OLG Stuttgart 8 W 361/21 – Beschluss 22.02.2022 – Auslegung einseitig letztwillige Schlusserbeneinsetzung in gemeinschaftlichem Testament

März 24, 2023

OLG Stuttgart 8 W 361/21 – Beschluss 22.02.2022 – Auslegung einseitig letztwillige Schlusserbeneinsetzung in gemeinschaftlichem Testament

RA und Notar Krau


Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hatte im Beschluss 8 W 361/21 vom 22. Februar 2022 über die Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments zu entscheiden, in dem eine „einseitig letztwillige“ Schlusserbeneinsetzung vorgenommen wurde.

Die zentrale Frage war, ob diese Einsetzung als wechselbezüglich zu verstehen ist, was bedeutet hätte, dass sie nicht einseitig vom überlebenden Ehegatten geändert werden konnte.

Im gemeinschaftlichen Testament aus dem Jahr 1984 setzten sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben ein und bestimmten, dass der überlebende Ehegatte die Verwandten des Ehemanns und die Nachkommen des Bruders der Ehefrau jeweils zur Hälfte als Schlusserben einsetzt.

Diese Verfügung wurde als „einseitig letztwillig“ bezeichnet.

Die Erblasserin änderte diese Schlusserbeinsetzung später in einem notariellen Testament von 2017 ab, indem sie ihre Nichten und Neffen als Erben einsetzte.

Der Beteiligte zu 4, ein Verwandter des vorverstorbenen Ehemanns, beantragte beim Nachlassgericht einen Erbschein gemäß dem Testament von 1984 und argumentierte, dass die Schlusserbeinsetzung in diesem Testament bindend sei, sodass das spätere notarielle Testament unwirksam wäre.

OLG Stuttgart 8 W 361/21 – Beschluss 22.02.2022 – Auslegung einseitig letztwillige Schlusserbeneinsetzung in gemeinschaftlichem Testament

Das Nachlassgericht und später das OLG Stuttgart wiesen diesen Antrag zurück.

Das OLG Stuttgart stellte klar, dass der Begriff „einseitig letztwillig“ im Testament deutlich zeigt, dass die Schlusserbeinsetzung nicht wechselbezüglich ist und daher vom überlebenden Ehegatten frei geändert werden konnte.

Das Gericht betonte, dass eine Abweichung von der wörtlichen Bedeutung juristischer Begriffe nur dann möglich ist,

wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden kann, dass die Testierenden dem Begriff im Zeitpunkt der Testamentserrichtung eine andere Bedeutung zugemessen haben.

Da solche Umstände nicht dargelegt wurden, blieb das Gericht bei der wörtlichen Auslegung des Testaments.

Somit war die Erblasserin berechtigt, die Schlusserbeinsetzung zu ändern, was sie im notariellen Testament von 2017 auch wirksam getan hat.

Der Antrag des Beteiligten zu 4 wurde daher abgewiesen.

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

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