklung nach § 273 Abs. 4 AktG handele es sich um ein bloßes Ergänzungsverfahren mit dem Zweck, noch einzelne,

sich nach einer etwa bereits erfolgten Abwicklung als erforderlich erweisende Abwicklungsmaßnahmen vorzunehmen, und die Abwicklung der Gesellschaft damit vollends zu Ende zu führen.

Dem Nachtragsliquidator komme damit regelmäßig nur ein auf die Vornahme bestimmter Einzelmaßnahmen beschränkter Aufgabenkreis zu.

Er brauche daher auch nur für bestimmte Einzelmaßnahmen bestellt zu werden, auf die sich auch seine Vertretungsmacht beschränke.

Das sei auch deshalb sachgerecht, weil andernfalls einer gelöschten Gesellschaft, die über kein Vermögen verfüge, die unbeschränkte Teilnahme am Rechtsverkehr ermöglicht würde

(OLG München, MDR 2008, 817).

Auf eine OHG hat der Bundesgerichtshof diese Überlegungen in einer früheren Entscheidung nicht übertragen.

Unter den im allgemeinen besser überschaubaren Verhältnissen der OHG, bei der in der Regel die Gesellschafter Liquidatoren werden (§ 146 Abs 1 Satz 1 HGB),

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bedürfe der Rechtsverkehr nicht im gleichen Maße wie bei den Kapitalgesellschaften des Schutzes in der Weise, dass bei der Fortsetzung einer nur vermeintlich beendeten Liquidation durch einen Bestellungsakt Klarheit über die Person der Abwickler geschaffen werde

(BGH, Urt. v. 21.6.1979 – IX ZR 69/75 – NJW 1979, 1987).

Lediglich bei einer Publikums-KG hat der Bundesgerichtshof die analoge Anwendung von § 273 Abs. 4 AktG allgemein befürwortet (BGH, Urt. v. 2.6.2003 – II ZR 102/02 – BGHZ 155, 121).

Dieser Unterscheidung hat die Literatur teilweise widersprochen.

Der angenommene Grundsatz, wonach die Liquidationsbefugnis bei Personenhandelsgesellschaften auch nach der Löschung der Gesellschaft im Handelsregister unbegrenzt fortbestehe, wird in Zweifel gezogen.

Es wird argumentiert, dass die Vorschrift des § 273 Abs. 4 AktG nicht durch spezifische Besonderheiten gerechtfertigt sei, die sich aus der körperschaftlichen Struktur ergeben.

Vielmehr sei sie wegen der Besonderheiten der Nachtragsliquidation im Vergleich zur eigentlichen Liquidation gerechtfertigt, die nicht von der Rechtsform der Gesellschaft abhängig seien.

Dies ergebe sich daraus, dass die Nachtragsliquidation definitionsgemäß nach der vollständigen Abwicklung der Gesellschaft stattfinde.

Häufig liege zwischen der Löschung im Handelsregister und dem Beginn der Nachtragsliquidation ein langer Zeitraum.

Nicht nur bei der Publikums-KG, sondern auch bei der typischen OHG oder KG sei oft unklar, ob zu diesem Zeitpunkt die Gesellschafter

– die nach der (dispositiven) Regelung der §§ 146 I 1, 161 II HGB gemeinsam zur Liquidation berufen seien – überhaupt noch existierten und auffindbar sowie zur Fortsetzung der Liquidation bereit und in der Lage seien.

Gleiches gelte für einen im Gesellschaftsvertrag oder durch Gesellschafterbeschluss bestellten Liquidator.

Eine weitere Besonderheit der Nachtragsliquidation gegenüber der eigentlichen Liquidation liege darin, dass innergesellschaftliche Kontrollmechanismen möglicherweise nicht mehr greifen, wenn die Gesellschaft abgewickelt sei.

Mit dem Abschluss der Abwicklung existieren die Gesellschaftsorgane nicht mehr oder seien jedenfalls nicht mehr handlungsfähig.

Sie könnten daher die Tätigkeit eines Nachtragsliquidators nicht mehr überwachen, zumal sie nach h.M. bei der Nachtragsliquidation nicht wieder auflebten.

Damit wachse die Gefahr, dass der frühere Liquidator im eigenen Interesse tätig werde.

Durch eine präventive gerichtliche Kontrolle bei der Auswahl des Nachtragsliquidators könne dem vorgebeugt werden.

Auch insoweit gehe es nicht um Spezifika der Kapitalgesellschaften, denn gesellschaftsvertragliche Sicherungsmechanismen wie z.B. ein Aufsichtsrat seien auch bei der personalistisch strukturierten KG oder OHG keine Seltenheit.

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Hinzu komme schließlich, dass eine Nachtragsliquidation häufig nur deswegen erforderlich werde, weil die eigentliche Liquidation nicht hinreichend sorgfältig durchgeführt worden sei, der Liquidator also Forderungen oder Verbindlichkeiten der Gesellschaft übersehen habe.

