Saarländisches Oberlandesgericht 5 W 74/18

September 14, 2020

Saarländisches Oberlandesgericht 5 W 74/18, Antrag auf Bestellung eines Nachtragsliquidators für einen eingetragenen Verein

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) lehnte den Antrag auf Bestellung eines Nachtragsliquidators für einen gelöschten Verein ab.

Es stellte fest, dass der Antragsteller kein rechtliches Interesse an der Nachtragsliquidation hatte, da er lediglich beabsichtigte, ein Grundstück aus dem Vereinsvermögen zu erwerben.

Ein solches Interesse reicht nicht aus, um die Bestellung eines Nachtragsliquidators zu rechtfertigen.

Sachverhalt:

  • Der Antragsteller begehrte die Bestellung eines Nachtragsliquidators für den Verein „… pp. e.V.“, der 1988 im Vereinsregister gelöscht wurde.
  • Der Verein war noch als Eigentümer mehrerer Grundstücke im Grundbuch eingetragen.
  • Der Antragsteller erklärte sein Interesse am Erwerb eines dieser Grundstücke und beantragte die Nachtragsliquidation, um einen Ansprechpartner für den Kauf zu haben.
  • Das Amtsgericht wies den Antrag zurück, da der Antragsteller kein „Beteiligter“ im Sinne des § 29 BGB sei.
  • Der Antragsteller legte Beschwerde ein und argumentierte, dass auch ein Kaufinteressent ein Interesse an der Abwicklung habe.

Saarländisches Oberlandesgericht 5 W 74/18

Entscheidungsgründe:

  • Nachtragsliquidation und Antragsberechtigung:

    • Eine Nachtragsliquidation ist möglich, wenn nach Beendigung der Liquidation noch Vereinsvermögen vorhanden ist oder sonstige Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind.
    • Der Antrag auf Nachtragsliquidation muss von einem „Beteiligten“ gestellt werden, der ein rechtliches Interesse an der Abwicklung hat.
    • Ein solches Interesse haben ehemalige Liquidatoren, Personen, denen das Vermögen angefallen ist, und Gläubiger, die im Verteilungsverfahren übergangen wurden.
    • Auch bei Handelsgesellschaften ist ein rechtliches Interesse erforderlich, z.B. als ehemaliger Gesellschafter, Organmitglied, Liquidator, Gläubiger oder sonstiger Dritter, zu dessen Gunsten weitere Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind.
    • Bei Immobilieneigentum haben auch Kommunen als Grundsteuergläubiger ein rechtliches Interesse.
  • Kein rechtliches Interesse des Antragstellers:

    • Der Antragsteller hatte kein rechtliches Interesse an der Nachtragsliquidation.
    • Sein Interesse bestand lediglich darin, einen Ansprechpartner für einen möglichen Grundstückserwerb zu haben.
    • Die Realisierbarkeit des Erwerbswunschs war völlig offen und unsicher.
    • Eine solche ungesicherte Position rechtfertigt nicht die Einleitung einer Notabwicklung.
    • Der Antragsteller stand mit dem Verein zu keinem Zeitpunkt in einer rechtlichen Beziehung.
    • Auch ein weiter gefasstes „berechtigtes Interesse“ wäre im Fall des Antragstellers nicht „unmittelbar“.
    • Der Antragsteller behauptete nicht, dass der Verein konkrete Erklärungen abzugeben hätte, die weitere Abwicklungsmaßnahmen erforderlich machen würden.
  • Mögliche Antragsberechtigte:

    • Personen, denen das Vermögen des Vereins angefallen ist (ggf. der Fiskus), wären berechtigt, eine Nachtragsliquidation zu beantragen.
    • Bei unbekannten Anfallberechtigten könnte eine Pflegschaft für unbekannte Beteiligte in Betracht kommen.
  • Kostenentscheidung und Wertfestsetzung:

    • Die Beschwerde wurde zurückgewiesen.
    • Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 Abs. 1 FamFG.
    • Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 5.000 €.

Saarländisches Oberlandesgericht 5 W 74/18

Fazit:

  • Ein bloßes Interesse am Erwerb eines Grundstücks aus dem Vermögen eines gelöschten Vereins begründet kein rechtliches Interesse an der Nachtragsliquidation.
  • Antragsberechtigt sind nur Personen, die ein unmittelbares rechtliches Interesse an der Abwicklung haben, wie ehemalige Liquidatoren, Anfallberechtigte oder Gläubiger.
  • Die Bestellung eines Nachtragsliquidators ist nur bei Vorliegen eines konkreten Abwicklungsbedarfs gerechtfertigt.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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