Qualifizierter faktischer GmbH-Konzern – Video – BGH II ZR 135/90

April 18, 2019

Qualifizierter faktischer GmbH-Konzern – Video – BGH II ZR 135/90 – Urteil vom 23. September 1991 – Konzernhaftung des Alleingesellschafter-Geschäftsführers

RA und Notar Krau

Qualifizierter faktischer GmbH-Konzern:

Konzernhaftung des Alleingesellschafter-Geschäftsführers und Einzelkaufmanns;

Verlustausgleichspflicht des Einmanngesellschafters;

Zahlungsanspruch des Gläubigers gegen das ausgleichspflichtige Konzernunternehmen;

maßgeblicher Anspruch für Prozeßkostenerstattungsanspruch – Video

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) im Fall „Video“ vom 23. September 1991 befasst sich mit der Haftung des herrschenden Unternehmens im qualifizierten faktischen GmbH-Konzern.

Kernaussagen des Urteils:

  1. Konzernhaftung: Der Allein- oder Mehrheitsgesellschafter einer GmbH, der gleichzeitig deren alleiniger Geschäftsführer ist und sich außerdem als Einzelkaufmann unternehmerisch betätigt, haftet grundsätzlich nach den Haftungsregeln im qualifizierten faktischen Konzern.   

  2. Verlustausgleichspflicht: Auch der Einmanngesellschafter ist im qualifizierten faktischen GmbH-Konzern zum Verlustausgleich verpflichtet.

  3. Zahlungsanspruch: Aus § 303 Abs. 1 AktG kann sich ein unmittelbar auf Zahlung gerichteter Anspruch ergeben, wenn feststeht, dass der Gläubiger mit seiner Forderung gegen die beherrschte Gesellschaft ausfällt.

  4. Prozesskosten: Zu den Forderungen, für die das herrschende Unternehmen nach § 303 AktG einzustehen hat, gehört auch der Kostenerstattungsanspruch aus einem gegen die beherrschte Gesellschaft geführten Rechtsstreit, selbst wenn dieser erst nach dem Zeitpunkt begonnen wurde, bis zu dem die Forderung als solche begründet sein muss.

Sachverhalt des Falls „Video“:

Die Klägerin hatte gegen eine GmbH (G) eine Forderung aus Werklieferungen. Sie erwirkte gegen die GmbH ein rechtskräftiges Urteil, die Zwangsvollstreckung blieb jedoch erfolglos.

Alleingesellschafter und Geschäftsführer der GmbH war der Beklagte, der auch als Einzelunternehmer tätig war. Die GmbH wurde wegen Vermögenslosigkeit gelöscht.

Qualifizierter faktischer GmbH-Konzern – Video – BGH II ZR 135/90

Die Klägerin nahm den Beklagten in Anspruch und stützte sich dabei auf die Haftungsregeln im qualifizierten faktischen Konzern.

Entscheidung des BGH:

Der BGH wies die Revision des Beklagten zurück und bestätigte das Urteil des Berufungsgerichts, das den Beklagten zur Zahlung verurteilt hatte.

1. Konzernverhältnis

  • Der Beklagte war als Einzelunternehmer und Gesellschafter weiterer GmbHs ein Unternehmen im Sinne des Aktiengesetzes (AktG).
  • Zwischen der GmbH und dem Beklagten bestand ein Konzernverhältnis im Sinne des § 18 Abs. 1 AktG.

2. Qualifizierter faktischer Konzern

  • Der Beklagte hatte als Allein- oder Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer die Geschäfte der GmbH dauernd und umfassend geführt.
  • Es lag ein qualifizierter faktischer Konzern vor, da der Beklagte die GmbH im Konzerninteresse benachteiligt hatte.

3. Haftung nach § 303 AktG

  • Der Beklagte war als herrschendes Unternehmen zum Verlustausgleich verpflichtet.
  • Da die GmbH vermögenslos war, hatte die Klägerin einen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den Beklagten.
  • Der Anspruch umfasste auch die Prozesskosten, die die Klägerin im Rechtsstreit gegen die GmbH aufgewendet hatte.

Qualifizierter faktischer GmbH-Konzern – Video – BGH II ZR 135/90

Bedeutung des Urteils „Video“:

Das Urteil „Video“ hat die Rechtsprechung zur Konzernhaftung im qualifizierten faktischen GmbH-Konzern weiterentwickelt.

Der BGH hat klargestellt, dass auch der Einmanngesellschafter zum Verlustausgleich verpflichtet ist und dass der Zahlungsanspruch des Gläubigers auch die Prozesskosten umfasst.

Das Urteil stärkt den Schutz der Gläubiger von GmbHs, die in einen Konzern eingebunden sind.

Es ist ein wichtiger Beitrag zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der GmbH als Rechtsform.

Konsequenzen für die Praxis:

  • Gesellschafter-Geschäftsführer von GmbHs, die gleichzeitig als Einzelunternehmer tätig sind, müssen sich bewusst sein, dass sie für Verluste der GmbH haften können.
  • Gläubiger von GmbHs, die in einen Konzern eingebunden sind, sollten die Voraussetzungen einer Konzernhaftung prüfen, um ihre Ansprüche im Falle einer Insolvenz der GmbH durchsetzen zu können.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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