Dass gerade derjenige Liquidator, der die Liquidation nachlässig durchgeführt habe, ipso iure auch die Nachtragsliquidation übernehmen solle, entspreche regelmäßig weder den Interessen der Gesellschafter noch denen der Gesellschaftsgläubiger.

Im Einzelfall möge es zwar sinnvoll sein, den bereits eingearbeiteten Liquidator im Amt zu lassen, etwa wenn seit der Löschung der Gesellschaft noch nicht viel Zeit vergangen und dem Liquidator kein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen sei.

Ob ein solcher Fall vorliege, könne indessen das Registergericht im Bestellungsverfahren am besten prüfen

(Riehm: Gerichtliche Bestellung des Nachtragsliquidators – ein Modell für alle Handelsgesellschaften, NZG 2003, 1054;

Neumann: Die Bestellung eines Nachtragsliquidators für Personenhandelsgesellschaften, NZG 2015, 1019).

Die Kommentarliteratur folgt im Grundsatz der Rechtsprechung.

Es wird angenommen, dass das Liquidatorenamt der durch Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluss oder mangels solcher Regelung

nach dem Grundsatz des § 146 Abs. 1 S. 1 HGB berufenen Gesellschafter mit der Auflösung der Gesellschaft beginnt und mit deren Vollbeendigung endet.

Stelle sich nach Löschung der Firma im Handelsregister heraus, dass noch Vermögen der Gesellschaft vorhanden sei, blieben die Gesellschafter weiter Liquidatoren; die gerichtliche Bestellung von Nachtragsliquidatoren analog § 273 Abs. 4 AktG komme allein bei der Publikums-KG in Betracht

(Kamanabrou in: Oetker, HGB, 5.Aufl., § 146 Rn. 6; Schmidt in: MünchKomm(HGB), 4. Aufl., § 155 Rn. 56).

Aus Sicht des Senats erscheint es zweifelhaft, ob der oben zitierten Literatur in der Allgemeinheit zu folgen ist, dass es der richtige Weg wäre, bei jeder Personenhandelsgesellschaft § 273 Abs. 4 AktG analog anzuwenden.

Allerdings ist dieser Meinung zuzugeben, dass es Fälle gibt, in denen analog § 273 Abs. 4 AktG eine Nachtragsliquidation auch bei Personenhandelsgesellschaften zugelassen werden muss.

Dies zeigt der vorliegende Fall.

Der Bundesgerichtshof hat in seinen oben zitierten Entscheidungen aus Sicht des Senats zwar die Ansicht vertreten, dass der Rechtsverkehr nicht im gleichen Maße wie bei den Kapitalgesellschaften des Schutzes in der Weise bedürfe,

dass bei der Fortsetzung einer nur vermeintlich beendeten Liquidation durch einen Bestellungsakt Klarheit über die Person der Abwickler geschaffen werde,

nicht aber entschieden, dass eine gerichtliche Bestellung eines Nachtragsliquidators auf Antrag eines Dritten in keinem Fall in Betracht komme.

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In Fällen, in denen die Nachtragsliquidation sehr lange Zeit nach der Löschung im Handelsregister erforderlich wird und es unklar ist, ob zu diesem Zeitpunkt die Gesellschafter überhaupt noch existieren und auffindbar sowie zur Fortsetzung der Liquidation bereit und in der Lage sind,

weswegen es im Einzelfall insbesondere notwendig wäre, wie das Amtsgericht gemeint hat, zur Suche der Erben der früheren Gesellschafter sogar einen Nachlasspfleger zu bestellen,

der die Erben ermitteln solle, stößt die vom Gesetz in den §§ 145ff HGB vorgesehene Liquidation an praktische Grenzen und trägt dem Interesse Dritter an einer Handlungsfähigkeit der Gesellschaft nicht ausreichend Rechnung.

Es erscheint deswegen interessengerecht, in solchen Fällen ausnahmsweise die gerichtliche Anordnung einer Nachtragsliquidation analog § 273 Abs. 4 AktG zuzulassen.

Dabei ist es maßgebend, dass auch der Gesetzgeber in den §§ 145 ff HGB die gerichtliche Bestellung eines Dritten als Liquidator zulässt, wenn es dafür ein besonderes Bedürfnis gibt.

So kann nach § 146 Abs. 2 HGB auf Antrag eines Beteiligten aus wichtigen Gründen die Ernennung von Liquidatoren durch das Gericht erfolgen, die nicht zu den Gesellschaftern gehören.

OLG Saarbrücken 5 W 43/18

Ein wichtiger Grund für die Ernennung von Liquidatoren durch das Gericht nach § 146 Abs. 2 HGB liegt vor, wenn eine ordnungsgemäße und reibungslose Abwicklung durch die Gesellschafter

oder von ihnen berufene Liquidatoren nicht zu erwarten und die bevorstehende oder eingetretene Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft abzuwenden ist.

