OLG Saarbrücken 5 W 43/18

Dezember 26, 2019

OLG Saarbrücken 5 W 43/18

Beschluss vom 18. Juli 2018 –

Nachtragsliquidation OHG,

Bestellung gesellschaftsfremden Liquidators auf Antrag eines Dritten

RA und Notar Krau

Tenor:

Der Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

Hintergrund:

  • Die Beschwerdeführerin beantragte die Bestellung eines Nachtragsliquidators für eine gelöschte OHG, um ein im Grundbuch eingetragenes Vorkaufsrecht zu löschen.
  • Das Amtsgericht lehnte den Antrag ab, da es für eine OHG keine Nachtragsliquidation für zulässig hielt.
  • Die Beschwerdeführerin legte Beschwerde ein und argumentierte, dass eine analoge Anwendung von § 273 Abs. 4 AktG notwendig sei, da die Rechtsnachfolger der Gesellschafter nicht mehr ermittelbar seien.

OLG Saarbrücken 5 W 43/18

Entscheidung des OLG Saarbrücken:

  • Die Beschwerde ist begründet. Das Amtsgericht hat zu Unrecht die Bestellung eines Nachtragsliquidators für nicht zulässig gehalten.   
  • Notwendigkeit der Nachtragsliquidation:
    • Für die Löschung des Vorkaufsrechts ist eine Nachtragsliquidation erforderlich, da es sich um eine formale Rechtsposition handelt, deren Beseitigung eine gesetzliche Vertretung der Gesellschaft erfordert.
  • Analoge Anwendung von § 273 Abs. 4 AktG:
    • Das OLG stellt fest, dass in bestimmten Fällen eine analoge Anwendung von § 273 Abs. 4 AktG auf Personenhandelsgesellschaften (OHG) zulässig ist.
    • Dies gilt insbesondere dann, wenn die Nachtragsliquidation lange Zeit nach der Löschung erforderlich wird und die Gesellschafter nicht mehr auffindbar oder zur Fortsetzung der Liquidation bereit sind.
    • In solchen Fällen stößt die gesetzlich vorgesehene Liquidation an praktische Grenzen und berücksichtigt nicht das Interesse Dritter an einer Handlungsfähigkeit der Gesellschaft.
    • Die gerichtliche Bestellung eines Nachtragsliquidators ist daher ausnahmsweise zulässig, um die berechtigten Interessen Dritter zu wahren.
  • Bestellung eines Dritten als Liquidator:
    • Das Gesetz (§ 146 Abs. 2 HGB) lässt die gerichtliche Bestellung eines Dritten als Liquidator zu, wenn ein besonderes Bedürfnis besteht.
    • Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn eine ordnungsgemäße Abwicklung durch die Gesellschafter nicht zu erwarten ist oder ihre Handlungsunfähigkeit abzuwenden ist.
    • Das Antragsrecht nach § 146 Abs. 2 HGB ist jedoch auf Gesellschafter beschränkt.
    • Im vorliegenden Fall, wo die Gesellschaft seit über 100 Jahren gelöscht ist und die Gesellschafter nicht mehr auffindbar sind, ist die Bestellung eines Nachtragsliquidators auf Antrag eines Dritten analog § 273 Abs. 4 AktG zulässig.
  • Interessenabwägung:
    • Das Gericht entscheidet über die Person des Nachtragsliquidators nach pflichtgemäßem Ermessen.
    • Der Aufgabenkreis kann auf eine einzelne Aufgabe beschränkt werden.
    • Den Gesellschaftern bzw. ihren Erben ist rechtliches Gehör zu gewähren.
    • Der Nachtragsliquidator unterliegt einer Haftung.

OLG Saarbrücken 5 W 43/18

Fazit:

Das OLG Saarbrücken hebt den Beschluss des Amtsgerichts auf und verweist die Sache zur erneuten Entscheidung zurück. Es stellt klar, dass in bestimmten Fällen auch bei einer OHG die gerichtliche Bestellung eines Nachtragsliquidators auf Antrag eines Dritten analog § 273 Abs. 4 AktG zulässig ist, insbesondere wenn die Gesellschafter nicht mehr auffindbar sind und ein berechtigtes Interesse eines Dritten an der Fortsetzung/dem Abschluss der Liquidation besteht.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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