Dies ist durch eine Abwägung festzustellen, in die einerseits die aus dem Abwicklungszweck folgenden Interessen der Gesellschaft einzubeziehen sind

und andererseits die Interessen des Antragstellers sowie der anderen Beteiligten, zB das Interesse des Privatgläubigers oder Insolvenzverwalters an einer zügigen vermögensmäßigen Auseinandersetzung der Gesellschafter.

OLG Saarbrücken 5 W 43/18

Ein wichtiger Grund kann etwa vorliegen bei einem die Liquidation erschwerenden, feindseligen Verhältnis der Liquidatoren zueinander, bei erheblichen Pflichtverstößen der Liquidatoren

– zB das Unterlassen der Information der Gesellschafter über die Veräußerung des einzigen wesentlichen Vermögensgegenstandes der Gesellschaft –

sowie bei begründeten Zweifeln an der Unparteilichkeit oder der Zuverlässigkeit und Redlichkeit des Liquidators,

schließlich bei Verhinderung eines Liquidators an der Durchführung der Liquidation aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen

(Kamanabrou in: Oetker, HGB, 5.Aufl., § 146 Rn. 14;

Schmidt in: MünchKomm(HGB), 4.Aufl., § 146 Rn. 29, 30;

Hillmann in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3.Aufl., § 146 Rn. 13, 14).

Diese Fälle zeigen, dass die Bestellung eines Dritten als Liquidator durch das Gericht in Betracht kommt, wenn keine Interessen der Gesellschaft dem entgegenstehen und das Interesse eines Dritten an einer Fortsetzung/ einem Abschluss der Liquidation besteht.

Da das Gesetz in § 146 Abs. 2 HGB das Antragsrecht aber – soweit ersichtlich – auf an der Gesellschaft Beteiligte beschränkt

(Kamanabrou in: Oetker, HGB, 5.Aufl., § 146 Rn. 15;

Schmidt in: MünchKomm(HGB), 4. Aufl., § 146 Rn. 34;

Roth in: Baumbach/Hopt, HGB, 38.Aufl., § 146 Rn. 5;

Hillmann in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3.Aufl., § 146 Rn. 15),

käme eine Antragstellung nach § 146 Abs. 2 HGB für einen durch ein Vorkaufsrecht belasteten Grundstückseigentümer nicht in Betracht.

Er wäre durch eine lange und nicht erfolgversprechende Suche nach den früheren Gesellschaftern bzw. deren Erben an der Löschung eines ihn belastenden Rechts gehindert.

Das erscheint in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die Gesellschaft seit mehr als 100 Jahren im Handelsregister gelöscht ist, keine Aktivitäten der Gesellschaft in diesem Zeitraum erkennbar sind, die damaligen Liquidatoren offensichtlich nicht mehr an das Vorkaufsrecht gedacht haben,

über die Gesellschafter außer ihrem Namen und ihrem damaligen Wohnort – ohne genaue Adressangabe – nichts bekannt ist und das Vorkaufsrecht weder bei der Auflassung im Jahr 1936 noch bei der Auflassung im Jahr 1977 ausgeübt worden ist, nicht interessengerecht.

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Vielmehr kann den berechtigten Interessen des Dritten, der auf eine Fortsetzung/den Abschluss der Gesellschaftsliquidation angewiesen ist, nur dadurch Rechnung getragen werden, dass die gerichtliche Bestellung eines Nachtragsliquidators erfolgt.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Gericht im Rahmen des Antrags

(ein im Hinblick auf die zu ernennende Person unbestimmt gehaltener Antrag ist zulässig, Schmidt in: MünchKomm(HGB), 4. Aufl., § 146 Rn. 35)

über die Person des Nachtragsliquidators nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet, der Aufgabenkreis des Nachtragsliquidators auf eine einzelne Aufgabe beschränkt werden kann, das Gericht den Gesellschaftern bzw. ihren Erben – soweit nach zumutbarem Ermittlungsversuch bekannt,

siehe dazu allgemein: Pabst in: MünchKomm (FamFG), 2.Aufl., § 7 Rn. 27ff –

rechtliches Gehör im Rahmen der Bestellung zu gewähren hat und der Nachtragsliquidator einer Haftung unterliegt, so dass die Interessen der Gesellschafter bzw. deren Erben ausreichend gewahrt bleiben.

(2.)
Da das Rechtsmittel erfolgreich ist und am Beschwerdeverfahren allein die Beschwerdeführerin teilgenommen hat, ist eine Kostenentscheidung ebenso wenig veranlasst wie eine Festsetzung des Geschäftswertes.

Die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor, so dass die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen war.

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Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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